Normen
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung Art6 Abs2 lita
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung Art21
Kraftfahrgesetz 1955 §46
Kraftfahrgesetz 1967 §36 litc
Kraftfahrgesetz 1967 §45
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung Art6 Abs2 lita
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung Art21
Kraftfahrgesetz 1955 §46
Kraftfahrgesetz 1967 §36 litc
Kraftfahrgesetz 1967 §45
Spruch:
Ein gemäß § 46 KFG 1955 zugewiesenes Probefahrkennzeichen darf nur zu Probefahrten iS der angeführten Gesetzesstelle verwendet werden. Nur auf derartige Probefahrten erstreckt sich der Versicherungsschutz (gegenüber dem Versicherten) einer für das Probefahrkennzeichen abgeschlossenen Haftpflichtversicherung. Der Versicherer ist daher leistungsfrei, wenn das Probefahrkennzeichen nicht zu einer Probefahrt gemäß § 46 KFG 1955 und damit nicht zu einem mit dem Versicherer vereinbarten Zweck benützt wird
Begriff der "Probefahrt"
OGH 1. 3. 1972, 7 Ob 33/72 (OLG Innsbruck 1 R 162/71; LG Innsbruck 1 Cg 258/70)
Text
Die R-Kommanditgesellschaft in I besitzt seit 28. 6. 1966 das ihr von der Polizeidirektion I zugewiesene Probefahrtkennzeichen T ... mit Zulassungsschein, der den behördlichen Vermerk enthält, daß das ausgegebene Kennzeichen für PKW, LKW und Omnibusse nur zur Vorführung, Probefahrt oder Überführung im Rahmen des Geschäftsbetriebes gemäß § 46 KFG 1955 gilt. Der Ausgabe dieses Probefahrtkennzeichens liegt eine zwischen der genannten Kommanditgesellschaft als Versicherungsnehmer und der Beklagten als Versicherer geschlossene Haftpflichtversicherung zugrunde, in der ein bestimmter Zweck der Verwendung des Probefahrtkennzeichens nicht vereinbart ist. Die Haftpflichtversicherungsprämie für ein Probefahrtkennzeichen ist geringer (S 1990.-) als für einen PKW mit 200 DinPS (S 2870.-). Einen PKW mit annähernd dieser PS-Zahl erwarb der Kläger, ein Angestellter der Kommanditgesellschaft, im Sommer 1969 von einem gewissen Josef H, der sodann das Fahrzeug bei der Behörde abmeldete, weshalb dessen Kennzeichen und Zulassungsschein eingezogen wurden. Der Kläger stellte das Auto in einer Garage in W ein, da er noch nicht den erforderlichen Führerschein hatte. Als ihm dann dieser am 7. 11. 1969 erteilt worden war, faßte er die Absicht, den Wagen zu erproben, allenfalls das Öl und die Zundkerzen wechseln zu lassen, um auf diese Weise die Vorführung des Fahrzeuges bei der Zulassungsbehörde vorzubereiten. In diesem Zusammenhang wendete er sich an seinen Dienstgeber um Überlassung eines Probefahrtkennzeichens, worauf ihm gegen Unterfertigung einer vorgedruckten Bescheinigung über den vereinbarten Ausschluß einer Haftung der R-Kommanditgesellschaft von dieser das Probefahrtkennzeichen T ... ausgefolgt wurde. Zu dem erwähnten Zweck nahm der Kläger am 8. 11. 1969 seinen mit dem Probefahrtkennzeichen versehenen PKW in Betrieb. Hiebei geriet er während einer Fahrt auf der Bundesstraße 1 zwischen W und S im Zuge eines Überholversuches ins Schleudern und rammte zwei entgegenkommende Fahrzeuge. Dadurch wurden fünf Menschen getötet und zwei schwer verletzt; auch entstand beträchtlicher Sachschaden. Der Kläger wurde deshalb wegen Vergehens nach §§ 335, 337a StG rechtskräftig verurteilt. Mit Schreiben vom 24. 2. 1970 verwies die Beklagte den Kläger mit dem seinerseits erhobenen Anspruch, ihm in Verbindung mit dem Verkehrsunfall Versicherungsschutz zu gewähren, gemäß § 12 Abs 3 VersVG auf den Klageweg. Sie stützte sich dabei auf Art 21 und Art 6 Abs 2 lit a AKHB mit dem Hinweis, daß der Kläger das entsprechend den Allgemeinen Versicherungsbedingungen nur für "Dienstfahrten" des Versicherungsnehmers bestimmte Probefahrtkennzeichen mißbräuchlich für eine Privatfahrt verwendet habe.
