OGH 7Ob556/90

OGH7Ob556/905.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 28. April 1982 verstorbenen Wilhelm Anton R***, infolge Revisionsrekurses der Hilda R***, München, Daimler-Straße 10, Bundesrepbulik Deutschland, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 16. Februar 1990, GZ 3 b R 38/90-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 23. Jänner 1990, GZ A 152/82-5, bestätigte wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 28. April 1982 in St. Johann/Tirol gestorbene Erblasser war deutscher Staatsbürger und hatte seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Auf Grund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 12. Mai 1982 (ON 1 ) fand - mangels Annahme eines inländischen Nachlaßvermögens - keine Abhandlung statt. Der Erblasser war Bestandnehmer einer Eigentumswohnung in Kitzbühel. Auf dem Anteil des Wohnungseigentümers (Vermieters) ist das Bestandrecht des Erblassers für die Zeit vom 22. Dezember 1973 bis 30. November 2072 einverleibt und die bis zum Vertragsende geleistete Vorauszahlung des Bestandzinses angemerkt. Das inländische Nachlaßvermögen besteht ausschließlich in dem verbücherten Bestandrecht.

Die Witwe des Erblassers gab auf Grund des Testaments vom 23. Juni 1971 die unbedingte Erbserklärung ab, erstattete ein eidesstättiges, nur das verbücherte Bestandrecht umfassende Vermögensbekenntnis und beantragte, die Einantwortung des aus dem verbücherten Bestandrecht bestehenden inländischen Nachlasses an sie. Das Erstgericht wies diesen Antrag zurück. Es wertete das verbücherte Bestandrecht als bewegliche Sache, das inländische Vermögen des Erblassers daher nicht als unbewegliches Gut im Sinne des § 22 AußStrG, sondern als beweglichen Nachlaß, in Ansehung dessen die Voraussetzungen für eine Abhandlung im Sinne des § 23 AußStrG nicht dargetan seien.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist. Es billigte - insbesondere unter Verweisung auf § 299 ABGB - die Ansicht des Erstgerichtes, daß ein verbüchertes Bestandrecht bewegliches Vermögen bleibe und sich daran auch nichts ändere, wenn das Bestandrecht für die Dauer von 99 Jahren vereinbart ist. Daraus leitete auch das Rekursgericht ab, daß die Voraussetzungen für die inländische Abhandlungsgerichtsbarkeit nicht gegeben seien.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragstellerin dagegen erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß das Bestandrecht an einer unbeweglichen Sache auch durch die grundbücherliche Einverleibung im Sinne des § 1095 ABGB sowie der §§ 9 und 19 GBG nicht zur unbeweglichen Sache wird (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 299; vgl. NZ 1983, 93). Daran ändert entgegen dem Standpunkt der Rechtsmittelwerberin nichts, daß durch die Vereinbarung einer 99-jährigen Bestanddauer und die Mietzinsvorauszahlung für die gesamte Vertragsdauer ein besonders weitreichendes Nutzungsrecht des Bestandnehmers angestrebt wurde, weil auch bei einem solchen Bestandvertrag die Nutzungsbefugnis des Berechtigten lediglich auf einer mietvertraglichen Duldung des Sacheigentümers und nicht auf einer unmittelbaren eigenen Sachherrschaft beruht. Gemäß § 298 ABGB gelten nur solche Rechte als unbeweglich, die mit dem Besitz einer unbeweglichen Sache verbunden sind. Das ist etwa bei Grunddienstbarkeiten und Grundreallasten, radizierten Gewerben, nicht aber bei persönlichen Dienstbarkeiten, verdinglichten Rechten oder Hypotheken der Fall (Spielbüchler aaO Rz 3 zu § 298; NZ 1983, 93). Aber auch aus der Vererblichkeit des Bestandrechtes ist nichts im Sinne des Standpunktes der Rechtsmittelwerberin zu gewinnen.

Gemäß § 22 AußStrG kommt den österreichischen Gerichten die Abhandlungspflege nur über das in Österreich gelegene unbewegliche Vermögen eines im Ausland wohnhaft gewesenen Ausländers zu. Der Antrag von Erbansprechern eines ausländischen Erblassers auf Durchführung der Abhandlung über den im Inland befindlichen beweglichen Nachlaß könnte nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs.3 AußStrG beachtlich sein. Die Antragstellerin hat aber in keiner Weise dargetan, daß die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle vorliegen könnten. In anderen Fällen ist die Zuständigkeit der inländischen Behörde auf die Sicherung des Nachlasses und die in §§ 137 bis 139 AußStrG vorgesehenen Vorkehrungen beschränkt (§ 23 Abs.2 AußStrG). Was die Rechtsmittelwerberin zu den grundbuchsrechtlichen Voraussetzungen für eine Übertragung des Bestandrechtes vom Erblasser auf sie anführt, beschränkt sich in den Fällen, in denen - wie hier - der Heimatstaat des Erblassers öffentliche Urkunden über die Erbberechtigung ausstellt, auf die Frage der Beglaubigung solcher Urkunden (oder den Entfall eines solchen Erfordernisses nach einem anzuwendenden Staatsvertrag, vgl. etwa den Beglaubigungsvertrag vom 21. Juni 1923 zwischen der Republik Österreich und dem Deutschen Reich, BGBl. 1924/139), allenfalls auf die Verbücherungsfähigkeit ausländischer Urkunden im Sinne des § 33 Abs.2 GBG. Daher mußte dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.

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