Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist der Haftpflichtversicherer des dem am 28. 8. 1968 geborenen Kläger gehörigen und von diesem gehaltenen PKWs Toyota, Kennzeichen *****. Der Kläger hatte dieses Fahrzeug am 1. 9. 1994 seiner damals 17 1/2-jährigen Freundin Carina B***** überlassen, obwohl ihm bekannt war, daß diese über keine Lenkerberechtigung verfügte und sich auch in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Carina B***** lenkte den PKW des Klägers zum Zwecke des "Autosurfens": Der Kläger lag dabei mit einem Mitfahrer auf dem Autodach, wobei er sich am Fensterholm festhielt; ein weiter Insasse saß auf der rechten Beifahrertür. Beim Überqueren einer Bundesstraße übersah Carina B***** einen bevorrangten PKW, weshalb es zum Zusammenstoß beider Fahrzeuge kam, der Kläger hiebei vom Autodach fiel und sich Verletzungen zuzog. Carina B***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 9. 1. 1995, 15 EVr 1185/94, EHv 87/97-14 wegen dieses Vorfalles des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach dem § 88 Abs 1 und 4 (§ 81 Z 1) StGB schuldig erkannt und zu einer (unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von einer Woche verurteilt.
Mit der am 30. 9. 1996 eingebrachten Klage begehrte der Kläger zunächst unter Anrechnung eines Eigenverschuldens von 50 % sowie Zugrundelegung eines Schmerzensgeldes von global S 80.000,-- die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung der Hälfte dieses Betrages, sohin S 40.000,-- samt 4 % Zinsen seit 6. 5. 1995.
Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete - zusammengefaßt - ein, daß der PKW des Klägers zum Unfallszeitpunkt nicht zu einer normalen Fortbewegung, sondern vielmehr zu einer "irrwitzigen Mutprobe", nämlich "Autosurfen", verwendet und der Kläger zum Unfallszeitpunkt auch nicht Insasse in seinem PKW gewesen sei, weil er sich auf dem Autodach befunden habe. Der Kläger habe hiedurch klarer Weise auf eigene Gefahr gehandelt und stelle dessen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den beklagten Haftpflichtversicherer einen "klaren Rechtsmißbrauch" dar. Auch das geforderte Gesamtschmerzengeld sei wesentlich überhöht.
In der Folge dehnte der Kläger das Klagebegehren unter Hinweis auf ein Mitverschulden seinerseits von bloß 25 % auf S 60.000,-- sA aus.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu einem Drittel zu Recht besteht. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß sowohl bezüglich des Klägers als auch der Lenkerin Carina B***** von einem "unechten" Handeln auf eigene Gefahr ausgegangen werden müsse, wobei ungeachtet der Ergebnisse des Vorverfahrens 2 C 390/95b zwischen dem hier beklagten und dort klagenden Haftpflichtversicherer gegen Carina B***** als beklagte Partei das Mitverschulden des Klägers (dort zunächst ebenfalls Beklagter, dessen Einspruch gegen den Zahlungsbefehl verspätet erhoben wurde, sodaß dieser ihm gegenüber in Rechtskraft erwuchs) nicht bloß mit einem Viertel, sondern insgesamt drei Viertel auszumessen sei; der Kläger habe nämlich nicht nur gewußt, daß seine Freundin und Lenkerin alkoholisiert und ohne Lenkerberechtigung war, sondern darüber hinaus durch sein Verhalten erst die Voraussetzung geschaffen, daß das Fahrzeug durch diese zweckwidrig benützt werden konnte. Das auf den Ersatz von drei Viertel der geltend gemachten Ansprüche abzielende klägerische Begehren bestehe daher - ausgehend von dieser Verschuldensteilung - dem Grunde nach zu einem Drittel zu Recht.
