OGH 7Ob634/86

OGH7Ob634/862.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Hedwig B***, Verkäuferin, Graz, Fröhlichgasse 110/III/16, vertreten durch Dr. Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner Harald B***, Elektriker, Graz, Annenstraße 6, vertreten durch Dr. Werner Achtschin, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 12. Mai 1986, GZ 1 R 138/86-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Februar 1986, GZ 33 F 16/85-21, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Dem Revisionsrekurs wird, soweit er sich dagegen wendet, daß der Antragstellerin die Abstattung eines Kredites bei der Steiermärkischen Bank in Graz, der am 7. Oktober 1985 mit

S 111.000,-- aushaftete, und die Schad- und Klagloshaltung des Antragsgegners im Falle seiner Inanspruchnahme auferlegt wurde, nicht Folge gegeben.

2.) Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen und dagegen wendet, daß der Antrag der Antragstellerin auf Herausgabe des Keller-, Lift- und Wohnungsschlüssels sowie eines Hochzeitsbildes zurückgewiesen wurde, wird er zurückgewiesen.

3.) Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit

S 5.657,85 (darin S 514,35 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 17. Februar 1986, ON 21, hat das Erstgericht

1.) die Ehewohnung in Graz, Fröhlichgasse 110/III/16, der Antragstellerin zur alleinigen Benützung zugewiesen und die Vermieterin angewiesen, das Mietverhältnis mit der Antragstellerin allein fortzusetzen,

2.) angeordnet, daß der gesamte in der Ehewohnung befindliche Hausrat der Antragstellerin verbleibt,

3.) die Antragstellerin verpflichtet, den zum 7. Oktober 1985 mit

S 111.000,-- aushaftenden Abstattungskredit bei der Steiermärkischen Bank in Graz in ihr alleiniges Zahlungsversprechen zu übernehmen und den Antragsgegner im Falle seiner Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten,

4.) den Antrag der Antragstellerin auf Herausgabe des Keller-, Lift-, Postkasten- und Wohnungsschlüssels sowie eines Hochzeitsbildes zurückgewiesen und

5.) die Verfahrenskosten gegenseitig aufgehoben.

In der Begründung führte das Erstgericht aus, daß eine Einigung der Parteien darüber bestehe, wonach die Ehewohnung samt den darin befindlichen Fahrnissen der Antragstellerin verbleibe. Der Antragsgegner habe auf eine Ausgleichszahlung verzichtet. Streit herrsche dagegen darüber, wer künftig die Kreditrückzahlung zu leisten habe. Die Antragstellerin verdiene monatlich S 7.000,-- und beziehe die Familienbeihilfe für zwei Kinder aus der Ehe mit dem Antragsgegner und ein Kind aus erster Ehe. Der Antragsgegner, der bereits im Herbst 1981 aus der Ehewohnung ausgezogen sei, beziehe eine Invaliditätspension von S 2.778,-- monatlich, wovon er S 1.000,-- als Unterhaltsbeitrag für seine beiden Kinder leiste. Da die Antragstellerin die Ehewohnung und sämtliche Fahrnisse erhalte, sei es gerechtfertigt, ihr die Rückzahlung des im wesentlichen für die Anschaffung von Hausrat und die Durchführung von Investitionen in der Wohnung aufgenommenen Kredits von S 155.000,--, der mit S 111.000,-- aushafte, aufzuerlegen. Auf die Ausfolgung des Postkastenschlüssels habe die Antragstellerin verzichtet. Im übrigen aber unterlägen die Herausgabeansprüche nicht einer Aufteilung gemäß den §§ 81 ff EheG, so daß der Antrag in diesem Umfang zurückzuweisen gewesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte dessen Rechtsansicht. Mit ihrem Revisionsrekurs bekämpft die Antragstellerin den Beschluß des Rekursgerichtes, soweit die Rückzahlung des vorerwähnten Darlehens ihr und nicht dem Antragsgegner aufgetragen und ihr Begehren auf Herausgabe verschiedener Schlüssel und des Hochzeitsbildes zurückgewiesen wurde sowie im Kostenpunkt. Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zum Teil nicht berechtigt, zum Teil unzulässig.

1.) Darlehensrückzahlung:

Der Antragstellerin wurden mit Zustimmung des Antragsgegners sowohl die Mietrechte an der Ehewohnung - der Wert der Mietrechte beträgt nach dem Sachverständigengutachten ON 8 S 106.000,-- - als auch der in der Ehewohnung befindliche Hausrat, der von den Parteien im wesentlichen mit Hilfe eines im Jahre 1977 bei der Steiermärkischen Bank in Graz aufgenommenen Darlehens von S 155.000,-- angeschafft wurde, zugewiesen. Dennoch vertritt die Antragstellerin die Meinung, die Rückzahlung dieses Darlehens sei dem Antragsgegner aufzutragen, weil ihm diese leichter möglich wäre als der Antragstellerin. Zwar beziehe der Antragsgegner nur eine - 30 %-ige - Versehrtenrente von monatlich S 2.778,--, doch wäre es ihm durchaus möglich, ungeachtet eines erlittenen Arbeitsunfalls seinem Beruf als Elektriker nachzugehen und ein entsprechendes Einkommen zu erzielen.

