Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und die Revisionskosten der klagenden Partei bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Schreiben vom 7.10.1993 mit der "Übernahme der Innenarchitektur und des Möbeldesigns für die Wohnung und das Büro der Beklagten in der *****straße ***** gegen Bezahlung von S 50.000,-- zuzüglich 20 % USt." Die Klägerin sollte Pläne, die die Grundlage für die Ausführung durch die Professionisten sein sollten, erstellen und von letzteren bis Mitte November 1993 Offerte einholen. Die Kosten des Umbaus der Büroräumlichkeiten der Beklagten wurden von der Klägerin mit S 600.000,-- geschätzt (Innenarchitektur und Möbeldesign S 50.000,--, Möbel S 200.000,--, Tischlerarbeiten S 350.000,--). Die Kostenvoranschläge hätten vereinbarungsgemäß bis Mitte November eingeholt werden sollen, die Fertigstellung der Möbel und der Einrichtung war bis spätestens Mitte Jänner 1994 geplant. Nach einem gemeinsamen Möbelkauf wurden von der klagenden Partei Skizzen für einen Wandverbau im Büro und in der Wohnung sowie für eine Bar, einen Schreibtisch und ein Bett erstellt. Weiters wurde von der Klägerin der Kostenvoranschlag eines Tischlers am 27.10.1993 über S 181.200,-- zuzüglich USt eingeholt. In der Folge langten von der Klägerin veranlaßte Kostenvoranschläge eines Malers vom 11.10.1993 über S 27.600,-- sowie eines Glasers vom 9.11.1993 über S 51.748,-- ein. Der Beklagten, die ursprünglich mit den Entwürfen der Klägerin einverstanden war, erschien der von letzterer eingeholte Tischlerkostenvoranschlag überhöht, sie wünschte die Einholung weiterer Offerten. Die Klägerin meinte daraufhin, man könne mit diesem Tischler über den Preis noch verhandeln. Ein von der Klägerin vorgeschlagener Besprechungstermin 10.11.1993 wurde von der Beklagten abgesagt, weil sie der Meinung war, daß die Arbeit der Klägerin noch nicht abgeschlossen sei. Zu diesem Zeitpunkt stand auch noch das Glaser-(richtig auch noch das Maler-)Offert aus. Als Reaktion übersandte die Klägerin der Beklagten am 26.11.1993 eine Teilrechnung über S 42.000,--. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß deren Ideen nur zum Teil verwirklichbar seien und sie um die Umsetzung einzelner Teile und die Übermittlung detaillierter Zeichnungen bis zum 4.12.1993 ersuche. Sie sei jedoch zu einer Abschlagszahlung von S 20.000,-- bereit. In diesem Schreiben zählte die Beklagte auch genau auf, welche Teile von ihr gewünscht wurden. Es kam jedoch ab diesem Zeitpunkt zu keinen Gesprächen mehr zwischen den Streitteilen. Wann das Glaser- bzw. Maleroffert der Beklagten zukam, konnte nicht festgestellt werden. Nach Ablauf der der Klägerin von der Beklagten gesetzten Frist beauftragte letztere den Malermeister D***** sowohl teilweise mit den Tischlerarbeiten als auch mit den dazugehörigen Malerarbeiten aufgrund der Entwürfe der Klägerin. Die weitere von der Klägerin vorgesehene Arbeit, nämlich die Einrichtung des Wohn- und Schlafzimmers, unterblieb.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bezahlung von S 60.000,--. Die Beklagte habe durch ihre Weigerung, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten, die Ausführung des Werkvertrages vereitelt.
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Sie wendete die mangelnde Fälligkeit des Werklohnes ein. Es seien ihr keine Pläne, sondern nur Skizzen übermittelt worden, auch seien nicht die erforderlichen Offerte eingeholt worden. Die Klägerin habe den vereinbarten Fertigstellungstermin Mitte November 1993 nicht eingehalten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines nicht mehr revisionsgegenständlichen Zinsenmehrbegehrens statt. Durch die Weigerung der Beklagten, sich mit der Klägerin am 10.11.1993 zu besprechen, sei letzterer eine Weiterarbeit unmöglich geworden. Selbst wenn die Beklagte der Meinung gewesen sei, die vorgelegten Entwürfe und Offerten seien zu teuer, hätte es einer gemeinsamen Besprechung für die weitere Vorgangsweise bedurft. Bei Unterbleiben der Ausführung zufolge Verschuldens des Bestellers verbleibe dem Unternehmer sein Werklohnanspruch. Der Unternehmer müsse nicht von sich aus die Anrechnung dessen, was er sich durch das Unterbleiben der Ausführung des Werkes erspart habe, vornehmen. Die Beklagte sei ihrer Beweispflicht darüber, was sich die Klägerin erspart habe, nicht nachgekommen, sodaß der Klägerin der gesamte Werklohn zuzusprechen gewesen sei.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Beklagten diese Entscheidung in eine gänzliche Klagsabweisung ab. Es erklärte die Erhebung der Revision für unzulässig. Das Berufungsgericht bezeichnete die von der Klägerin erstellten Umbauunterlagen als Skizzen und folgerte daraus, daß die Klägerin ihrer Zusage, "Pläne" anzufertigen, die die Grundlage für die Professionistenarbeiten sein sollten, nicht nachgekommen sei. Da bis zum 10.11.1993 von der Klägerin ein weiterer Tischlerkostenvoranschlag und das Glaseroffert noch nicht eingeholt worden seien, habe der für diesen Tag von der Klägerin anberaumte Besprechungstermin für die Beklagte keinen Sinn gehabt. Die Beklagte habe die Vorlage detaillierter Pläne bis 4.12.1993 vergeblich urgiert. Die Beklagte habe die Klägerin nicht an der Weiterarbeit gehindert.
