OGH 7Ob192/12d

OGH7Ob192/12d19.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G***** S*****, vertreten durch Mag. Andreas Berchtold und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei H*****versicherung AG, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 202.533 EUR sA und Stufenklage nach Art XLII EGZPO, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 1. August 2012, GZ 5 R 65/12m‑14, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Februar 2012, GZ 34 Cg 91/11m‑10, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.464,38 EUR (darin enthalten 410,73 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger schloss mit der Beklagten ‑ über Vermittlung der m***** AG ‑ mit Versicherungsbeginn 1. 7. 2002 einen Versicherungsvertrag über eine sogenannte „Sofort‑Rente Rentenversicherung“ ab. Zu Beginn des Versicherungsverhältnisses am 1. 7. 2002 wurde vom Kläger ein Einmalerlag in Höhe von 240.384,62 EUR geleistet. Die Beklagte garantierte dem Kläger beginnend mit 1. 8. 2002 über einen Zeitraum von 32 Jahren eine jährliche Altersrente von 9.431,04 EUR (bei einem Zinsgewinnanteil von 3,45 %). Sie verpflichtete sich, die jährliche Altersrente zu zahlen, solange der Kläger lebt. Im Fall des Todes des Klägers vor Ablauf dieser Garantiezeit sind die Renten bis zum Ablauf der Garantiezeit an eine im Rentenversicherungsvertrag genannte Person zu bezahlen. Neben diesen vertraglich vereinbarten garantierten Versicherungsleistungen stellte die Beklagte dem Kläger sogenannte Überschussbeteiligungen (Überschussanteile oder Gewinnzuteilungen), deren Höhe von den langfristig erzielbaren Kapitalerträgen der Beklagten abhängt, in Aussicht.

Mit Schreiben vom 11. 8. 2011 erklärte der Kläger, den Versicherungsvertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen, und ersuchte um Übermittlung des Rückkaufswerts und dessen Überweisung auf das Konto der Klagevertreter.

Vertragsbestandteil des Versicherungsvertrags sind die Übersicht über den Versicherungsverlauf, die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Österreich) (*****)“ [kurz: AVB] und die „Tarifbestimmungen für die sofort beginnende Rentenversicherung (*****)“ [kurz: „Tarifbestimmungen“], die dem Versicherungsschein beigelegt wurden.

§ 17 der AVB lautet:

Auf Ihren Vertrag findet das Recht der Bundesrepublik Deutschland Anwendung. Daneben gelten jedoch zwingende Bestimmungen des österreichischen Rechts. Diese sind im Rahmen der Ihrem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen bereits berücksichtigt.

In § 4 der „Tarifbestimmungen“ ist festgehalten:

Sie können Ihre Versicherung nicht kündigen. Die Rückzahlung der Einmalprämie können Sie nicht verlangen.

In der dem Versicherungsvertrag angeschlossenen Leistungsübersicht ist dargestellt, wie sich die garantierte versicherte Leistung durch die Überschussbeteiligung in den einzelnen Jahren voraussichtlich erhöhen wird. Dabei wird ‑ fett gedruckt ‑ darauf hingewiesen, dass die künftigen Überschussanteile, die der Berechnung zu Grunde liegen, naturgemäß von der Beklagten jetzt noch nicht garantiert werden können. Die Beklagte wies auch darauf hin, dass die in der Leistungsübersicht genannten Beträge, einschließlich eventueller Überschussgewinnanteile, unter der Voraussetzung ermittelt sind, dass während der gesamten Versicherungsdauer die für das Jahr 2002 erklärten Überschussanteilsätze unverändert bleiben. Diese Überschussanteilsätze beruhen auf der Annahme, dass langfristig in dem dieser Versicherung zu Grunde liegenden Gewinnverband eine Gesamtverzinsung von 6,70 % erzielt wird. Die Überschussanteilsätze berücksichtigen außerdem die heutigen Kalkulationsgrundlagen (insbesondere die Lebenserwartung) und das derzeitige Kostenniveau. Eventuelle zukünftige Änderungen des Vertrags können ‑ so die Leistungsübersicht ‑ naturgemäß nicht berücksichtigt werden.

In der Übersicht über den Versicherungsverlauf wird weiters erklärt, dass die Prämie für die Lebensversicherung unter vorsichtigen Annahmen über die künftige Entwicklung von Kapitalerträgen (Zinsen), Risikoverlauf und Kosten berechnet wurde, damit die Beklagte jederzeit die garantierten Leistungen erbringen kann. Überschüsse würden erzielt durch rentable Kapitalanlage in Grundbesitz, Hypotheken und Darlehen an die öffentliche Hand und an die Wirtschaft, wenn weniger Leistungsfälle eintreten als bei der vorsichtigen Prämienkalkulation angenommen wurden, und aus der rationellen und sparsamen Verwaltung. Diese Überschüsse, an denen die Beklagte ihre Versicherungsnehmer beteiligt, werden von Jahr zu Jahr ermittelt, weshalb sich die jeweiligen Überschussanteile auch ändern können.

Zur Höhe der Überschussbeteiligung enthält der Versicherungsvertrag eine beispielshafte Berechnung des Rentenverlaufs, in der die Überschussbeteiligung mit zunehmendem Zeitablauf ansteigt, sodass die Gesamtrente zu Beginn der Rentenzahlung 984,18 EUR und ab 1. 7. 2045 bereits 2.306,13 EUR monatlich beträgt. Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Höhe der Überschussbeteiligung nicht garantiert wird und sich die tatsächliche Gesamtverzinsung, weil sie maßgeblich von den langfristig erzielbaren Kapitalerträgen abhängt, ändern kann. Der Versicherungsnehmer wird auch darüber informiert, dass er über die künftige Entwicklung der erwirtschafteten Überschüsse und deren Verwendung zur Erhöhung der garantierten Versicherungsleistungen regelmäßig benachrichtigt wird. Zur Veranschaulichung enthält der Vertrag als Beispiel auch eine Berechnung des Rentenverlaufs bei herabgesetztem Zinssatz.

