OGH 7Ob52/79

OGH7Ob52/7922.11.1979

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Wurz und Dr. Jensik als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz W*****, vertreten durch Dr. Otto Schuhmeister, Rechtsanwalt in Schwechat, wider die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen 166.000 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Mai 1979, GZ 2 R 73/79-96, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 7. März 1979, GZ 14 Cg 22/78-91, in der Hauptsache abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil derart abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 10.018,08 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 1.620 S Barauslagen und 622,08 S USt) sowie die mit 6.961,44 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920 S Barauslagen und 373,74 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war am 9. 7. 1972 bei der Beklagten gegen Unfall versichert. An diesem Tage trennte er sich einen Teil des Daumens und des Zeigefingers der linken Hand mittels einer Hacke ab. Für den Fall, dass dies ein Unfall gewesen sein sollte, wäre eine Forderung von 166.000 S aus der Unfallsversicherung gerechtfertigt. Mit der Behauptung, es habe sich hiebei um einen Unfall gehandelt, begehrt der Kläger die Zahlung dieses Betrags samt Anhang.

Die Beklagte wendete ein, es habe sich nicht um einen Unfall, sondern um eine beabsichtigte Selbstverstümmelung zwecks Erlangung von Leistungen aus der Versicherung gehandelt.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen und hiebei die folgenden wesentlichen Feststellungen getroffen:

Über das Vermögen des Klägers wurde mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 24. 5. 1971, Sa 47/71, das Ausgleichsverfahren eröffnet. Es lag eine Überschuldung von rund 400.000 S vor. Im Ausgleichsverfahren waren Forderungen von rund 980.000 S anerkannt und weitere angemeldete Forderungen von rund 1.000.000 S bestritten worden. Am 23. 8. 1971 schloss der Kläger mit seinen Gläubigern einen am 15. 12. 1971 gerichtlich bestätigten Ausgleich ab, demzufolge er die nicht bevorrechteten Gläubiger in 12 aufeinanderfolgenden Monatsraten zu 40 % zu befriedigen hatte. Mit Beschluss vom 21. 9. 1972 wurde das fortgesetzte Ausgleichsverfahren für beendet erklärt. Zur Zeit des Vorfalls vom 9. 7. 1972 hatte der Kläger Verbindlichkeiten in der Höhe von rund 500.000 S, die aber durch einen Realbesitz (EZ 367/KG *****) gedeckt waren. Diese Liegenschaft hat der Kläger im Zuge des gegenständlichen Prozesses verkauft, wobei er einen Erlös von etwa 450.000 S erzielte. Mit diesem Erlös hat er Schulden abgedeckt.

Zum Zeitpunkt des Schadenfalls war der Kläger für seine Gattin und drei minderjährige Kinder sorgepflichtig. Er bezog als Angestellter etwa 15.000 S brutto, wovon etwa 5.000 S als Spesen für einen PKW in Abzug zu bringen waren. Seine Gattin bezog etwa 5.000 S brutto 14 mal im Jahr.

Der am 17. 1. 1939 geborene Kläger hat die Grundschule und die Berufsschule für das Gewerbe der Fassbinder besucht, jedoch keine Abschlussprüfung abgelegt. Am 1. 7. 1972 stellte er durch seinen Schwiegervater bei der N*****-AG, einen Antrag auf Abschluss einer Privat-Gesamtversicherung einschließlich einer Gesamtrechtsschutzversicherung mit einer Versicherungssumme von 2.000.000 S bei Dauerinvalidität und bei Freizeitunfall, Doppelleistung für Invalidität für den Familienvorstand. Da die Gesellschaft diesen Antrag am 9. 7.1972 noch nicht angenommen hatte, erfolgte am 24. 7. 1972 dessen Ablehnung. Der Schwiegervater des Klägers war damals angestellter Vertreter der N*****-AG.

Am 9. 2. 1972 war der Kläger damit beschäftigt, die Liegenschaft zu säubern und altes Bauholz in Kisten aus dem Garten zu entfernen. Das gesammelte Holz sollte in einem alten Eisenofen verbrannt werden, zu welchem Zweck es der Kläger zerkleinern wollte. Das Haus selbst war mit einer Ölheizung ausgestattet. Am Tag zuvor hatte der Kläger ein neues Beil und eine Sense gekauft.