Die gegen diese Entscheidung von der Klägerin erhobene Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe die Klägerin an deren Weiterarbeit nicht gehindert, vielmehr habe die Klägerin ihre Zusage, maßstabsgerechte Pläne zu erstellen, einen weiteren Tischlerkostenvoranschlag wie einen Glaser- und Malerkostenvoranschlag bis zum 10.11.1993 einzuholen, nicht erfüllt, sodaß der Beklagten die Wahrnehmung des von der Klägerin geforderten Besprechungstermines 10.11.1993 nicht zumutbar gewesen sei, ist in dieser Form aus den erstgerichtlichen Feststellungen nicht ableitbar. Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und ist der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die festgestellte Verpflichtung, "Pläne" zu erstellen, die die Grundlage für die Professionistenarbeiten sein sollten, muß im Zusammenhang mit der weiteren erstgerichtlichen Feststellung, daß die Beklagte ursprünglich mit den Entwürfen der Klägerin einverstanden war, und der aus den Feststellungen ableitbaren, der Beklagten eingeräumten Entscheidungsbefugnis, nach Vorlage von Kostenvoranschlägen die endgültige Ausführung sowie den Umfang der Arbeiten wie auch deren Preis zu bestimmen, beurteilt werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes hat die beklagte Partei die Besprechung vom 10.11.1993 nicht wegen fehlender maßstabgerechter Pläne, sondern wegen des von ihr nicht akzeptierten Tischlerkostenvoranschlages und wegen der noch ausstehenden Maler- und Glaserkostenvoranschläge nicht besucht. Nach diesem Feststellungsstand sollte die Beklagte aufgrund der von der Klägerin verfaßten Skizzen zunächst nur ein Bild über die Ausführungskosten gewinnen und sodann den konkreten Auftrag erteilen. In diesem Zusammenhang ist es aufklärungsbedürftig, ob die Klägerin mit den von ihr verfaßten "Entwürfen" ihrer Verpflichtung, "Pläne" zu erstellen, schon nachgekommen ist, bzw. ob diese "Entwürfe" bereits taugliche Grundlagen für die Offerterstellung durch die Professionisten waren. Um zu solchen Feststellungen zu gelangen, werden die Parteien ergänzend einvernommen, allenfalls wird über entsprechenden Antrag auch ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Die Ausführungen der zweiten Instanz über den Unterschied zwischen Skizzen und Plänen unter Hinweis auf in Lexika enthaltene Definitionen sind hier verfehlt. Maßgebend ist, was die Parteien unter den von der Klägerin zu erstellenden "Plänen" bzw. "Entwürfen" verstanden haben und welche Leistungen unter diesen Bezeichnungen von einem Innenarchitekten und Möbeldesigner typischerweise zu erbringen waren. Zu klären wird auch sein, was unter den von der Beklagten bis zum 4.12.1993 gewünschten detaillierten Zeichnungen verstanden werden sollte, und ob die Anfertigung derartiger Zeichnungen durch die Klägerin (oder durch Professionisten?) vereinbart bzw. durch den Auftrag gedeckt war.
Nach Lehre und Rechtsprechung (vgl. Krejci in Rummel ABGB2 § 1168 Rz 10 ff mwN) trifft den Besteller beim Werkvertrag eine Mitwirkungspflicht. Überhaupt trifft den Besteller die vertragliche Nebenpflicht, dem Unternehmer durch geeignete Aufklärung und Mitwirkung die Erfüllung seiner Verbindlichkeit zu ermöglichen (vgl. SZ 57/18 sowie SZ 58/7). Ob die Beklagte diese Mitwirkungspflicht verletzt hat oder ob die Klägerin ihren vertraglichen Verpflichtungen trotz Urgenz bis zum 4.12.1993 nicht fristgerecht nachgekommen ist und zu Unrecht die Erfüllung ihrer weiteren Tätigkeit verweigert hat, kann aufgrund der vorliegenden Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil nicht feststeht, ob das von der Klägerin eingeholte Tischleranbot dem von der Beklagten vorgegebenen Rahmen entsprochen hat, bzw. ob sich die Klägerin zur Einholung eines weiteren Tischleranbotes verpflichtet hat, sich hiezu dann aber nicht bereiterklärte, oder ob über das vorliegende Tischleranbot eine Entscheidung der Beklagten, sei es, was es dessen Umfang, sei es, was es das zu verwendende Material betrifft, erforderlich gewesen wäre, um die weiteren Anbote einholen zu können. Es steht auch nicht fest, ob die Einholung weiterer Kostenvoranschläge von einem verbindlichen Tischleranbot abhängig gewesen wäre oder nicht. Erst wenn all dies feststeht, kann beurteilt werden, ob sich die Klägerin weigerte, den vertraglich der Beklagten zugestandenen Weisungen zu folgen oder ob die Beklagte ihre erforderliche Mitwirkungspflicht verletzt hat. Da sich sohin die vorliegende Rechtssache nicht als entscheidungsreif erweist, war der Revision der Klägerin Folge zu geben und waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO. Die an das Erstgericht noch rechtzeitig gerichtete Revisionsbeantwortung langte aber erst am 2.4.1996 und daher verspätet beim Revisionsgericht ein.
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