OGH 7Ob52/98t

OGH7Ob52/98t24.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Schinko und Dr.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 6. Dezember 1979 geborenen mj. Florian W*****, derzeit bei seiner Mutter ***** vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen, Referat für Jugend und Familie, als Unterhaltssachwalter, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Mag.Wolfgang W*****, vertreten durch DDr.Georg M.Krainer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 18.Dezember 1997, GZ 2 R 369/97k-67, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirchen in Kärnten vom 15.Oktober 1997, GZ 1 P 2282/95k-63, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des Minderjährigen ist seit 3.2.1987 geschieden, die Obsorge über den Minderjährigen kommt der Mutter zu. Dieser lebt bei seiner Mutter und besucht derzeit die 7.Klasse Gymnasium in F*****. Der Vater betreibt als Tierarzt eine Ordination in F*****. Er hat zuletzt mit Vergleich vor dem Jugendamt F***** vom 14.1.1994 sich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für den Minderjährigen von S

2.500 ab 1.12.1993 verpflichtet. Dieser Verpflichtung lag kein ausgewiesenes Nettoeinkommen des Vaters, wohl aber die damaligen weiteren Sorgepflichten für die mj. Magdalena und Mathias R***** und die damals noch mj. Christine W***** zugrunde.

Während das Erstgericht die Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund des Buchprüfungssachverständigengutachtens für 1995 mit S 249.053,28 und für 1996 mit S 38.612,50 feststellte, und von Sorgepflichten des unterhaltspflichtigen Vaters für die am 8.7.1972 geborene Christine W*****, die am 30.1.1989 geborene Magdalena R***** und den am 11.5.1990 geborenen Mathias R***** sowie von einem Erlös aus einem Liegenschaftsverkauf von S 300.000 im Jahr 1996 ausging, rechnete das Rekursgericht zur Unterhaltsbemessungsgrundlage für 1996 folgende Privateinnahmen des Vaters aus seinem Tierarztbetrieb hinzu:

Geldentnahmen (S 89.700,32), Privatanteile (S 57.355,85), Versicherungen (S 19.569), Alimente Kinder (S 144.000) und private Steuern (S 10.416,36). Es kam daher zu einer Unterhaltsbemessungsgrundlage 1996 von S 359.653,85.

Das Jugendamt begründete seinen Unterhaltserhöhungsantrag auf Leistung von monatlich S 3.500,-- ab 1.12.1996 mit der Annahme eines monatlichen Nettoeinkommens des Vaters von S 23.000.

Der Vater sprach sich gegen die Unterhaltserhöhung mit der Begründung aus, 1995 nur ein monatliches Nettoeinkommen von S 16.711,27 bezogen zu haben.

Das Erstgericht wies den Unterhaltserhöhungsantrag im Hinblick auf das im Jahr 1996 erzielte Monatseinkommen des Vaters von monatlich netto S 3.217,70 ab. Der Erlös aus dem Liegenschaftsverkauf sei nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, weil der Vater laut Auskunft des Sachverständigen von seinem Schwiegervater 1996 einen Betrag von S 230.000 erhalten habe und anzunehmen sei, daß dieser zurückzuzahlen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Unterhaltssachwalters Folge, es erklärte die Erhebung des ordentlichen Revisionsrekurses für unzulässig. Rechne man die Privatentnahmen des Vaters dem Jahreseinkommen von 1996 von S 38.612,50 hinzu, ergebe dies selbst unter Abzug der (nicht näher überprüften und ausgewiesenen) Fahrtspesen des Vaters von S 71.483,10 eine Unterhaltsbemessungsgrundlage, die den Erhöhungsantrag rechtfertige.

Der dagegen vom Vater erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Aufhebungsantrages berechtigt. Die Erhebung der Unterhaltsbemessungsgrundlage durch die Vorinstanzen ist nämlich derart unzureichend, daß eine abschließende rechtliche Beurteilung noch nicht möglich ist:

Rechtliche Beurteilung

Für das Einkommen selbständig Erwerbstätiger ist nicht der steuerliche Reingewinn maßgebend, sondern der tatsächlich verbliebene Reingewinn, wie er sich aus den realen Einnahmen nach Abzug realer Betriebsausgaben sowie der Zahlungspflicht (nicht der tatsächlichen Zahlungen) für einkommens- und betriebsgebundene Steuern und öffentliche Abgaben ergibt. Da die tatsächliche Verfügbarkeit entscheidet, treten anstelle des Betriebsergebnisses die Privatentnahmen, wenn diese den Reingewinn übersteigen oder die Betriebsbilanz einen Verlust aufweist; zu den Privatentnahmen zählen alle nicht betrieblichen Bar- und Naturalentnahmen, so auch die Prämienzahlungen für Privatversicherungen oder die Verwendung des Unternehmens-PKWs für private Zwecke. Schuldhaft versäumte Einnahmen sind der Bemessungsgrundlage hinzuzuzählen. Bilanzmäßige Abzüge (wie etwa Abschreibungen oder Investitionsrücklagen) mindern den Betriebsgewinn nur insoweit, als ihnen effektive Ausgaben entsprechen. Aufwendungen bzw Schuldtilgung von Krediten kommt nur dann die Qualität einer Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu, wenn die entsprechende Kreditaufnahme der Erhaltung der Arbeitskraft oder der wirtschaftlichen Existenz des Verpflichteten diente, ferner für alle Investitionen, die Zwecken des Berechtigten dienen bzw ihm zugutekommen und nicht von vornherein unangepaßt hoch sind (vgl Schwimann, Unterhaltsrecht, 39, 114 und 115 mwN). Unterhaltszahlungen stellen keine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage dar (vgl Schwimann aaO).

Im vorliegenden Fall kann mangels konkreter Feststellungen nicht beurteilt werden, welchem Zweck die neben den Geldentnahmen von S 98.700,52 getätigten weiteren Entnahmen von S 57.355,88, die Entnahmen für Versicherungen S 19.569 sowie jene für private Steuern in Höhe von S 10.416,36 dienten. Darüberhinaus haben die Vorinstanzen nicht beachtet, daß gerade bei einem selbständig Erwerbstätigen, sofern nicht gesicherte aktuelle Daten zur Verfügung stehen, grundsätzlich das Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre festzustellen gewesen wäre, wobei auf konkrete Indikatoren für die Unterhaltsaussichten Bedacht zu nehmen gewesen wäre, um ein verläßliches Durchschnittseinkommen des Unterhaltspflichtigen feststellen zu können. Darüberhinaus reichten Annahmen des Erstgerichtes, daß Zuwendungen des Schwiegervaters zurückzuzahlen sind, nicht für die rechtliche Beurteilung aus, daß damit ein Kredit gewährt worden ist. Zu berücksichtigen wird auch sein, daß der Unterhaltssachwalter des Minderjährigen behauptete, die Sorgepflicht für Christine W***** sei weggefallen.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben, die Entscheidungen der Vorinstanzen waren aufzuheben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren durch die Ergänzung des Sachverständigengutachtens sowie durch die Einvernahme des Vaters die aufgezeigten Umstände näher zu erheben haben.

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