Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte hat im Oktober 1987 das Haus G*****, K*****straße *****, ersteigert. Sein Rechtsvorgänger war der geschiedene Gatte der Klägerin, der dieser mit Mietverträgen vom 1.1.1982 und 1.12.1982 die Wohnungen top.Nr.2 bis 4, 6, 9, 10 und 12 in diesem Haus vermietet hat. Dies wurde vom Beklagten nicht anerkannt. In der Folge wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 12.7.1990 zu 7 Ob 611/90 der aufrechte Bestand der Hauptmietverhältnisse der Klägerin an den genannten Wohnungen festgestellt. In der Zwischenzeit hatte jedoch der Beklagte an diesen Wohnungen, die sich nicht im Besitz der Klägerin befanden, Wohnungseigentum begründet. Mit Schreiben vom 28.11.1987 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er fortan den Mietzins für die gegenständlichen Wohnungen vereinnahmen werde und daß es ihr freistehe, falls sie meine, die Rechtslage stehe zu ihren Gunsten, die Klage auf Herausgabe der Mietzinse gegen ihn zu richten. In ihren am 30.10.1990 beim Erstgericht eingelangten Einwendungen gegen eine vom Beklagten zu 8 K 69/90 des BG für ZRS Graz erhobene Aufkündigung hinsichtlich der strittigen Wohnungen brachte die Klägerin als dortige gekündigte Partei vor, daß ihr der Beklagte die gegenständlichen Bestandobjekte ohne viel Federlesens physisch weggenommen habe und mit ihren Untermietern neue Mietverträge abgeschlossen habe, teilweise Räumungen vereinbart und teilweise neue Hauptmieter in die Bestandobjekte aufgenommen habe. Bereits dort brachte sie vor, daß ihr der Beklagte aufgrund dieses rechtswidrigen Verhaltens schadenersatzpflichtig sei.
Mit einer am 3.2.1993 zu 8 C 78/93 des Erstgerichtes eingelangten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Bezahlung eines Schadenersatzbetrages von S 1,664.406,35 sA, d.i. der Nettoerlös aus ihrer Untervermietung der einzelnen Objekte, der ihr durch das rechtswidrige Verhalten des Beklagten ab November 1987 bis Februar 1993 entgangen sei. Dieses Verfahren wurde bis zur rechtskräftigen Erledigung des vorliegenden Rechtsstreites unterbrochen.
Mit der vorliegenden, am 1.12.1993 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin gegenüber dem Beklagten ursprünglich die Feststellung, daß dieser ihr für alle Schäden zu haften habe, die ihr aus der verweigerten Herausgabe bzw nicht gewährten Übergabe der von ihr am 1.1.1982 bzw 1.12.1982 angemieteten Wohnungen top 2 bis 4, 6, 9, 10 und 12 im Haus G*****, K*****straße ***** an Mieteingängen erwachsen. Sie brachte dazu vor, daß der Beklagte zwischenzeitig an den ihr vermieteten Wohnungen Wohnungseigentum begründen habe lassen und daß es ihr frühestens Ende 1990 klar gewesen sei, daß sie gegen den Beklagten nicht Erfüllung, sondern Schadenersatz wegen Vereitelung begehren werde. Ihren bis Februar 1993 aufgrund der gleichen Rechtsverletzung des Beklagten wie im vorliegenden Fall entstandenen Schaden in Höhe von S 1,664.406,39 habe sie bereits zu 8 C 78/93 des Erstgerichtes eingeklagt. Der ihr ab Februar 1993 in Zukunft erwachsende Mietzinsentgang könne derzeit nicht beziffert werden, sodaß sie, um der Verjährung entgegenzuwirken, das vorliegende Feststellungsbegehren erhebe. In der mündlichen Streitverhandlung vom 2.6.1995 "berichtigte" die Klägerin ihr Klagebegehren inhaltlich zusammengefaßt dahin, als daß sie nicht mehr den Mietzinsentgang aus den einzelnen (in dieser Form derzeit nicht mehr bestehenden) Bestandobjekten begehrte, sondern die Feststellung, daß der Beklagte ihr für alle Schäden zu haften habe, die durch die verweigerte Herausgabe der umsomehr teilweise in dieser Form nicht mehr bestehenden gegenständlichen Objekte entstanden sei bzw entstehen werde.
Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Er gestand zu, ab dem Erwerb des Hauses G*****, K*****straße *****, die Richtigkeit und Rechtswirksamkeit der Hauptmietverträge der Klägerin bestritten und ihr gegenüber die Herausgabe der einzelnen Wohnungen verweigert zu haben. Neben anderen nicht mehr revisionsgegenständlichen Einwendungen behauptete er auch die Verjährung des vorliegenden Feststellungsbegehrens, weil der Klägerin einerseits bereits seit 1987 unzweifelhaft seine Weigerung, die gegenständlichen Objekte herauszugeben, erkennbar gewesen sei und andererseits durch Abschluß neuer Mietverträge bzw Umwandlung der Objekte in Eigentumswohnungen klar gewesen sei, daß diese nicht mehr in der von der Klägerin behaupteten Rechtsform existierten. Im übrigen sprach er sich gegen die Klagsänderung aus.