Zur Durchführung jener Arbeit (Zerkleinern von Holz) verwendete der Kläger einen Tisch in der Höhe von etwa 60 cm. Auf dessen fast quadratischer Platte hatte er einen Pfosten aus Bauholz mit einem Querschnitt von etwa 10 cm als Unterlage gelegt. Darauf zerhackte er dann mehrere kleinere Latten und Weichholzbretter. Die Höhe der Auflagefläche erforderte eine gebeugte Körperhaltung, doch lässt sich daraus eine Beeinträchtigung der Fingerhaltung nicht ableiten. Ehe er sich das Brett vornahm, bei dessen Verarbeitung zu Brennholz es zur Verletzung kam, hatte der Kläger ein diesem Brett in Form und Material gleiches Verschalungsbrett in einer Länge von etwa 62 cm und einer Stärke von etwa 3 cm exakt gedrittelt. Die Zerteilung dieses Bretts erfolgte durch etwa bis zur halben Brettdicke eindringende Axthiebe von beiden Seiten. Hiebei ergab sich ein präzise Führung von Erst- und Gegenschlag, was darauf schließen lässt, dass den Kläger als gelerntem Fassbinder eine gediegene Handfertigkeit zu eigen ist. Jenes Brett, bei dessen Verarbeitung sich der Kläger verletzte, weist dagegen eine Reihe von Einkerbungen auf, die nur eine Eindringtiefe von 2 mm bis 3,9 mm haben und in denen kleine Haut- oder Fingerpartikel festgestellt wurden. Dieses Brett weist eine tiefe Kerbe auf, die dem Kläger die Möglichkeit gegeben hätte, ähnlich wie bei der Verarbeitung des Bretts vorher, durch einen von der Rückseite geführten Gegenhieb eine Trennung vorzunehmen. Die Entstehung dieser Kerbe geht auf drei weitere Beilhiebe zurück. Hiebei führte der Kläger das Beil äußerst zielsicher, sodass sich keine 8 mm übersteigenden Abweichungen von der Spur des ersten Schlags ergaben. Aus dem Spurenbereich ist überdies zu erkennen, dass es dem Kläger nicht möglich war, mit einem einzigen Schlag des Beils beide Außenkanten zu erreichen. Es bestand bei der erheblichen Länge des noch nicht zerkleinerten Teils des zu verarbeitenden Bretts kein Anlass, die Trennung in Handnähe vorzunehmen. Aus dem Vergleich der Spuren an beiden Brettern ergibt sich, dass bei diesen das Beil mit unterschiedlicher Schlagintensität gehandhabt wurde. Die Schlagkraft bei dem zuletzt bearbeiteten Brett war um etwa 1/3 bis 1/4 geringer, als bei dem vorher zerkleinerten. Der Kläger war bemüht, an dem zuletzt bearbeiteten Brett in vierfachem Hieb eine das Brett in seiner ganzen Breite erfassende Trennfuge zu ziehen, wobei er bei der unmittelbar vorausgegangenen Zerkleinerung eines gleichartigen Bretts unter gleichartigen Bedingungen mit einem wuchtigen Hieb das Auslangen gefunden hatte. Bei allen Hackvorgängen hat der Kläger das Brett mit der linken Hand gehalten und mit der rechten Hand die Hacke geführt. Die übliche Handhaltung beim Ablängen ist der Klammergriff, durch den das Werkstück umfasst wird. Dabei befindet sich der Daumen unter dem Werkstück oder an dessen körpernaher Längsseite, während die anderen Finger auf dessen Oberseite liegen. Die Abtrennung der Teilstücke erfolgt im Regelfall derart, dass mit einer Hand das Werkstück an einem Ende festgehalten und soweit in die Mitte der Arbeitsunterlage geschoben wird, dass die erwünschte Teillänge erreicht ist. Der Kläger hat jedoch dem Sachverständigen gegenüber auf dessen Frage, wie er die Hand im Verletzungszeitpunkt gehalten habe, eine Handhaltung demonstriert, bei der die linke Hand mit dem Ballen flach aufs Brett gepresst und der Daumen zum Zeigefinger abgespreizt zu liegen kam. Eine derartige Handhaltung ist jedoch mit der Auswertung der nach der Abtrennung der Finger hergestellten Röntgenaufnahmen unvereinbar. Aus dieser Auswertung ergibt sich nämlich, dass der Zeigefinger mit der Ellenseite auf dem Brett auflag. Eine solche Haltung des Fingers bei gleichzeitigem Aufliegen des Daumens zwischen Speiche und Beugeseite auf dem Brett entspräche einer Fingerhaltung, bei der die Endglieder von Daumen und Zeigefinger aneinandergelegt werden können, und die restlichen drei Finger unter der Brettkante körpernah zu denken wären. Das aber wäre eine ganz unverständliche und arbeitstechnisch atypische Fingerhaltung beim Ablängen eines Bretts. Die übliche und natürliche Handhaltung (Klammergriff) wurde demnach nicht angewandt.

