Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Mit der am 29.11.1989 eingelangten Klage begehren die Kläger den Zuspruch von S 182.825,-- s.A. Sie hätten als Mieter einer Wohnung, die ihnen von der beklagten Partei am 16.8.1988 aufgekündigt worden sei - die Aufkündigung sei mangels Erhebung von Einwendungen rechtskräftig geworden -, Aufwendungen gemacht und mit Schreiben vom 22.9.1988 einen Ersatzanspruch mit einem Betrag von S 207.110,-- angezeigt. In einem Beweissicherungsverfahren, das nach einem für die Kläger nicht annehmbaren Anbot der beklagten Partei stattgefunden habe, sei der Zeitwert der Investitionen der Kläger zum 10.4.1989 mit S 182.825,-- ermittelt worden. Der Mietgegenstand sei am 31.3.1989 durch Übergabe der Wohnungsschlüssel an die Hausverwaltung zurückgestellt worden. Mit Schreiben vom 28.9.1989 hätten die Kläger der beklagten Partei mitgeteilt, daß Arif A***** die Wohnung mieten wolle und bereit sei, den Ersatzanspruch der Kläger zu befriedigen und den gesetzlich zulässigen Mietzins zu bezahlen. Die beklagte Partei habe den von den Klägern namhaft gemachten Mieter abgelehnt und lediglich die ursprünglich angebotene Investitionsablöse von S 40.000,-- auf S 50.000,-- erhöht.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Es fehle ihr die passive Klagelegitimation. Die Liegenschaft sei mit Vertrag vom 28.6.1988 an ein anderes Unternehmen verkauft worden. Damit seien alle Rechte und Pflichten auf den Käufer, dessen Eigentumsrecht im Mai 1989 intabuliert worden sei, übergegangen. Der Anspruch der Kläger bestehe auch im übrigen nicht zu Recht. Die Investitionen seien zum Teil nicht durch die Kläger, sondern durch deren Vormieterin getätigt worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die beklagte Partei die Liegenschaft, auf der sich der Bestandgegenstand befindet, mit Vertrag vom 28.6.1988 verkauft hat, daß das Gesuch des Käufers um Einverleibung des Eigentumsrechts am 18.5.1989 beim Grundbuchsgericht einlangte, und daß die Eintragung am 24.5.1989 vollzogen wurde.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, der beklagten Partei fehle die passive Legitimation, weil sie zum Zeitpunkt der Klageeinbringung nicht mehr grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei. Nur der jeweilige grundbücherliche Eigentümer sei in der Lage, mit einem namhaft gemachten Nachmieter einen Mietvertrag abzuschließen; nur er sei daher auch berechtigt, einen ihm vom Vormieter namhaft gemachten Nachmieter zu akzeptieren und von ihm eine Ablöse zu verlangen. Die eingeklagte Forderung sei darüber hinaus erst zu einem Zeitpunkt (Namhaftmachung eines Nachmieters am 28.9.1989) fällig geworden, in dem der Liegenschaftskäufer bereits grundbücherlicher Eigentümer gewesen sei.
Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des Erstgerichtes auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Räume § 10 MRG dem Hauptmieter einer Wohnung, dessen Bestandverhältnis beendet werde, gegen den Vermieter Ersatzansprüche ein, könne damit wohl nur der jeweilige Vermieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses gemeint sein, weil der Eintritt eines Einzelrechtsnachfolgers in ein nicht mehr existentes Bestandverhältnis nicht in Frage komme. Daß der Kaufvertrag schon vor Auflösung des Mietverhältnisses abgeschlossen worden sei, ändere an der (bisherigen) Vermieterstellung der beklagten Partei nichts, weil der Käufer einer Liegenschaft erst mit der grundbücherlichen Einverleibung in bestehende Bestandverträge eintrete. Anderes gelte nur im Fall des hier nicht behaupteten, mit Zustimmung des Bestandnehmers erfolgenden früheren Eintritts des Erwerbers nach Übernahme von Besitz und Verwaltung. Zwischen einem Mieter und einem Käufer, der nach Auflösung des Mietvertrages das Eigentumsrecht an der Liegenschaft erlange, bestünden daher keine vertraglichen Beziehungen; der Liegenschaftserwerber sei in einem solchen Fall nicht Vermieter im Sinne des § 10 MRG. Anspruchsanzeige (§ 10 Abs. 4 MRG) und Namhaftmachung eines Nachmieters (§ 10 Abs. 5 MRG) seien daher an die beklagte Partei als den bisherigen Vermieter zu richten gewesen, und es sei deren Sache, mit ihrem Nachfolger im Eigentum in Verbindung zu treten und eine allfällige Vermietung an einen Nachmieter samt Überwälzung des Aufwandes nach § 10 MRG durchzusetzen. Die Anzeige des Ersatzanspruches und die Namhaftmachung eines Nachmieters durch die Kläger gegenüber der beklagten Partei seien fristgerecht erfolgt. Der Klageanspruch sei deshalb inhaltlich zu überprüfen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung zu § 1120 ABGB tritt der Erwerber einer Liegenschaft erst mit deren Übergabe in bestehende Bestandverträge ein, wobei unter "Übergabe" bei verbücherten Liegenschaften die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch zu verstehen ist. Zur Auflösung von Mietverträgen betreffend Liegenschaften ist deshalb im allgemeinen nur der Eigentümer berechtigt, der Erwerber der Liegenschaft erst ab dem Zeitpunkt seiner Eintragung im Grundbuch (SZ 59/127).
