European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00218.15G.1216.000
Spruch:
Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag übermittelt, die angefochtene Entscheidung durch einen Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu ergänzen.
Begründung:
Die Kläger sind zu je einem halben Mindestanteil Miteigentümer einer Liegenschaft; mit ihren Anteilen am Mindestanteil ist Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung verbunden. Unter anderem auf ihren Miteigentumsanteilen lastet das Fruchtgenussrecht für eine GmbH & Co KG, die sich seit Dezember 2008 im Konkurs befindet.
Die Kläger (Eigentümerpartner) begehren gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass die Übertragung des Fruchtgenussrechts von der GmbH & Co KG mit einer zwischen dem Masseverwalter und der Beklagten abgeschlossenen Übertragungsvereinbarung auf die Beklagte unwirksam sei. Dieses Verfahren wurde mit dem Verfahren anderer Miteigentümer zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält keine Bewertung des Entscheidungsgegenstands, jedoch den Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts gerichtete Revision der Kläger legte das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof vor. Ob der Oberste Gerichtshof zu einer Entscheidung über dieses Rechtsmittel funktionell zuständig ist, kann jedoch mangels eines Bewertungsausspruchs in der Berufungsentscheidung noch nicht beurteilt werden.
Bei Verbindung mehrerer Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung ist die Rechtsmittelzulässigkeit jeweils gesondert zu prüfen und zu beurteilen; die Streitgegenstände der verbundenen Verfahren sind und bleiben voneinander unabhängig. Das gilt auch für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die gemeinsame Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz (RIS‑Justiz RS0036717 [T22]; RS0037173; RS0037219; RS0037252 [T8]; vgl RS0103237). Dabei ist es unerheblich, ob die in den verbundenen Streitsachen geltend gemachten Ansprüche an sich in tatsächlichem oder rechtlichem Zusammenhang stehen (RIS‑Justiz RS0036717 [T13]; RS0037173 [T8]; RS0037252 [T11]).
Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO hat das Berufungsgericht für den Fall, dass der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands bei Überschreitung von 5.000 EUR auch 30.000 EUR übersteigt oder nicht. Die Kläger bewerteten zwar ihr Feststellungsbegehren mit 30.100 EUR. Da aber der Bewertungsausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO durch eine von den Klägern gemäß § 56 Abs 2 JN vorgenommene Angabe des Werts des Streitgegenstands nicht ersetzt wird (RIS‑Justiz RS0042296) und das Gericht zweiter Instanz daran auch nicht gebunden ist (RIS‑Justiz RS0043252), wird das Berufungsgericht einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands vornehmen müssen. Das Fehlen eines solchen Ausspruchs führt zu einer entsprechenden Ergänzung (RIS‑Justiz RS0114386). Sollte das Berufungsgericht aussprechen, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 30.000 EUR, läge ein Fall des § 502 Abs 3 ZPO vor. Diesfalls hätte das Berufungsgericht gemäß § 508 Abs 3 ZPO zu entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist und wenn die Rechtsmittelwerber im Schriftsatz nicht im Sinn des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt haben, weil ein solcher (allfälliger) Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserbar ist (RIS‑Justiz RS0109623).
Sollte das Berufungsgericht in seinem nachzuholenden Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 30.000 EUR bewerten, läge kein Fall des § 508 ZPO vor und das Rechtsmittel wäre als außerordentliches neuerlich dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.
Aus den vorstehend genannten Erwägungen ist der Akt dem Berufungsgericht zurückzustellen.
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