Das verwendete Beil wies auf der rechten Seite des Stiels nahe dem Beilkopf eine Reihe von Blutspritzern auf. Solche Blutspritzer befanden sich auch auf der rechten Seite des Beilkopfs. Aus ihrer Anordnung ergibt sich, dass nach eingetretener Verletzung mit dem blutigen Beil ein oder mehrere Hiebe mit der Schneide nach abwärts gegen einen sie jäh abbremsenden Gegenstand geführt worden sind.

Nach arbeitstechnischer Erfahrung ist die Abtrennung mehrerer Finger eine typische Unfallsfolge bei Arbeiten mit der Kreissäge, nicht aber beim Holzhacken.

Eine Befundaufnahme durch einen Sachverständigen aus dem Gebiete der Psychiatrie ergab keinen Anhaltspunkt für eine Neigung des Klägers zur Selbstverstümmelung oder Selbstschädigung.

Wo die amputierten Fingerglieder verblieben sind, lässt sich nicht klären.

Rechtlich vertrat das Erstgericht den Standpunkt, die Beweislast für das Vorliegen eines Unfalls treffe den Versicherungsnehmer, doch könnten im Hinblick darauf, dass Menschen im Allgemeinen nicht zur Selbstverstümmelung neigen, bei Vorliegen von Umständen, die für Unfälle typisch sind, keine all zu strengen Anforderungen an die Beweispflicht gestellt werden. Im Allgemeinen sei in derartigen Fällen ein Unfall anzunehmen. Diesfalls müsse der Versicherer, der eine Selbstverstümmelung behauptet, diese beweisen. Hiebei genüge es jedoch, dass die von ihm bewiesenen Tatsachen berechtigte Zweifel am Vorliegen eines Unfalls aufkommen lassen. Gelinge dem Versicherer ein derartiger Beweis, so sei es Sache des Versicherten, den Beweis dafür zu erbringen, dass dessen ungeachtet ein Unfall zu einer Verletzung geführt hat. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte eine Reihe von Umständen bewiesen, die schwerste Zweifel an einem Unfall begründeten. Demnach hätte der Kläger seinerseits die einen Unfall ergebenden Tatsachen beweisen müssen, doch sei ihm ein derartiger Beweis nicht gelungen.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren (mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens) statt. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen und trat auch der rechtlichen Beurteilung bezüglich der Beweislastverteilung bei. Es führte jedoch zusätzlich aus, trotz der Zweifel am Vorliegen eines Unfalls seien die erwiesenen Umstände nicht derart schwerwiegend, dass hiedurch bereits die Vermutung eines Unfalls entkräftet werde.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten aus den Gründen der Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts. Hilfsweise stellt die Beklagte einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gerechtfertigt.

Die behauptete Nichtigkeit (geltend gemacht wird ein Grund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO) ist allerdings nicht gegeben. Hier behauptet die Beklagte lediglich Widersprüche in den Entscheidungsgründen. Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO hat jedoch nur Widersprüche im Spruche der Entscheidung selbst, nicht aber in deren Gründen zum Gegenstand (Fasching IV, 138, EvBl 1958/11, JBl 1953, 627 ua).

