OGH 7Ob211/14a

OGH7Ob211/14a26.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Philipp Millauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 24. September 2014, GZ 38 R 222/14z‑15, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00211.14A.1126.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach Ansicht der Klägerin ist in der Annahme eines stillschweigenden Verzichts auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG eine Verkennung der Rechtslage zu erblicken.

2. Nach ständiger Rechtsprechung gilt der Grundsatz, dass Auflösungs- und Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend zu machen sind (RIS‑Justiz RS0014427). Der schlüssige Verzicht auf einen Auflösungs- oder Kündigungsgrund hat aber zur Voraussetzung, dass das Zuwarten des Vermieters mit der Aufkündigung oder der Räumungsklage unter Umständen erfolgt, aus denen mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleibt, dass der Vermieter den ihm bekannten Sachverhalt nicht mehr als Auflösungs‑ oder Kündigungsgrund geltend machen will. Es ist daher erforderlich, dass der Mieter weiß oder aus dem Verhalten des Vermieters doch mit Recht ableiten kann, dass dieser den vollen Sachverhalt, der die Auflösung oder die Kündigung rechtfertigt, kennt und dem Mieter keine Umstände bekannt sind, die ein Zuwarten des Vermieters mit der Kündigung oder einer Räumungsklage aus einem anderen Grund als dem eines Verzichts auf das Auflösungs‑ bzw Kündigungsrecht erklärlich erscheinen lassen (RIS‑Justiz RS0014423, RS0067163).

Der Oberste Gerichtshof hat zwar des öfteren ausgesprochen, dass bei Vorliegen eines Dauertatbestands der Grundsatz, dass Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden müssen, nicht anzuwenden sei, weil in einem solchen Fall nicht auf einen Verzicht auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes geschlossen werden könne. Dieser Grundsatz kann aber nicht ganz allgemein dahin verstanden werden, dass in einem solchen Fall ein stillschweigender Kündigungsverzicht überhaupt nicht in Frage kommt; vielmehr ist hier ein besonders strenger Maßstab anzulegen (RIS‑Justiz RS0014427 [T4], 1 Ob 565/95 mwN, 4 Ob 2050/96s, 1 Ob 68/03m).

3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung lässt sich für das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis ins Treffen führen, dass der Klägerin (Miteigentümerin der Liegenschaft seit 1992, Wohnungseigentümerin des Bestandobjekts seit 2000) als Vermieterin der maßgebliche Sachverhalt schon deshalb vollständig bekannt ist, weil sie selbst seit 1987 Untermieterin des Objekts ist. Dennoch erfolgte jahrelang keine Reaktion.

Die außerordentliche Revision ist somit gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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