Das Erstgericht wies mit Beschluß die Klagsänderung "zurück" und wies mit Urteil das Klagebegehren ab. Durch die begehrte Klagsänderung sei eine erhebliche Erschwerung der Verhandlung zu besorgen, weil der bisherige Prozeßaufwand nicht verwertet werden könne. Die im ursprünglichen Feststellungsbegehren genannten Bestandobjekte seien mit den nunmehr existierenden nicht mehr identisch. Im übrigen erachtete das Erstgericht das Feststellungsbegehren als verjährt, weil der Klägerin zumindestens ab 30.11.1987 bzw 30.10.1990 anläßlich der Erhebung ihrer Einwendungen gegen die Aufkündigung zu 8 C 69/90 des Erstgerichtes bekannt gewesen sei, daß der Beklagte ihr gegenüber dem Grunde nach schadenersatzpflichtig geworden sei. Die Ansicht, der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB bleibe solange aufgeschoben, als nicht auszuschließen sei, daß sich der vertragsbrüchige Schädiger vielleicht doch eines anderen besinnen werde, indem er sich letztlich zu einer Vertragserfüllung bereitfinde, sei abzulehnen. Der Klägerin sei ab Oktober 1990 bekannt gewesen, daß sich der Beklagte weiterhin weigere, die Bestandobjekte an sie herauszugeben. Die erst am 1.12.1993 bei Gericht eingelangte Feststellungsklage sei daher verjährt. Die Feststellungsklage sei überdies zufolge der Identität mit der zu 8 C 78/93y des Erstgerichtes eingebrachten Leistungsklage unzulässig.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge, indem es inhaltlich die Klagsänderung als zulässig erachtete, wies jedoch das geänderte Feststellungsbegehren ab. Es bewertete den Wert es Entscheidungsgegenstandes als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte die Erhebung der ordentlichen Revision für zulässig. Die Anfechtung des erstinstanzlichen Beschlusses über die Nichtzulassung der Klagsänderung in der Berufung erlaube es dem Berufungsgericht, die Zulassung der Klagsänderung mittelbar über das geänderte Klagebegehren auszusprechen. Da das Verfahren bis zur Klagsänderung lediglich zur Frage der Verjährung geführt worden sei, sei durch die geänderte (d.h. den nunmehrigen Verhältnissen entsprechende) Bezeichnung der Bestandobjekte keine erhebliche Erschwerung der Verhandlung zu besorgen. Das Berufungsgericht verneinte den von der Klägerin behaupteten Verfahrensmangel durch die unterlassene Einvernahme ihres früheren Vertreters Dr.H*****, weil allfällige Gespräche zwischen ihm und dem Beklagten über eine einvernehmliche Lösung der Angelegenheit keine Unterbrechung der bereits in Lauf gesetzten Verjährungsfrist bewirken hätten können. Zwar sei grundsätzlich ein Feststellungsinteresse der Klägerin, und zwar auch neben der bereits eingebrachten Leistungsklage, gegenüber dem Beklagten zuzubilligen; ihr Anspruch sei jedoch verjährt. Der Klägerin sei spätestens ab ihrer eigenen Behauptung im Schriftsatz vom 30.10.1990 im Kündigungsverfahren 8 K 69/90 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz, nach der der dort kündigende Beklagte durch seine Vorgangsweise ihr gegenüber dem Grunde nach schadenersatzpflichtig geworden sei, ein ihr zustehender Schadenersatzanspruch dem Grunde nach bekannt gewesen. Daran ändere die Änderung der Rechtsprechung durch die Entscheidung 1 Ob 621/95 nichts, weil ab dem zitierten Zeitpunkt der Klägerin klar sein mußte, daß ihr weitere "Teilschäden" in Form weiterer Mietzinsentgänge entstehen werden. Da auch Feststellungsklagen nach § 1489 ABGB innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers verjährten, erweise sich die erst am 1.12.1983 erhobene Feststellungsklage als verjährt. Da nicht klar sei, ob die in der Entscheidung 1 Ob 621/95 entwickelten Grundsätze auch auf Feststellungsklagen anzuwenden seien, sei die ordentliche Revision zuzulassen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin erhobene Revision ist nicht berechtigt.