Dem Klagebegehren auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Versicherungsschutz gaben die Unterinstanzen statt, weil sie die Fahrt des Klägers als "Probefahrt" ansahen, obwohl sie nicht im Rahmen des Geschäftsbetriebes der R-Kommanditgesellschaft stattgefunden hatte.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Da der vorliegende Zulassungsschein den Verwendungszweck des zugelassenen Probefahrtkennzeichens auf den Fall der "Vorführung, Probefahrt und Überführung im Rahmen des Geschäftsbetriebes" beschränkt und sich hiebei ausdrücklich auf § 46 KFG 1955 bezieht, sind die eben angeführten drei Verwendungsarten iS dieser Gesetzesstelle zu verstehen. Nun bestimmt aber dessen erster Absatz, daß Probefahrtkennzeichen überhaupt nur Erzeugungs- oder Handelsbetrieben zugewiesen werden können, die Kraftfahrzeuge oder Anhänger zum Gegenstand haben. Daraus folgt, daß sich die Verwendung des Probefahrtkennzeichens zur Feststellung der Gebrauchs- oder Leistungsfähigkeit solcher Fahrzeuge oder von Teilen derselben, also zu einer Probefahrt im engeren Sinn, sowie zur Vorführung und Überführung, welche beiden Vorgänge nach dem Gesetz auch als Probefahrten gelten, im Rahmen eines derartigen Betriebes zu halten hat. Andernfalls wäre nämlich die Einschränkung der Zuweisung von Probefahrtkennzeichen auf Betriebe der vorerwähnten Art unverständlich. Darum gestattet die besondere Herausstellung in § 46 Abs 2 KFG 1955, daß Fahrten zur Überführung eines Kraftfahrzeuges an einen anderen Ort nur dann Probefahrten sind, "wenn diese Überführung im Rahmen des Geschäftsbetriebes erfolgt", nicht den argumento a contrario zu ziehenden Schluß, daß dieser Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb für die beiden anderen Arten der Probefahrt (Feststellung der Gebrauchs- oder Leistungsfähigkeit, Vorführung) kein Begriffsmerkmal bilde. Daß es sich übrigens auch nach dem KFG 1967 nicht anders verhält, ergibt sich zur Genüge aus dessen § 45 Abs 1 und 3. Nach Art 21 AKHB ist dessen Art 6 Abs 2 lit a sinngemäß anzuwenden. Dazu ist festzuhalten daß der Kläger das Probefahrtkennzeichen nicht zu einer Probefahrt gemäß § 46 KFG 1955, somit nicht zu dem mit der Beklagten vereinbarten Zweck benützte. Dadurch wurde zwar keine von der Zulassungsbehörde für die Bewilligung einer Probefahrt vorgeschriebene Auflage verletzt, weil es sich nicht um die Bewilligung einer einzelnen Probefahrt gehandelt hatte und deshalb auch keine allfälligen Auflagen zu erteilen waren, wohl aber einem dem gleichzuhaltender Verstoß gegen eine behördliche Regelung begangen, wonach das ausgegebene Kennzeichen nur für Probefahrten iS des Gesetzes verwendet werden durfte. Mithin ist die von der Beklagten geltend gemachte Leistungsfreiheit eingetreten.
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