Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Das Erstgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Erstkläger ist Eigentümer des Grundstückes 557 der EZ 165, die Zweit- und der Drittkläger je zur Hälfte Eigentümer des Nachbargrundstückes 561 der EZ 24, beide in der KG Sch***** inneliegend. Beide Grundstücke liegen nebeneinander an einem Hang und grenzen an die tieferliegende Landesstraße Nr.6025. Die Grundgrenze zur Straße verläuft am Fuß einer unmittelbar an die Straße anschließenden 57 m langen, 0,7 bis 3,6 m hohen senkrecht stehenden Mauer, die die höhergelegenen Grundstücke der Kläger gegenüber der Straße abstützt. Das Bundesland Niederösterreich beabsichtigte 1976, die Landesstraße 6025 zu verbreitern. Um dieses Vorhaben durchführen zu können, waren Grundabtretungen der Anrainer erforderlich. Am 5.3.1976 fand im Haus der Familie G***** eine Grundablöse und Straßenbauverhandlung statt. Die Terrassierung der Straße erforderte den Bau einer Stützmauer gegenüber den klägerischen Grundstücken. Der damalige Alleineigentümer dieser Grundstücke, der Zweitkläger, war mit einer Grundabtretung nur unter der Bedingung einverstanden, daß die Stützmauer bis zur Niveaugleiche mit seinem Grundstück (richtig wohl Haus) aufgezogen wird und bestand auch darauf, daß auf der Mauerkrone ein Geländer nach seinen Vorstellungen, nämlich mit senkrechten Stäben, angebracht wird. Dies wurde ihm zugesagt. Weiters kam er mit der Straßenmeisterei überein, daß diese gleichzeitig mit der Errichtung der Stützmauer, allerdings auf seine Kosten, ein Fundament und den Betonaufbau für einen Schuppen im Anschluß an die Mauer herstellt. Die Stützmauer wurde von der Straßenmeisterei Blindenmarkt vereinbarungsgemäß bis zu einer Höhe von maximal 3,6 m aufgeführt. Bei der folgenden Vermarkung der neuen Grundgrenzen bestand der Zweitkläger darauf, daß die Mauer seinem Grund zugeschlagen werde, weil er den Schuppen samt Unterbau in seinem Grundeigentum haben wollte. Die Grenze wurde daher auf dem inneren Rand der Mauerkrone gezogen. Dementsprechend erfolgte auch die Verbücherung. Über die Pflicht der Erhaltung der Mauer wurde bei der Vermarkungsverhandlung nicht gesprochen. Bereits 1978 traten an der Mauer Frostschäden auf. Von sich aus und ohne daß der Zweitkläger etwas unternommen hätte, brachte die Straßenmeisterei entlang der gesamten Mauerfront eine Zementputzschichte auf. 1987 erhielt der Erstkläger von seinen Eltern einen Teil ihrer Liegenschaften.
Seit 1989 wölbt sich die Mauer zur Straße hin. Ursache hiefür ist die Verwendung von unzureichend verdichtetem und überdies falsch zusammengesetztem Beton, was das Eindringen von Wasser in das Mauerwerk ermöglicht hat, was wiederum zu Frostabsprengungen führte. Die Zerstörung der Mauer schreitet rasch fort, sie ist bereits einsturzgefährdet. Die Straßenmeisterei Blindenmarkt hat trotz Mitteilung dieses Zustandes nichts zur Sanierung der Mauer unternommen.
Die Kläger begehren vom beklagten Land die Wiederinstandsetzung der Mauer in einen technisch und statisch einwandfreien Zustand sowie diesem gegenüber die Feststellung, daß sich dieses zur Erhaltung der Mauer verpflichtet habe und gegenüber den Klägern für sämtliche Schäden zu haften habe, die aufgrund der mangelhaften Bauführung entstanden sind bzw noch entstehen werden. Sie behaupteten, die beklagte Partei habe sich bei der Grundeinlösung und Bauverhandlung zur Ausführung der Mauer in einer Stahlbetonkonstruktion und zu deren Erhaltung in Zukunft verpflichtet. Die Ausführung in Schalsteinen sei nicht in der Lage, das anschließende Gelände zu tragen. Die beklagte Partei habe sich anstelle der Bezahlung einer Entschädigung für die Grundabtretung durch die Kläger zur Errichtung der gegenständlichen Mauer verpflichtet.
Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung. Die Terrassierung der Straße hätte nur die Errichtung einer 1,5 m hohen Mauer erfordert, nur über Wunsch des Zweitklägers sei die Mauer bis zur Höhe von 3,5 m aufgezogen worden, wobei dieser auch für die Mehrkosten aufgekommen sei. Bei der Vermarkung der Grenzen wollte der Zweitkläger, daß die Mauer bei seinem Grundstück verbleibe. Die Familie G***** sei damals ausdrücklich auf die sie dann treffende Erhaltungspflicht der Mauer hingewiesen worden. Dementsprechend habe sie die daran aufgetretenen Schäden selbst zu vertreten. Die Mauer sei in einem statisch und technisch einwandfreien Zustand von der beklagten Partei hergestellt worden. Letztlich wurde auch Verjährung eingewendet.
Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren statt und wies das Feststellungsbegehren ab. Es folgerte aufgrund der eingangs wiedergegebenen Feststellungen rechtlich, daß die beklagte Partei das Verschulden ihrer Bediensteten bei der unzureichenden Auswahl des für die Mauer verwendeten Materials und der daraus resultierenden mangelhaften Verdichtung als Verschulden nach § 1313a ABGB zu vertreten habe. Sie sei der gegenüber den Klägern eingegangenen Verpflichtung, die Mauer ordnungsgemäß aufzuführen, nicht nachgekommen, weshalb sie nach dem Prinzip der Naturalrestitution zur begehrten Leistung zu verpflichten gewesen sei. Da die Kläger den Schaden erst 1989 als solchen erkennen konnten, sei das Leistungsbegehren auch nicht verjährt. Mangels Nachweises einer Verpflichtung der beklagten Partei, die Mauer auch zu erhalten, sei das darauf gerichtete Feststellungsbegehren der Kläger abzuweisen gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung eines nicht mehr revisionsgegenständlichen Feststellungsmehrbegehrens, hob aber im übrigen (Leistungsbegehren und Begehren nach Feststellung der Erhaltungspflicht) über Rechtsmittel beider Parteien mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil auf. Es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Es erachtete die auf die Bekämpfung der Feststellung, daß über die Verpflichtung zur Erhaltung der Mauer zwischen den Streitteilen nichts gesprochen worden sei, gerichtete Mängelrüge der Kläger für berechtigt. Es übernahm die Feststellung, daß der nunmehrige Grenzverlauf über Begehren des Zweitklägers vereinbart worden ist. Nach § 3 Abs 6 des Niederösterreichischen Landesstraßengesetzes seien im Zusammenhang mit der Straße stehende Bauwerke grundsätzlich als deren Teile anzusehen, soferne nicht ein anderes Eigentumsverhältnis obwalte. Die Kläger seien daher für die Zusage der beklagten Partei, für die Erhaltung der Mauer aufzukommen, beweispflichtig. Durch den Zerfall bzw Einsturz der Mauer könnten auch andere Güter der Kläger gefährdet werden. Das Feststellungsinteresse der Kläger sei auch in diesem Umfang gegeben. Es liege auch keine Verjährung vor, weil das tatsächliche Ausmaß des Schadens erst 1989 erkennbar geworden sei. Da noch nicht feststehe, ob es sich beim gegenständlichen Schaden um einen Errichtungsfehler oder nur um einen typischen Reparaturaufwand handle, komme auch der Berufung der Beklagten Berechtigung zu. Sollten die Kläger im fortgesetzten Verfahren eine Vereinbarung nachweisen, daß sich die beklagte Partei zur Instandsetzung bzw Erhaltung der Mauer verpflichtet habe, sei auch die Frage der beabsichtigten Nutzung durch die Kläger und die des Austauschverhältnisses (Grundabtretung gegen Mauererrichtung) zu prüfen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs der Kläger ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Strittig ist nur, wen für den Fall, daß die von den Klägern beantragte Urkundenedition nicht den schriftlichen Nachweis der behaupteten Vereinbarung erbringt, die Beweislast für die Tatsachen trifft, aus denen sich die Erhaltungspflicht der Mauer ergibt. Die Beweislastverteilung kommt erst und nur dann zum Tragen, wenn ein Beweis für die strittige, entscheidungswesentliche Tatsache nicht erbracht werden kann, sie ist aber dann nicht von entscheidender Bedeutung, wenn ohnedies ein ausreichendes Beweisergebnis vorliegt (vgl 8 Ob 528/89).