Mit Schreiben vom 18. 5. 2010 informierte die Beklagte den Kläger, dass die Überschussbeteiligung für das am 1. 7. 2010 beginnende Versicherungsjahr monatlich 73,44 EUR beträgt, woraus sich unter Berücksichtigung einer garantierten monatlichen Rente von 785,92 EUR ein Gesamtbetrag von 859,36 EUR errechnet.

Daraufhin ersuchten die Klagevertreter mit Schreiben vom 29. 10. 2010 die Beklagte um Mitteilung des Rückkaufswerts der Versicherung, weil der Kläger auf Grund der geringen Überschussbeteiligung beabsichtige, die Versicherung zu kündigen, zumal auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen in Österreich der in der Polizze vorgesehene Kündigungsverzicht nicht zur Anwendung komme.

Die Beklagte gab den Rückkaufswert zum Berechnungstermin 1. 12. 2010 mit 202.533 EUR bekannt. Der mehrfachen Aufforderung, diesen Betrag aufzuschlüsseln, kam die Beklagte mit dem Hinweis, dass gemäß § 4 der „Tarifbestimmungen“ eine Kündigung durch den Versicherungsnehmer nicht möglich sei, nicht nach. Mit Schreiben vom 11. 8. 2011 kündigte der Kläger den Versicherungsvertrag mit sofortiger Wirkung.

Vom Versicherungsbeginn bis 31. 10. 2011 wurden dem Kläger insgesamt 99.729,62 EUR ausbezahlt. Im Schreiben vom 14. 10. 2011 gab die Beklagte ihrem Rechtsvertreter bekannt, dass zum 1. 9. 2011 eine fiktive Berechnung des „Rückkaufswertes“ einen Betrag von 200.363 EUR ergibt.

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von 202.533 EUR sA (Punkt 1.), die Rechnungslegung über den aus dem Versicherungsvertrag resultierenden Rückkaufswert zum 31. 5. 2011 einschließlich der darin enthaltenen Überschussbeteiligung (Punkt 2.a) und die Zahlung des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Betrags, welcher 202.533 EUR übersteige (Punkt 2.b). Dazu brachte er vor, die Beklagte habe ihm mitgeteilt, dass sich der Rückkaufswert der Versicherung per 1. 12. 2010 mit 202.533 EUR berechne. Darauffolgende Aufforderungen, diesen Betrag aufzuschlüsseln, habe die Beklagte mit dem Hinweis verweigert, dass nach § 4 der „Tarifbestimmungen“ eine Kündigung vom Versicherungsnehmer nicht verlangt werden könne. Diesen Standpunkt habe die Beklagte in der weiteren Korrespondenz aufrechterhalten. Sodann habe er die Versicherung „mit Wirkung vom 31. 5. 2011“ gekündigt.

§ 165 VersVG beinhalte ein unabdingbares Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers. Werde dieses Kündigungsrecht ausgeübt, ende der Vertrag am Schluss der Versicherungsperiode, somit an jedem Monatsende. Die Beklagte könne sich nicht auf § 4 der „Tarifbestimmungen“ berufen, wonach die Versicherung nicht gekündigt und auch nicht die Rückzahlung der Einmalprämie verlangt werden könne. Das Kündigungsrecht stehe dem Versicherungsnehmer auch dann zu, wenn die Prämie in einer einmaligen Zahlung bestehe. Dies werde in § 165 Abs 2 VersVG ausdrücklich festgelegt. Der Kläger sei daher berechtigt gewesen, sein Kündigungsrecht auszuüben. Darüber hinaus sei er gemäß § 8 Abs 3 VersVG als Verbraucher jedenfalls berechtigt, den Versicherungsvertrag zu kündigen. Aber auch gemäß § 6 Abs 1 KSchG sei ein Verzicht auf die Kündigung unwirksam nach § 879 ABGB. Aus diesen Gründen sei er jedenfalls berechtigt, die Rechnungslegung und die Rückzahlung von der Beklagten zu fordern. Diese Berechtigung ergebe sich weiters aus dem Umstand, dass ihm eine Überschussbeteiligung zugesagt worden sei, wobei die Berechnung nur der Beklagten möglich sei. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom April 2003 mitgeteilt, dass eine Änderung der Überschussbeteiligung eintreten werde. Eine Senkung der Überschussbeteiligung sei auf Grund schwierigen Kapitalmarktumfeldes unumgänglich, sodass künftige Anpassungen in den nächsten Jahren ausfallen oder sogar ausgesetzt würden. Auf Grund der ihm zustehenden Kündigungsmöglichkeiten habe er ein rechtliches Interesse daran, dass die Beklagte zum Rückkaufswert ordnungsgemäß Rechnung lege; auch der von der Beklagten selbst bekannt gegebene Rückkaufswert sei an ihn zurückzuzahlen.

