OGH 7Ob517/93

OGH7Ob517/9321.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martha G*****, vertreten durch Dr.Sylvia Bleierer, Rechtsanwalt in Mattighofen, wider die beklagte Partei T***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.August Rogler, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen S 207.783,85 s. A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25.November 1992, GZ 3 R 205/92-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 10.August 1992, GZ 6 Cg 29/91-30, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.518,40 (darin S 1.586,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Beiden Streitteilen kam im rechtlich relevanten Zeitraum Kaufmannseigenschaft zu.

Von 1987 bis Mitte 1990 stellte die Klägerin im Auftrag der beklagten Partei Spielautomaten mit elektronischen Bauteilen her. Aus diesem Grund verfügte die Klägerin über ein Lager von ausschließlich für diese Arbeiten benötigten Ersatzteilen, welche für sie nach Beendigung der Zusammenarbeit mit der Beklagten nicht mehr verwendbar waren. Der Lebensgefährte der Klägerin, Ernst C*****, der auch im Namen und auf Rechnung der Klägerin Geschäfte tätigen durfte, forderte deshalb den Geschäftsführer der Beklagten Heinz R***** auf, der Klägerin diese Bauteile abzunehmen. Heinz R***** konnte sich einen Kauf dieser Teile insoweit vorstellen, als die beklagte Partei diese auch tatsächlich verwenden kann (sie also zB keine Mängel aufweisen) und "man" sich außerdem über den Preis einigt. Eine darüber hinausgehende Abmachung (nämlich über die Vereinbarung hinaus, daß die Bauteile zur beklagten Partei zur notwendigen Sichtung gebracht werden können), wurde nicht getroffen; "insbesondere wurde kein Kauf (unter Vorbehalt des allenfalls nach objektiven Kriterien zu ermittelnden Preises) der zu liefernden Gegenstände vereinbart."

Am 1.10.1990 brachte Ernst C***** eine erste Teillieferung zur beklagten Partei. Die Klägerin stellte darüber die Rechnung vom 21.10.1990 über S 214.608,-- aus. Diese Rechnung war mit einem Abtretungsvermerk (Zession des Rechnungsbetrages an die V*****bank A*****) versehen. Die Reaktion der beklagten Partei bestand zunächst nur im Hinweis, daß einige Frontplatten zerkratzt seien. Am 27.10.1990 holte ein Mitarbeiter der beklagten Partei die restlichen Teile von der Klägerin ab und bestätigte die Übernahme auf einem Lieferschein. Eine Überprüfung der Ware erfolgte dabei nicht. Die Klägerin übersandte daraufhin der beklagten Partei am 29.10.1990 eine Rechnung über S 74.244,--, wobei diese Rechnung wiederum einen Zessionsvermerk trug. "In der Folge gab es nie eine Einigung zwischen den Streitteilen bzw. Ernst C***** und Heinz R*****, welche Waren (aus diesen beiden Lieferungen) die beklagte Partei nun tatsächlich kauft und zu welchen Preis". Vielmehr teilte Heinz R***** der Zessionarin mit Schreiben vom 31.10.1990 mitgeteilt, daß er erst in den nächsten Tagen (offenbar zur Forderung der Zessionarin) Stellung nehmen könne. Nach einer Fristsetzung bis 5.11.1990 durch die V*****bank A***** wies die beklagte Partei in einem Schreiben vom 2.11.1990 darauf hin, daß ein längeres Zahlungsziel üblich sei, daß aber "nach Prüfung und Abklärung diverser offener Punkte" man sich bemühen werde, die Angelegenheit rasch zu erledigen. In einem Schreiben vom 13.11.1990 (Beilage H) teilte die beklagte Partei der Zessionarin mit, daß "nach diversen Gegenverrechnungen vorläufig noch eine Forderung an uns von S 69.442,-- offen bleibt". Dieser Betrag werde in den nächsten Tagen an die Zessionarin überwiesen. Mit Schreiben vom 16.11.1990 (Beilage K) wies die Zessionarin die Beklagte darauf hin, daß die gegen sie bestehende Forderung (abzüglich der Gegenrechnung vom 13.11.1990) S 206.172,-- betrage. Als kein Zahlungseingang erfolgte, zedierte die V*****bank A***** die Forderungen gemäß den beiden erwähnten Rechnungen mit Erklärung vom 14.1.1991 (Beilage N) an die Klägerin zurück. Mit Schreiben vom 22.7.1991 (Beilage O) gab die beklagte Partei der (früheren) Zessionarin die (in Beilage L) gewünschte Erklärung zu den offenen S 206.000,-- (richtig wohl S 206.172,--) in der Form, daß sie nunmehr den Standpunkt vertrete, daß die Forderung der Klägerin wegen einer vorzunehmenden Preisminderung aufgrund von Mängeln und überhöhten Preisen nur S 143.247,-- betrage. Eine Einigung auf diesen von der beklagten Partei errechneten Betrag ist aber nie erfolgt. Im Hinblick auf die offen gebliebenen Streitpunkte ist es auch nie zu der angekündigten Überweisung der Beträge gekommen.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten S 207.783,85 s.A. für zu vereinbarten Preisen gelieferte, aber nicht bezahlte Waren. Die Beklagte habe angekündigt, einen durch eine Gegenforderung reduzierten Betrag von S 206.173,-- zu bezahlen.