Auf die behaupteten Verfahrensmängel ist nicht einzugehen, weil die Revision schon aus rechtlichen Erwägungen berechtigt ist.

In rechtlicher Hinsicht haben die Untergerichte übereinstimmend die Frage der Beweislastverteilung richtig beurteilt. Es kann daher auf ihre eingehenden Ausführungen verwiesen werden. Fraglich ist sohin nur, ob die von der Beklagten erwiesenen Umstände derartige Zweifel am Vorliegen eines Unfalls rechtfertigen, dass es hiedurch zu einer Umkehr der Beweislast gekommen ist. Dies muss, übereinstimmend mit dem Erstgericht und entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, bejaht werden.

Abgesehen davon, dass das Berufungsgericht die einzelnen Fakten doch weitgehend verharmlost, ist darauf zu verweisen, dass es nicht darauf ankommt ob jedes einzelne Faktum für sich hinreichende Zweifel an einem Unfall begründet, sondern darauf, ob die erwiesenen Fakten in ihrer Gesamtheit eine ausreichende Grundlage für derartige Zweifel bilden. Sicherlich besagt der Ankauf einer Hacke vor dem Unfallstag praktisch nichts. Bedenklicher erscheint dagegen schon die Überschuldung des Klägers. Hiebei kann die aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens getroffene Feststellung betreffend das Fehlen von Anhaltspunkten für einen Hang des Klägers zur Selbstverstümmelung unberücksichtigt bleiben. Von niemandem wurde behauptet, dass der Kläger aus einem derartigen krankhaften Hang gehandelt hätte. Der Grund für eine Selbstverstümmelung muss nicht krankhafte Veranlagung, sondern kann auch Gewinnsucht sein, die auch bei geistig gesunden Menschen anzutreffen ist. Es ist Erfahrungstatsache, dass einzelne Menschen geneigt sind, ihrer Meinung nach unwichtige Gliedmaßen zu opfern, wenn daraus ein entsprechender Gewinn erzielt werden kann. Welche Gliedmaßen und welcher Gewinn hier in Frage kommen, ist eine reine Kalkulationsfrage. Stellt man die tatsächlich verstümmelten Körperteile dem geforderten Betrag gegenüber, kann auch für geistig gesunde Menschen ein Kalkulationsergebnis zu Gunsten des Geldes nicht ausgeschlossen werden.

Die Tatsache, dass sich der Kläger im Laufe dieses Verfahrens, also nachdem ihm klar war, dass eine Leistung aus der Versicherung nicht ohne Schwierigkeiten und vor allem nicht rasch zu erlangen sei, zur Veräußerung einer Liegenschaft zwecks Abdeckung von Schulden entschlossen hat, spricht nicht dagegen, dass die Verschuldung Grund für eine Selbstverstümmelung gewesen sein könnte. Ist es doch eine Erfahrungstatsache, dass sich viele Menschen nur äußerst ungern von Liegenschaftsbesitz trennen und dass sie daher vorerst trachten, finanzielle Schwierigkeiten auf andere Weise als durch Veräußerung dieses Besitzes zu beseitigen. Unverkennbar ist aber, dass sich der Kläger tatsächlich in großen finanziellen Schwierigkeiten befand.

Ein schwerwiegendes Indiz gegen die Annahme eines Unfalls ist der Versuch des Abschlusses einer zusätzlichen Versicherung, die Leistungen auch neben der bereits bestehenden Versicherung erbringen hätte sollen. Der Abschluss derartiger Versicherungen ist eher selten und insbesondere bei Menschen, die mit Unfällen nicht in verstärktem Ausmaß rechnen müssen, eher unüblich. Berücksichtigt man, dass die Prämien für solche Versicherungen relativ hoch sind, erscheint es befremdlich, wenn jemand, der ein den Durchschnitt nicht übersteigendes Einkommen bezieht und der überdies mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, versucht, eine solche zusätzliche Versicherung abzuschließen. Die diesbezüglichen Verdachtsmomente werden vor allem durch die zeitliche Nähe des diesbezüglichen Versicherungsantrags zum Schadensereignis verstärkt. Das Argument des Berufungsgerichts, der Antrag des Klägers auf Abschluss der Zusatzversicherung spreche nicht gegen die Unfallsversion, weil der Kläger mangels Annahme seines Antrags nicht mit dieser Versicherung rechnen hätte können, ist nicht stichhaltig. Immerhin hat der Kläger seinen Antrag über seinen Schwiegervater, einen Angestellten der in Aussicht genommenen Versicherungsgesellschaft, gestellt, weshalb er mit einer positiven und raschen Erledigung rechnen konnte.

