Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Minderheitseigentümerin begehrt von der beklagten Mehrheitseigentümerin des Hauses Graz, F*****straße 31, die Bezahlung von letztlich S 262.605,-- s.A. sowie die Feststellung, daß diese der Klägerin für alle künftigen Schäden, die aus der Vermietung des gesamten zweiten Obergeschoßes des genannten Hauses unter dem angebotenen Mietzins von S 34.587,-- entstehen, zu haften habe. Die beklagte Mehrheitseigentümerin habe die genannte Wohnung nicht der Klägerin um den von dieser angebotenen Zins von monatlich S 34.587,--, sondern ihrem Sohn um einen weit geringeren Mietzins vermietet.
Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß die genannte Wohnung nur die Ausstattungskategorie C iS des § 16 Abs 2 Z 5 MRG aufweise und dementsprechend zwingenden Mietzinsbeschränkungen unterliege. Zu diesen Bedingungen sei es ihr freigestanden, die Wohnung (an einen Mieter ihrer Wahl, ihren Sohn), zu vermieten.
Das Erstgericht wies im Spruch seines Urteiles vom 10.3.1993 (ON 19) nur das Leistungsbegehren ab, führte aber in den Entscheidungsgründen aus, daß sowohl das Leistungs- wie auch das Feststellungsbegehren abzuweisen gewesen seien (AS 165), weil zufolge der festgestellten Kategorie C der vermieteten Wohnung nur ein gemäß § 16 Abs 2 MRG zu bestimmender Mietzins verlangt werden durfte, wie er vom Sohn der Beklagten auch bezahlt werde. Die Urteilsausfertigung wurde der klagenden Partei am 1.4.1993 zugestellt.
Mit Beschluß vom 2.4.1993 (ON 20) berichtigte das Erstgericht von Amts wegen den Spruch des genannten Urteils gemäß § 419 Abs 1 ZPO dahingehend, daß auch das Feststellungsbegehren abgewiesen wird. Zugleich mit der Zustellung dieses Beschlusses forderte es die Parteienvertreter auf, die ihnen zugegangenen Urteilsausfertigungen zwecks Berichtigung dem Gericht zurückzustellen. Der am 8.4.1993 der klagenden Partei zugestellte Berichtigungsbeschluß erwuchs in Rechtskraft. Die berichtigte Urteilsausfertigung wurde der klagenden Partei am 28.4.1993 zugestellt.
Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Berufungsgericht die am 19.5.1993 von der klagenden Partei gegen das Ersturteil überreichte Berufung als verspätet zurück. Der klagenden Partei habe schon nach der Zustellung der Urteilsausfertigung am 1.4.1993 klar sein müssen, daß der Entscheidungswille des Erstgerichtes auf die Abweisung des gesamten, sohin auch des Feststellungsbegehrens gerichtet war. Für die Berufungswerberin habe daher keine Veranlassung bestanden, in der Annahme der Eröffnung einer neuen Rechtsmittelfrist die Einbringung eines der unzweifelhaften Beschwer entsprechenden Rechtsmittels über die bereits am 1.4.1993 in Lauf gesetzte Berufungsfrist hinauszuzögern.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.
Gemäß § 419 Abs.1 ZPO kann das Gericht, das das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten im Urteil oder dessen Ausfertigungen oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen. Der Irrtum muß sich aus dem gesamten Zusammenhang für das Gericht und die Parteien ohneweiteres ergeben, sodaß schon nach dem Inhalt der Entscheidung offenkundig ist, daß das, was ausgesprochen wurde, dem Willen des Gerichtes zur Zeit der Fällung der Entscheidung nicht entsprochen hat. Im Gesetz fehlt eine Regelung, welche Wirkung die Berichtigung eines Urteils auf den Lauf der Rechtsmittelfristen hat. Im Spruch 8 neu (SZ 2/145) wurde die Ansicht vertreten, daß im Fall einer Urteilsberichtigung die von der Zustellung des Urteils abhängigen Rechtsmittelfristen erst durch die Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung in Gang gesetzt werden. Dieser Grundsatz wurde jedoch in der Folge dahin eingeschränkt, daß die Entscheidungsberichtigung dann keinen neuen Fristenlauf auslöse, wenn der Rechtsmittelwerber auch ohne die Berichtigung keinen Zweifel am wirklichen Inhalt des richterlichen Willens haben konnte und die Berichtigung zu dessen Klärung nichts beitragen kann (SZ 27/219 uva).
Dies war hier der Fall. Zwar hat das Erstgericht den Urteilsspruch in einem wesentlichen Teil, nämlich durch Abweisung des zweiten Teils des Klagebegehrens, "berichtigt" (ergänzt), doch konnte nach den Entscheidungsgründen kein Zweifel darüber bestehen, daß eine "Berichtigung" keinen weiteren als den im Berichtigungsbeschluß vom 2.4.1993 zum Ausdruck kommenden Inhalt haben konnte, da in diesen ausdrücklich (zusammenfassend) festgehalten wird, es sei "daher sowohl das Leistungs- als auch das Feststellungsbegehren abzuweisen" gewesen; darauf wird auch in der Begründung des Berichtigungsbeschlusses ausdrücklich hingewiesen.
Für die durch das Urteil beschwerte Klägerin konnte keine Unklarheit über den Willen des Erstrichters und den wirklichen Inhalt der in der Folge berichtigten Entscheidung bestehen. Wurde deshalb die Berufung erst vier Wochen nach Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung erhoben, kommt dies einer mißbräuchlichen Verlängerung der Berufungsfrist gleich.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40, 50 ZPO.
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