OGH 7Ob603/95

OGH7Ob603/9527.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner W*****, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Heribert W*****, vertreten durch Dr. Georg Fidler, Rechtsanwalt in Kindberg, wegen S 220.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 9. Jänner 1995, GZ R 994/94-40, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 8. Juli 1994, GZ 9 C 659/92d-34, bestätigt wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird

1. dahin abgeändert, daß sie zu lauten hat:

Der Anspruch des Klägers besteht dem Grunde nach zu Recht;

2. im übrigen, das ist hinsichtlich der Höhe des Klagsanspruches und hinsichtlich der Kostenentscheidung, aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war bis Juli 1992 Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, G*****, auf welcher sich unter anderem das Gebäude G***** 15, ***** befindet. Diese Liegenschaft hat der Beklagte samt den darauf befindlichen Gebäuden mit Ausnahme des Hauses G***** Nr.15 dem Hannes Sch***** verpachtet. Vereinbart wurde, daß eine Weitervermietung oder Subverpachtung des Hauses G***** 15 vom Einverständnis des Beklagten abhängig sei. Der Beklagte beabsichtigte, das Haus G***** 15 zu vermieten, damit es nicht verfalle. Zu diesem Zweck beauftragte er Sch*****, mögliche Interessenten für das Objekt zu suchen. Sch***** kontaktierte daraufhin den Kläger und schloß mit ihm am 20.7.1991 einen Mietvertrag über das Haus G***** ab, in dem Sch***** als Vermieter aufscheint. Es wurde eine Mietdauer von 10 Jahren vereinbart; dem Kläger wurde ein Vorkaufsrecht (zum Zeitwert) und eine Option zur Mietvertragsverlängerung eingeräumt und zugesagt, daß Adaptierungen nach diesem Mietvertrag vom Nächstmieter abzulösen sind. Beim Abschluß dieses Mietvertrages teilte Sch***** dem Kläger mit, daß er den Beklagten um Zustimmung zum Mietvertrag fragen müsse. In den nächsten Tagen erreichte Sch***** den Beklagten jedoch nicht. In der Hoffnung, daß alles in Ordnung kommen würde, übergab Sch***** dem Kläger unmittelbar nach Abschluß des Mietvertrages die Schlüssel für das gegenständliche Haus. Der Kläger begann sofort mit Adaptierungsarbeiten, wobei sowohl Sch***** als auch dessen Vater dem Kläger behilflich waren. Der Beklagte besichtigte erstmals am 24.8.1991 die Bauarbeiten des Klägers. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits die Fenster ausgetauscht, Fußböden und Türstöcke entfernt und der Verputz in Küche und Wohnzimmer erneuert. Es konnte weder festgestellt werden, daß der Beklagte dem Kläger anläßlich dieser Besichtigung die Fortsetzung der Bauarbeiten ausdrücklich untersagte, noch daß er den gegenständlichen Mietvertrag ausdrücklich genehmigte; über die gegenständlichen Sanierungsmaßnahmen, insbesondere über eine Sanierung des Daches, wurde aber gesprochen. Vom genauen Inhalt des Mietvertrages hat der Beklagte erst am 7.9.1991 Kenntnis erlangt. Mit Schreiben an den Kläger vom 3.10.1991 hat der Beklagte die Gültigkeit des Mietvertrages ihm gegenüber bestritten und dem Kläger jede weitere Bautätigkeit und Benützung untersagt; über das Schicksal der bisher vom Kläger getätigten Investitionen werde noch getrennt zu sprechen sein. Der Kläger hat daraufhin das Mietobjekt aufgegeben und vom Beklagten den Ersatz seiner Investitionen verlangt. Der Beklagte hat das gegenständliche Objekt im Juli 1992 an Franz T***** verkauft. Für eine Grundfläche von 14,8 ha und das Haus mit einem ungefähren Grundausmaß von 60 m2 erhielt der Beklagte einen Kaufpreis von 3 Mill.S.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung von S 220.000,-- sA. Hannes Sch***** habe ihm erklärt, zum Abschluß eines Mietvertrages im Namen des Beklagten ermächtigt zu sein. Der Beklagte habe den Vertragsinhalt genehmigt bzw ihn zumindestens konkludent akzeptiert. Nachdem die vom Kläger vorgenommenen Renovierungsarbeiten weitestgehend fertiggestellt worden seien, habe der Beklagte, der an den Arbeiten einiges auszusetzen gehabt habe, mit Schreiben vom 3.10.1991 erklärt, entgegen den zunächst gemachten Zusagen nicht mehr bereit zu sein, den Mietvertrag zu akzeptieren. Er behauptete, der Mietvertrag sei nicht rechtsgültig zustandegekommen. Der Beklagte sei auch durch die Investitionen des Klägers im Umfang des Klagsbetrages bereichert.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß zwischen ihm und dem Kläger nie ein Vertragsverhältnis zustandegekommen sei, sodaß er nicht passiv legitimiert sei. Außerdem seien allfällige Ersatzansprüche des Klägers gemäß § 1111 ABGB verfristet. Sch***** sei jegliche Unterverpachtung untersagt gewesen. Die bereits durchgeführten Sanierungsmaßnahmen habe der Beklagte nicht akzeptiert, weitere Baumaßnahmen habe er ausdrücklich untersagt. Mangels Zustimmung des Beklagten seien die Investitionen des Klägers der Liegenschaft zugewachsen. Auch die Angemessenheit des begehrten Betrages wurde vom Beklagten bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Einem Pächter sei gemäß § 1098 ABGB, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart werde, die (teilweise) Weitergabe des Gebrauches des Bestandgegenstandes gestattet. Bei einer solchen Weitergabe komme es nur zu einer vertraglichen Bindung zwischen dem Pächter und seinem Unterbestandnehmer, nicht aber zwischen letzterem und dem Verpächter. Der Beklagte habe die Unterbestandvergabe des Hauses G***** 15 von seiner ausdrücklich einzuholenden Zustimmung abhängig gemacht. Das dennoch von Sch***** begründete Vertragsverhältnis sei nur zwischen diesem und dem Kläger entstanden. Sch***** sei nicht im Namen des Beklagten aufgetreten. Der Beklagte sei durch die Renovierungsarbeiten des Klägers auch nicht gemäß § 1041 ABGB ungerechtfertigt bereichert worden, weil der Kläger gegen Sch***** einen vertraglichen Ersatzanspruch habe. Aus der im Schreiben vom 3.10.1991 gemachten Äußerung des Beklagten "daß über das Schicksal der bisherig getätigten Investitionen noch getrennt zu sprechen sein werde", sei kein Anerkenntnis des Beklagten abzuleiten. Hinsichtlich der Höhe der Klagsforderung verwies das Erstgericht nur auf das eingeholte Sachverständigengutachten des Dipl.Ing. J*****, das einen integrierenden Bestandteil der Feststellungen bilde.

Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil und sprach aus, daß eine ordentliche Revision unzulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Zwischen den Streitteilen sei es zu keinem Mietvertragsabschluß gekommen, weil Sch***** nicht erkennbar als Stellvertreter bzw Bevollmächtigter des Beklagten, sondern in eigenem Namen aufgetreten sei. Da eine konkludente Zustimmung des Beklagten zu einem von Sch***** im eigenen Namen abgeschlossenen Mietvertrag mit dem Kläger aus den Feststellungen abzuleiten sei, sei die Rechtsauffassung des Erstgerichtes über das Zustandekommen eines Unterbestandverhältnisses zwischen dem Kläger und Sch***** hinsichtlich des Hauses G***** 15 zu billigen. Diese vertragliche Beziehung des Klägers zu Sch***** stehe einem gegen den Beklagten aus dem Titel der Bereicherung zustandegekommenen Anspruch entgegen.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Bestimmungen des Pachtvertrages zwischen Sch***** und dem Beklagten, daß vom Pachtverhältnis sämtliche Waldflächen, der auf den Vertragsgrundstücken befindliche Fischteich sowie die dem Vorbesitzer Karl Sch***** zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten im Haus G***** 15 vom Pachtverhältnis ausgenommen sein sollen und daß dieses Haus nur im Einverständnis mit dem Verpächter an dritte Personen kurzfristig oder längerfristig weitervermietet oder subverpachtet werden kann, und der Feststellung, daß der Beklagte die Absicht hatte, das Haus vermieten zu lassen, damit es nicht verfalle, und deswegen Sch***** damit beauftragt hat, Mietinteressenten zu suchen, ist abzuleiten, daß der Beklagte Sch***** eine Vermittlertätigkeit, allerdings ohne Abschlußvollmacht, eingeräumt hat. Auch die im Falle einer Vermietung vorgesehene Ausklammerung des Hauses G***** 15 aus dem Pachtverhältnis mit Sch***** läßt eindeutig erkennen, daß der Beklagte selbst als Vermieter auftreten wollte. Die Vermietung des Hauses durch Sch***** im eigenen Namen an den Kläger unter der Auflage, daß der Kläger noch die Zustimmung des Beklagten einholen müsse, ist daher nicht anders zu werten, als daß diese Vereinbarung aufschiebend bedingt war. Die von Sch***** in der Beilage A angemaßte Vermieterstellung beruht daher auf einer rechtlich unrichtig zum Ausdruck gebrachten Dokumentation dieser Bedingung. Die Feststellungen lassen nicht den Schluß zu, daß es sich Sch***** plötzlich anders überlegt hat und nun im eigenen Namen subverpachten wollte. Dementsprechend konnte auch keine stillschweigende Zustimmung des Beklagten nach § 863 ABGB zu einer solchen Rechtskonstruktion erfolgen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß dem Beklagten bei der Besichtigung der Renovierungsarbeiten am 24.8.1991 klar war, daß der Kläger mit ihm einen Mietvertrag abschließen will (nach den in diesem Punkt übereinstimmenden Beweisergebnissen war der Kläger bestrebt, den von ihm verfaßten Mietvertrag Beil./A vom Beklagten unterfertigen zu lassen). Auch aus der Übersendung des Mietvertrages Beil./A an den Beklagten geht dies hervor, weil eine solche Vorgangsweise für eine bloße Zustimmung nicht unbedingt erforderlich war.

