OGH 7Ob32/86

OGH7Ob32/8610.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*** A*** V***-A***, Wien 1.,

Schottenring 15, vertreten durch Dr. Paul Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Helmut T***, ohne Beschäftigung, Wien 21., Eichfeldergasse 7, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Josef J***, Tankwart, Wien 22., Arztgasse 4, vertreten durch Dr. Otto Kern und Dr. Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 52.082,-- s.A. und Feststellung, infolge Revision des Zweitbeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. Dezember 1986, GZ 16 R 293/85-26, womit infolge Berufung des Zweitbeklagten das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Juni 1985, GZ 6 Cg 779/84-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei war Haftpflichtversicherer des PKW Ford Taunus 1600 GL mit dem polizeilichen Kennzeichen N 368.332. Versicherungsnehmerin war Ilse R***. Der Zweitbeklagte, dem Ilse R*** den PKW zur Vermittlung des Verkaufes übergeben hatte, überließ diesen am 30. September 1981 dem Erstbeklagten, der keine Lenkerberechtigung besaß und am 1. Oktober 1981 zwei Fahrzeuge beschädigte. Die klagende Partei begehrt Ersatz der von ihr an die Geschädigten erbrachten Versicherungsleistungen von S 52.082,-- s.A. und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden bis zu einem Gesamtbetrag von S 47.918,--.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen stellte Ilse R*** den PKW auf dem Gelände der vom Zweitbeklagten betriebenen Tankstelle ab. Sie kam mit dem Zweitbeklagten überein, daß dieser sie anrufe, wenn sich jemand für den PKW interessiere. Es bestand Übereinstimmung zwischen beiden, daß ohne Ilse R*** nichts geschehen könne. Ilse R*** veranlaßte auch, daß die polizeilichen Kennzeichen vom PKW abmontiert wurden, damit niemand mit dem Fahrzeug fahren könne. Den Wagenschlüssel überließ sie dem Zweitbeklagten zum Zwecke der Besichtigung des PKW's. Die Fahrzeugpapiere wurden dem Zweitbeklagten nicht übergeben. Der Zweitbeklagte hätte im Falle eines Verkaufes eine Vermittlungsprovision erhalten sollen. Nach der Auffassung des Erstgerichtes falle beiden Beklagten eine Verletzung der Obliegenheit nach Art. 6 Abs. 2 lit. a der AKHB zur Last, wonach der Lenker eine Lenkerberechtigung für die Gruppe besitze, in die das Fahrzeug falle. Die klagende Partei könne sich daher auf Leistungsfreiheit im Sinne des Art. 6 Abs. 3 AKHB berufen. Das Berufungsgericht bestätigte das nur vom Zweitbeklagten angefochtene Ersturteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige, und erklärte die Revision für zulässig. Die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes lassen sich dahin zusammenfassen, daß dem Zweitbeklagten nicht die Stellung eines Mitversicherten zugekommen sei und daß keine Schwarzfahrt im Sinne des § 6 Abs. 1 EKHG vorliege. Die klagende Partei sei daher deckungspflichtig gewesen. Ein der Ilse R*** zustehender Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten sei gemäß § 67 VersVG auf die klagende Partei übergegangen. Der Ilse R*** stehe gegen den Zweitbeklagten ein Ersatzanspruch aus einer Vertragsverletzung zu, weil der Zweitbeklagte die ihm vertraglich eingeräumten Befugnisse überschritten habe. Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, daß die Frage, ob der Zweitbeklagte Mitversicherter sei, und die Anwendbarkeit des § 67 VersVG nach der Rechtsprechung nicht gesichert geklärt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Zweitbeklagten ist unzulässig.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß dem Zweitbeklagten nicht die Stellung eines Versicherten zugekommen sei, wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Daß der § 67 VersVG auch in der Haftpflichtversicherung gilt und vom Forderungsübergang jedenfalls Schadenersatzansprüche im eigentlichen Sinn und darüber hinaus sogar auch Rückgriffs-, Ausgleichs- und Bereicherungsansprüche erfaßt werden, entspricht der ständigen Rechtsprechung (SZ 52/91; SZ 51/106; SZ 43/15 u.v.a.). Aber auch den über den Zulässigkeitsausspruch hinaus vom Revisionswerber geltend gemachten Rechtsfragen kommt erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zu. Durch das jedenfalls innerhalb der Verjährungsfrist erhobene Feststellungsbegehren wurde die Verjährung hinsichtlich aller zukünftigen aus dem betreffenden Rechtsverhältnis abgeleiteten Ansprüchen unterbrochen (MGA ABGB 32 § 1497/57 f.). Die Ansicht, daß ein Haftungsübergang im Sinne des § 6 Abs. 1 EKHG nicht stattfand, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach § 6 Abs. 1 EKHG nicht gilt, wenn das Fahrzeug dem Lenker von einer Vertrauensperson des Halters überlassen wurde (ZVR 1957/39; 7 Ob 15/77; vgl. auch ZVR 1971/197). Zutreffend hat daher das Berufungsgericht die Deckungspflicht der klagenden Partei gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin bejaht (vgl. ZVR 1985/7). Da dem Zweitbeklagten gegenüber der Versicherungsnehmerin der klagenden Partei eine Vertragsverletzung zur Last fällt, traf ihn im Sinne des § 1298 ABGB die Behauptungs- und Beweislast für sein mangelndes Verschulden an dieser Vertragsverletzung. Diesen Beweis hat der Zweitbeklagte in erster Instanz nicht einmal angetreten. Die Revisionsausführungen betreffen nur die Frage des Verschuldens an dem Verkehrsunfall. Auch die Adäquanz der Vertragsverletzung des Zweitbeklagten ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung gegeben (vgl. MGA ABGB 32 § 1295/25 f.), weil die mißbräuchliche Verwendung des Fahrzeuges durch den Lenker keineswegs eine geradezu atypische Folge der Fahrzeugüberlassung darstellt. Zur Frage der Schadensaufteilung im Sinne des § 896 ABGB ist der Revision entgegenzuhalten, daß hier ein besonderes Verhältnis zwischen Ilse R*** und dem Zweitbeklagten im Sinne der genannten Bestimmung jedenfalls vorliegt, nämlich das Vertragsverhältnis (Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 896 m.w.N.) und die Revision eine Beschränkung des Regreßanspruches der Ilse R*** ohnehin nur unter der nicht erwiesenen Annahme anstrebt, daß den Zweitbeklagten kein Verschulden treffe.

Demgemäß ist die Revision zurückzuweisen.

Der Antrag der Revisionsgegnerin auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung ist abzuweisen, weil auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde. Die Revisionsbeantwortung diente demnach nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung.

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