Die beklagte Partei wendete ein, daß es nie zu einer Einigung über Ware und Preis gekommen sei, weil sich der Geschäftsführer der beklagten Partei das Geschäft noch überlegen wollte. Er habe nur erklärt, das angebotene Material zu überprüfen und bei Bedarf gegebenenfalls abzunehmen. Die übergebenen Waren seien jedoch teilweise Schrott und wiesen (im einzelnen aufgezählte) Mängel auf. Im übrigen sei die Lieferung nur zur allfälligen Abdeckung einer Forderung des Geschäftsführers der beklagten Partei gegen den Lebensgefährten der Klägerin im Ausmaß von S 124.303,66 gedacht gewesen. Des weiteren stünden der beklagten Partei (weitere) Gegenforderungen von S 18.900,-- und von S 140.000,-- zu. Die in Beilage ./O aufscheinenden Werte seien "unter der Grundlage zustandegekommen", daß Ernst C***** der beklagten Partei die Lieferung von vier Solarrädern zugesagt habe (vgl. AS 61). Letztlich wurde von der beklagten Partei Irrtum sowie Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes eingewendet (vgl. AS 15 und 27).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Mangels Einigung der Streitteile über Ware und Preis der zu kaufenden Sachen sei es zu keinem wirksamen Kaufvertragsabschluß gekommen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und erklärte die Revision für zulässig. Es erachtete aufgrund rechtlicher Überlegungen einerseits die geltend gemachten Verfahrensmängel für unbeachtlich und andererseits eine Stellungnahme zu einzelnen bekämpften Feststellungen des Ersturteiles für entbehrlich und teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß es zwischen den Streitteilen zu keinerlei Willensübereinstimmung über Ware und Preis und daher auch zu keinem rechtsverbindlichen Kaufvertragsabschluß gekommen sei. Eine Vertretungsbefugnis der Zessionarin für die Klägerin sei nie behauptet worden. Der Kauf sei daher auch durch das der Beilage O zu entnehmende Zugeständnis nicht wirksam zustandegekommen, weil dieses Schreiben nicht an die Vertragspartnerin (die Klägerin) gerichtet gewesen sei. Auf ein gegenüber der Bank abgegebenes (Teil-)Anerkenntnis der beklagten Partei könne sich die Klägerin nicht berufen. Für das Anerkenntnis eines Schuldners gegenüber einem Zessionar bestehe im § 1396 2.Satz ABGB eine Sonderbestimmung, welcher allerdings von der Lehre "ausgesuchte Dunkelheit" bescheinigt werde. Trotz der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in ÖBA 1992, 69 könne schon wegen der beachtlichen Gegenargumente der Lehre noch nicht als geklärt angesehen werden, daß nur konstitutive Anerkenntnisse einen Einwendungausschluß des Schuldners zur Folge hätten. Der Schuldner könne sich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ungeachtet eines Anerkenntnisses auf das Fehlen eines Titels berufen. Die Klägerin habe ihr Begehren aber gar nicht auf ein allenfalls zwischen der Zessionarin und der beklagten Partei zustandegekommenes konstitutives Anerkenntnis gestützt. Ein solches Recht gehe bei der Rückzession auch nicht automatisch auf den Rückzessionar über. Die aufgezeigte Kontroverse zu § 1396 2.Satz ABGB sei für den vorliegenden Rechtsstreit daher nicht entscheidend. Die mit einem (hier anzunehmenden) deklarativen Anerkenntnis verbundene Beweislastumkehr komme dem klagenden Rückzessionar nicht zugute, weil durch die Abtretung einer Schuld keine Verschlechterung der Stellung des beklagten Schuldners verbunden sein dürfe. § 1396 2.Satz ABGB sei eine Schutzvorschrift nur für denjenigen Zessionar, dem gegenüber das Anerkenntnis abgegeben werde. Das Anerkenntnis des Schuldners gegenüber dem ersten Zessionar entfalte keine Rechtsverbindlichkeit gegenüber den weiteren Zessionaren.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Der von der Klägerin der V*****bank A***** abgetretenen "Forderung" lag keine die beklagte Partei zur Zahlung verpflichtende Kaufvereinbarung zugrunde. Ein verbindlicher Kaufvertrag kam auch nicht durch die Übersendung des Schreibens Beilage O durch die beklagte Partei an die genannte V*****bank zustande. Die festgestellte Erklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei, er könne sich den Ankauf der Ersatzteile vorstellen, soweit sie die beklagte Partei verwenden könne und "man" sich außerdem über den Preis einig werde, stellt ein Anbot zur probeweisen Überlassung dieser Ersatzteile durch die Klägerin dar. Wurde bei Überlassung einer Sache auf Probe aber weder ein bestimmter Kaufpreis noch eine bestimmte Probezeit vereinbart, so liegt kein Kauf auf Probe, sondern eine unentgeltliche Überlassung zur probeweisen Benützung vor. Haben die Parteien vertraglich keine Probezeit verabredet und macht der Verkäufer keinen Gebrauch von seinem Recht zur Setzung einer angemessenen Frist, so kann trotz Übergabe der Ware ein noch so langes Schweigen des Käufers nicht unbedingt als Genehmigung interpretiert werden. Die Regel des § 1081 ABGB mit der hier anzuwendenden Modifikation nach Art.8 Nr.18 der 4.EVzHGB gilt nur für den Fall, daß eine Probezeit gesetzt wurde (vgl. Kramer in Straube in HGB zu Art.8 Nr.18 Rz 1 f und 7).

