Spruch:
I.) Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art 234 EG folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.) Ist Art 85 Abs 1 EG-Vertrag (nunmehr Art 81 EG) auch auf Kaufvereinbarungen anwendbar, bei denen über mehrere Jahre hinweg der Kaufgegenstand zu einem "Listenpreis" vom Käufer abgerufen und bezahlt werden soll, jedoch - nahe dem Gesamtbedarf des Käufers liegende - jährliche Mindestmengen mit einer bestimmten Schwankungsbreite vorgegeben werden?
2.) Im Falle der Bejahung der Frage 1.
a) Ist die Verordnung (EWG) 1984/83 der Kommission vom 22. 6. 1983 über die Anwendung des Art 85 Abs 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen (ABl. L 173/5 vom 30. 6. 1983) im Allgemeinen auch auf die im Punkt 1 dargestellten Vereinbarungen anwendbar?
b) ist die Anwendbarkeit auch dann zu bejahen, wenn vor dem Weiterverkauf eine Verarbeitung in der Form erfolgt, dass der eingekaufte Röstkaffee als Kaffeegetränk veräußert wird?
3.) Im Falle der Bejahung der Frage 2:
Ist Art 3 lit d der Verordnung 1984/83 dahin auszulegen, dass auch Vereinbarungen im Sinne der Frage 1, bei denen die Einschätzung der Vertragsparteien dahin geht, dass die gesamte Verkaufsmenge in einem Zeitraum von weniger als fünf Jahren abgenommen wird, von der Freistellung durch die Verordnung erfasst sind oder trifft dies nur zu, wenn dies auch objektiv den Erwartungen entspricht?
4.) Ist Art 85 Abs 1 und 2 des EG-Vertrages (Art 81 EG) dahin auszulegen, dass im Punkt 1 dargestellte Vereinbarungen auch insoweit nichtig sind, als sie vorsehen, dass bei vorzeitiger Auflösung des Vertrages ein zu Beginn des Vertrages unter Bezugnahme auf das gesamte Vertragsvolumen vom Verkäufer an den Käufer bezahlter Rabatt wieder zurückzuzahlen ist und erfordert es Art 85 Abs 1 und 2 EG-Vertrag (Art 81 EG), dass insoweit ein Rückforderungsanspruch nicht stattzufinden hat?
II.) Das Verfahren wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften im Sinn des § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
Text
Begründung
I.) Sachverhalt:
Im Jahre 1993 unterfertigten der Erstbeklagte, der später alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der M***** GesmbH wurde, und der Drittbeklagte für die im Gründungsstadium befindliche M***** GesmbH einen über drei Jahre laufenden und danach verlängerbaren Pachtvertrag betreffend ein Objekt, das unter anderem auch einen Heurigen und ein Restaurant umfasst. Die Zweitbeklagte, die Gattin des Erstbeklagten, war später gewerberechtliche Geschäftsführerin der M***** GmbH und deren Angestellte. Der Eigentümer der Liegenschaft plante, einen dort befindlichen Hoteltrakt abzureissen und eine Privatklinik zu errichten, deren Catering die M***** GesmbH übernehmen sollte. Im Rahmen dieses Pachtvertrages verpflichtete sich die M***** GesmbH auch, in sämtliche Abnahmeverpflichtungen, unter anderem den Kaffeebezugsvertrag mit der Firma M***** einzutreten. Die Beklagten waren mit diesem Kaffeebezugsvertrag nicht zufrieden, worauf der Drittbeklagte, der Gesellschafter der M***** GesmbH werden sollte und diese auch beriet, Kontakt mit der Klägerin aufnahm. Die Beklagten waren vor allem an den bei derartigen Kaffeelieferungsverträgen als Gegenleistung für die Abnahmeverpflichtung bei Vertragsabschluss üblichen Zahlungen - bei der Klägerin als "Promotionsbeitrag" bezeichnet - interessiert. Dieser sollte der Finanzierung der M***** GesmbH dienen.
Nach Besichtigung des Betriebes schätzte die Klägerin den jährlichen Röstkaffeebedarf mit 3.000 kg ein und einigte sich mit den Beklagten auf eine Gesamtliefermenge von 15.000 kg, wobei sich ausgehend von dem jährlichen Kaffeebedarf von 3.000 kg eine voraussichtliche Dauer des Vertragsverhältnisses von fünf Jahren ergibt. Diese sollte sich jedoch verlängern, bis die Gesamtmenge abgenommen ist. Bei der Einschätzung des Kaffeebedarfes wurde vom Zustandekommen aller geplanter Projekte ausgegangen. Die Beklagten, die bei den Verhandlungen stets im eigenem Namen auftraten, erhielten den letztlich vereinbarten "Promotionsbeitrag" von S 672.000,-- inkl. Mehrwertsteuer. Nach den Bedingungen des Schlussbriefes verpflichten sich die Beklagten zum Kauf von 15.000 kg Röstkaffee zum jeweiligen Listenpreis abzüglich 17 % Rechnungsrabatt, wobei die Lieferungen auf Abruf erfolgen sollten und eine jährliche Abnahmemenge von 3.000 kg angenommen wurde. Im gesamten Betriebsbereich darf danach ausschließlich diese im Weg der Direktbelieferung von der Beklagten zu beziehende Röstkaffeesorte ausgeschenkt werden. Der Verkäufer ist berechtigt, die "Kaufvereinbarung" vorzeitig aufzulösen, wenn die Käufer die jährliche Abnahmemenge um 20 % unterschreiten, ebenso wenn über ihr Vermögen das Kridaverfahren eröffnet oder ein Konkursantrag mangels Deckung abgewiesen wird. In diesem Fall hat der Verkäufer das Recht, statt der Abnahme und Bezahlung der noch nicht abgenommenen Kaffeemenge eine Abstandszahlung in Höhe von 25 % des Tagespreises der noch nicht angenommenen Kaffeemenge zuzüglich der Mehrwertsteuer zu verlangen. Auch muss der Käufer den noch nicht "abgetragen Teil" des "Promotionsbeitrages" zuzüglich 10 % Zinsen zurückzahlen.
