OGH 7Ob290/99v

OGH7Ob290/99v22.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate B*****, vertreten durch Dr. Egon Jaufer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Theresia G*****, vertreten durch Dr. Herbert Grass, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wegen S 71.688,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Juni 1999, GZ 5 R 55/99s-24, als Berufungsgericht mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg vom 30. November 1998, GZ 3 C 1255/98w-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Roman V*****, der Vater der Streitteile, verstarb am 24. 1. 1998 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Neben den beiden Streitparteien, seinen Töchtern, sind seine Ehegattin gesetzliche Erben. Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens gaben der für Roman V***** mit Beschluss vom 30. 12. 1997 bestellte Sachwalter sowie die Beklagte an, dass der Nachlass nur aus einer Schrotflinte, einem Flobertgewehr, einem Pensionskonto mit einem Kontostand von ca S 8.000,-- und einem Sparbuch lautend auf "Privat Roman" mit einem Einlagestand von ca S 4.700,-- bestehe. Ein weiteres Sparbuch habe der Erblasser der Beklagten geschenkt, sodass es nicht in den Nachlass falle. Die Beklagte habe rund S 44.000,-- Bestattungs- und sonstigen Todfallskosten, S 20.000,-- an Heimkosten und S 20.000,-- an diversen anderen Ausgaben bezahlt.

Mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes vom 5. 6. 1998 zu 1 A 12/98-13 wurden die Waffen des Erblassers der Beklagten auf Abschlag auf die von ihr bezahlten Begräbniskosten an Zahlungsstatt überlassen.

Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 22. 6. 1998 mit, dass sich im Nachlass ihres Vaters noch zahlreiche andere Gegenstände befunden hätten, die von der Beklagten mittlerweile verkauft worden seien, weshalb es nicht gerechtfertigt sei, der Beklagten die Gewehre an Zahlungsstatt zu überlassen. Daraufhin wurde der Gerichtskommissär am 23. 6. 1998 beauftragt, binnen drei Monaten die Verlassenschaftsabhandlung durchzuführen. Das Verlassenschaftsverfahren ist bislang noch nicht abgeschlossen. Weder die Klägerin noch die Beklagte haben Erbserklärungen abgegeben.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 19. 5. 1998 eingebrachten Klage von der Beklagten die Bezahlung von zuletzt S 74.586,-- sA und stützte dies darauf, dass ihr nicht mehr geschäftsfähiger Vater über ein Namenssparbuch mit einem Stand von rund S 283.000,-- verfügt habe, das ihm die Beklagte herausgelockt und dann realisiert habe. Entgegen ihren Ausführungen habe auch keine der behaupteten Aufwendungen für den Vater in Höhe von S 246.923,-- getätigt. Auch die von der Beklagten angegebenen Todfallskosten seien nicht richtig. Da nur auf Grund ihrer unrichtigen und wahrheitswidrigen Behauptungen der Beklagten eine Verlassenschaftsabhandlung unterblieben sei, stünde der Klägerin unter Berücksichtigung der von ihr anerkannten Aufwendungen der Beklagten in Höhe von S 77.935,-- noch der Anspruch auf ein Drittel des verbleibenden Nachlassvermögens zu, das seien S 74.586,--. In eventu begehrte die Klägerin die Aufteilung der "Erbschaft" und die Verpflichtung der Beklagten, das Realisat an dem Sparbuch dem Gericht zum Zweck der Verteilung herauszugeben.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen ein, dass ihr das Sparbuch mit einem Guthaben von S 280.000,-- vom verstorbenen Vater rechtswirksam geschenkt worden sei. Selbst wenn man aber nicht davon ausginge, wäre zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Begräbniskosten und zahlreiche andere Aufwendungen für ihren Vater getragen und diesen auch regelmäßig gepflegt habe, sodass auch von dem Sparguthaben von S 280.000,-- insgesamt ein im einzelnen aufgeschlüsselter Betrag von S 260.000,-- abzuziehen sei. Die Klägerin sei nicht aktiv klagslegitimiert, weil noch keine Einantwortung des Nachlasses erfolgt sei. Entsprechend § 179 AußStrG wäre eine Nachtragsabhandlung zu beantragen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging davon aus, dass ausschließlich der ruhende Nachlass Ansprüche gegen die Beklagte erheben könne. Die Klage sei daher schon mangels der entsprechenden Aktivlegitimation der Klägerin abzuweisen. Auch sei es unzulässig, eine Erbteilungsklage noch vor Abgabe der Erbserklärung zu erheben. Diese komme im übrigen bei Barbeträgen schon im Hinblick auf die ex lege eintretende Teilung nicht in Betracht.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Es ging ebenfalls davon aus, dass die Wirkungen der Universalsukzession erst nach der Einantwortung eintreten und eine davor liegende Erbserklärung Voraussetzung dafür sei, dass der Erbe die Verlassenschaft vertreten und verwalten könne. Sei dies nicht der Fall, so sei nur der ruhende Nachlass berechtigt, Forderungen, von denen behauptet werde, sie gehörten zur Verlassenschaft, geltend zu machen. Die ordentliche Revision wurde ohne jegliche Begründung zugelassen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der klagenden Partei ist unzulässig.

Mit dem Beschluss des Abhandlungsgerichtes vom 5. 6. 1998 wurden nur die in der Verlassenschaft aufgefundenen Waffen der Beklagten "auf Abschlag" der von ihr bezahlten Begräbniskosten an Zahlungsstatt überlassen. Das Verlassenschaftsverfahren wurde fortgeführt. Ein Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens durch Überlassung des Vermögens an die Gläubiger an Zahlungsstatt iSd § 73 AußStrG erfolgte also nicht.

Die Klägerin macht geltend, dass das Realisat aus dem Sparbuch in die Verlassenschaft falle und ihr daher ein Drittel davon als gesetzliche Erbin zustehe.

Nach völlig einhelliger Lehre und Rechtsprechung kann jedoch vor Einantwortung nur der Nachlass - gegebenenfalls vertreten durch die erbserklärten Erben - klagen oder geklagt werden. Der Erbe kann vor Abgabe der Erbserklärung noch keine Rechte im eigenen Namen geltend machen (vgl etwa ZVR 1978/46, Eccher in Schwimann ABGB § 547 Anm 3, Erbrecht, 28; Kralik in Ehrenzweig Erbrecht, 28; Welser in Rummel ABGB § 547 Anm 6). Das Weiterbestehen des ruhenden Nachlasses wird im übrigen auch für den Fall vertreten, dass eine Einantwortung gemäß § 72 Abs 1 oder 2 AußStrG entfällt (vgl 10 ObS 274/97k, Eccher in Schwimann ABGB2 § 798 Anm 7, Welser in Rummel ABGB § 797, 798 Anm 14). Daher kommt eine Geltendmachung dieser Ansprüche der Verlassenschaft durch die Klägerin nicht in Betracht.

Einem Erfolg der vorliegenden Klage als Erbschaftsklage im Sinne des § 823 ABGB steht schon entgegen, dass die Beklagte den Nachlass gar nicht erbrechtlich erworben hat (vgl Eccher in Schwimann2 § 823 ABGB Rz 6, Welser in Rummel2 §§ 823, 824 Rz 10) und die Erbschaftsklage auch nicht während des anhängigen Abhandlungsverfahrens erhoben werden kann (vgl RS0013128, Welser in Rummel aaO Anm 6 ua).

Da also die hier maßgeblichen Rechtsfragen bereits durch eine eindeutige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes geklärt sind, ist trotz des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (vgl § 508 Abs 1 ZPO) die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten fußt auf den §§ 50 und 40 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen (RS035962).

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