OGH 7Ob647/82

OGH7Ob647/821.7.1982

SZ 55/103

Normen

HGB §171
HGB §172
HGB §171
HGB §172

 

Spruch:

Der Kommanditist, der die in das Handelsregister eingetragene Einlage nicht geleistet hat, haftet den Gesellschaftsgläubigern ohne Rücksicht darauf, ob die Gesellschaft gültig begrundet wurde

Hat der Kommanditist eine Einlage in Geld zu leisten, ist er von seiner Haftung der Gesellschaftsgläubigern gegenüber nur soweit befreit, als er den Geldbetrag wirklich an die Gesellschaft geleistet hat. Nur ein wirklich erzielter Gewinn kann als Einlage verwendet werden. Mit einem angeblichen Auseinandersetzungsguthaben kann nicht kompensiert werden

OGH 1. Juli 1982, 7 Ob 647/82 (OLG Wien 2 R 35/82; KG Wiener Neustadt 2 Cg 1100/81)

Text

Die Vereinigung der Freunde GGs GesmbH & Co. KG wurde mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8. 1. 1981 schuldig erkannt, der Klägerin 533 990.06 S samt 14% Zinsen seit 1. 11. 1980 aus 1 533 900.06 S sowie 18% Umsatzsteuer aus den Zinsen und die Prozeßkosten von 19 535.62 S zu zahlen. Das Titelgericht bewilligte der Klägerin auf Grund dieses Urteiles mit Beschluß vom 27. 3. 1981 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung die Exekution durch Pfändung und Überweisung der der Verpflichteten gegen die Beklagte als Drittschuldner auf Grund übernommener und trotz Fälligkeit nicht bezahlter Kommanditeinlage angeblich zustehenden Forderung im Betrage von 1 Mill. S und bestimmte die Exekutionskosten mit 4438 S.

Im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien ist die Hafteinlage der Beklagten als Kommanditistin der Vereinigung der Freunde GGs GesmbH & Co. KG mit 2 Mill. S eingetragen. Auf diesen Betrag hat die Beklagte nur 1 Mill. S bezahlt.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die ihr zugesprochenen Beträge von insgesamt 701 289.08 S samt Anhang, wobei sie sich einerseits auf die Pfändung und Überweisung der vorgenannten Forderung und andererseits auf die sich aus § 171 HGB ergebende unmittelbare Haftung der Beklagten beruft.

Die Beklagte wendete ein, ein gültiger Gesellschaftsvertrag sei nicht zustande gekommen. Im übrigen sei die Beklagte aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden und habe auf Grund ihres Ausscheidens ein Guthaben.

Die Untergerichte haben der Klägern 701 289.08 S samt Anhang zugesprochen. Rechtlich vertraten sie den Standpunkt, die tatsächliche Schuld der Beklagten gegenüber der Vereinigung der Freunde GGs GesmbH & Co KG wäre lediglich für die Frage, ob auf Grund der Pfändung und Überweisung ein Anspruch der Klägerin bestehe, von Bedeutung. Da die Klägerin jedoch auch einen Direktanspruch geltend mache, müsse diese Frage nicht geprüft werden. Nach den §§ 171 ff. HGB hafte nämlich der Kommanditist für Forderungen gegen die Gesellschaft bis zur Höhe der von ihm noch nicht geleisteten Hafteinlage. Da feststehe, daß die Beklagte auf diese Einlage, für deren Höhe ausschließlich die Eintragung im Handelsregister maßgebend sei, 1 Mill. S noch nicht bezahlt habe, seien ihre Einwendungen bedeutungslos. Bis zur Höhe der Hafteinlage werde selbst dann gehaftet, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht gültig zustande gekommen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagte fühlt sich in erster Linie dadurch beschwert, daß die Untergerichte ihre Einwendung, ein Gesellschaftsvertrag sei nicht gültig zustande gekommen, nicht geprüft haben. Hiebei übersieht sie jedoch, daß infolge der Eintragung einer Hafteinlage von 2 Mill. S im Handelsregister dieser Frage im Hinblick auf § 172 Abs. 1 HGB keine Bedeutung zukommt. Es ist nämlich davon auszugehen, daß gemäß § 176 Abs. 1 HGB, falls die Gesellschaft ihre Geschäfte begonnen hat, bevor sie in das Handelsregister eingetragen ist, jeder Kommanditist, der dem Geschäftsbeginn zugestimmt hat, für die bis zur Eintragung begrundeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter haftet, es sei denn, daß seine Beteiligung als Kommanditist dem Gläubiger bekannt war. Die §§ 171 f. HGB begrunden lediglich eine Beschränkung der im § 176 Abs. 1 HGB vorgesehenen Haftung auf jenen Betrag, der als Hafteinlage in das Handelsregister eingetragen wird. Die Eintragung der Einlage hat demnach nicht nur rechtsbekundende, sondern auch rechtschaffende Wirkung. Sie begrundet nicht nur, wie die Eintragung im Grundbuch, den öffentlichen Glauben an ihre Richtigkeit. Angesichts der Vorschrift des § 176 HGB kann § 172 HGB nur den Zweck haben, die Begrenzung der bis zur Eintragung unbeschränkten Haftung des Kommanditisten durch den Eintritt eines äußerlich erkennbaren Ereignisses, nämlich der Eintragung eines bestimmten Betrages als Haftsumme, herbeizuführen. Diese Wirkung entspricht nicht nur dem Wortlaut des § 172 Abs. 1 HGB, sondern auch dem Bedürfnis des Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit, den Inhalt der Haftung eindeutig zu bestimmen (Großkomm. HGB II/2[3], 216). Demnach geht die Unrichtigkeit der Eintragung zu Lasten desjenigen dessen Haftung durch die Eintragung beschränkt werden soll (Großkomm. HGB II/2[3], 216 f; Schlegelberger II[4], 1389). Die Bestimmungen der §§ 171 ff. HGB über die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern gelten sohin auch für die fehlerhafte Gesellschaft (Großkomm. HGB II/2[3], 218 f.; SZ 51/130).