Nach Vorliegen des dreijährigen Pachtvertrages wurde der Schlussbrief noch dahin ergänzt, dass die dreijährige Pachtdauer, aber ebenso die fix geplante Verlängerung festgehalten wurde und die Beklagten unter Bezug auf die Buchhaltungsunterlagen ihres Vorgängers versicherten, dass die Jahresabnahmemenge 3.000 kg Röstkaffee + - 20 % betragen werde.
Nicht festgestellt werden konnte, dass die von den Beklagten auch in Kenntnis des Umstandes, dass die Klägerin nur mit natürlichen Personen Pachtverträge abschließt, übernommenen Verpflichtungen auf die M***** GesmbH "überbunden" werden sollten. Die Beklagten bedienten sich aber zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen der M***** GesmbH, an die auch die Fakturierung und Lieferung des Kaffees erfolgte. Nachdem schließlich das Projekt der Errichtung einer Privatklinik scheiterte, wurde über das Vermögen der M***** GesmbH am 7. 11. 1994 der Konkurs eröffnet. Die Beklagten wurden aufgefordert, die restlichen Kaffeemengen bis Jahresende abzunehmen. In der folgenden Korrespondenz verwiesen die Beklagten darauf, dass sie versuchen würden, die Bezugspflicht auf etwaige Nachfolger zu überbinden (was aber nicht gelang). Am 5. 1. 1995 erklärte dann die Klägerin die Vertragsauflösung.
II.) Anträge der Parteien:
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung von S 1,050.456,69 samt gestaffelten Zinsenbegehren und stützt dies darauf, dass sie wegen der Minderabnahme berechtigt den Vertrag aufgelöst habe. Es seien bis 4. 1. 1995 nur 871 kg Röstkaffee abgenommen worden. Daraus errechne sich, dass von dem gewährten Darlehen - "Promotionsbeitrag" - von S 672.000,-- nur ein Betrag von S 39.017,31 gutgebracht worden und daher der Restbetrag von S 632.982,69 zurückzuzahlen sei. Bei der vertraglich vorgesehenen Abstandszahlung in Höhe von 25 % sei von 2 Jahren mit je 3.000 kg, also einer Gesamtabnahme von 6.000 kg, und einem Kilopreis von S 225,--, also einen Gesamtbetrag von S 1,350.000,-- abzüglich des 17 %-igen Rabatts, sohin einem Verkaufserlös von S 1,120.500,-- auszugehen. Daraus zuzüglich 10 % USt, insgesamt sohin S 1,232.550,--, errechne sich die Abstandszahlung von 25 % mit S 308.138,--. Zuzüglich der Rückzahlung des "Promotionsbeitrages" von S 632.982,69 ergebe sich insgesamt also der Klagsbetrag von S 1,050.456. Unberechtigt sei der Einwand der Beklagten, dass diese nicht persönlich, sondern nur die - vermögenslose - M***** GesmbH Vertragspartner der Klägerin sein sollte. Der Darlehensbetrag sei dem Erstbeklagten persönlich in Form eines Schecks übergeben worden. Dass darin auch die Mehrwertsteuer (USt) enthalten gewesen sei, sei nur aus steuerlichen und kaufmännischen Gründen erfolgt, ändere aber nichts an dem Charakter als Darlehenszuzählung. Eine Mäßigung der Abstandszahlung, die den Verdienstentgang abgelte, komme nicht in Betracht.
Die von den Beklagten übernommene Verpflichtung, nur den genannten Röstkaffee auszuschenken, beziehe sich nur auf die Verwendung im Betrieb, nicht aber die Weiterveräußerung, weshalb dadurch auch der Handel zwischen den EWR-Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt werden könne. Bagatellfälle wie der vorliegende seien grundsätzlich nicht vom Kartellverbot erfasst. Es habe sich bei der Vereinbarung auch nicht um eine Alleinbezugsvereinbarung, sondern nur um einen Kaufvertrag mit einem bestimmbaren Preis und Teillieferungen gehandelt. Jedenfalls bleibe der durch das Kartellverbot nicht berührte Teil der Vereinbarung wirksam. Die Klägerin selbst habe den Nachweis verlangt, dass die Beklagten den früheren Vertragspartner des Kaffeelieferungsvertrages schadlos stellen.
Die Beklagten bestritten, beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wandten im Wesentlichen ein, dass gar nicht sie, sondern die M***** GesmbH Vertragspartner gewesen sei. Dass das Projekt der Privatklinik gescheitert sei, hätten nicht die Beklagten zu verantworten. Ohne dieses sei aber der Gastronomiebetrieb nicht lebensfähig gewesen. Mangels Verschuldens wäre die als "Vertragsstrafe zu qualifizierende Abstandszahlung" jedenfalls zu mäßigen. Dass die Errichtung der Privatklinik Geschäftsgrundlage gewesen sei, ergebe sich aus der Größe der vereinbarten Menge, die ohne die Errichtung der Privatklinik völlig wirklichkeitsfremd gewesen wäre. Das Darlehen sei nicht den Beklagten, sondern der M***** GesmbH zugezählt worden, da andernfalls auch keine Mehrwertsteuer zu verrechnen gewesen wäre.
