OGH 7Ob23/03p

OGH7Ob23/03p26.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst B*****, vertreten durch Dr. Franz Bixner jun, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Josef B*****, vertreten durch Dr. Heide Strauss, Rechtsanwältin in Gänserndorf, wegen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft (Streitwert EUR 19.185,63), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2002, GZ 13 R 77/02t-46, womit über Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 31. Jänner 2002, GZ 2 Cg 233/99m-37, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer einer südlich des Ortszentrums von Gänserndorf in einem Siedlungsgebiet gelegenen Liegenschaft. Es handelt sich um ein 1.696 m2 großes Eckgrundstück an der Kreuzung *****Straße/*****gasse, auf dem auf einer Baufläche von 225 m2 das Einfamilienhaus *****errichtet ist, in dem der Beklagte wohnt. Die restliche Grundstücksfläche von 1.471 m2 ist begrünt und ebenfalls Bauland. Sowohl an der nördlichen Grundgrenze (im Bereich des Hauses) als auch an der südlichen Grundgrenze sind Einfahrtstore vorhanden. In der südwestlichen Ecke des Grundstückes befindet sich eine 20 m2 große, massiv gemauerte Bauhütte. Der Beklagte ist der Vater des Klägers. Dieser hat seine Liegenschaftshälfte 1993 von seiner Mutter, der damals schon geschiedenen (inzwischen verstorbenen) Ehefrau des Beklagten, käuflich erworben.

Der Kläger begehrt die Zivilteilung der Liegenschaft. Eine Naturalteilung sei wegen des Wohnhauses nicht möglich.

Der Beklagte beantragte, die Zivilteilungsklage abzuweisen. Es bestehe ein Teilungsverbot, weil ihm von seiner geschiedenen Ehefrau das alleinige lebenslängliche unentgeltliche Benützungsrecht am Einfamilienhaus eingeräumt worden sei, welche Regelung der Kläger zumindest stillschweigend übernommen habe. Eine Zivilteilung wäre unbillig und für ihn finanziell nachteilig, weil er bereits betagt und schwer krank sei und dadurch seine Wohnmöglichkeit verlieren würde. Im Übrigen wäre eine Naturalteilung möglich, weil die beiden (zu bildenden) Liegenschaftsteile getrennt zugänglich seien.

Der Kläger erwiderte, er sei an eine von seiner Mutter mit dem Beklagten vereinbarte Benützungsregelung nicht gebunden. In der Streitverhandlung am 1. 2. 2001 erklärte er, für den Fall der Abweisung des Zivilteilungsbegehrens ein Eventualbegehren auf Naturalteilung zu stellen. Im Falle der Realteilung strebe er den Zuschlag eines wertgleichen größeren Liegenschaftsanteiles ohne Wohnhaus an bzw sei er einverstanden, dass der Beklagte das Haus mit einer entsprechend kleineren Grundfläche erhalte.

Darauf erklärte der Beklagte dieses Eventualbegehren anzuerkennen.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren auf Zivilteilung ab und gab dem Begehren auf Naturalteilung dergestalt Folge, dass es dem Kläger ein nördliches Trennstück im Ausmaß von etwa 628,19 m2 mit dem Wohnhaus und dem Beklagten ein südliches Trennstück im Ausmaß von etwa 1.067,81 m2 mit Garten bzw "Bauhütte" laut einer dem Urteil beigehefteten, einen integrierenden Bestandteil des Urteiles bildenden Skizze zuteilte.

Das Erstgericht stellte dazu, über den bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt hinaus, im Wesentlichen noch fest, dass die Liegenschaft, deren Sachwert EUR 179.731,11 und deren Verkehrswert EUR 146.800,-- betrage, ohne beträchtliche Wertminderung und ohne Notwendigkeit eines unverhältnismäßig großen Wertausgleiches körperlich in die zwei aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Teile zerlegt werden könne, wobei der Wert der beiden Teilstücke jeweils rund EUR 73.400,-- betrage. Durch diese Teilung bleibe ein Abstand des Wohnhauses zur neuen Grundgrenze von etwa 8 bis 9 m erhalten und habe jedes der Grundstücke eine eigene öffentliche Zufahrt.