Halter einer Straße und der dazugehörenden Bauwerke ist derjenige, der die Kosten für die Errichtung und ihre Erhaltung trägt und der die Verfügungsmacht hat, über sie entsprechende Maßnahmen zu treffen. Das Eigentum an der Straße ist kein Essentiale der Haltereigenschaft, wohl aber ein Indiz dafür (MGA ABGB33 § 1919 a/12 ff). Daß im Zuge der durch die Terrassierung der Straße erforderlichen Abböschung die Errichtung einer Stützmauer gegenüber dem Grundstück der Kläger notwendig geworden ist, steht ebenso außer Zweifel, wie, daß ohne diese Mauer die Straße derzeit nicht sicher befahrbar wäre. Die Stützmauer ist daher in ihrer derzeitigen Ausführung notwendiger Bestandteil der Straße und dient dem öffentlichen Verkehr (vgl Reischauer in Rummel ABGB 1319 a Rz 5). Die beklagte Partei trifft daher auch zur Vermeidung von Schäden, die Straßenbenützern durch den mangelhaften Zustand der Mauer erwachsen könnten, eine Verkehrssicherungspflicht (MGA ABGB33 § 1319 a/7 ff). Es ging also nicht nur die Initiative zur Errichtung dieses für die Straßenbenützung notwendigen Bauwerkes von der beklagten Partei aus, sondern sie einigte sich auch mit dem Zweitkläger über die Errichtung in der derzeitigen Form, bevor über die Eigentumsverhältnisse daran bindende Absprachen getroffen wurden. Im Vordergrund stand - und steht auch weiterhin - sohin die Inanspruchnahme klägerischen Grundes zur Sicherung der Straße vor dem sonst abrutschenden Gelände. Inwieweit das Höheraufziehen der Mauer eine (oder eine der) Gegenleistung(en) für die Grundabtretung war, ist nur hinsichtlich der damit im Zusammenhang allenfalls getroffenen Detailvereinbarungen über die Erhaltung dieses Bauwerkes von Belang. Jedenfalls stand bei der Errichtung der Stützmauer in der derzeitigen Form noch keineswegs fest, daß sie in das Eigentum der Kläger übergehen sollte. Mit der Errichtung in der beschriebenen Form übernahm die beklagte Partei das Bauwerk ebenso wie die Straße als Halter. Vom Verursacherprinzip her beurteilt wäre damit die Übernahme der mit ihrer Erhaltung verbundenen Kosten verbunden, ohne daß es einer besonderen Vereinbarung bedurft hätte. Das Verlangen des Zweitklägers nach einem Grenzverlauf an der Innenseite der Mauer nach deren Errichtung war nach den bisherigen Feststellungen durch das Motiv bestimmt, den an die Mauer angrenzenden - und mit ihr gleichzeitig errichteten - Schuppen nicht in Mauerbreite gegenüber der Straße ins Eigentum der beklagten Partei übergehen zu lassen. Damit wurde aber nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Mauer als Bestandteil der Straße herausgelöst und in eine andere Zweckbindung mit dem Grundstück der Kläger übrgehen sollte. Vielmehr sollte sie offensichtlich weiterhin ihre Stütz- und Sicherungsfunktion für die Straße beibehalten. Von dieser Sachlage her beurteilt wäre es, falls nicht als erwiesen angenommen werden sollte, daß die Kläger die Mauer mit dem von ihnen begehrten Grenzverlauf in eine ganz andere wirtschaftliche Verwendung einbeziehen wollten, bei der Haltereigenschaft der beklagten Partei an diesem Bauwerk geblieben. Dementsprechend treffe sie auch weiterhin die Erhaltungsverpflichtung. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes ist also die beklagte Partei für das Vorliegen einer Vereinbarung, mit der die Kläger bzw ihr Rechtsvorgänger die Erhaltung der Mauer übernommen haben bzw hat, beweispflichtig. Die beklagte Partei hat eine solche Behauptung auch erhoben (vgl AS 59). Allerdings haben die Vorinstanzen von einer anderen Rechtsansicht ausgehend, darüber keine Beweise aufgenommen bzw Feststellungen getroffen. Im Ergebnis erweist sich daher der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes als berechtigt.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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