Die Vereinbarung verstoße als Alleinbezugsvertrag auch gegen das Kartellverbot des EG-Vertrages. Die Klägerin habe ein Vertriebsnetz geschaffen, das eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bewirke. Sie verfüge hinsichtlich des Absatzes von Kaffee in Gaststätten über einen 5 % weit übersteigenden Marktanteil. Die Freistellung für Alleinbezugsvereinbarungen komme nicht zur Anwendung, da der Vertrag eine Laufzeit von mehr als 5 Jahre gehabt habe, weil den Parteien klar gewesen sei, dass die Abnahmemenge von 3.000 kg Röstkaffee jährlich unrealistisch hoch gewesen sei. Die Nichtigkeit umfasse nicht nur die Bezugsverpflichtung, sondern auch die Zurverfügungstellung des "Promotionsbeitrages", die davon nicht trennbar sei. Ein vertraglicher Rückforderungsanspruch liege nicht vor, da die Nichtigkeit von der Klägerin zu vertreten sei. Bereicherungsrechtlich komme die Rückforderung deshalb nicht in Betracht, da der Betrag mit Wissen und Willen der Klägerin der M***** GesmbH zugeflossen sei. Schließlich stützten sich die Beklagten auch darauf, dass der "Promotionsbeitrag" als Scheingeschäft in Wahrheit die Gewährung eines Rabattes in Form eines Vorschusses darstelle, der im Wege der Annahme und Bezahlung von überhöhten Rechnungen zurückgezahlt werde. Dies sei sittenwidrig, da es dem Abnehmer ein Recht auf den Rabatt nehme.
III.) Bisheriger Verfahrensverlauf:
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es folgerte rechtlich ausgehend von dem einleitend dargestellten Sachverhalt, dass das vorliegende Vertragsverhältnis als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren sei, bei dem sich aus der vereinbarten Abnahmemenge die Laufzeit des Vertrages ergebe und zusätzlich auch noch eine jährliche Mindestabnahmemenge vereinbart sei. Durch die Übergabe des Schecks seien die beklagten Parteien auch Darlehensnehmer geworden.
Eine allfällige Nichtigkeit der Alleinbezugsklauseln erfasse nicht den Gesamtvertrag. Die Verpflichtung, ausschließlich Kaffee der Klägerin auszuschenken, lasse sich von den übrigen vertraglichen Verpflichtungen trennen. Die vorliegende Vertragsbestimmung sei auch nicht geeignet, den innergemeinschaftlichen Warenverkehr zu beeinträchtigen. Eine sittenwidrige "Knebelung" der Beklagten liege bei der Vertragsdauer von 5, allenfalls 6 Jahren nicht vor. Das Nichtzustandekommen des Projekts der Privatklinik stelle nur einen unbeachtlichen Motivirrtum dar.
Das Berufungsgericht gab den von sämtlichen Beklagten erhobenen Berufungen nicht Folge. Es beurteilte den festgestellten Sachverhalt dahin, dass unter Berücksichtigung des Offenlegungsgrundsatzes aus dem Umstand, dass die Beklagten nicht eindeutig klargestellt haben, dass sie nur im Namen der M***** GesmbH kontrahieren wollten, ein Eigengeschäft der Beklagten anzunehmen sei. Ihnen sei auch die Darlehensvaluta durch den Scheck zugekommen. Ein Übergang der Verpflichtungen auf die M***** GesmbH habe nicht festgestellt werden können.
Rein innerstaatlich sei ein Kaffebezugsvertrag mit einem Gesamtbedarf von 5 Jahren von der Rechtsprechung bereits nicht als sittenwidrig angesehen worden (vgl SZ 35/93). Auch die im Falle der berechtigten Auflösung vorgesehene Abstandszahlung sei nicht sittenwidrig. Die Frage der Inbetriebnahme der Privatklinik sei nicht Geschäftsgrundlage bzw sei der Wegfall schon deshalb nicht zu berücksichtigen, da dies nur für geschäftstypische Voraussetzungen zutreffe, die nicht der eigenen Sphäre zuzurechnen seien. Ein gewisser Kaffeebedarf habe auch auf Grund des bereits bestehenden Restaurants- und Kaffehausbetriebes bestanden. Die Erwartung eines höheren Absatzes sei allein dem Geschäftsrisiko der Beklagten zuzuordnen. Ein Verstoß gegen das Bankwesengesetz liege schon mangels gewerblicher Tätigkeit nicht vor.
Ob die vorliegende Alleinbezugsverpflichtung eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Kartellverbots des EG-Vertrages bewirke, könne deshalb dahingestellt bleiben, da davon jedenfalls nur die Alleinbezugsverpflichtung, nicht aber der übrige Kaufvertrag berührt seien. Für die Verletzung der Verpflichtung der Beklagten, jährlich eine bestimmte Mindestmenge abzunehmen, sei die Alleinbezugsklausel unerheblich.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, da zur Frage der Auswirkungen einer allfälligen Nichtigkeit einer Alleinbezugsklausel auf die Gültigkeit des Restvertrages keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
IV.) Die dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Rechtsmittel:
Sämtliche Beklagten relevieren in ihren Revisionen unter anderem auch, dass der Restvertrag wegen Verstoßes gegen Art 85 Abs 1 EGV nichtig sei. Auf dem relevanten Markt des Absatzes von Kaffee in Gaststätten habe die Klägerin ein wettbewerbskränkendes Vertriebsnetz geschaffen. Der vorliegende Vertrag falle auch nicht unter die Freistellung nach der Verordnung 1984/83 , da die pro Jahr prognostizierte Abnahmemenge unrealistisch hoch gewesen sei und es daher der Klägerin freigestanden wäre, den Vertrag auch länger als 5 Jahre aufrechtzuerhalten. Von der Nichtigkeit sei auch der Promotionsbeitrag erfasst, da er dazu diene, den Käufer zu binden.