Die Klägerin hat in Erwiderung auf die Verjährungseinrede des Beklagten in der mündlichen Streitverhandlung vom 2.6.1995 (vgl AS 101 in ON 15) vorgebracht, daß es nach Zugang der Entscheidung 7 Ob 611/90 zwischen ihrem damaligen Vertreter Dr.H***** und dem Beklagten mehrere Gespräche gegeben habe, bei denen die Durchsetzung der Ansprüche bzw die Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung Gegenstand gewesen sei. Diese Vergleichsgespräche seien Ende 1990 gescheitert. Frühestens zu diesem Zeitpunkt sei festgestanden, daß die Übergabe der von der Klägerin gemieteten Bestandobjeke an sie unmöglich sei und sie daher Schadenersatzansprüche geltend zu machen habe.
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung bewirken Vergleichsverhandlungen eine Ablaufshemmung der Verjährung, weil die Erhebung der Verjährungseinrede dann wider Treu und Glauben verstößt, wenn der Geschädigte im Hinblick auf das Verhalten des Schädigers der Auffassung sein durfte, sein Anspruch werde nur mit sachlichen Argumenten bekämpft und er deswegen eine rechtzeitige Klagsführung unterläßt (vgl Mader in Schwimann, ABGB2 § 1451 Rz 16 sowie vor §§ 1494 bis 1496 Rz 3 ff mwN). Die Behauptung, daß die Klägerin aufgrund der zwischen Dr.H***** und dem Beklagten geführten Gespräche im Anschluß an die Zustellung der Entscheidung 7 Ob 611/90 der zuvor zitierten Auffassung sein durfte, läßt sich schon aus ihrem Vorbringen nicht entnehmen. Bei den Worten "Scheitern der Vergleichsgespräche" handelt es sich um eine vorweggenommene rechtliche Qualifikation eines nicht näher geschilderten und daher nicht substantiierten Sachverhaltes. Obwohl zwischen den Streitteilen geführte Vergleichsgespräche grundsätzlich zu einer Ablaufshemmung der Verjährung hätten führen können, lassen die dürftigen Behauptungen der Klägerin nicht die Annahme derartiger Verhandlungen zu, insbesondere nicht, daß sich der Beklagte verhandlungsbereit gezeigt bzw Entgegenkommen gegenüber dem klägerischen Standpunkt angekündigt hätte.
Im übrigen hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend die Grundsätze der neueren Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn für Schadenersatzforderungen seiner Entscheidung zugrundegelegt. Entwickeln sich aus einer einzelnen schädigenden Handlung fortlaufend gleichartige schädliche Folgen, die im überschaubaren Zusammenhang stehen und schon ursprünglich voraussehbar waren, so handelt es sich dabei um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entsteht. In solchen Fällen sind die Wirkungen des schädlichen Ereignisses dem Geschädigten schon dann bekannt, wenn erst ein Teil der Schädigung eingetreten ist (vgl. 1 Ob 36/78).
Bereits in seiner Entscheidung 1 Ob 601/93 (= EvBl 1994/109 = RdW
1994, 311 = JBl 1994, 756) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen,
daß die Verjährungsfrist erst ab dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginne. Dazu wurde in den Entscheidungen 1 Ob 41, 42/94 sowie 1 Ob 621/95 ergänzt, daß diese rechtlichen Überlegungen im Falle der zeitlich gedehnten Entstehung mehrerer Teilschäden nur für den relevanten Erstschaden uneingeschränkt Gültigkeit haben, daß aber für die Verfolgung von in Zukunft zu erwartenden voraussehbaren weiteren Teilschäden dem Geschädigten die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar sei (vgl zuletzt 2 Ob 2019/96t und 1 Ob 1004/96). Um derartige voraussehbare Teilschäden handelt es sich jedoch um die der Klägerin ab Februar 1993 erwachsenen Mietzinsentgänge.
Nach § 1489 ABGB ist jede Schadenersatzklage, also auch die Feststellungsklage, in drei Jahren ab dem Zeitpunkt verjährt, zu welchem der Schaden und die Person des Schädigers soweit bekannt wurde, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anstreben kann (vgl MGA ABGB33 § 1489/38 ff im besonderen 56). Der Schaden der Klägerin ist zufolge zwischenzeitiger anderweitiger Vermietung bzw zufolge Begründung von Wohnungseigentum durch den Beklagten an den ihr ursprünglich vermieteten Wohnungen und der dadurch verbundenen Unmöglichkeit, diese Objekte wieder in ihren physischen Besitz rückzuübertragen bzw ab ihrer Entscheidung, daher statt der Rückübertragung ein Schadenersatzbegehren gegen den Beklagten zu richten, entstanden. Nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen muß dies aber zumindestens mit der Erhebung des Schriftsatzes in 8 K 69/96b durch die Klägerin, der am 30.10.1990 beim Erstgericht eingelangt ist, der Fall gewesen sein. Die Einbringung der vorliegenden Schadenersatzklage am 1.12.1993 erfolgte daher nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)