Rechtlich führte das Erstgericht dazu aus, bei dieser Realteilung entstünden zwei völlig gleichwertige Liegenschaftsteile. Dem Wunsch des Klägers auf Erhalt des unbebauten Teiles und jenem des Beklagten auf Erhalt des Wohnhauses könne ebenfalls entsprochen werden. Mangels eines Wertverlustes der Liegenschaft sei die Naturalteilung möglich und tunlich.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz in der Hauptsache, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,- -, nicht aber EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte dazu im Wesentlichen aus, die beiden vom Erstgericht gebildeten Trennstücke entsprächen gemeinsam dem Wert der gesamten Liegenschaft und seien auch untereinander gleichwertig. Davon zu unterscheiden sei die Frage, ob die beiden Trennstücke auch von gleicher Beschaffenheit seien; auch dies sei nämlich nach stRsp Voraussetzung für eine Naturalteilung. Diese Voraussetzung treffe nicht zu, wenn ein Teil die Gebäude, der andere Teil nur landwirtschaftlich nutzbare Flächen umfasse. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich von bislang entschiedenen Fällen aber dadurch, dass beide Trennstücke über eine eigene Zufahrt verfügten und es sich jeweils um Bauland handle, weshalb der Errichtung eines Hauses auf dem dem Kläger zukommenden Trennstück nichts im Wege stehe. Dazu komme, dass der Kläger das unbebaute Trennstück, der Beklagte hingegen jenes mit dem Haus begehre. Der Fall sei daher nicht mit jenen Fällen vergleichbar, in welchen einem Miteigentümer nur Ackerland zugeteilt wurde, und unterscheide sich auch von dem zu 6 Ob 712/87 entschiedenen Fall, weil dort exorbitante Aufschließungskosten aufgelaufen wären. Bedenken des Klägers gegen die Zulässigkeit einer Bebauung seien durch den Sachverständigen widerlegt worden. Die Naturalteilung sei daher rechtlich möglich und tunlich, zumal übliche Teilungs- und Aufschließungskosten (hinsichtlich derer der Kläger zu unrecht Feststellungen vermisse) kein Teilungshindernis begründen könnten.

Gegen das Urteil der zweiten Instanz richtet sich die Revision des Klägers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass seinem primär erhobenen Zivilteilungsverlangen stattgegeben werde; in eventu möge die Naturalteilung mit (vom Revisionswerber im Einzelnen erläutertem) Wertausgleich angeordnet werden; in eventu werde beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Der Beklagte stellt in seiner Revisionsbeantwortung den Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Der Revisionswerber macht vor allem geltend, er habe immer primär die Zivilteilung gewollt und nur für den Fall, dass diesem Verlangen nicht gefolgt würde, in eventu Naturalteilung (Realteilung) beantragt. Realteilung sei die Zerlegung einer gemeinschaftlichen Sache in Teile von annähernd gleicher Beschaffenheit, sodass die Summe der Werte der Teile dem Wert der ungeteilten Sache gleichkomme. Zwei Baulandflächen seien nicht von "annähernd gleicher Beschaffenheit", wenn auf einer ein Haus errichtet sei und auf der anderen nicht. Realteilung komme im vorliegenden Fall daher nicht in Betracht.

Diese Ausführungen sind zutreffend:

Richtig ist zunächst der Einwand des Klägers, sein Naturalteilungsbegehren nur eventualiter, nämlich für den Fall der Abweisung des Zivilteilungsbegehrens gestellt zu haben. Das Wesen des Eventualbegehrens liegt darin, dass es erst dann einer Erledigung zugeführt werden kann, wenn das Hauptbegehren ab- oder zurückgewiesen worden ist (vgl Rechberger/Frauenberger in Rechberger 2 Rz 6 zu § 226 mwN; Stohanzl, ZPO15 § 226 E 314). Dem Umstand, dass der Kläger im Zusammenhang mit seinem Eventualbegehren erklärt hat, eine Realteilung dergestalt zu wünschen, dass dem Beklagten ein kleinerer Teil des Grundstückes samt Haus und ihm der verbleibende größere Teil zugeteilt werde, könnte daher nur dann Relevanz zukommen, wenn Naturalteilung tatsächlich möglich wäre. Dies ist aber aus folgenden Erwägungen, wie der Kläger richtig geltend macht, zu verneinen:

