OGH 7Ob5/93

OGH7Ob5/9321.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton E***** Ges.m.b.H.,***** vertreten durch Dr. Klaus Plätzer und Dr. Reinhard Junghuber, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei A***** Versicherungs-AG,***** vertreten durch Dr. Wolfgang R. Gassner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 10. November 1992, GZ 3 R 223/92-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 1. August 1992, GZ 10 Cg 375/91-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei erzeugt Öfen, die aus einem von Stahlplatten umgebenen Stahlgerippe mit einem Schamottkern bestehen. Auf die Außenseiten der Stahlplatten werden Kacheln geklebt, so daß das Aussehen eines Kachelofens entsteht. Die Öfen werden nicht an Ort und Stelle gesetzt, sondern im Werk der klagenden Partei vorgefertigt. Sie werden an den Fachhandel ausgeliefert und können vom Kunden selbst nach einem Baukastensystem aufgestellt werden. Im regionalen Bereich werden die Öfen von der klagenden Partei auch selbst aufgestellt, wenn ein gesonderter Auftrag eines Kunden vorliegt. Die klagende Partei besitzt eine ihrer Tätigkeit entsprechende Gewerbeberechtigung.

Vor Gründung der GesmbH im Jahr 1980 wurde das Unternehmen von Anton E***** als Einzelkaufmann geführt. Anton E*****, der nunmehrige Geschäftsführer, ist Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Schlossergewerbe sowie für das Gewerbe der Planung und Aufstellung von Zentralheizungs-, Warmwasserbereitungs- und Lüftungsanlagen, beschränkt auf die Aufstellung von Zentralheizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen.

Das Unternehmen war schon seit den 50-er Jahren bei der beklagten Partei versichert und wurde seitens der beklagten Partei von einer ehemaligen Angestellten des Anton E***** betreut. 1977 erfolgte ein Neuabschluß der Betriebshaftpflichtversicherung, der die AHVB 1963 und die EHVB 1963 zugrundegelegt wurden. Im Antrag und in der Polizze ist bei "genaue Bezeichnung der Betriebe" angeführt: "Stahl- + Kesselbau, Bürobetrieb". Die vor dem Neuabschluß bestehende Betriebshaftpflichtversicherung umfaßte im Gegensatz zum neuen Vertrag auch einen Installationsbetrieb. Bei Gründung der GesmbH wurde der Versicherungsvertrag unverändert übernommen.

Nach Art 1 Abs 1 der der Versicherung zugrunde liegenden AHVB 1963 gewährt der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, falls dieser wegen eines Ereignisses, das seinen in der Polizze angegebenen Eigenschaften, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen (versichertes Risiko) entspringt und ein Schadenereignis zur Folge hat, auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes von einem Dritten als schadenersatzpflichtig in Anspruch genommen wird. Nach Art 2 Abs I lit 1 der AHVB 1963 ist im Rahmen des versicherten Risikos bei einer Versicherung von Betrieben die gesetzliche Haftpflicht sämtlicher Angestellten und Arbeiter für Schäden eingeschlossen, die sie in Ausübung ihrer dienstlichen Verrichtungen verursachen, mit Ausnahme von Arbeitsunfällen im Sinne der Sozialversicherungsgesetze.

Am 2.1.1991 kam es im Haus des Siegfried Sch***** zu einem Brand, weil der von ihm bei der klagenden Partei gekaufte und entsprechend seinem Auftrag von einem Dienstnehmer der klagenden Partei aufgestellte Ofen zu nah bei brennbaren Teilen des Hauses stand. Der Feuerversicherer des Siegfried Sch***** begehrte von der klagenden Partei den Ersatz seiner Versicherungsleistungen, weil der Brand auf das Verschulden des Dienstnehmers der klagenden Partei zurückzuführen sei.

Die klagende Partei begehrte die Feststellung, daß die beklagte Partei auf Grund der Betriebshaftpflichtversicherung Deckung zu leisten habe.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung, weil der Versicherungsvertrag die Installations- und Montagerisken nicht umfasse und die Tätigkeit des Ofensetzens nicht decke. Die klagende Partei habe den Brand vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt, sodaß die beklagte Partei gemäß § 152 VersVG leistungsfrei sei. Darüber hinaus habe das Verhalten des Siegfried Sch***** den Kausalzusammenhang zwischen den Montageleistungen und dem Brand unterbrochen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil das versicherte Risiko nach der in der Polizze angeführten, gemäß Art 1 Abs 1 AHVB maßgebenden Bezeichnung lediglich die Erzeugung der Öfen, nicht aber deren Aufstellung und Montage beim jeweiligen Kunden umfasse. Ein anderer Parteiwille sei nicht hervorgekommen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Das durch eine Betriebshaftpflichtversicherung gedeckte Risiko umfasse alle Tätigkeiten, die mit dem versicherten Betrieb in einem inneren

ursächlichen Zusammenhang stehen (VersR 1977, 780 = VersE 771; VersR

1984, 998 = RZ 1984, 18 = VersE 1102). Die Auslegung der Risikoumschreibung habe sich am Verständnis eines redlichen und verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Der Versicherungsnehmer dürfe somit die Zusage der Übernahme eines Betriebshaftpflichtrisikos dahin verstehen, daß alle mit dem Betrieb im ursächlichen Zusammenhang stehenden Tätigkeiten gedeckt seien, sofern nicht offensichtlich die gewerberechtlichen Befugnisse überschritten worden seien (VR 1992/278; VR 1990/206). Aus der Betriebsbezeichnung "Stahl- und Kesselbau" könne nicht abgeleitet werden, daß bestimmte Tätigkeiten des Unternehmens, wie etwa das gemäß § 33 Z 9 GewO zulässige Aufstellen der Öfen, vom Versicherungsschutz ausgenommen sein sollten. Hätte die beklagte Partei dies beabsichtigt, dann hätte sie dies klarstellen und sich deutlicherer Formulierungen bedienen müssen. Für die Annahme einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles iSd § 152 VersVG sei schon das Vorbringen der beklagten Partei ungenügend.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß eine gesicherte Rechtsprechung des OGH zur Frage fehle, inwieweit gewerberechtliche Nebentätigkeiten ohne besondere Vereinbarung von der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO für die Zulässigkeit der Revision liegen jedoch nicht vor.

Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage der Auslegung der Risikoumschreibung bei der Betriebshaftpflichtversicherung bereits mehrfach befaßt und in zwei vor kurzem veröffentlichten, vom

Berufungsgericht zitierten Entscheidungen (7 Ob 43/89 = VR 1990/206;

7 Ob 32/91 = VR 1992/278) ausgesprochen, daß der Umfang der Gewerbeberechtigung maßgebend ist. Das Gericht zweiter Instanz hat die dort entwickelten Rechtsgrundsätze zutreffend auf den vorliegenden Fall angewendet.

Da nicht strittig ist, daß die klagende Partei Inhaberin einer den Stahl- und Kesselbau beinhaltenden Gewerbeberechtigung ist, stehen ihr alle in § 33 GewO bezeichneten Rechte ("Rechte der Erzeuger") zu. Hiezu zählt gemäß § 33 Z 9 GewO unter anderem auch die Montage, Aufstellung und Instandsetzung von Erzeugnissen im Rahmen ihrer Berechtigung. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung 7 Ob 32/91 = VR 1992/278 zum Ausdruck gebracht, daß die Zusage der Übernahme des Haftpflichtrisikos aus einem bestimmten Gewerbebetrieb von einem redlichen und verständigen Versicherungsnehmer dahin zu verstehen ist, daß auch die in den §§ 30 und 32 bis 37 GewO aufgezählten Tätigkeiten mit umfaßt sind. Das Aufstellen und die Montage der Erzeugnisse ist nicht anders als die Durchführung von Vor- und Vollendungsarbeiten (§ 33 Z 2 GewO), mit der sich der Oberste Gerichtshof in der letztzitierten Entscheidung zu befassen hatte, zu beurteilen.

Die Revision zeigt weder auf, warum von dieser Rechtsprechung abgegangen werden sollte, noch vermag sie überzeugend darzulegen, warum die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen nicht auch auf den vorliegenden Fall Anwendung finden sollten. Der Umstand, daß nach dem Willen der Parteien von dem im Jahr 1977 geschlossenen Versicherungsvertrag ein Installationsbetrieb nicht mehr umfaßt sein sollte, vermag eine andere als die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Vertrages nicht zu begründen. Da Anton E***** neben der Gewerbeberechtigung für das Schlossergewerbe auch eine Gewerbeberechtigung für die Planung und Aufstellung von Zentralheizungs-, Warmwasserbereitungs- und Lüftungsanlagen, beschränkt auf die Aufstellung von Zentralheizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen (dies entspricht inhaltlich etwa dem nun in § 103 Abs 1 Z 6 bzw 7 GewO 1973 beschriebenen gebundenen Gewerbe), besitzt und jemand, der letzteres Gewerbe ausübt, im allgemeinen Sprachgebrauch als Heizungsinstallateur bezeichnet wird, das Unternehmen seit Jahren nur mehr Öfen erzeugt, diese vertreibt und gelegentlich aufstellt, wäre die Beibehaltung der Bezeichnung des Unternehmens als Installationsbetrieb überflüssig und unrichtig gewesen. Bloß für das Aufstellen der Öfen bedarf es keiner eigenen Gewerbeberechtigung, weil diese Tätigkeit, wie bereits ausgeführt, durch die der Erzeugung der Öfen zugrunde liegenden Gewerbeberechtigung gedeckt ist.

Der Umstand, daß die Öfen derart konzipiert sind, daß sie (auch) vom Käufer selbst aufgestellt werden können, steht den in § 33 GewO beschriebenen Rechten der Erzeuger keineswegs entgegen und ließ für die beklagte Partei als Vertragspartner auch nicht den Schluß zu, die klagende Partei würde diese Rechte ohnehin nie ausüben und keinen Wert darauf legen, daß derartige Tätigkeiten vom Versicherungsschutz umfaßt sind.

Die klagende Partei hat ihren Betriebsgegenstand seit dem Abschluß des hier zu beurteilenden Versicherungsvertrages nicht geändert, so daß der Hinweis der Revision, die klagende Partei habe die beklagte Partei jährlich aufgefordert, die Lohnsummen bekannt zu geben und Änderungen im Umfang des betrieblichen Risikos mitzuteilen, ohne Belang ist.

Es ist zwar richtig, daß mit der Produktion der Öfen einerseits und ihrem Aufstellen andererseits unterschiedliche Gefahrenmomente verbunden sind und daß durch letztere Tätigkeit weitere Risken entstehen können. Daß aber auch diese weiteren Risken von der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt sind, sofern sie aus einer der Gewerbeberechtigung entsprechenden Tätigkeit resultieren, hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung richtig erkannt.

Das Kostenbegehren für die Erstattung der Revisionsbeantwortung war abzuweisen, weil auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde.

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