Rechtliche Beurteilung
V.) Österreichische Rechtslage:
Judikatur und Lehre unterscheiden bei den vorliegenden Vertragskonstruktionen im Wesentlichen zwischen Sukzessivlieferungsverträgen und Bezugsverträgen. Während bei den Sukzessivlieferungsverträgen der Käufer und der Verkäufer eine von vornherein festgelegte Gesamtleistung in einander meist gegenüberstehenden Teilleistungen erbringen, ist bei den Bezugsverträgen die Sachlieferung für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum nach bestimmten Kriterien, allenfalls wieder begrenzt durch eine Gesamtbezugsmenge entscheidend (vgl dazu Koziol/Welser Grundriß des bürgerlichen Rechts I10, 196 und 327, Reischauer in Rummel ABGB2 § 918 Rz 18; Binder in Schwimann ABGB2 § 1053 Rz 3 f). Für beide Vertragsformen wird aber je nach der Ausgestaltung auch die Anwendung der Grundsätze der Dauerschuldverhältnisse befürwortet (vgl Koziol/Welser aaO, Aicher in Rummel ABGB2 § 1052 Rz 3 f, Binder in Schwimann ABGB2 § 1053 Rz 6). Die sich bei Bezugsverträgen aus der Ausschließlichkeitsbindung ergebende Einschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit ist nicht von vornherein unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0016783 = ÖBl 1977, 93; EvBl 1983/12 bzw SZ 56/144 ua), sondern nur dann, wenn dadurch die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit des Bezugsverpflichteten in unvertretbarer Weise, insbesondere langfristig eingeengt wird (vgl RIS-Justiz RS0016689 = EvBl 1983/12, SZ 56/144, SZ 58/119, SZ 66/138, OGH 6 Ob 682/86 - insbesondere zur Bedeutung der Dauer und der Abschätzbarkeit der Vertragsbindung). Eine Bezugsdauer von 5 Jahren im Zusammenhang mit Kaffeebezugsverträgen wurde dabei als unbedenklich angesehen (vgl SZ 35/93).
Die vorliegende Vereinbarung ging zusammengefasst dahin, dass die Beklagten zwar eine Gesamtmenge an Röstkaffee kauften, jedoch dafür weder bereits ein fester Preis - sondern nur der jeweilige Listenpreis - noch ein fixer Abnahmezeitpunkt, sondern Lieferung auf Abruf festgelegt wurde. Ferner gingen die Parteien davon aus, dass ein Fünftel der Gesamtkaufmenge pro Jahr abgenommen wird und vereinbarten auch, dass nur dieser Röstkaffee in den Betrieben ausgeschenkt wird. Für den Fall der qualifizierten Vertragsverletzung haben sie ein Recht zur "vorzeitigen Auflösung" dahin vereinbart, dass dann die Lieferung bzw Abnahme des nicht abgenommenen Kaffees Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises "prompt" verlangt werden kann. Weiters wurde als Auflösungsgrund für den Verkäufer auch die 20 %-ige Unterschreitung der angegebenen jährlichen Abnahmemenge oder die Eröffnung eines Kridaverfahrens festgelegt. Dann sollten die hier maßgebliche Abstandszahlung und die Rückzahlung des "Promotionsbeitrages" erfolgen. Für den Fall der Übergabe der Betriebsstätte haben sich die Käufer verpflichtet, die hier maßgebliche Vereinbarung auf den Übernehmer zu überbinden. Als sich dann herausstellte, dass nur ein Pachtvertrag für drei Jahre zustandekam, wurde erneut festgehalten, dass die Jahresabnahmemenge 3.000 kg + - 20 % betragen werde und sich die Beklagten für den Fall der Nichtverlängerung des Pachtvertrages verpflichteten, den aliquoten "Promotionsbeitrag" zurückzubezahlen.
Im Ergebnis ist aber aus diesen Vereinbarungen ersichtlich, dass es den Parteien auf ein andauerndes, wiederkehrendes Verhalten angekommen ist, und zwar in dem Sinne, dass der gesamte Bedarf der Gastbetriebe an Röstkaffee durch die Klägerin bedient wird und die Beklagten solange gebunden sein sollen, bis die Gesamtmenge von 15.000 kg Kaffee erreicht ist. Für den Fall aber, dass eine Nichtverlängerung eintritt, also der Pachtvertrag nur 3 Jahre dauern sollte, hat nach der vertraglichen Ergänzung die Gesamtabnahmemenge für 2 Jahre entfallen, gleichzeitig sollte aber auch die Verpflichtung der Beklagten bestehen, den auf diese 2 Jahre entfallenden Promotionsbeitrag zurückzuzahlen.
Damit ist der vorliegende Vertrag im Hinblick auf die primäre Bestimmung des Leistungsumfanges nach der festgelegten Menge noch als Sukzessivlieferungsvertrag einzustufen, bei dem aber die Vertragspartner wesentliche Elemente eines Dauerschuldverhältnisses - jährliche Zuordnung, besondere Auflösungsrechte etc - miteinbezogen haben. Auch derart langfristige Bindungen in Sukzessivlieferungsverträgen können im Sinne der Judikatur zu den Bezugsverträgen sittenwidrig sein. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall nicht zu bejahen. So wie bei den Bezugsverträgen sind die beiderseitigen schutzwürdigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Es ist insbesondere auch zu berücksichtigen, welches Äquivalent für die Beschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit zur Verfügung gestellt wird (vgl RIS-Justiz RS0016674 = EvBl 1983/12, SZ 58/119, JBl 1992, 517, SZ 66/138). Auch wenn die Beklagten behauptet haben, dass objektiv die Einschätzung der jährlichen Abnahmemenge von 3.000 kg Kaffee unrealistisch gewesen sei, ist doch zu berücksichtigen, dass diese Menge von den Parteien nach Einsicht in die Buchhaltungsunterlagen festgelegt wurde. Dafür wurde den Beklagten auch ein erheblicher Betrag, und zwar in Höhe von 17 % als "Rechnungsrabatt" zur Verfügung gestellt. Wegen der überschaubaren Dauer der zeitlichen Bindung und der Höhe dieser Gegenleistung ist die vorliegende Vereinbarung nicht als sittenwidrig einzustufen. Eine Beurteilung der angenommenen Bezugsdauer als sittenwidrig würde im Übrigen auch nur zu deren Verkürzung führen (vgl RIS-Justiz RS0016692 = EvBl 1983/12, SZ 56/62 = EvBl 1983/129, SZ 56/144 ua).