Nach den „Vorschriften“ der Finanzmarktaufsicht dürften blickfangartige, in den Vordergrund gestellte Angaben nicht irreführend sein. Würden Entwicklungen für unterschiedliche Ausgangssituationen beispielhaft berechnet, seien für Prognosewerte die für die Leistungsdarstellung dargelegten Grundsätze anzuwenden. Die Beklagte habe eine sogenannte Übersicht über den Versicherungsverlauf bei der Sofortrente dargestellt. In diesem Verlauf werde beginnend mit August 2002 und endend mit Juli 2045 eine stark steigende Rentenauszahlung dargestellt, wobei bereits im Juli 2020 nahezu eine Verdoppelung der garantierten Altersrente suggeriert werde. Die Überschussbeteiligung, die bis zum Ende des Versicherungsvertrags im Juli 2045 schon das Dreifache der garantierten Rente erreiche, sei daher ganz wesentlich durch die dargestellte Überschussbeteiligung bis zum Versicherungsende geprägt. Die Darstellung, aus welchen Komponenten sich die Überschussbeteiligung zusammensetze, beinhalte Umstände, die sehr wesentlich im Einflussbereich der Beklagten lägen. Im Gegensatz zum vollständig bis zum Versicherungsende aufgelisteten Leistungskatalog würden bei Zinsänderungen beispielsweise nur zwei Positionen ohne zeitliche Zuordnung dargestellt. Ein Laie und in der Versicherungsmathematik nicht bewandter Konsument könne in keiner Weise nachvollziehen, wie sich eine Zinsänderung auf den gesamten dargestellten Leistungskatalog bis zum Versicherungsende auswirken würde. Schon darin liege eine Verletzung der „Vorschriften“ der österreichischen Finanzmarktaufsicht. Für den Kläger sei in keiner Weise vorhersehbar gewesen, wie sich auf Grund der laufenden Wirtschaftsentwicklungen die Leistungen der Beklagten darstellen werden. Eine Information dazu sei ihm nicht zugekommen. Die Beklagte habe lediglich Einzelmitteilungen über die aktuelle Gewinnrente an ihn gerichtet. Im Mai 2007 sei ihm mitgeteilt worden, dass die nicht garantierte Gewinnrente monatlich 73,44 EUR betrage. Im Vergleich zur Darstellung der Beklagten in der Übersicht über den Versicherungsverlauf ergebe dies einen monatlichen Minderertrag von 293,77 EUR. Diese reduzierte Monatsrente entspreche jedoch nur einer jährlichen Verzinsung des als Einmalerlag bezahlten Betrags von 3,92 %, wozu noch der Umstand hinzutrete, dass der Einmalerlag grundsätzlich ins Eigentum der Versicherung übergehe. Bei einer Sparbucheinlage könne ein weitaus höherer Zinssatz erzielt werden. Kein Interessent würde im Hinblick auf die garantierte Altersrente allein ein Versicherungsverhältnis eingehen. Schon die auf Grund des Schreibens der Beklagten vom 18. 5. 2010 zu Tage getretene Leistungsverringerung in unerwarteter Höhe verursache den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Zudem könne die Beklagte die ursprünglichen Überschussleistungen nicht mehr bezahlen.

Weiters könne der Kläger das Dauerrechtsverhältnis durch außerordentliche Kündigung aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung auflösen. Die Aufkündigung des Versicherungsvertrags werde auch darauf gestützt, dass ihm eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar sei.

Die Gegenforderung sei nicht berechtigt, weil dem Kläger der nach standardisierten Regeln der Versicherungsmathematik zu errechnende Rückkaufswert zu erstatten sei (§ 176 Abs 1 VersVG); ein Abzug der an ihn in der Zwischenzeit erbrachten Leistungen komme nicht in Betracht.

Die Beklagte wendete ein, es handle sich um eine Rentenversicherung, bei der die Prämie im Weg eines Einmalerlags zu Versicherungsbeginn bezahlt worden sei und im Gegenzug von ihr bereits seit 1. 8. 2002 eine Altersrente bezahlt werde. Diese Rente sei für den Zeitraum von 32 Jahren garantiert. Falls die versicherte Person (der Kläger) vor Ablauf der Garantiezeit sterbe, seien die Renten bis zum Ablauf der Garantiezeit an eine bestimmte Person zu bezahlen. Gemäß § 4 der „Tarifbestimmungen“ könne die Versicherung nicht gekündigt und auch nicht die Rückzahlung der Einmalprämie verlangt werden. Je nach Geschäftserfolg der Beklagten könne sich die Rente im Verlauf der Zeit durch die sogenannte Überschussbeteiligung erhöhen. Diese Überschüsse könnten sich natürlich laufend ändern und seien nicht garantiert, worauf im Versicherungsvertrag mehrfach hingewiesen worden sei. Der Versicherungsvertrag enthalte eine unverbindliche Beispielrechnung. Für den Kläger habe kein Zweifel bestehen können, dass die Überschussbeteiligung nicht garantiert werde, sondern Veränderungen unterliege und insbesondere auch fallen könne. Sein Vorbringen, es liege wegen der Senkung der Überschussbeteiligung ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor, sei unberechtigt. Die Änderung der Überschussbeteiligung sei nicht unvorhersehbar gewesen.

Der Kündigung des Klägers stehe § 4 der „Tarifbestimmungen“ entgegen. § 8 Abs 3 VersVG sei nicht anzuwenden, weil kein Versicherungsverhältnis vorliege, das für die Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen worden sei. Überdies bestünden für die Kündigung von Lebensversicherungen Spezialvorschriften, sodass § 8 VersVG nicht anwendbar sei. Der Kläger habe ab Rentenzahlungsbeginn bzw Eintritt des Versicherungsfalls keine Prämie mehr zu bezahlen. Wenn er nichts mehr leisten müsse, sondern ausschließlich die Leistungen vom Versicherer bekomme, sei nicht nachvollziehbar, warum ihm ein Kündigungsrecht eingeräumt werden müsste.

§ 165 Abs 1 und 2 VersVG gelangten hier nicht zur Anwendung. Einerseits sei die gesamte Prämie mit Beginn des Versicherungsvertrags durch einen Einmalerlag bezahlt worden, andererseits sei der Versicherungsfall bereits mit Erleben des 1. 8. 2002 eingetreten.

Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigen Gründen komme nicht in Betracht. Mit einer Senkung der nicht garantierten Überschussbeteiligung habe auf Grund der Hinweise im Versicherungsvertrag bereits bei Vertragsabschluss gerechnet werden müssen.