Das Berufungsgericht gab den von beiden Parteien gegen dieses Urteil erhobenen Berufungen nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig ist. Das Berufungsgericht führte hiezu in rechtlicher Hinsicht - zusammengefaßt - folgendes aus:
Da das Fahrzeug vom Kläger an Carina B***** überlassen und von dieser mit seinem Willen gelenkt worden sei, sei die Genannte als Mitversicherte iSd § 2 Abs 2 KHVG 1994 anzusehen, wie dies der Oberste Gerichtshof bereits in der denselben Unfall betreffenden Vorentscheidung 7 Ob 14/97b (im bereits erwähnten Vorverfahren 2 C 390/95b) ausgesprochen habe. Auf die Bestimmungen des ABGB gestützte Ersatzansprüche des Eigentümers (Halters) des Fahrzeuges gegen den mitversicherten Lenker fallen ebenfalls unter den Versicherungsschutz des § 2 KHVG, wenn jener durch die Verwendung des versicherten Fahrzeuges verletzt oder getötet worden sei, wobei nach § 4 Abs 1 Z 1 KHVG Ersatzansprüche des Eigentümers (Halters) gegen mitversicherte Personen nur wegen Sach- oder bloßer Vermögensschäden, nicht aber wegen (hier ausschließlich geltend gemachter) Personenschäden ausgeschlossen werden dürfen. Im vorliegenden Fall sei die Verletzung des Klägers ungeachtet des praktizierten "Autosurfens" auf die Verwendung des versicherten Fahrzeuges zurückzuführen, weil sie ohne den Betrieb desselben nicht entstanden wäre, und könne auch der Adäquanzzusammenhang zwischen dem Verschulden der Lenkerin und dem Herunterfallen des Klägers vom Autodach infolge der Kollision mit dem bevorrangten Fahrzeug nicht bezweifelt werden. Das als leichtsinnige Vergrößerung des Risikos zu wertende Verhalten des Klägers sei als "unechtes" Handeln auf eigene Gefahr zu qualifizieren, sodaß die beim Kläger tatsächlich vorhandene Selbstgefährdung (sowohl durch die Überlassung seines Fahrzeuges an die minderjährige, alkoholisierte und nichtlenkerberechtigte Fahrerin als auch durch seine Teilnahme beim "Autosurfen" auf dem Autodach liegend) im Rahmen der Verschuldens- und Schadensteilung entsprechend § 1304 ABGB zu berücksichtigen sei. Daß er hiebei selbst alkoholisiert war, könne sein Verschulden nicht mindern. Da das Eigenverschulden des Klägers an der von ihm erlittenen Verletzung ganz massiv über das einem alkoholisierten Fahrgast gegenüber einem alkoholisierten Lenker anzulastende Mitverschulden hinausgehe, erscheine unter Berücksichtigung aller Umstände - insbesondere auch des bestehenden Altersunterschiedes von etwa 8 1/2 Jahren zwischen dem Kläger und seiner Freundin - die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung von 3:1 zu Lasten des Klägers durchaus angemessen.
Die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof wurde nach § 502 Abs 1 ZPO zugelassen, "da sich das Höchstgericht, soweit überblickbar, bislang mit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch den verletzten Eigentümer (Halter) des versicherten Fahrzeuges gegen dessen Haftpflichtversicherer bei Beteiligung als 'Autosurfer' (auf dem Autodach liegend) nicht befaßt hat und für solche Fälle doch eine eindeutige Abgrenzung zwischen einem 'echten' und einem 'unechten' Handeln auf eigene Gefahr durch den 'Autosurfer' als zweckmäßig erachtet wird."