Nicht berechtigt bestreitet die drittbeklagte Partei auch erneut im Revisionsverfahren ihre Passivlegitimation. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden (vgl § 510 Abs 3 ZPO).
Berechtigt monieren allerdings die erst- und die zweitbeklagte Partei im Revisionsverfahren, dass die Vorinstanzen zu Unrecht die Nicht-Inbetriebnahme der Privatklinik als Wegfall der Geschäftsgrundlage unberücksichtigt ließen. Unter der Geschäftsgrundlage von Verträgen zwischen Parteien versteht man - soweit nicht individuelle Voraussetzungen ohnehin zur ausdrücklichen Bedingung des Vertrages gemacht wurden - geschäftstypische Voraussetzungen, die jedermann mit einem bestimmten Geschäft verbindet und die nicht erst einer Vereinbarung bedürfen (vgl MGA ABGB35 § 901 E 8 = MietSlg 38.080 ua; Koziol/Welser Bürgerliches Recht I10, 143; Apathy in Schwimann ABGB2 § 901 Rz 7; Rummel in Rummel ABGB2 § 901 Rz 6; insb zur Abgrenzung zwischen Vertragsinhalt und Geschäftsgrundlage). Ausgeschlossen werden dabei Umstände, die in die Interessenspähre jener Partei fallen, die sich auf die geänderten Verhältnisse berufen will (vgl Apathy aaO Rz 8, MGA ABGB35 E 14 = SZ 49/13, SZ 66/70 uva), Umstände, deren Wegfall vorhersehbar war (vgl Rummel in Rummel ABGB2 § 901 Rz 4, Apathy in Schwimann ABGB2 § 901 Rz
8) oder auch wenn der Wegfall der Voraussetzungen durch das eigene Verhalten herbeigeführt wurde (vgl MGA ABGB35 § 901 E 16a = JBl 1989, 650, SZ 66/70 ua). Der Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage bewirkt nun entweder die Auflösung oder die Anpassung des Vertrages (vgl MGA ABGB35 § 901 E 9a = SZ 43/63; JBl 1988, 723 ua; Koziol/Welser aaO, 147, Rummel in Rummel ABGB2 § 901 Rz 6a).
Hier wurde nun nicht nur bei der gemeinsamen Einschätzung der jährlich zu erwartenden benötigten Röstkaffeemenge von der Errichtung der Privatklinik ausgegangen, sondern die Beklagten übernahmen sogar die Verpflichtung, in dieser Privatklinik nur den Röstkaffee der Klägerin auszuschenken. Soweit man darin nicht ohnehin schon eine ausdrückliche Vereinbarung dahin sieht, dass die auf den geschätzten Umsatz in der Privatklinik entfallenden Röstkaffeemengen nur unter der Bedingung gekauft werden, dass diese auch errichtet wird, ist dies jedenfalls als geschäftstypische Voraussetzung eines solchen Vertrages zu sehen. Deren Eintritt fällt auch nicht in die Risikosphäre der Beklagten, da sie ja nicht Betreiber dieses Projektes waren. Hinsichtlich der zweit- und drittbeklagten Parteien, die dies in der Revision geltend machen, wäre daher eine entsprechend Anpassung des Vertrages vorzunehmen gewesen, wozu noch weitere Erörterungen erforderlich sind.
Aber auch dann, wenn hinsichtlich dieser Parteien es zu einer aliquoten Herabsetzung der Gesamtmenge kommt, insbesondere aber bei der erstbeklagten Partei, die diesen Einwand in der Revision nicht mehr aufrechterhalten hat, ist weiter die Frage zu beurteilen, inwieweit die vorliegende "Rest"-Vereinbarung vor allem wegen der sich daraus ergebenden Dauer der Bindung gegen Art 85 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art 81 EG) verstößt.
VI.) Vorabentscheidungsfragen:
VI 1.) Zum zeitlichen Anwendungsbereich:
Vorweg ist im Hinblick auf die besondere zeitliche Lagerung der hier getroffenen Vereinbarungen möglicherweise vor (grundsätzliche Einigung im Dezember 1993), jedenfalls aber im (Schlussbrief 5. 1. 1994) bzw nach der zeitlichen Wirksamkeit der EWR-A für Österreich und des Beitritts zur Europäischen Union auf die Übergangsbestimmungen einzugehen. Das EWR-Abkommen BGBl 909/1993, das mit 1. 1. 1994 in Kraft getreten ist, hat bereits in seinem Art 53 ein Verbot von Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die den Handel zwischen den Vertragsparteien beeinträchtigen und geeignet sind, eine Verhinderung oder Einschränkung der Verfälschung des Wettbewerbs zu bewirken (wie Art 85 des EG-Vertrages nunmehr Art 81 EG), enthalten. Auch die wesentlichen Gruppenfreistellungsverordnungen wurden bereits übernommen. Als Übergangsbestimmung hat Art 5 des Protokolls Nr 21 vorgesehen, dass bei Vereinbarungen, die bereits bei Inkrafttreten des Abkommens bestehen und für die die Beteiligten eine Freistellung in Anspruch nehmen wollen, eine Anmeldung innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens zu erfolgen hat, wobei jedoch unter anderem für Vereinbarungen betreffend Unternehmen aus nur einem Mitgliedstaat eine Ausnahme hinsichtlich der 6-Monatsfrist vorgesehen war (vgl allgemein auch Erhart, Anpassung von Altkartellen an das EWR-Recht, ecolex 1994, 208 f).