Als Gegenforderung wandte die Beklagte den Anspruch auf Rückzahlung aller geleisteten Rentenzahlungen (im Zeitraum August 2002 bis Dezember 2011) von insgesamt 101.452,38 EUR aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zu prüfen sei im Hinblick auf die getroffene Rechtswahl, ob § 4 der „Tarifbestimmungen“ zwingenden Bestimmungen des österreichischen Versicherungsvertrags‑ und Konsumentenschutzrechts entgegenstehe. Die Kündigungsmöglichkeit nach § 165 Abs 1 VersVG scheide aus, weil die gesamte Prämie bei Beginn des Versicherungsvertrags durch einen Einmalerlag bezahlt worden sei. Nach § 165 Abs 2 VersVG stehe das Kündigungsrecht dem Versicherungsnehmer im Fall einer Kapitalversicherung für den Todesfall in der Art, dass der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung des vereinbarten Kapitals gewiss sei, auch dann zu, wenn die Prämie in einer einmaligen Zahlung bestehe. Dabei handle es sich um Versicherungsverträge, bei denen der Versicherungsfall mit dem Tod der versicherten Person eintrete, nach welchem der Versicherer dann eine bestimmte Leistung zu erbringen habe. Das Kündigungsrecht gelte bei der Rentenversicherung nur, solange der Versicherungsfall, also der Rentenzahlungsbeginn, infolge Erreichens des festgesetzten Alters noch nicht eingetreten sei. Eine Kündigung nach Rentenzahlungsbeginn sei aus Antiselektionsgründen grundsätzlich nicht mehr möglich, weil die Langlebigkeit bei Rentenversicherungen gerade das versicherte Risiko sei. Darunter falle die Rentenversicherung nicht, sei doch der Versicherungsfall bereits mit 1. 8. 2002 eingetreten und der Tod des Klägers löse keine Verpflichtung der Beklagten aus; vielmehr seien im Fall seines Ablebens die Rentenzahlungen einzustellen.

Hier liege kein Versicherungsverhältnis im Sinn des § 8 Abs 3 VersVG vor, welches für die Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen worden sei. Der Versicherungsvertrag habe am 1. 7. 2002 begonnen, woraufhin bereits am 1. 8. 2002 (einen Monat später) der Versicherungsfall und somit die Rentenzahlungspflicht der Beklagten eingetreten sei. Aus dieser Bestimmung stehe dem Kläger auch kein Kündigungsrecht zu.

Im Versicherungsvertrag habe die Beklagte mehrfach darauf hingewiesen, dass die Überschussbeteiligung nicht garantiert werden könne und dies auch anhand eines Beispiels schlüssig und nachvollziehbar dargestellt. Die nicht garantierte Überschussbeteiligung sei bei Abschluss des Vertrags klargestellt gewesen. Der Kläger ‑ ein Akademiker ‑ könne sich nicht auf allfällige Unklarheiten berufen. Sollten bei ihm dennoch andere Vorstellungen über die Überschussbeteiligung bestanden haben, liege ein Motivirrtum im Sinn des § 901 ABGB vor, welcher nicht releviert worden sei. Ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage liege daher nicht vor.

Dem Kläger stehe auch kein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigen Gründen zu. Eine mögliche Änderung der Überschussbeteiligung sei im Versicherungsvertrag ausdrücklich vorgesehen, wobei dies etwa in Form einer beispielhaften Berechnung des Rentenverlaufs bei herabgesetzter Verzinsung und durch mehrfache Hinweise in den Vertragsgrundlagen dargelegt worden sei. Danach sei die Höhe der Überschussbeteiligung (im Text deutlich hervorgehoben) nicht garantiert, sondern verändere sich in Abhängigkeit von den zu erzielenden Erträgen der Kapitalanlage, der Anzahl der Leistungsfälle auf Seite des Versicherers sowie der rationellen und sparsamen Verwaltung. Der Kläger könne sich auf eine Unzumutbarkeit der Weiterführung des Versicherungsvertrags nicht berufen, weil er eine Änderung der Erträge nicht nur voraussehen habe müssen, sondern diese Möglichkeit sogar ausdrücklich vertraglich geregelt gewesen sei. Dies gelte umso mehr, als er keine weiteren Prämien mehr bezahlen müsse, sondern aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich Rentenleistungen erhalte. Er sei durch die Übersendung der Versicherungsbedingungen durch die Beklagte deutlich auf die fehlende Kündbarkeit der Rentenversicherung hingewiesen worden. Die Unkündbarkeit einer Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag führe nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben.

Aus keinem der vom Kläger vorgebrachten Rechtsgründe sei ein Kündigungsrecht des Rentenversicherungsvertrags abzuleiten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Die Rechtswahl in § 17 der AVB korrespondiere mit den §§ 5 ff des Bundesgesetzes über internationales Versicherungsvertragsrecht für den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl 1993/89, das gemäß Art 4 des Bundesgesetzes, BGBl I 2009/109, trotz seiner Aufhebung auf den vorliegenden Versicherungsvertrag weiter anzuwenden sei. Das Berufungsgericht schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Weiters führte es aus, dass nach der deutschen Rechtslage sowohl nach § 165 Abs 2 VVG aF wie auch nach § 168 Abs 2 VVG nF bei einer Rentenversicherung mit Einmalerlag ein Kündigungsrecht jedenfalls nur gelte, solange der Versicherungsfall, also der Rentenauszahlungsbeginn, infolge des Erreichens des festgesetzten Alters noch nicht eingetreten sei (Reiff in Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz28 § 168 Rn 4). Hier sei der Versicherungsfall aber bereits mit 1. 8. 2002 eingetreten, sodass ein Kündigungsrecht nicht bestehe. Selbst wenn nach österreichischer Rechtslage (§ 165 Abs 2 VersVG) für die Renten‑(Lebens‑)Versicherung mit Einmalprämie ein Kündigungsrecht grundsätzlich zu bejahen wäre (gegenteilig Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht³ 475), wäre in Anlehnung an die deutsche Lehre und Rechtsprechung dieses im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil der Versicherungsfall bereits eingetreten sei. § 165 Abs 2 VersVG gehe als lex specialis § 8 Abs 3 VersVG vor, weshalb sich der Kläger auf ein Kündigungsrecht nach § 8 Abs 3 VersVG nicht berufen könne.

Ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 (Z 1) KSchG liege nicht vor. Der gänzliche Ausschluss einer Kündigungsmöglichkeit binde den Kläger nicht in unzumutbarer Art an den Vertrag, sei doch der Versicherungsfall bereits eingetreten und werde ihm für einen Zeitraum von 32 Jahren (neben der von den Kapitalerträgen der Beklagten abhängigen) Überschussbeteiligung eine garantierte jährliche Rente (bei einem Zinsgewinnanteil von 3,45 %) zugesichert. Die Bindung des Kapitals auf Lebzeiten des Klägers, die Laufzeit der Versicherung sowie die Nichtrückzahlbarkeit des Einmalerlags sei im Versicherungsvertrag eindeutig und hinreichend bestimmt geregelt. Worin eine unangemessene Bindung des Klägers liegen solle, bleibe nach seinem Vorbringen unklar.

Der Rückgriff auf das Rechtsinstitut des Wegfalls/Änderung der Rechtsgrundlage sei nach der Rechtsprechung „ultima ratio“ und zum Schutz der Vertragstreue zurückhaltend anzuwenden. Dort, wo eine vertragliche Regelung vorliege, sei kein Raum für das Institut der Geschäftsgrundlage (RIS‑Justiz RS0017451). Der Wegfall einer geschäftstypischen Voraussetzung könne unter anderem nur dann geltend gemacht werden, wenn die Möglichkeit für eine Änderung für die betroffene Partei nicht vorhersehbar gewesen sei oder wenn sie damit nicht rechnen habe müssen. Dies sei hier nicht der Fall, sei doch der Kläger in den Vertragsurkunden im Hinblick auf die Leistungsübersicht deutlich aufgeklärt worden, dass künftige Überschussanteile nicht garantiert werden könnten und sich die tatsächliche Gesamtverzinsung ändern könne, weil sie maßgeblich von den langfristig erzielbaren Kapitalerträgen abhänge. Für ihn sei somit erkennbar gewesen, dass sich im Fall der in der Folge offensichtlich eingetretenen wirtschaftlich negativen Entwicklung der Kapitalerträge die Überschussbeteiligung (gegenüber der Leistungsübersicht) reduzieren könne. Er könne sich somit insoweit auch nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) berufen, habe ihm doch bewusst sein müssen, dass die Überschussbeteiligung je nach Marktlage und Veranlagung durch die Beklagte sinken könne. Seine enttäuschten Erwartungen über die Entwicklung der Überschussanteile berechtigten ihn nicht zur vorzeitigen Auflösung des Versicherungsvertrags.

Als Begründung für sein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund habe der Kläger lediglich genannt, dass die Überschussbeteiligungen nicht in dem Ausmaß bezahlt worden seien, wie sie in der Leistungsübersicht dargestellt worden seien, sowie dass ihm in Verletzung der „Vorschriften“ der österreichischen Finanzmarktaufsicht keine umfassenden Informationen über die mögliche Zinsänderung (bei der Überschussbeteiligung) zugekommen wären. Eine darüber hinausgehende Verletzung von Aufklärungspflichten sei nicht behauptet worden; ebenso sei eine Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen (arglistiger) Irreführung nicht erfolgt. Dass die Beklagte in besonders schwerwiegender Weise gegen Belange des Klägers verstoßen habe, die ihm die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zumutbar machen würden, sei weder behauptet worden, noch hätten sich dafür ausreichende Anhaltspunkte ergeben. Soweit der Kläger erstmals in der Berufung darauf verweise, die Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses würde sich vor allem daraus ergeben, dass auch in der restlichen Vertragsdauer seine Verluste weiter steigen würden, ohne dass er befähigt wäre, von seiner Seite Rettungsmaßnahmen zu setzen, verstoße dies einerseits gegen das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO) und begründe andererseits weder ein außerordentliches Kündigungsrecht noch eine nicht näher konkretisierte Sittenwidrigkeit der Vertragsbedingungen gemäß § 879 ABGB.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO für zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob oder inwieweit nach den zwingenden Bestimmungen des österreichischen Rechts (insbesondere § 165 Abs 2 VersVG) eine ordentliche Kündigung einer Renten‑(Lebens‑)Versicherung gegen Einmalerlag zulässig sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Der Kläger macht in der ordentlichen Revision die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, dem Klagebegehren stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Nach § 480 Abs 1 ZPO idF Budgetbegleitgesetz 2009 ist eine mündliche Berufungsverhandlung nur noch anzuberaumen, wenn es der Berufungssenat etwa auf Grund der Komplexität der zu entscheidenden Rechtssache für erforderlich hält. Ist eine abschließende Sacherledigung ohne eine Berufungsverhandlung möglich, begründet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung erledigt wird (RIS‑Justiz RS0125957). Die vom Kläger geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt damit nicht vor.

2. Nach § 17 der AVB findet auf den Vertrag das Recht der Bundesrepublik Deutschland Anwendung. Daneben gelten jedoch zwingende Bestimmungen des österreichischen Rechts. Diese Regelung korrespondiert ‑ wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte ‑ mit § 4 und § 9 des Bundesgesetzes über internationales Versicherungsvertragsrecht für den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl 1993/89, das gemäß Art 4 des Bundesgesetzes, BGBl I 2009/109, trotz seiner Aufhebung auf den vorliegenden Versicherungsvertrag anzuwenden ist (7 Ob 15/11y).