Mit Recht wendet sich die Revision auch gegen die Deutung des Berufungsgerichts bezüglich des nach der Verletzung geführten weiteren Schlags. Nach jenem Gutachten, von dem das Erstgericht ausgeht und das auch vom Berufungsgericht infolge Übernahme der erstrichterlichen Feststellungen als unbedenklich gewertet worden ist, hat es sich nicht um ein bloßes Fallenlassen der Hacke, sondern um einen oder mehrere Hiebe gehandelt. Dass die davon herrührenden Spuren durch ein bloßes Herabfallen der Hacke entstanden wären, ist eher unwahrscheinlich. Dieser Umstand ist im Übrigen nicht von entscheidender Bedeutung. Die entscheidenden Zweifel gegen die Version des Klägers werden durch seine Vorgangsweise beim Hacken selbst hervorgerufen. Natürlich ist es denkbar, dass auch einem Fachmann bei einer Arbeit einmal ein Fehler unterläuft. Das Schadensereignis ist aber auf die Häufung einer Reihe besonders gravierender Handhabungen durch den Kläger zurückzuführen, die, wäre es ihm wirklich um das Zerkleinern des Bretts gegangen, völlig unsachgemäß gewesen wären. Die Handhaltung, die zu dem Ereignis führte, ist derart ungewöhnlich, dass selbst einem Laien ihre Unzweckmäßigkeit in Bezug auf die ausgeführte Arbeit auffallen muss. Hinzu kommt eine Unsicherheit des Schlags, die in auffallendem Gegensatz zu der vorher zu Tage getretenen Sicherheit steht. Warum ein Fachmann bei genügender Abstandsmöglichkeit, also ohne Notwendigkeit eine Kerbe in unmittelbarer Nähe der Hand ziehen will, ist ebenfalls unerfindlich. Mögen also einzelne Fehlleistungen noch erklärlich sein, so erscheint es jedenfalls unerklärlich, wie eine derartige Häufung schwerster Fehlleistungen, die jede für sich in krassem Gegensatz zu der bisher gezeigten Geschicklichkeit stehen, unbeabsichtigt auftreten kann. Hinzu kommt der Versuch des Klägers, gegenüber dem Sachverständigen eine Handhaltung zu demonstrieren, die er keineswegs angewendet haben kann.

Zieht man sohin alle diese Umstände in Betracht, so ergibt sich, dass sie in ihrer Gesamtheit schwerste Zweifel am Vorliegen eines Unfalls rechtfertigen. Das Argument, der Kläger hätte im Falle einer Selbstverstümmelung eine Vorgangsweise gewählt, die den Nachweis der Selbstverstümmelung unmöglich gemacht hätte, ist nicht stichhaltig. Der Sachverhalt konnte im vorliegenden Fall nur mit Hilfe mehrerer Gutachten, von denen jedes für sich eine erhebliche wissenschaftliche Leistung darstellt, hinreichend aufgeklärt werden. Mit einer derartig perfekten wissenschaftlichen Leistung kann aber ein Laie nicht rechnen, und zwar nicht einmal ein Laie höheren Bildungsgrades als desjenigen des Klägers.

Da demnach die festgestellten Tatsachen erhebliche Zweifel an der Unfallsversion rechtfertigen, wäre es Sache des Klägers gewesen, das Vorliegen eines Unfalls durch Beseitigung dieser Zweifel zu beweisen. Ein solcher Beweis ist ihm nicht gelungen, weshalb das Erstgericht mit Recht sein Begehren abgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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