Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Klägerin und gefährdete Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit ihrer auf Herausgabe diverser Einrichtungsgegenstände und Elektrogeräte, eventualiter auf Zahlung von S 700.000,-- (falls diese Gegenstände nicht mehr vorhanden sein sollten) gerichteten Klage verband die Klägerin und gefährdete Partei (im folgenden nur mehr Klägerin genannt) den Antrag, den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge kurz Beklagter) mit einstweiliger Verfügung zur sofortigen Herausgabe der betreffenden Fahrnisse zu verpflichten. Der Beklagte habe ihr die Gegenstände verkauft. Seine Verpflichtung zur Herausgabe ergebe sich auch aus schriftlichen Vereinbarungen zu dem anläßlich der Scheidung der Streitteile geschlossenen Vergleich. Der Beklagte, der überschuldet sei und weder Unterhalt leiste noch seinen sonstigen Zahlungsverpflichtungen nachkommen könne, verweigere die vereinbarte Herausgabe. Er habe mit einem Klein-LKW praktisch alle Gegenstände abtransportiert. Es bestehe daher die Gefahr, daß die Gegenstände unwiederbringlich verloren gingen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zunächst mit Beschluß vom 25. 3. 1999 mangels Bescheinigung einer konkreten Gefährdung des geltend gemachten Herausgabeanspruches und Eintritt eines unwiederbringlichen Schadens ab. Die von der Klägerin zur Bescheinigung, daß der Beklagte begonnen habe, die Gegenstände wegzubringen, namhaft gemachten Auskunftspersonen stellten keine paraten Bescheinigungsmittel dar, da deren Stelligmachung nicht angeboten worden sei.
Noch bevor dieser Beschluß formell rechtskräftig geworden war, beantragte die Klägerin mit am 2. 4. 1999 beim Erstgericht eingelangtem Schriftsatz neuerlich, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Herausgabe der nämlichen Fahrnisse wie im ersten Sicherungsantrag aufzutragen. Gleichzeitig bot sie an, die von ihr namhaft gemachten Auskunftspersonen über Auftrag des Gerichtes stellig zu machen. Ergänzend zu ihren Angaben in der Klage bzw im ersten Sicherungsantrag brachte sie nun noch vor, aufgrund der aussichtslosen finanziellen Situation des Beklagten werde der Eventualanspruch auf Zahlung von S 700.000,-- nicht einbringlich sein. Es sei zu befürchten, daß der Beklagte die Gegenstände, die für sie als Erinnerungsstücke besonderen Wert hätten, verkaufen und den Erlös ins Ausland verbringen werde, um ihn der in Österreich drohenden Exekution zu entziehen.
Mit Beschluß vom 6. 4. 1999 wies das Erstgericht diesen zweiten Sicherungsantrag mit der Begründung zurück, die - inzwischen eingetretene - materielle Rechtskraft des Beschlusses vom 25. 3. 1999 stehe dem neuerlichen, keinen neuen Anspruchs - oder Gefährdungssachverhalt enthaltenden, sondern bloß auf andere (parate) Bescheinigungsmittel gestützten Antrag entgegen.
Über Rekurs der Klägerin hob das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluß mit der angefochtenen Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision (richtig wohl: ordentlicher Revisionsrekurs) zulässig sei. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, nach hL und Rsp seien auch Entscheidungen über Sicherungsanträge, soweit sie ein Rechtschutzbegehren beinhalteten, der materiellen Rechtskraft "mit allen Konsequenzen" fähig. Abweichend von den Lehrmeinungen Faschings, Königs, Konecnys und Kieningers, wonach die Rechtskraft eines einen Sicherungsantrag mangels Bescheinigung abweisenden Beschlusses einem neuerlichen Sicherungsantrag mit identem Inhalt unter Ausführung neuer Bescheinigungsmittel entgegenstehe, werde von der überwiegenden Judikatur im nachträglichen Greifbarwerden von Bescheinigungsmitteln eine von der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses nicht erfaßte Neuerung gesehen, sodaß die gefährdete Partei einen auf neue Bescheinigungsmitteln gestützten, ansonsten identen Sicherungsantrag stellen könne. Das Rekursgericht teile im Ergebnis diese Auffassung, wonach die Grundsätze der res iudicata und des ne bis in idem auf Beschlüsse im Sicherungsverfahren nicht ohne weiteres angewendet werden könnten. Die Rechtskraft von Beschlüssen, mit denen ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Bescheinigung abgewiesen wurde, stehe einem neuerlichen Antrag mit neuen Bescheinigungsmitteln nicht entgegen, weil nach hRsp - entgegen einem Teil der Lehre - ein Wiederaufnahmsantrag nicht zulässig sei. Diese Auffassung lasse sich auch aus den Materialien zur EO und aus dem Wortlaut des § 389 EO ableiten. Die Einbringung eines neuen Sicherungsantrages zur Sicherung desselben behaupteten Anspruchs mit einem identen Sicherungsmittel unter Anführung weiterer Bescheinigungsmittel sei also zulässig. Neue Bescheinigungsmittel seien dem Sicherungsantrag im vorliegenden Fall auch beigelegen und angeboten worden, sodaß das Erstgericht über den Antrag materiell neu zu entscheiden haben werde. Im übrigen habe die Klägerin die Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht nur zur Sicherung des Herausgabeanspruchs, sondern ganz offensichtlich auch zur Sicherung ihres Eventualbegehrens gestellt und im neuerlichen Antrag weitere Gefährdungshandlungen behauptet, die sich nach dem ersten Antrag und der ersten Beschlußfassung ereignet hätten, sodaß hier nicht mehr von einer Identität des behaupteten Gefährdungssachverhalts auszugehen sei. Ob damit die Voraussetzungen für die begehrte einstweilige Verfügung vorlägen, insbesondere ob das beantragte Sicherungsmittel, aber auch der Sicherungsantrag für das erhobene Eventualbegehren zulässig sei, werde unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund sachlich zu entscheiden sein.