Den weiteren Ausführungen ist voranzustellen, dass der Kläger seine Ansprüche ausschließlich aus österreichischen Rechtsvorschriften ableitet. Im erstinstanzlichen Verfahren führte er dazu aus, dass auf Grund der zwingenden Vorschriften des österreichischen Rechts die deutsche Rechtslage „vollkommen in den Hintergrund“ trete. Auf diese Einschränkung der Anspruchsgrundlage ist daher im Folgenden Bedacht zu nehmen.

3. Die Ausführungen des Revisionswerbers zur Berechtigung seiner Ansprüche überzeugen nicht, während die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung zutreffend sind. Gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO reicht es daher aus, auf die Richtigkeit der Entscheidungsbegründung der zweiten Instanz zu verweisen. Zur Rechtsrüge des Klägers ist lediglich wie folgt Stellung zu nehmen:

4. Zum ordentlichen Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers:

4.1. Voranzustellen ist, dass der Kläger sein Kündigungsrecht gerade nicht auf den in Deutschland seit 1. 1. 2008 geltenden § 168 Abs 2 VVG nF stützt, der gemäß Art 1 Abs 1 EGVVG seit 1. 1. 2009 auch auf Altverträge anzuwenden ist. Nach der überwiegenden deutschen Lehre (Römer in Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz³ [2012] § 168 VVG nF Rn 7; Reiff in Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz28 § 168 VVG nF Rn 4; Brambach in Rüffer/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertrags‑ gesetz² [2011] § 168 nF Rn 10; aA Brömmelmeyer in Beckmann/Matusche‑Beckmann, Versicherungsrechts‑Hand-buch² [2009] Kap 42. Lebensversicherung Rn 146; Ortmann in Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht2 [2011] § 168 VVG nF Rn 26) kann der Versicherungsnehmer gemäß § 168 Abs 2 VVG nF die Lebensversicherung/Rentenversicherung, die mit einer Einmalprämie abgeschlossen wurde, nicht mehr kündigen, wenn die Leistungspflicht des Versicherers bereits eingetreten ist. Ein vereinbartes Kündigungsverbot ist wirksam, wenn es sich um eine Lebensversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung gegen Einmalprämie handelt. Dies wird einerseits mit dem Wortlaut und Zweck der Regelung begründet. In diesen Fällen sei die Pflicht zur Prämienzahlung entfallen und es könne auch nicht mehr gesagt werden, der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers sei gewiss. Dies sei eine Formulierung, die in die Zukunft weise, während im Fall der Rentenzahlung der Versicherungsfall bereits in der Vergangenheit eingetreten sei (so Römer aaO). Andererseits wird darauf verwiesen, dass eine Kündigung nach Rentenauszahlungsbeginn aus „Antiselektionsgründen“ grundsätzlich nicht mehr möglich sei, weil die Langlebigkeit bei Rentenversicherungen gerade das versicherte Risiko sei. Wer nach Rentenzahlungsbeginn Kenntnis davon erlange, dass er etwa wegen einer schweren Erkrankung wahrscheinlich bald sterbe, könne nicht mehr den Vertrag beenden und das Versicherungskollektiv unter Mitnahme des Rückkaufswerts verlassen, weil ansonsten die Kalkulation des Langlebigkeitsrisikos nicht mehr aufgehen könne (so Reiff aaO). Nach der überwiegenden deutschen Lehre ‑ Rechtsprechung gibt es dazu, soweit überblickbar, noch nicht ‑ stünde dem Kläger daher nach geltender deutscher Rechtslage die Kündigungsmöglichkeit gemäß § 168 Abs 2 VVG nF nicht offen.

4.2. § 165 (österreichisches) VersVG ist wortgleich mit dem früheren § 165 (deutsches) VVG aF. In dieser Bestimmung wird das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers in der Lebensversicherung geregelt. Dass dem Kläger nicht das Kündigungsrecht nach § 165 Abs 1 VersVG zusteht, weil er keine laufenden Prämien entrichtet, ist unstrittig.

Strittig ist, ob er zur ordentlichen Kündigung gemäß § 165 Abs 2 VersVG berechtigt ist: Ist eine Kapitalversicherung für den Todesfall in der Art genommen, dass der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung des vereinbarten Kapitals gewiss ist, so steht das Kündigungsrecht dem Versicherungsnehmer auch dann zu, wenn die Prämie in einer einmaligen Zahlung besteht. Sowohl nach der österreichischen (Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht³ 475; diesem folgend Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht [2005], § 30 Lebensversicherungen, II. Lebensversicherung Rz 13) als auch der deutschen Lehre (Hofmann, Privatversicherungsrecht4 [1998] 330 f; Benkel/Hirschberg, Lebens‑ und Berufsunfähigkeitsversicherung² [2011], F. Allgemeine Bedingungen für die Rentenversicherung [RV 2008] Rn 2) und Rechtsprechung (OLG Koblenz 4. 6. 2007, 10 W 368/07 = NJW‑RR 2008, 628 = FD‑VersR 2007, 242031 = BeckRS 2007, 14346; OLG Hamm 17. 8. 2007, 20 U 284/06 = r + s 2008, 159 = NJOZ 2008, 571) können nach dieser Bestimmung vom Versicherungsnehmer zwar bestimmte Kapitalversicherungen mit Einmalprämie, nicht aber ‑ wie hier ‑ Rentenversicherungen gegen Einmalzahlung (Sofortrente) gekündigt werden. Der vereinbarte Ausschluss der ordentlichen Kündigung für den Versicherungsnehmer verstößt daher nicht gegen § 165 Abs 2 VersVG, der zu Gunsten des Versicherungsnehmers zwingend ist (§ 178 Abs 1 VersVG). Dass dem Versicherungsnehmer bei einer Rentenversicherung mit bloßer Einmalprämie kein ordentliches Kündigungsrecht zusteht, wird damit begründet, dass der Versicherungsnehmer durch Leistung der Prämie ohnehin schon den Versicherungsschutz für die gesamte Vertragsdauer (Schauer aaO) und bereits einen von keiner Gegenleistung mehr abhängigen Rentenanspruch erworben hat (Hofmann aaO 331). Die hier zu beurteilende Rentenversicherung mit Sofortrente gegen Einmalzahlung ist auch nicht mit der in § 165 Abs 2 VersVG genannten Kapitalversicherung „für den Todesfall“ vergleichbar, die „in der Art genommen“ ist, dass der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung des vereinbarten Kapitals gewiss ist. Es handelt sich vielmehr um eine Rentenversicherung mit sofort (am 1. 8. 2002) beginnender Leistungspflicht der Beklagten. In dieser steht dem Kläger aus den genannten Gründen kein ordentliches Kündigungsrecht nach § 165 Abs 2 VersVG zu.