Gegen dieses Urteil richten sich die jeweils auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revisionen beider Parteien. Während die klagende Partei die Abänderung des bekämpften Zwischenurteils im Sinne einer vollinhaltlichen Stattgebung ihres Klagebegehrens begehrt, beantragt die beklagte Partei die Abänderung der bekämpften Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens. Darüber hinaus haben beide Parteien hilfsweise auch Aufhebungsanträge gestellt und wechselseitig Revisionsbeantwortungen erstattet, in denen die Nichtstattgebung des Rechtsmittels des jeweiligen Rechtsmittelgegners beantragt wird.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Zwar steht im Vordergrund beider Rechtsmittel die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung, deren Ausmessung für sich allein nach ständiger Rechtsprechung (außer bei krasser Verkennung der Rechtslage) nicht geeignet wäre, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu begründen (MGA EKHG7 E 18a zu § 7). Die vorliegende Rechtssache ist jedoch primär von der Lösung der (als erheblich zu qualifizierenden) Rechtsfrage der Beurteilung der beiderseitigen Haftungsmomente zwischen dem das Fahrzeug wissentlich einer alkoholisierten und nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung befindlichen Minderjährigen überlassenden Fahrzeugeigentümer einerseits und dieser sodann durch einen verschuldeten Unfall auch die körperliche Integrität des Eigentümers verletzenden Lenkerin andererseits dem Grunde nach abhängig, wobei freilich weitgehend auf die ebenfalls vom erkennenden Senat bereits in der zitierten Vorentscheidung 7 Ob 14/97b ausgesprochenen Grundsätze Bedacht zu nehmen ist, welche auch auf den hier zur Beurteilung anstehenden Fall - zumal sie ja denselben Unfall betreffen - anwendbar sind. Dabei ist auch - gleich vorweg - darauf hinzuweisen, daß die beklagte Partei ihre passive Klagelegitimation im Sinne des zur Anwendung kommenden KHVG 1994 weder im Rahmen ihrer Revision noch auch im gesamten Verfahren erster Instanz je bestritten hat; es kann daher diesbezüglich genügen, auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO) zu verweisen.
In der inzwischen auch bereits mehrfach veröffentlichen Entscheidung 7 Ob 14/97b (ZVR 1998/114 = VersR 1999, 782 = VersE 1730), welcher die Klage der hier beklagten Partei als Haftpflichtversicherer des Klägers sowohl gegen die Lenkerin als auch den als Eigentümer des zum "Autosurfen" verwendeten Fahrzeuges vorausging, hat der Oberste Gerichtshof - unter Zugrundelegung der am Unfallstag in Kraft getretenen Bestimmungen des KHVG 1994 einerseits und Beurteilung des Verhaltens der dort beklagten Lenkerin als "unechtes" Handeln auf eigene Gefahr andererseits - eine Mitverschuldensquotierung der Vorinstanzen im Verhältnis 1:3 zu Lasten der (dort) beklagten Partei bestätigt. Damit stellt sich zunächst die Frage einer allfälligen Bindung an diese Vorentscheidung (wie sie der Kläger im Ergebnis bezüglich der von ihm selbst zugestandenen und in der Revision weiterhin verfochtenen Verschuldensteilung anstrebt), lagen ihr doch derselbe anspruchsbegründende Sachverhalt und (teilweise) Parteienidentität zugrunde. Eine solche ist jedoch hier schon deshalb zu verneinen, weil es (auch) an einer Identität der Ansprüche mangelt: Während nämlich Gegenstand des (kraft Legalzession abgeleiteten) Begehrens des Haftpflichtversicherers des Klägers im Vorprozeß der Ersatz von Aufwendungen desselben an geschädigte Dritte (Insassen des unfallbeteiligten anderen Fahrzeuges) war, werden hier ausschließlich solche des klägerischen Versicherungsnehmers aus der erlittenen Eigenschädigung zum Ersatz begehrt. Da es sich diesbezüglich um einen vom Vorverfahren