Gemäß § 843 ABGB ist eine gemeinschaftliche Sache, die entweder gar nicht oder nicht ohne beträchtliche Verminderung ihres Wertes geteilt werden kann, selbst auf Verlangen auch nur eines Teilgenossen durch gerichtliche Feilbietung zu verkaufen. Mit Rücksicht auf den damit gesetzlich normierten Vorrang der Naturalteilung vor der Zivilteilung hat der auf Zivilteilung dringende Kläger nach stRsp grundsätzlich zu behaupten und zu beweisen, dass Naturalteilung unmöglich oder untunlich ist (JBl 1967, 87; NZ 1980, 79; EvBl 1989/111; RIS-Justiz RS0013855). Es entspricht weiters der stRsp des Obersten Gerichtshofes, dass die gemeinsame Sache im Falle der Realteilung nicht nur in annähernd gleichwertige, sondern auch gleichartige Teile zerlegt werden können muss. Diese Rechtsprechung hat auch die Billigung des Großteiles der Lehre gefunden (vgl Gamerith in Rummel ABGB3 Rz 2 zu § 843; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann 2 III Rz 4 zu § 843). Die Gegenmeinung von Faistenberger/Barta/Egger in Gschnitzer, Schuldrecht Besonderer Teil2 340 (1988) hat den Obersten Gerichtshof nicht veranlasst von dieser Auffassung, die als gesichert zu bezeichnen ist, abzurücken (vgl etwa 1 Ob 561/92; 1 Ob 521/96; 5 Ob 14/97p; 5 Ob 374/97d; 7 Ob 210/99d, MietSlg 51.054; 9 Ob 200/00b; 6 Ob 59/01x ua).

Da nun bei bebauten Grundstücken in der Regel davon auszugehen ist, dass Teilbarkeit schon mangels der Voraussetzung der Gleichartigkeit der zu bildenden Teile nicht gegeben ist, hat der Oberste Gerichtshof in solchen Fällen, in denen also die Möglichkeit der Naturalteilung von vornherein unwahrscheinlich erscheint, die Beweislast regelmäßig dem auf Realteilung dringenden Teil zugewiesen (vgl die Entscheidungsnachweise von Hofmeister/Egglmeier aaO Rz 4 zu § 843 und Gamerith aaO Rz 1 zu § 843). Demnach wäre es im vorliegenden Fall an dem in erster Linie auf Realteilung dringenden Beklagten gelegen, darzutun, dass eine Aufteilung der gegenständlichen Liegenschaft in zwei Teile von annähernd gleicher Beschaffenheit (und Wert) möglich sei. Der Beklagte hat dies auch mit dem Hinweis versucht, dass das ganze Grundstück Bauland sei und zwei gesonderte Zufahrten vorhanden seien.

Entgegen der von den Vorinstanzen geteilten Meinung des Beklagten bewirken diese Umstände aber keineswegs, dass die beiden vom Erstgericht gebildeten Teilstücke als im aufgezeigten Sinne "gleichartig" angesehen werden könnte. Dies wird schon dadurch verhindert, dass auf dem einen Teil das 225 m2 große Wohnhaus und auf dem anderen eine lediglich 20 m2 große Bauhütte steht. Dass auch auf dem vom Erstgericht dem Kläger zugewiesenen Grundstücksteil ein Haus von ähnlicher Beschaffenheit und Größe wie das gegenständliche Wohnhaus in Zukunft allenfalls errichtet werden könnte, ändert nichts daran, dass derzeit (zum Zeitpunkt der Vornahme der Teilung durch das Erstgericht) von Gleichartigkeit keine Rede sein kann.

Die Ansicht des Revisionswerbers, eine Realteilung sei nicht möglich, sondern es komme nur die von ihm in erster Linie angestrebte Zivilteilung in Betracht, ist daher zutreffend.

Ausgehend von ihrer, vom Obersten Gerichtshof sohin nicht gebilligten Meinung, es könne eine Realteilung vorgenommen werden, haben sich die Vorinstanzen mit den vom Beklagten gegen eine Zivilteilung erhobenen Einwänden nicht weiter auseinandergesetzt. Das Erstgericht hat mit Bezug auf den Einwand, ein lebenslängliches unentgeltliches Benützungsrecht des Beklagten am Einfamilienhaus stehe einer Zivilteilung entgegen, die (negative) Feststellungen getroffen, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger die betreffende, von seinen Eltern getroffene Vereinbarung übernommen habe. Hingegen wurden die weiteren Einwände, sein fortgeschrittenes Alter und eine schwere Erkrankung sowie sein Bedürfnis im gegenständlichen Einfamilienhaus zu wohnen, stellten Teilungshindernisse dar, nicht weiter geprüft und diesbezüglich auch keine Feststellungen getroffen. Insoweit wird das Erstgericht das Verfahren noch zu ergänzen haben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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