4.3. § 165 VersVG geht als Spezialnorm (was den Versicherungsnehmer anlangt) der allgemeinen Bestimmung des § 8 Abs 2 VersVG vor (7 Ob 251/10b = ecolex 2012/12, 29 [Ertl]). Zutreffend beruft sich der Kläger ‑ abgesehen von der Frage, ob hier überhaupt ein Versicherungsvertrag mit unbestimmter Dauer vorliegt ‑ nicht auf diese Kündigungsmöglichkeit.

4.4. Ist der Versicherungsnehmer Verbraucher (§ 1 Abs 1 Z 2 KSchG), so kann er ein Versicherungsverhältnis, das er für eine Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen ist, zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauffolgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von einem Monat schriftlich kündigen (§ 8 Abs 3 erster Satz VersVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl 1994/509 [VersVG‑Novelle 1994]; durch das VersRÄG 2012, BGBl I 2012/34, entfiel nunmehr das Wort „schriftlich“). Das Kündigungsrecht steht dem Versicherungsnehmer, der Verbraucher ist, demnach nur bei Versicherungsverhältnissen zu, die er für eine Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen ist. Liegt diese Voraussetzung vor, kann der Versicherungsnehmer zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauffolgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von einem Monat (schriftlich) kündigen. Nimmt der Versicherungsnehmer eine längere Bindung als drei Jahre in Kauf, steht ihm in jedem folgenden Jahr ein neuerliches Kündigungsrecht zu, das aber nicht „unterjährig“ wirkt, sondern jeweils nur für das Ende des laufenden Jahres zum Tragen kommen kann (Fenyves in Fenyves/Kronsteiner/Schauer, Kommentar zu den Novellen zum VersVG [1998] § 8 VersVG Rz 4).

Deutet man die vom Kläger mit Schreiben vom 11. 8. 2011 gegenüber der Beklagten ausgesprochene Kündigung „mit sofortiger Wirkung“ in eine ordentliche Kündigung gemäß § 8 Abs 3 erster Satz VersVG um, käme das Kündigungsrecht nach dieser Bestimmung erst mit Ablauf des 31. 12. 2011 zum Tragen. Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz, der für die Beurteilung der Sach‑ und Rechtslage maßgeblich ist (vgl § 406 ZPO; RIS‑Justiz RS0008698; RS0036969; RS0041116), war aber bereits der 13. 12. 2011. Selbst wenn § 8 Abs 3 erster Satz VersVG zur Anwendung käme, wäre der Beendigungstermin nicht eingehalten, sodass der Kläger seine Ansprüche nicht aus dieser Kündigungsmöglichkeit ableiten könnte.

Zudem ist zu beachten, dass der Versicherungsnehmer in der Lebensversicherung wegen der langfristigen Bindung besondere Kündigungsrechte (§ 165 VersVG) hat (Schauer aaO 299). Ebenso wie § 165 VersVG als Spezialnorm der allgemeinen Bestimmung des § 8 Abs 2 VersVG vorgeht (7 Ob 251/10b), könnte dies mit guten Gründen auch für § 8 Abs 3 VersVG vertreten werden. Gegenüber § 8 Abs 3 VersVG gehen die Kündigungsmöglichkeiten nach § 165 VersVG insofern hinaus, als der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen kann, sofern laufende Prämien zu bezahlen sind (Abs 1), und er jederzeit eine Kapitalversicherung „für den Todesfall“ mit Einmalprämie kündigen kann, sofern der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung des vereinbarten Kapitals gewiss ist (Abs 2). Da die Spezialnorm des § 165 VersVG eine spezielle und begünstigende Kündigungsmöglichkeit für Versicherungsnehmer vorsieht, ist nicht recht einsichtig, warum die nur für Verbraucher geltende grundsätzliche Regelung in § 8 Abs 3 VersVG zur Anwendung gelangen soll. Zudem hat der Gesetzgeber für die ordentliche Kündigung durch den Versicherungsnehmer in § 165 VersVG ein eigenständiges Regelungsregime in der Lebensversicherung geschaffen. Zwar besteht für die hier zu beurteilende Rentenversicherung mit Einmalprämie kein Kündigungsrecht nach § 165 Abs 2 VersVG, dies kann aber mit der fehlenden Sinnhaftigkeit begründet werden, weil der Versicherungsnehmer durch die Leistung der Prämie ohnehin schon den Versicherungsschutz für die gesamte Vertragsdauer erworben hat (Schauer aaO 475). Ohne dass dies hier geklärt werden müsste, sprechen doch gute Gründe dafür, § 165 VersVG als lex specialis zu § 8 Abs 3 VersVG anzusehen.