Für die Annahme einer stillschweigenden Genehmigung durch die beklagte Partei fehlen alle Anhaltspunkte. Die der Volksbank gegenüber geltend gemachten Vorbehalte (Gegenforderung, Ausklammerung der Lüftungsgitter, Abzug für Mängel) sprechen gegen eine derartige Genehmigung, zumal sie die Klägerin (mit Ausnahme der Gegenforderung) gar nicht akzeptiert hat.

Auf die Frage des Übergangs von Gestaltungsrechten (vgl. hiezu Peter Bydlinski, Die Übertragung von Gestaltungsrechten, 248 ff, und Ertl in Rummel ABGB2, Rz 3 zu § 1394) braucht nicht eingegangen zu werden, weil die Klägerin der Volksbank nicht etwa das Recht zum Abschluß eines Kaufvertrages, sondern eine (vermeintliche) Kaufpreisforderung übertragen hat. Ohne besondere Vereinbarungen gehen nur Nebenrechte, die ausschließlich dem Zweck der Hauptforderung, ihrer Sicherung oder Durchsetzung dienen, über (Ertl aaO). Die abgetretene "Hauptforderung" aber war im vorliegenden Fall noch gar nicht entstanden.

Zu einem konstitutiven Anerkenntnis der beklagten Partei gegenüber der Zessionarin ist es nach dem festgestellten Schriftwechsel nicht gekommen. Ob ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln, wobei nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern deren Sinn zu erforschen ist. Maßgeblich sind vor allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses. Eine vom Schuldner geäußerte Vergleichsbereitschaft ist noch nicht als Anerkenntnis zu werten, weil selbst ein bindendes Vergleichsanbot nur die Erklärung enthält, man werde selbst nachgeben, wenn auch der andere Teil nachgibt (vgl. Ertl aaO Rz 7 zu § 1380). Das Schreiben der beklagten Partei an die Volksbank Beilage O kann daher nur als deklaratives Anerkenntnis angesehen werden, als eine bloße Wissenserklärung des Schuldners, mit der dieser (ein Fall des § 1396 Satz 2 ABGB - vgl. Ertl aaO, Rz 2 zu § 1396 - ist hier nicht zu entscheiden, weil eine Klage des ursprünglichen Gläubigers, dem der besondere Gutglaubensschutz des Zessionars nicht zugutekommt, vorliegt) keine Rechtsfolgen herbeiführen will, sondern nur bekanntgibt, daß das Recht des Gläubigers seines Wissens nach besteht. Es ist nur ein Beweismittel im Rechtsstreit, das durch andere Beweise widerlegt werden kann (Ertl aaO, Rz 7 zu § 1380 mwH). Eine derartige Widerlegung aber, nämlich der Beweis, daß es zu einem Kaufvertrag zwischen den Streitteilen gar nicht gekommen ist, ist der beklagten Partei gelungen. Die Klägerin als die ursprüngliche Gläubigerin vermag sich daher weder auf den Abschluß eines Kaufvertrages, noch auf ein Anerkenntnis der beklagten Partei zu stützen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41 und 50 ZPO.

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