Gemäß § 81 Abs 1 EheG sind das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter die Ehegatten, wenn die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt wird, aufzuteilen. Bei der Aufteilung sind die Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, in Anschlag zu bringen. Gemäß § 83 Abs 1 EheG ist die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen.

Wurde die Ehewohnung und der mit Hilfe des strittigen Darlehens erworbene Hausrat, sohin das gesamte eheliche Gebrauchsvermögen, der Antragstellerin zugesprochen, entspricht es keineswegs der Billigkeit, mit der Rückzahlung dieses Darlehens den Antragsgegner zu verpflichten, obwohl die damit geschaffenen Vermögenswerte zur Gänze der Antragstellerin zukommen (EFSlg. 36.484). Besondere Umstände, die im vorliegenden Fall dennoch für die Übernahme der Rückzahlung zumindest eines Teils des Darlehens durch den Antragsgegner sprächen, wurden nicht festgestellt. Die Frage, ob der Antragsgegner - wie von der Antragstellerin geltend gemacht wird - imstande wäre, bei Ausübung einer entsprechenden Berufstätigkeit höhere Unterhaltsbeiträge für die beiden ehelichen Kinder zu leisten, und ob er nach der Anspannungstheorie zu höheren Unterhaltsleistungen zu verpflichten wäre, steht mit der Rückzahlung des gegenständlichen Darlehens ebensowenig im Zusammenhang wie der Umstand, daß der Antragsgegner nach den Rekursbehauptungen der Antragstellerin den Kindern rückständigen Unterhalt von S 59.100,-- und dem Vertreter der Antragstellerin an Kosten aus dem Ehescheidungsverfahren S 80.000,-- schuldet. Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen die Rückzahlung des Darlehens der Antragstellerin aufgetragen.

2.) Herausgabe diverser Schlüssel und eines Hochzeitsbildes:

Das Erstgericht hat den Antrag der Antragstellerin insoweit zurückgewiesen; das Rekursgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Das Rechtsmittel gegen eine im Verfahren nach § 229 AußStrG ergangene Formalentscheidung unterliegt nicht den für Sachentscheidungen geltenden Rechtsmittelbeschränkungen des § 232 AußStrG. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß das Rekursgericht gegen seine Entscheidung den Rekurs gemäß § 232 Abs 1 AußStrG zugelassen hat. Die Rechtsmittelzulässigkeit ist insoweit vielmehr nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilen. Die Rekurswerberin macht geltend, die Vorinstanzen hätten ihren Aufteilungsantrag in dem hier behandelten Umfang zu Unrecht wegen Unzulässigkeit des Außerstreitverfahrens zurückgewiesen. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen für die Zuständigkeit des Außerstreitverfahrens kann jedoch nach überwiegender Rechtsansicht, die auch der erkennende Senat entgegen der von Bajons in JBl 1981, 658 ff vertretenen Meinung teilt, nicht schon deshalb als nichtig qualifiziert werden, weil diese Verfahrensfrage unrichtig gelöst wurde. Nur in ganz besonders gelagerten Fällen kann einem Verfahrensverstoß im Hinblick auf seine einschneidende Bedeutung das Gewicht einer Nullität iS des § 16 AußStrG beigemessen werden, besonders wenn ein solcher Verfahrensverstoß geradezu eine Rechtsverweigerung zur Folge hätte (SZ 53/178; JBl 1981, 660). Ein derartiger Verfahrensverstoß ist aber im vorliegenden Fall auch dann nicht gegeben, wenn man die Auffassung vertritt, daß auch über die Herausgabe der im Antrag angeführten Schlüssel und des Hochzeitsbildes im Aufteilungsverfahren gemäß den §§ 81 ff EheG zu entscheiden ist. Der Streitrichter ist in einem nachfolgenden Prozeßverfahren an eine Unzuständigkeitserklärung des Außerstreitrichters ebenso gebunden, wie der Außerstreitrichter an jene des Streitrichters. Da der Antragstellerin sohin hinsichtlich der bezeichneten Gegenstände der Rechtsweg offen steht, könnte das Gewicht einer Nullität in der gegenständlichen Rechtssache höchstens durch einen geringeren Rechtsschutz des Zivilprozesses begründet werden. Ein solcher aber ist trotz mancher Vorteile des außerstreitigen Verfahrens zu verneinen (JBl 1981, 660). Von einer drohenden Rechtsverweigerung kann daher keine Rede sein.

Der Revisionsrekurs erweist sich deshalb insoweit, weil ein Rekursgrund iS des § 16 Abs 1 AußStrG nicht gegeben ist, als unzulässig, so daß er zurückzuweisen war.

3.) Kostenentscheidung:

Durch § 232 Abs 2 AußStrG wurde kein Weg zur Anfechtung der Kostenentscheidung eröffnet (SZ 54/149). Der Kostenrekurs der Antragstellerin war daher zurückzuweisen.

4.) Die Entscheidung über die Kosten des Antragsgegners für die von ihm erstattete Rekursbeantwortung erfolgte nach § 234 AußStrG.

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