Richtig haben sohin die Untergerichte erkannt, daß auf die Frage, ob ein Gesellschaftsvertrag gültig zustande gekommen ist, nicht eingegangen werden mußte, weil im Falle des Nichtzustandekommens einer Gesellschaft die Eintragung eine fehlerhafte wäre, die jedoch schon auf Grund der Tatsache ihres Zustandekommens die Haftung der Beklagten bis zur Höhe der nicht tatsächlich geleisteten eingetragenen Einlage begrunden würde.

Zu prüfen war sohin nur, ob die Hafteinlage tatsächlich geleistet worden ist oder nicht. Geleistet iS des § 171 Abs. 1 HGB ist die Einlage, wenn der Gesellschaft ein Vermögenswert in Höhe der Einlage zugeflossen ist. Hat der Kommanditist eine Einlage in Geld zu leisten, so ist er soweit befreit, als er einen der Haftsumme entsprechenden Geldbetrag an die Gesellschaft wirklich geleistet hat (Großkomm. HGB II/2[3], 198; Schlegelberger II[4], 1379). Der Kommanditist kann zwar auch einen Gewinn zur Leistung der Einlage verwenden, doch kommt hiefür nur ein wirklich erzielter Gewinn in Frage (Großkomm. HGB II/2[3], 201).

Es ist nun richtig, daß die Leistung der Einlage auch durch Kompensation mit einer dem Kommanditisten gegen die Gesellschaft zustehenden Forderung erfolgen kann. Diese Aufrechnung muß jedoch zum Zwecke der Erfüllung der Einlagepflicht erfolgt sein (Großkomm. II/2[3], 199). Davon kann hier keine Rede sein. Die Beklagte behauptet nämlich, sie habe auf Grund eines ihr zustehenden Auseinandersetzungsguthabens eine Forderung gegen die Gesellschaft. In Wahrheit nimmt sie sohin keine Aufrechnung mit einer ihr außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses zustehenden Forderung vor, sondern vorlangt die Auszahlung des ihr angeblich zustehenden Auseinandersetzungsguthabens. Nach § 172 Abs. 4 HGB gilt jedoch die Einlage, soweit sie einem Kommanditisten zurückbezahlt wird, dem Gläubiger gegenüber als nicht geleistet. Aus Mitteln der Gesellschaft erfolgt die Rückzahlung auch dann, wenn einem ausscheidenden Kommanditisten sein Auseinandersetzungsguthaben aus dem Vermögen der Gesellschaft bezahlt wird (Großkomm. HGB II/2[3], 224; Schlegelberger II[4], 1392). Daraus ergibt sich also, daß die Beklagte gegenüber der Klägerin auch dann, wenn ihr das angebliche Auseinandersetzungsguthaben bereits ausbezahlt worden wäre, so gestellt sein müßte, als hätte sie die Hafteinlage nicht zur Gänze bezahlt. Der Umstand, daß eine solche Auszahlung bisher nicht erfolgt ist, kann zu keiner Besserstellung führen. Die Beklagte kann daher den angeblichen Auseinandersetzungsanspruch nicht im Wege der Kompensation der Forderung der Klägerin entgegensetzen.

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