5. Zur Kündigung gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KSchG und § 879 ABGB:

Nach § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen er während einer unangemessen langen Zeit an den Vertrag gebunden ist. Diese Norm bietet auch für Dauerschuldverhältnisse ‑ wie hier den Rentenversicherungsvertrag ‑ einen im Einzelfall anhand einer Interessenabwägung auszufüllenden Orientierungsrahmen. Maßgebend ist dabei eine Gesamtbeurteilung wesentlicher Elemente des Schuldverhältnisses. Bei der Prüfung, ob eine unangemessen lange Vertragsbindung gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KSchG oder gemäß § 879 Abs 3 ABGB vorliegt, sind die Interessen des Unternehmers (Versicherers) auf Durchführung des Vertrags mit den Interessen des Verbrauchers auf angemessene und feststellbare Erfüllungszeit abzuwägen. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach der Art des Geschäfts und nach den von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbarten Fristen (RIS‑Justiz RS0121007 [T3, T4]; 9 Ob 75/10k mwN).

Der Kläger kündigte trotz Kündigungsverzichts den seit 1. 7. 2002 bestehenden Rentenversicherungsvertrag nach neun Jahren mit Schreiben vom 11. 8. 2011 auf. Zur Prämienrückforderung einer im Rahmen der staatlich geförderten „prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge“ abgeschlossenen Lebensversicherung sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass diese innerhalb von zehn Jahren ausgeschlossen ist und der Versicherungsnehmer nicht vor Ablauf von zehn Jahren darüber verfügen darf (RIS‑Justiz RS0127200 [T1]). Daraus ergibt sich, dass auch eine Bindungsdauer von zehn Jahren noch zulässig sein kann. Außer der Behauptung, seine vertragliche Bindung sei unangemessen lang, nennt der Kläger keine Gründe, warum ihm trotz des vereinbarten Kündigungsverzichts bereits nach neun Jahren eine Kündigung möglich sein sollte. Die Beklagte erfüllt ihre vertraglich garantierte monatliche Rentenzahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger, mag er auch mit der Höhe der nicht garantierten Überschussanteile nicht zufrieden sein. Ein Interesse des Klägers, den Lebensversicherungsvertrag gemäß § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG oder § 879 Abs 3 ABGB schon nach neun Jahren zu kündigen, ist hier nicht erkennbar.

6. Zum außerordentlichen Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers:

Anerkannt ist, dass bei Dauerschuldverhältnissen eine Kündigung aus wichtigem Grund jederzeit möglich ist. Der Grund für die einseitige Lösung liegt darin, dass die Vertragsfortsetzung für den kündigenden Teil unzumutbar ist (RIS‑Justiz RS0018305; RS0018377; RS0027780). Das Versicherungsverhältnis ist im besonderen Maß vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht (RIS‑Justiz RS0018055). Auch Versicherungsverträge können daher mit außerordentlicher Kündigung aus wichtigem Grund aufgelöst werden, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses den Parteien nicht zumutbar ist (7 Ob 251/10b mwN).

Einen derartigen wichtigen Grund vermag der Kläger nicht aufzuzeigen. Dass die Überschussbeteiligungen nicht in dem Ausmaß ausbezahlt wurden, wie sie in der Leistungsübersicht dargestellt waren, belegt kein vertragswidriges Verhalten der Beklagten. Der Kläger wurde in den Vertragsurkunden deutlich aufgeklärt, dass die künftigen Überschussanteile nicht garantiert werden können und sich die tatsächliche Gesamtverzinsung ändern kann, weil sie maßgeblich von den langfristig erzielbaren Kapitalerträgen abhängt. Für ihn war daher klar erkennbar, dass sich bei in der Zukunft eintretender schlechterer Entwicklung der Kapitalerträge die Überschussbe-teiligung ‑ gegenüber der Darstellung in der Leistungsübersicht ‑ reduzieren kann. Sein Argument, ihm sei von der Beklagten „in Verletzung der Vorschriften der österreichischen FMA keine umfassende Information über die mögliche Zinsänderung zugekommen“, ist nicht näher begründet und vermag keinen wichtigen Grund für sein außerordentliches Kündigungsrecht aufzuzeigen. Seinen Revisionsausführungen ist nicht zu entnehmen, welche Informationen über mögliche Zinsänderungen die Beklagte ihm vorenthalten haben soll.

7. Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage:

Die Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls oder Änderung der Geschäftsgrundlage setzt nach ständiger Rechtsprechung eine derart grundlegende Veränderung der bei Eingehen der Verpflichtung bestehenden Verhältnisse voraus, dass im Beharren auf Verpflichtungen, deren Erfüllung dem Schuldner nicht zumutbar ist, geradezu ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben erblickt werden müsste. Es müsste der von beiden Teilen anerkannte Vertragszweck nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden sein (1 Ob 95/08i mwN). Das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wird eingeschränkt und als letztes Mittel zur Beseitigung vertraglicher Bindungen nur dann angewendet, wenn die geltend gemachte Änderung der Verhältnisse in keiner Weise vorauszusehen war und auch nicht dem Bereich jener Partei zuzuschreiben ist, die sich auf diese Änderung beruft (RIS‑Justiz RS0017454 [T1]; 1 Ob 95/08i mwN). Nur der Wegfall einer von beiden Parteien gemeinsam dem Vertragsabschluss unterstellten Voraussetzung könnte als Wegfall der Geschäftsgrundlage gewertet werden (RIS‑Justiz RS0017487).

Diese Voraussetzungen liegen hier in keiner Weise vor. Neben den vertraglich vereinbarten garantierten Rentenzahlungen stellte die Beklagte dem Kläger nicht garantierte Überschussbeteiligungen in Aussicht. Diese zukünftigen Überschussbeteiligungen hängen von langfristig erzielbaren Kapitalerträgen der Beklagten ab. Die enttäuschten Erwartungen des Klägers über die Entwicklung der Überschussanteile sind weder als Wegfall einer von beiden Parteien gemeinsam dem Vertragsabschluss unterstellten Voraussetzung anzusehen, noch kann darin ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben erblickt werden. Der Kläger kann daher den Lebensversicherungsvertrag auch aus diesem Grund nicht auflösen.

8. Der Revision des Klägers ist somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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