Seinen Zulässigkeitsausspruch begründete das Rekursgericht damit, zur Frage der Einmaligkeitswirkung eines mangels ausreichender Bescheinigung abgewiesenen Sicherungsantrags liege eine jüngere höchstgerichtliche Judikatur nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.
Der Beklagte vertritt darin die Auffassung, das Rekursgericht habe das Vorliegen des vom Erstgericht angenommenen Zurückweisungsgrundes der materiellen Rechtskraft des (den ersten Sicherungsantrag abweisenden) Beschlusses vom 25. 3. 1999 im Hinblick darauf, daß der gegenständliche zweite Sicherungsantrag mit dem ersten identisch sei (sowohl der behauptete Anspruch als auch der Gefährdungstatbestand seien gleich) zu Unrecht verneint.
Der Vorwurf der gegenständliche zweite Sicherungsantrag sei mit dem ersten identisch, übergeht, daß die Klägerin im zweiten Antrag weitere Gefährdungshandlungen behauptet hat. Das in diesem Zusammenhang erwähnte Vorbringen, der Beklagte habe mit einem Klein-LKW "so gut wie das ganze Inventar entfernt", wurde zwar auch schon in der Klage erstattet. Dennoch ist die Behauptung des Rekursgerichtes zutreffend: Erst im zweiten Antrag wurde von der Klägerin vorgebracht, ihr Herausgabeanspruch sei auch dadurch besonders gefährdet, daß zu befürchten sei, der hoffnungslos überschuldete Beklagte werde die Einrichtungsgegenstände verkaufen und den daraus erzielten Geldbetrag ins Ausland verbringen, um ihn in Österreich der drohenden Exekution zu entziehen.
Damit wird von der Beklagten ein neuer nicht von vornherein unerheblicher Gefährdungstatbestand behauptet, weshalb die Frage, ob die Rechtskraft von Beschlüssen, mit denen ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Bescheinigung abgewiesen wurde, einem neuerlichen Antrag schon dann nicht entgegensteht, wenn dem neuen Antrag die ursprünglich fehlenden oder neue Bescheinigungsmittel angeschlossen werden, auf sich beruhen kann. Diese vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung 3 Ob 406/56 (RIS-Justiz RS0005790) vertretene Meinung (vgl EFSlg 52.428; iglS auch Heller-Berger-Stix4 III 2831) ist ua von Konecny (in ÖBA 1988, 1191) kritisiert worden. Auch Fasching (in Komm III, 698) und König (Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren, Rz 297) vertreten die Meinung, daß allein das Geltendmachen neuer Bescheinigungsmittel einen neuen Antrag nicht zulässig mache, weil dem die Rechtskraft der Abweisung entgegenstehe. Alle Genannten räumen aber ein, daß bei neuem Anspruchs- oder Gefährdungssachverhalt die Rechtskraft kein Hindernis bildet. Auch Kieninger, (Einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Rechtsverhältnissen, 115) vertritt die Ansicht, daß ein mangels Gefährdung abgewiesener Verfügungsantrag wiederholt werden kann, wenn inzwischen die Gefährdung eintrat.
Der Auffassung, daß ein neuer Antrag bei Geltendmachung eines neuen Anspruchs- und Gefährdungssachverhalts zulässig sei, ist jedenfalls beizupflichten. Dem widerspricht der Revisionsrekurswerber, in dem er sich ja auf die zitierten Lehrmeinungen beruft, damit nicht. Da von der Klägerin aber, wie ausgeführt, ein neu hinzugetretener Umstand, der die Durchsetzung des Herausgabeanspruchs gefährde, behauptet wird, war die Entscheidung des Rekursgerichtes - ohne daß auf den dargestellten Meinungsstreit weiter eingegangen werden muß - zu bestätigen.
Der Vollständigkeit halber sei allerdings noch darauf hingewiesen, daß das weitere Argument des Rekursgerichtes, die Klägerin habe den gegenständlichen zweiten Sicherungsantrag auch zur Sicherung ihres Eventualbegehrens gestellt, nicht durchschlägt: Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (siehe die Entscheidungsnachweise in RIS-Justiz RS0004891), ist ein Eventualbegehren nur insoweit sicherungsfähig, als Haupt- und Eventualbegehren einander nicht ausschließen. Ein Herausgabeanspruch und ein - wie im vorliegenden Fall - eventualiter geltend gemachter Geldersatzanspruch schließen jedoch einander aus (5 Ob 2322/96y).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht hinsichtlich der Kosten des Revisionsrekurses auf § 402 Abs 2, § 78 EO, §§ 40 und 50 ZPO, hinsichtlich der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.
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