Nach den Übergangsbestimmungen des mit 1. 1. 1995 in Kraft getretenen EU-Beitrittsvertrages BGBl Nr 45/1995 ist bei der Anpassung verschiedener Gruppenfreistellungsverordnungen vorgesehen, dass das Verbot des Art 85 Abs 1 des EG-Vertrages (nunmehr Art 81 EG) für Vereinbarungen, die zum Zeitpunkt des Beitritts bestanden und in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen, nicht gilt, sofern sie innerhalb von 6 Monaten nach dem Zeitpunkt des Beitritts so geändert werden, dass sie den Bestimmungen der Verordnungen entsprechen, es sei denn, dass die Vereinbarungen zum Zeitpunkt des Beitritts bereits in den Anwendungsbereich des Art 53 Abs 1 des EWR-Abkommens fielen (vgl Anh III. D des EU-Beitrittsvertrages). Dies ist nun im Wesentlichen dahin zu verstehen, dass Vereinbarungen, die - wie allenfalls hier - bereits durch Art 53 Abs 1 EWR verboten waren und nicht angemeldet wurden auch keine weitere "Schonfrist" im Rahmen des EU-Beitrittes haben sollten (vgl dazu Steindorff/Eilmansberger, Das EG-kartellrechtliche Schicksal bestehende wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung nach dem Beitritt Österreichs zur EU, WBl 1995, 352; im Zusammenhang aber auch Erhard, Anpassung von Altkartellen an das EWR-Recht, ecolex 1994, 208 ff). Mangels anderer besonderer Übergangsbestimmungen ist dann von dem im EG-Kartellrecht praktizierten Wirkungsprinzip, wonach auch vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens bzw des EG-Beitritts abgeschlossene Verträge in Bezug auf ihre Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nach EG-Recht beurteilt werden können, wenn sie zu dieser Zeit noch wirksam sind, auszugehen (vgl EvBl 1998/104 = WBl 1998, 363 unter Hinweis auf EuGH 27. 9. 1988 Slg 1988, 5193 uwN). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Vertrag jedenfalls erst nach Inkrafttreten des Beitritts aufgelöst wurde, also im Rahmen der EG-Mitgliedschaft wirksam war, ist er auf einen allfälligen Verstoß gegen Art 85 des EG-Vertrages (Art 81 EG) zu prüfen.
VI 2.) Allgemeine EG - rechtliche Grundlagen der Vorlagefragen:
Allgemein dienen die Regelungen des EG-Vertrags zum Wettbewerbsrecht dazu, den unverfälschten Wettbewerb zu einer optimalen Verteilung und Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen zu einer Verbesserung der Produktion und der Verteilung, zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen zur vermehrten Innovation und somit insgesamt zur Beschleunigung der wirtschaftlichen und technischen Fortschrittes zu erhalten (vgl Schröter in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Handbuch des Europäischen Rechts Vorbemerkungen zu Art 85 bis 94, Rz 19). Auch Vereinbarungen zwischen Unternehmen aus ein und demselben Mitgliedstaat können die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene verfestigen (vgl Wiedemann, Kommentar zu den Gruppenfreistellungsverordnungen des EWG-Kartellrechts I, Rz 7).
Art 85 des EG-Vertrages (nunmehr Art 81 EG) verbietet unter anderem alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, so insbesondere auch die Kontrolle des Absatzes (lit b) oder die Aufteilung der Märkte (lit c). Nach Abs 2 dieses Artikels sind derartige Vereinbarungen grundsätzlich unwirksam. Allerdings kann entsprechend Abs 3 des Art 85 EG-Vertrag (nunmehr Art 81 EG) die Unanwendbarkeit des Abs 1 leg cit unter bestimmten Voraussetzungen von Gemeinschaftsorganen festgelegt werden, und zwar entweder im Rahmen einer generellen Verordnung (sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung) oder durch Einzelfreistellungen. Die Ausübung dieser Freistellungsbefugnis ist jedoch allein den Gemeinschaftsorganen vorbehalten und kann nicht durch ein nationales Gericht erfolgen (vgl Wiedemann aaO Rz 14). Das Verhältnis zwischen Abs 1 und 2 einerseits und Abs 3 andererseits, ist also ein solches von Regel - Nichtigkeit - und Ausnahme. Fällt eine Regelung unter Art 85 Abs 1 des EG-Vertrages (Art 81 Abs 1 EG) und ist sie nicht freistellungsfähig nach Art 85 Abs 3 des EG-Vertrages, ist sie absolut verboten (vgl etwa Liebmann, Vertriebsverträge in der EG, 58;
Duijm, Die Wettbewerbspolitik der EG gegenüber vertikalen Vertriebsvereinbarungen 48 ff; Jestaedt, EU-Kartellrecht, 28;
Handbuch des Europäischen Rechts Art 85 Rz 32 uva). Eine Anmeldung, die allenfalls eine rückwirkende Einzelfreistellung bewirken könnte (vgl Czachay, Die Anmeldung wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen nach EWR-Recht, ecolex 1995, 817) wurde nicht behauptet. Es verbleibt die Frage der Gruppenfreistellungsverordnung. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen, dass zwar die Gruppenfreistellungsverordnungen keine zivilrechtlichen Vertragsbestandteile sind, jedoch dann, wenn die Voraussetzungen des Kartellverbotes des Art 85 Abs 1 des EG-Vertrages (jetzt Art 81 EG) vorliegen, sich aus den Gruppenfreistellungsverordnungen ergibt, unter welchen Voraussetzungen das Kartellverbot auf bestimmte Gruppen
von Vereinbarungen nicht anwendbar ist (vgl EvBl 1998/104 = WBl 1998,
363; EvBl 1999/120 = ZfRV 1999, 148 ua). Soweit bestimmte
Vereinbarungen, etwa Getränkebezugsverträge zwar unter Art 85 Abs 1 EGV (Art 81 EG) fallen, aber nicht die Kriterien der Gruppenfreistellung erfüllen und eine Einzelfreistellung nicht vorliegt, sind diese Verträge als nichtig zu beurteilen (EvBl 1997/20, 10 Ob 402/ 97h).