Durch die Übergabe einer Liegenschaft an den Käufer vor der für die Eigentumsübertragung notwendigen Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch allein setzt der Verkäufer noch kein Verhalten, aus dem der Schluß abzuleiten wäre, er habe den Käufer für die Zeit bis zum Eigentumsübergang als seinen Stellvertreter mit der Liegenschaftsverwaltung betraut (MietSlg. 33.122). Die Rechtsprechung räumt dem außerbücherlichen Erwerber lediglich das Recht zur Auflösung von Bestandverträgen ein, wenn ihm vom Veräußerer Besitz und Verwaltung (Nutznießung) der Liegenschaft übertragen wurden und er in die vom bisherigen Eigentümer abgeschlossenen Bestandverträge eingetreten ist bzw. diese erneuert hat (SZ 59/127, MietSlg. 36.199). Dem Käufer einer Liegenschaft, dem diese körperlich "mit Nutzen und Lasten, Gefahr und Vorteil" übergeben wurde, kommt auch ohne Einverleibung seines Eigentumsrechts eine fruchtnießerähnliche Stellung zu, die ihn zum Abschluß und zur Auflösung von Bestandverträgen berechtigt (SZ 61/236). Ob diese Stellung auch bewirkt, daß Ansprüche des scheidenden Mieters nach § 10 MRG gegen ihn und nicht mehr gegen den noch bücherlichen Eigentümer zu richten sind, muß hier nicht geprüft werden.
Mögen nämlich auch, wie die beklagte Partei behauptet, mit Abschluß des Kaufvertrages vom 28.6.1988 alle Rechte und Pflichten, Nutzung und Gefahr, die mit dem Besitz der Liegenschaft verbunden sind, auf den Käufer übergegangen sein, ist doch nicht zu übersehen, daß es unbestritten die beklagte Partei war, die den Mietvertrag mit den Klägern durch Aufkündigung vom 16.8.1988 (also nach Abschluß des Kaufvertrages) zur Auflösung gebracht hat. Daraus ergibt sich aber, daß die Verwaltung der Liegenschaft hinsichtlich des Bestandgegenstandes, den zu jener Zeit die Kläger benützten, nicht vom Käufer, sondern von der beklagten Partei ausgeübt wurde, und daß (noch) sie die Vermieterin im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses war.
Der Oberste Gerichtshof schließt sich - wie schon das Berufungsgericht - der von Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Anm. 5 zu § 10 MRG, vertretenen Meinung an, daß sich der Anspruch nach § 10 MRG gegen den jeweiligen Vermieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses richtet. War der Käufer der Liegenschaft noch nicht in das Bestandverhältnis mit den Klägern eingetreten - wie sich aus der Aufkündigung ergibt -, bestanden zwischen ihm und den Klägern keinerlei Rechtsbeziehungen; rechtliche Beziehungen bestanden allein zwischen den Streitteilen.
Ist für die Anspruchstellung nach § 10 MRG maßgebend, wer zur Zeit der Beendigung des Mietverhältnisses Vermieter war, ist es unerheblich, daß die beklagte Partei zur Zeit der Einbringung der Klage nicht mehr grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft war.
Mit Recht hat deshalb das Berufungsgericht die passive Klagelegitimation der beklagten Partei als gegeben angesehen und dem Erstgericht die inhaltliche Überprüfung des Klageanspruches aufgetragen.
Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.
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