abgehobenen, neuen und dem Kläger hier (unstrittig) kraft eigenen Rechtes zustehenden Anspruch handelt, begründet die im Vorverfahren für angemessen erachtete (und auch lediglich in den Entscheidungsgründen, die für sich allein nicht in Rechtskraft erwachsen können [6 Ob 59/99s mwN] zum Ausdruck kommende) Mitverschuldensteilung keine (als Ausdruck und Aspekt der materiellen Rechtskraft zu wertende: Fasching, Lehrbuch2 Rz 1499 ff; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 411; SZ 69/54; 6 Ob 59/99s) inhaltliche Bindung (allgemein hiezu jüngst etwa 5 Ob 12/99x und 7 Ob 106/98h). Eine solche Bindung wird auch vom Kläger letztlich selbst nicht vertreten, sondern bloß "konsequenter Weise" die Bewertung seines Mitverschuldens in der vorliegenden Rechtssache im Sinne der in dieser Vorentscheidung zu seinen Lasten geringer angenommenen Quote angestrebt. Bloße "Entscheidungsharmonie" allein vermag jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Grenzen der materiellen Rechtskraft nicht auszuweiten (SZ 69/54; 7 Ob 106/98h; 6 Ob 59/99s; RIS-Justiz RS0102102), woraus folgt, daß jedenfalls die Frage der Verschuldensteilung zwischen den Streitteilen des vorliegenden Prozesses durch diejenige in der zitierten Vorentscheidung keiner präjudiziell bindenden Beurteilung zugeführt werden konnte. Seiner in der Revision mehrfach unternommenen Bezugnahme auf diese Vorentscheidung allein kann daher dem Kläger kein Erfolg (im Sinne der von ihm gewünschten Umgewichtung der von den Vorinstanzen vorgenommenen Verschuldensteilung) beschieden sein.
Es sind daher im Folgenden die Haftungskritierien der Streitteile einer selbständigen Prüfung zu unterziehen, wobei freilich an die Grundsätze der bereits mehrfach zitierten Entscheidung 7 Ob 14/97b anzuknüpfen ist.
Zunächst hat der Senat hierin ausgesprochen, daß "der Fahrzeugeigentümer [= Kläger] durch sein Verhalten (Überlassung seines Fahrzeuges an eine minderjährige, alkoholisierte und nicht lenkerberechtigte Fahrerin) erst die Voraussetzung geschaffen hat, das Fahrzeug zweckwidrig [nämlich zum 'Autosurfen'] zu benützen; er hat somit sich und andere kraß gefährdet. Damit trifft ihn ein Verschulden an der Überlassung des Fahrzeuges an die Beklagte. Dieses Verschulden ist auch ohne strafgerichtliche Verurteilung des Fahrzeugeigentümers evident ...
Von einem 'Handeln auf eigene Gefahr' wird dann gesprochen, wenn sich jemand einer ihm bekannten oder zumindest erkennbaren Gefahr, die ein anderer geschaffen hat, aussetzt. 'Echtes' Handeln auf eigene Gefahr ist dann anzunehmen, wenn dem Gefährder keine Schutzpflichten gegenüber jenen obliegen, die die Gefahr kannten oder erkennen konnten und denen daher eine Selbstsicherung zumutbar war. Ein solches Handeln auf eigene Gefahr setzt daher dort ein, wo die Schutzpflichten oder Schutzgarantien des Gefährders aufhören. 'Unechtes' Handeln auf eigene Gefahr liegt dann vor, wenn den Gefährder Schutzpflichten gegenüber der sich selbst gefährdenden Person treffen. Bei Nichteinhaltung dieser Pflichten handelt der Gefährder rechtswidrig, und die Selbstgefährdung des Geschädigten kann nur als Mitverschulden über § 1304 ABGB zu einer Einschränkung der Haftung führen ...".
Ausgehend davon, "daß der Eigentümer sein Fahrzeug wissentlich an eine alkoholisierte, unbefugte Minderjährige für verkehrswidrige und von der Gemeinschaft aller redlich Denkenden verpönte Zwecke ('Autosurfen') überließ, trafen ihn gegenüber der Minderjährigen Schutzpflichten, um ein derartiges Vorhaben zu verhindern. Damit liegt 'unechtes' Handeln der Beklagten [Carina B*****] auf eigene Gefahr vor. Ihre tatsächlich vorhandene Selbstgefährdung ist daher im Rahmen des Mitverschuldenseinwandes zu berücksichtigen."
