OGH 7Ob2356/96p

OGH7Ob2356/96p29.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Tschurtschentaler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagten Parteien 1.) Lieselotte K*****, und 2.) Kurt K*****, beide vertreten durch Mag.Johann Kaltenegger, Rechtsanwalt in Frohnleiten, wegen S 96.203,- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 15.Mai 1996, GZ 5 R 386/95-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Frohnleiten vom 28. Juli 1995, GZ 2 C 27/95d-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 6.695,04 (darin enthalten S 1.115,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagten beauftragten die klagende Partei am 21.10.1994 mit der Herstellung von Marmorplatten für einen Marmorboden samt Sockelleiste und eine Marmorstiege für das in Bau befindliche Haus der Erstbeklagten in F*****. Die Platten sollten in der 46. Kalenderwoche auf die Baustelle geliefert werden. Es wurde ein Haftrücklaß von S 5.400,- für den Fall vereinbart, daß die Marmorplatten, die nach den Wünschen der Beklagten weiß sein sollten, einen zu starken Grauton aufwiesen. Die Beklagten leisteten eine Anzahlung von S 20.000,-. In der Folge kam es zu Differenzen zwischen den Streitteilen, weil die Beklagten nicht bereit waren, einen nunmehr von der klagenden Partei geforderten Teilbetrag von S 35.553,- noch vor der Absendung der Platten zu zahlen, und weil sie ihrerseits den vereinbarten Haftrücklaß wegen des ihrer Meinung nach zu starken Grautons der Platten, der von ihnen an Hand eines in Italien besichtigten Musters festgestellt wurde, in Anspruch nehmen wollten. Mit Telefax vom 21. und vom 22.11.1994 setzte die Erstbeklagte der klagenden Partei eine Nachfrist für die Lieferung der damals schon in Italien zum Abtransport bereitgestandenen Platten bis 25.11.1994 und kündigte im letzteren Telefax die Stornierung des Auftrages für den Fall an, daß die Ware bis dahin nicht einlange. Der Vertreter der beklagten Parteien forderte die klagende Partei schließlich mit Schreiben vom 29.11.1994 auf, die Lieferung bis 1.12.1994 durchzuführen, da ansonsten der Rücktritt vom Vertrag erklärt werde. Auf Grund dieses Schreibens erteilte die klagende Partei der Firma S***** den Auftrag, die Platten bis längstens 1.12.1994 an die Beklagten zu liefern. Am 30.11.1994 gegen 19.00 Uhr rief ein Mitarbeiter der Firma S***** bei der Erstbeklagten an und teilte der alleine anwesenden Mutter der Erstbeklagten die Telefonnummer der Firma S***** mit. Als die Erstbeklagte am 1.12.1994 unter der von ihrer Mutter notierten Telefonnummer anrief, wurde ihr bekanntgegeben, daß die Marmorplatten am Vormittag des 1.12.1994 geliefert werden würden. Die Erstbeklagte teilte dem Mitarbeiter der Firma S***** mit, daß sie an diesem Tag bis 15.00 Uhr arbeiten werde und die Ware daher erst ab 15.00 Uhr übernehmen könne. Weiters gab sie die Telefonnummer ihres Vertreters bekannt. Die Firma S***** unternahm keinen Zustellversuch beim Haus der Beklagten, sondern lagerte die Ware am 2.12.1994 bei der Spedition L***** in Graz ein. Die Marmorstufen und Bodenplatten sind bei der Spedition L***** schon beschädigt eingelangt. Die Spedition S***** wies die Firma L***** in einem Telefax am 2.12.1994 darauf hin, daß die Ware ohne eine Anweisung der Spedition S***** weder an die Beklagten ausgefolgt noch von ihnen besichtigt werden dürfe.

Die klagende Partei begehrte S 96.203,- sA an Werklohn und Lagergebühren, weil die Beklagten nicht bereit gewesen seien, die Waren zum geplanten Liefertermin zu übernehmen.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und wendeten compensando Forderungen im Gesamtbetrag von S 23.264,- ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob Annahmeverzug vorliege, wenn der Gläubiger innerhalb der gesetzten Nachfrist zu einer bestimmten, vom Schuldner angekündigten Tageszeit nicht annahmebereit sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Da auf die Mitteilung der Erstbeklagten, daß es ihr erst möglich sei, am 1.12.1994 ab 15.00 Uhr zu Hause zu sein, keine negative Reaktion erfolgte, konnte sie davon ausgehen, daß die damit von ihr vorgeschlagene Lieferzeit auch akzeptiert werde, zumal die Lieferung erst am Morgen desselben Tages angekündigt worden war. Den Umstand, daß die klagende Partei bzw deren Spediteur oder Frachtführer die erzeugten Platten nun überhaupt nicht am vereinbarten Übergabeort abzuliefern versuchte, sondern sie bei der Firma L***** einlagerte, kann die klagende Partei daher nicht mit einem Annahmeverzug der Beklagten rechtfertigen. Abgesehen davon setzt der Gläubigerverzug nicht nur das Anbieten der Leistung am gehörigen Ort und zur gehörigen Zeit, sondern auch das Anbieten der gehörigen Leistung (auf die gehörige Art und Weise) voraus. Ist die Ware (das Werk) noch nicht übergeben, so fällt dem Käufer oder Besteller nach ständiger Rechtsprechung auch nicht Annahmeverzug zur Last, wenn die Leistung nicht die ausdrücklich bedungenen oder gewöhnlich dabei vorausgesetzten Eigenschaften hat. Der Käufer oder Werkbesteller hat in einem solchen Fall gegen den auf Zahlung des Kaufpreises oder Werklohnes klagenden Vertragspartner die Einrede der nicht gehörigen Erfüllung und damit zugleich der mangelnden Fälligkeit des Entgeltanspruches (1 Ob 209/75), gleichviel, ob die nicht gehörige Erfüllung auf dem Mangel einer Eigenschaft beruht, die nach Gewährleistungsgrundsätzen einen Hauptmangel bilden würde oder nicht (SZ 28/167; EvBl 1966/51, 69; 8 Ob 564/86). Da die für die Beklagten bestimmte Ware beschädigt ist, sind die Beklagten - ungeachtet der Frage der Wirksamkeit ihres Vertragsrücktrittes - nicht zur Annahme verpflichtet und ist der Werklohn nicht fällig.

Gemäß den §§ 41 und 50 ZPO hat die klagende Partei den Beklagten die Kosten der Revisionsbeantwortung, in der auf die Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfrage hingewiesen wurde, zu ersetzen.

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