Zu der von den Vorinstanzen relevierten Frage des Umfanges der Nichtigkeit sind nun zwei Bereiche zu unterscheiden, und zwar einerseits die Frage, inwieweit Vereinbarungen wegen Verstoßes gegen das EG-Kartellrecht selbst nichtig sind und andererseits was mit den allenfalls davon nicht erfassten Teilen, also der Restvereinbarung zu geschehen hat. Dazu wurde von der Rechtsprechung bereits grundsätzlich festgehalten, dass sich zwar die Nichtigkeit selbst aus dem Gemeinschaftsrecht ableitet, die mittelbaren Zivilrechtsfolgen aber den innerstaatlichen Recht der Migliedstaaten zu entnehmen sind (vgl EvBl 1997/20).
Der sich aus Art 85 Abs 1 und 2 EG-Vertrag (Art 81 EG) selbst ergebende Umfang der Nichtigkeit bestimmt sich nun nach der Trennbarkeit der verschiedenen Regelungen und inwieweit die Nichtigkeit zur Erfüllung der Ziele der Vorschriften erforderlich ist. Dabei werden auch Klauseln, welche die Wettbewerbsbeschränkung zwar nicht selbst bezwecken oder bewirken, aber wesentlich zu ihrem Zustandekommen oder ihrer Durchsetzung beeintragen, als mit den verbotenen Vereinbarungen in einer Einheit stehend beurteilt (vgl Handbuch aaO Art 85 Rz 206, ff aber auch Schröter in Groeben-Thiesing-Ehlermann, Kommentar zum EGV Art 85 Rz 164 uva). Entscheidend ist also insoweit nicht der Wille der Parteien, sondern der Schutzzweck der Verbotsnorm (vgl auch Liebmann, Vertriebsverträge in der EU, 109; aber auch vergleichbar zum Verstoß gegen österreichische Verbotsnormen, Koziol/Welser Grundriss des bürgerlichen Rechts I10, 162; Apathy in Schwimann ABGB2 § 879 Rz 37; Krejci in Rummel ABGB2 § 879 Rz 250 uva).
Ausgehend davon kann aber der Ansicht der Vorinstanzen, dass eine nähere Prüfung der Voraussetzungen des Art 85 Abs 1 EG (= Art 81 EG) deshalb nicht erforderlich wäre, da eine allfällige Nichtigkeit jedenfalls nur die Verpflichtung zum ausschließlichen Ausschank des Kaffees der Klägerin erfasse, nicht aber den auf mehrere Jahre hinweg bindenden Kaufvertrag selbst, nicht beigetreten werden.
VI. 3. a) Zur ersten Vorlagefrage:
Es wird in der Literatur allgemein das Problem behandelt, inwieweit "Austauschverträge" auch unter das Verbot des Art 85 Abs 1 EG-Vertrag (Art 81 EG) fallen können. Die Abgrenzung zur kartellrechtlichen Relevanz wird regelmäßig einerseits dahin beurteilt, ob sich die Parteien mit der Befriedigung eines konkreten eindeutig überschaubaren Bedürfnisses begnügen oder auch die Erfüllung zukünftiger, im einzelnen nicht bestimmter Bedürfnisse regeln wollen und sich insoweit ihrer wirtschaftlichen und unternehmerischen Handlungsfreiheit zu einem Zeitpunkt begeben, zu der die zukünftigen Wettbewerbsverhältnisse noch nicht beurteilt werden können (vgl Handbuch aaO Art 85 - Fallgruppen Rz 3 f aber auch Art 85 Rz 84 mwN zu den kontroversiellen Standpunkten hinsichtlich der Erfassung der Austauschverträge). Grundsätzlich bejaht wird die Möglichkeit der Erfassung auch mehrjähriger Lieferverträge, die einen wesentlichen Teil des Bedarfs abdecken (vgl Gleis-Hirsch, Kommentar zur Kartellrecht I4, 171 mit Hinweisen auf Kommissionsentscheidungen, wonach ein 11-jähriger Liefervertrag, der die Hälfte des Bedarfs des Abnehmers entspricht und ein 5-jähriger Vertrag, der einen Großteil der benötigten Produktion erfasst, faktisch den Alleinbezugsvereinbarungen gleichgestellt wurden; ähnlich Liebmann aaO, 114 - unter Hinweis auf eine Beschränkung der exklusiven Kaufbindung für zwei Jahre -, Liebmann aaO 129 - dazu, dass ein längerfristiger Bezug erheblicher Mengen erfasst ist; grundsätzlich auch in diesem Sinne, allerdings unter dem Aspekt der Wettbewerbsverfälschung Emmerich in Immenga/Mestäcker [Hrsg] EG-Wettbewerbsrecht, 160 f; Veelken in Immenga/Mestmäcker aaO, 483, der die Ansicht vertritt, dass die Verpflichtung zur Abnahme einer bestimmten Menge, die den tatsächlichen Gesamtbedarf abdeckt, bei Vorliegen der übrigen Freistellungsvoraussetzungen darunter fallen kann; vgl allgemein zum österr. Kartellrecht Barfuß/Wollmann/Tahedl,
Das österreichische Kartellrecht, 31). Der Effekt ist im Wesentlichen ähnlich wie bei expliziten Alleinbezugsverträgen und liegt in der "Verstopfung der Absatzkanäle". Eine Klärung durch den EuGH, inwieweit Art 85 Abs 1 EGV auch auf längerfristige Kaufverträge anwendbar ist, erfolgte noch nicht (vgl dazu auch Liebmann aaO 129). Darauf zielt die erste Frage ab.