Nach den Feststellungen überschritt Sch***** mit der Übergabe der Liegenschaft an den Kläger und der Erlaubnis zum Beginn der Renovierung den ihm eingeräumten Vollmachtsrahmen, was dem Beklagten im Zeitpunkt seiner Besichtigung am 24.8.1991 auch klar sein mußte. Mit seiner widerspruchslosen Hinnahme der Arbeiten und seiner Beteiligung an Gesprächen über noch vorzunehmende Renovierungsarbeiten setzte der Beklagte ein Verhalten, das von einem redlichen Erklärungsempfänger nur als Zustimmung zu dem, was der Beklagte vor sich sah, gewertet werden mußte (vgl. MGA ABGB34 § 863/52 ff). Dennoch kann aus diesem Verhalten des Beklagten noch keine stillschweigende Genehmigung im Sinne des § 863 ABGB zu dem dem Beklagten in diesem Zeitpunkt noch nicht bekannten Wortlaut des Mietvertrages abgeleitet werden, enthielt doch dieser vom Kläger gewünschte, weit über einen normalen Mietvertrag hinausgehende Bedingungen, wie das dem Kläger eingeräumte Vorkaufsrecht zum Zeitwert, die Option auf eine Verlängerung der Mietdauer und die Zusage einer Investitionsablöse durch den Nachmieter. Für eine stillschweigende Zustimmung dazu kann auch nicht die Untätigkeit des Beklagten nach Zugang des Mietvertragstextes Anfang September 1991 bis Anfang Oktober 1991 - auch nicht im Zusammenhang mit dem Wissen, daß der Kläger weiterhin renoviert - herangezogen werden. Für die Konkludenz, also die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf den rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB einen strengen Maßstab an (arg.: kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln). Auch bei einer Interpretation des Verhaltens des Beklagten aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers (vgl. Rummel in Rummel ABGB2 § 863 Rz 8 und 14) kommt man zum Ergebnis, daß dem Kläger bewußt sein mußte, daß die von ihm gewünschten, über einen normalen Mietvertrag hinausgehenden Bedingungen noch nicht mit der Besichtigung von Renovierungsarbeiten, genehmigt sein konnten.

Der Bestandvertrag kommt als Konsensualvertrag mit der Einigung über die Bestandsache und den Bestandzins als Preis der Gebrauchsüberlassung zustande, sofern nicht ein - wenn auch unwesentlicher - Vertragspunkt ausdrücklich vorbehalten wurde oder ein offener Dissens darüber besteht (vgl. Würth in Rummel, ABGB2 §§ 1092 bis 1094 Rz 3 mwN). Vorverhandlungen dauern an, solange nicht - über die sachliche Einigung hinaus - von beiden Seiten ausdrücklich oder konkludent der Bindungswille erklärt wird. Bei mangelnder Einigung über einen Vertragspunkt ist davon auszugehen, daß der Vertrag im Zweifel solange noch nicht geschlossen ist, solange noch irgendein, sei es auch nebensächlicher, Punkt offen ist, über den eine Partei während der Verhandlungen Einigung zu wünschen erklärt hat. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kam der vom Kläger gewünschte Mietvertrag durch die ihm zustehende Ablehnung des Beklagten nicht zustande.

Nach der vom Beklagten, wie bereits ausgeführt wurde, geduldeten und damit konkludent genehmigten Benützung des Hauses durch den Kläger und insbesondere den ebenso geduldeten und damit ebenso konkludent genehmigten Renovierungsarbeiten (der Beklagte ließ etwa sechs Wochen ab seiner Besichtigung dieser Arbeiten verstreichen, ehe er erklärte, mit dem Mietvertrag vom 20.7.1991 nicht einverstanden zu sein und dem Kläger jede weitere Bautätigkeit und Benützung zu untersagen) durfte der Kläger erwarten, daß es zu einer Willensübereinstimmung hinsichtlich des Mietvertrages kommen werde. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist daher nach § 1435 ABGB berechtigt (condictio causa data causa non secuta; Rummel in Rummel2 Rz 4 und 8 zu § 1435 ABGB; MietSlg 42.156, 40.199 uam). Zu leisten ist ein angemessenes Entgelt in Höhe des verschafften Nutzens (Rummel aaO Rz 10 mwN und Rz 3 zu § 1437; Honsell in Schwimann, Rz 3 und 10 zu § 1437 ABGB). Da die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zur Höhe des Anspruches keine abschließende Beurteilung einer eingetretenen Bereicherung zulassen, sondern nur, daß dem Kläger ein Ersatz zusteht, war seiner Revision Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 52 und 393 Abs 4 ZPO.

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