Diese Ausführungen haben auch im vorliegenden Rechtsstreit im Grundsätzlichen zu gelten. Ergänzend - und die Rolle des Klägers, der im Vorverfahren den gegen ihn ergangenen Zahlungsbefehl nicht (rechtzeitig) beeinsprucht hatte, sodaß seine haftungsmäßige Rolle im Vorverfahren nur im Rahmen der Entscheidungsgründe des Urteils gegen Carina B***** angerissen wurde, jedoch nicht abschließend beurteilt werden mußte - ist hiezu noch folgendes auszuführen:
Zum Begriff des "Handelns auf eigene Gefahr" hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen Stellung genommen (etwa ZVR 1959/98, ZVR 1966/57, SZ 60/236, 2 Ob 44/95, ZVR 1998/90). Die Rechtsprechung wendete hierin die (häufig in synonymem Sinnzusammenhang verwendeten) Begriffe "stillschweigender Haftungsverzicht" und "Handeln auf eigene Gefahr" zumeist auf Fälle an, in denen der (später) Verletzte erkannt hat, daß er sich in eine - ihm bekannte oder zumindest erkennbare, regelmäßig von einem anderen geschaffene - besondere Gefahrenlage begibt, und zwar in eine solche, die über die normale Gefährlichkeit (zB einer Fahrt mit einem Kraftfahrzeug) hinausgeht. Die Erkenntnis einer besonderen Gefahrenlage sei also Tatbestandsmerkmal und Voraussetzung für die Anwendung dieser Begriffe. Wenn sich jemand an einem Motorradrennen beteilige, an einer gefährlichen Sportveranstaltung teilnehme, mit einem betrunkenen Lenker fahre oder sich bewußt in ein nicht betriebsfähiges Fahrzeug setze und dabei zu Schaden komme, habe er bewußt eine besondere Gefahrenlage in Kauf genommen und müsse die Folgen auf sich nehmen (weitere Beispiele aus der reichen Judikatur zählt auch Resch, Die Einwilligung des Geschädigten, 163 ff auf, der dort auch die bisherige Rechtsprechung - auch rechtsvergleichend - ausführlich analysiert). Zutreffend verwiesen allerdings schon Koziol, Haftpflichtrecht I2, 114 (und ebenso derselbe in I3 Rz 4/95) sowie ihm folgend Apathy, EKHG Rz 5 zu § 10, darauf, daß Handeln auf eigene Gefahr (entgegen ZVR 1959/98) nicht mit einem stillschweigenden Haftungsverzicht gleichzusetzen sei; wie beide zutreffend hervorkehren, ist nämlich beim Handeln auf eigene Gefahr die tatsächliche Selbstgefährdung entscheidend, nicht aber die (Fiktion der) Abgabe einer Einwilligungserklärung (so auch Danzl in EKHG6, Anm 6 zu § 10).