VI. 3. b) Zur zweiten Vorlagefrage:
Geht man von der grundsätzlichen Möglichkeit bei Anwendung des Kartellverbots des Art 85 Abs 1 auch auf längerfristige Kaufverträge aus, so stellt sich die Frage, inwieweit hier die Regelungen der Gruppenfreistellungsverordnung für Alleinbezugsverein- barungen Nr 1984/83/EWG anwendbar sind. Ausgangspunkt dieser Regelung war (auch) die Ansicht, dass Alleinbezugsvereinbarungen unter Art 85 Abs 1 EGV fallen können, da sie konkurrierende Hersteller am Zugang zu den Absatzkanälen hindern (vgl Veelke in Immenga/Mestmäcker aaO, 474). Das wesentliche Ziel der Gruppenfreistellungsverordnung lag dabei darin, im Interesse der Offenhaltung der Märkte eine Begrenzung der Dauer des Gegenstandes der Alleinbezugsvereinbarung sicherzustellen (vgl Wiedemann, Kommentar zu den Gruppenfreistellungsverordnungen des EWG-Kartellrechts, 95).
Die Verordnung definiert nun ihren Anwendungsbereich dahin, dass Art 85 Abs 1 des EG-Vertrages (Art 81 EG) unter den in der Verordnung genannten Voraussetzungen auf Vereinbarungen, "an denen nur zwei Unternehmer beteiligt sind und in denen sich ein Vertragspartner, der Wiederverkäufer, gegenüber dem anderen Vertragspartner, dem Lieferanten verpflichtet, zum Zweck des Weiterverkaufs bestimmte im Vertrag genannte Waren nur von ihm ...." zu beziehen, für "nicht anwendbar" erklärt wird.
Auch die Fragen (Vorlagefrage 2. a), ob Kaufverträge der vorliegenden Art, die über mehrere Jahre hinweg abgewickelt werden, überhaupt unter die Gruppenfreistellungsverordnung fallen können und ob "zum Zweck des Weiterverkaufs" auch Fälle erfasst, in denen - wie hier - eine bestimmte Form der Verarbeitung erfolgt (Vorlagefrage 2. b), scheint nicht geklärt. Generell wird die analoge Ausdehnung von Gruppenfreistellungsverordnungen durch die Interpretation nationaler Gerichte eher abgelehnt, da damit in die wettbewerbspolitischen Befugnisse der Kommission eingegriffen werde (vgl Handbuch des Europäischen Rechts aaO Vorbm zu Art 85 bis 89 Rz 112; differenziert Wiedemann aaO I Rz 83). Überwiegend verneint wird die Anwendung der Verordnung auf weiterverarbeitende "Wiederverkäufer" (vgl etwa Liebmann aaO, 126, Veelken in Immenga/Mestmäcker aaO 481 ua; vgl auch zur einschränkenden Interpretation des Anwendungsbereiches der Verordnung durch die Kommission selbst etwa hinsichtlich von Vereinbarungen, die nur ein Teil des Bedarfs erfassen, Rz 35 der Bekanntmachung der Kommission zu den Verordnungen EWG-Nr 1983/83 und 1984/83 vom 22. 6. 1983 Amtsblatt C 101, 2). Andererseits erfolgt hier nur eine sehr eingeschränkte Weiterverarbeitung, sodass auch diese Frage klärungsbedürftig scheint (vgl dazu, dass häufig die mangelnde Flexibilität der Verordnung beklagt wird - Erhart, EG-Kartellrecht, Die große Vertriebsbindungsreform kommt, ecolex 1999, 69 f mwN).
VI. 3. c) Zur dritten Vorlagefrage:
Wenn man von der grundsätzlichen Möglichkeit der Anwendung der Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1984/83 EWG auch auf Vereinbarungen der vorliegenden Art ausgeht, ist auf die Bestimmung des Art 3 lit d der Verordnung einzugehen. Danach ist die Befreiung der Alleinbezugsvereinbarungen vom Kartellverbot des Art 85 Abs 1 des Vertrages (Art 81 EG) dann ausgeschlossen, wenn die Vereinbarung für einen unbestimmten oder für einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren geschlossen wird.
Zur Verpflichtung zur Abnahme einer bestimmten Menge wird im Allgemeinen die Ansicht vertreten, dass damit die Voraussetzungen für die Anwendung der Verordnung nicht erfüllt seien, da dies an der nicht sicher vorhersehbaren Begrenzung mit 5 Jahren scheitere (vgl Wiedemann aaO Band II, 126). Auch insoweit ist jedoch eine Rechtsprechung des EuGH, die insbesondere auch Anhaltspunkte dazu gibt, ob bei der Einschätzung des Zeitraumes der Bindung objektive Kriterien oder die Erwartungen der Parteien maßgeblich sind, nicht ersichtlich.
VI. 3. d) Zur vierten Vorlagefrage:
Im Sinne der den (vgl Punkt VI 2) dargestellten Überlegungen stellt es auch eine Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechtes dar; inwieweit die hier getroffene vertragliche Regelung, die die Einhaltung einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung absichern soll ("Promotionsbeitrag"), wirksam ist bzw dadurch effektiv bleiben kann, dass dem sich auf ihre Nichtigkeit stützenden Vertragspartner ein Rückforderungsanspruch droht.
VII: Zur Verpflichtung zur Vorlage und Aussetzung:
In diesen das Gemeinschaftsrecht betreffenden Fragen kann nicht davon ausgegangen werden, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Fragen verbliebe, weshalb der Oberste Gerichtshof zur Einleitung des Vorabentscheidungsverfahrens verpflichtet ist (vgl Dauses, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 177 des EG-Vertrages2 116 mwN, Gamerith, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 177 EG-Vertrag in Wettbewerbssachen, ÖBl 1995, 51 ff; OGH 4 Ob 86/99x uva).
Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens gründet sich auf § 90a Abs 1 GOG.
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