Schon die Ausführungen in der jüngsten Entscheidung dieser
Judikaturkette (7 Ob 14/97b = ZVR 1998/114) machen deutlich - und
insoweit hat sich an der maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage im
vorliegenden Verfahren keinerlei Änderung ergeben -, daß das zum
Schadensfall führende Verhalten keineswegs - wie die Beklagte in
Abkehr dieser Ergebnisse der Vorentscheidung vermeint - dem
(mit-)geschädigten Kläger allein zuzurechnen ist. Beide (Kläger und
Lenkerin) haben sich nämlich wechselseitig einer ihnen bekannten bzw
zumindest leicht erkennbaren, über die normale Gefährlichkeit (des
Fahrens mit dem PKW des Klägers) hinausgehenden Gefahrenlage
ausgesetzt. Daß und welche Schutzpflichten den Kläger dabei gegenüber
seiner Freundin und Lenkerin trafen, wurde bereits in der
Vorentscheidung maßgeblich herausgearbeitet und hervorgehoben. Aber
auch diese selbst trafen - ungeachtet ihrer im Unfallszeitpunkt noch
gegebenen Minderjährigkeit (§ 21 Abs 2 ABGB), jedoch zufolge
erreichter Mündigkeit nach den schadenersatzrechtlichen Bestimmungen
vollen Verschuldens- und damit Deliktsfähigkeit (§ 153 ABGB) -
Schutzpflichten gegenüber dem (am Dach) "mitfahrenden"
(mitbeförderten) Kläger: Nach § 106 Abs 1 KFG dürfen nämlich "mit
Kraftfahrzeugen ... Personen nur befördert werden, wenn deren
Sicherheit gewährleistet ist. Sie dürfen nur so befördert werden, daß
dadurch nicht ... der Lenker oder beförderte Personen ... gefährdet
werden"; Personen sind dabei mit dem Fahrzeug auf den Sitzbänken bzw Sitzplätzen zu befördern (§ 28 Abs 3 lit c, § 106 Abs 3 KFG). Die Beförderung von Personen auf dem Dach, auf der Motorhaube oder auf dem Kofferraum ist damit verboten (Grundtner, KFG5 Anm 3 zu § 106). Normadressat dieser Bestimmungen ist hiebei stets der Lenker. § 106 Abs 1 und 3 KFG sind jedoch auch Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB, die sich zwar primär an die Fahrzeuglenker, darüber hinaus aber auch an die mitbeförderten bzw mitzubefördernden Personen richten (MGA KFG5 E 1 und 16 zu § 106); der Schutzzweck liegt auch darin, eine Gefährdung der beförderten Personen zu vermeiden (ZVR 1980/101, 1983/56, 1987/125). Den (Gegen-)Beweis, daß der Schaden in gleicher Weise auch ohne Übertretung dieser Schutznorm angetreten wäre (ZVR 1983/56, 1987/125 [dort bei einem ähnlich gelagerten Verkehrsunfall durch Sitzen auf der Karosserie eines VW-Buggy und Festhalten am Überrollbügel desselben]), hat der Kläger weder angetreten, geschweige denn erbracht.
Daraus folgt jedoch - zusammenfassend -, daß auch hinsichtlich des Klägers selbst (nur) "unechtes" Handeln auf eigene Gefahr vorlag. Auch seine tatsächlich vorhandene Selbstgefährdung ist daher im Rahmen des Mitverschuldenseinwandes, also im Lichte des § 1304 ABGB, zu berücksichtigen. Für die in der Revision der beklagten Partei zwar behauptete, jedoch bloß mit dem eigenen "völlig freiwilligen und selbstverantwortlich" Sich-Aussetzen einer Gefahren- und Verletzungslage begründete Beurteilung als "echtes" Handeln auf eigene Gefahr (im Sinne der weiter oben bereits wiedergegebenen herrschenden Definition dieses Begriffes) bleibt damit kein Raum.
Dem nach dem Vorgesagten eindeutig überwiegenden (Mit-)Verschulden des Klägers wurde von den Vorinstanzen durch die vorgenommene Schadensteilung im Verhältnis 1:3 zu seinen Lasten zutreffend Rechnung getragen, hält man sich vor Augen, auf welch rücksichtsloses, ja extrem lebensgefährliches Verhalten des Klägers in Summe, also Abwägung der Gesamtumstände, der Unfall (und damit auch sein verfahrensgegenständlich geltend gemachter Körperschaden) zurückzuführen ist (vgl hiezu auch etwa jüngst OLG Düsseldorf in NZV 1998, 76 sowie Saal, Zur strafrechtlichen Bewertung des "Auto-Surfens", NZV 1998, 49).
Beiden unberechtigten Revisionen war damit ein Erfolg zu versagen.
Über die Höhe des geltend gemachten Anspruches wird das Erstgericht zu verhandeln und zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt ist in § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 2 ZPO begründet.
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