OGH 7Ob187/18b

OGH7Ob187/18b31.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr.

 Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei W***** K***** Ges.m.b.H, *****, vertreten durch Dr. Peter Lösch Rechtsanwalt GmbH in Wien, und deren Nebenintervenientin K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Ebner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei R***** Ges.m.b.H, *****, vertreten durch Appiano & Kramer, Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, und deren Nebenintervenienten 1. G***** S*****, 2. Dr. M***** S*****, beide vertreten durch Dr. Michael Straub, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen 24.000 EUR sA (47 Cg 68/12w des Handelsgerichts Wien) und 50.754,40 EUR sA (47 Cg 62/13i des Handelsgerichts Wien), über die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. Februar 2018, GZ 11 R 203/17d‑117, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00187.18B.1031.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Entscheidung des Berufungsgerichts über die auf Ersatz der durch Planungs‑ und Ausführungsmängel der Klägerin und Widerbeklagten (in Hinkunft Klägerin) verursachten Schäden gerichtete Widerklage der Beklagten und Widerklägerin (in Hinkunft Beklagte).

Rechtliche Beurteilung

1. Im Rechtsmittel ist die Erheblichkeit des behaupteten Verfahrensmangels darzulegen. Im Fall der Behauptung der Verletzung der Anleitungspflicht muss daher der Rechtsmittelwerber dartun, was er im Fall einer ordnungsgemäßen Erörterung seines Vorbringens vorgebracht hätte, weil nur auf dieser Grundlage die Wesentlichkeit des Mangels beurteilt werden kann (RIS‑Justiz RS0037325 [T5]). Dies ist hier nicht erfolgt.

2.1 Merkantile Wertminderung ist positiver Schaden, der neben den Kosten der Behebung der technischen Wertminderung, also der Reparatur des Fahrzeugs, ersetzt werden muss (RIS‑Justiz RS0031205). Bei der Ermittlung des merkantilen Minderwerts ist vom Differenzbetrag zwischen dem Zeitwert des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt des Unfalls und dem in repariertem Zustand nach dem Unfall auszugehen. Die Feststellung dieser Werte ist Tatfrage (RIS‑Justiz RS0030366, auch [T1]). Die Rechtsprechung zur merkantilen Wertminderung wurde zu beschädigten Kraftfahrzeugen entwickelt, aber auch auf Liegenschaften angewandt (vgl etwa RIS‑Justiz RS0031205 [T3], RS0109556). Der merkantile Minderwert steht unabhängig davon zu, ob und zu welchem Preis der Geschädigte die Sache verkauft hat (vgl RIS‑Justiz RS0030400, RS0030381), also wie mit der Sache weiter verfahren wurde (5 Ob 275/06m).

2.2 Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die festgestellte merkantile Minderung sei unabhängig davon ersatzfähig, ob und zu welchem Preis der Erwerber das Objekt weiterveräußerte, hält sich im Rahmen der bestehenden oberstgerichtlichen Rechtsprechung, wogegen die Klägerin keine stichhaltigen Argumente zu bringen vermag. Im Übrigen kann allein aus dem vom Erwerber erzielten Kaufpreis – mag er auch über dem von ihm selbst bezahlten liegen – weder darauf geschlossen werden, dass sich die festgestellte Vorschädigung beim Verkauf nicht nachteilig auswirkte, noch dass der Mehrpreis nicht auf sachfremde Ursachen zurückzuführen ist.

3.1 In der Rechtsrüge muss bestimmt begründet werden, warum der festgestellte Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt wurde oder dass infolge eines Rechtsirrtums eine entscheidende Tatsache nicht festgestellt wurde (10 ObS 33/02d mwN). Eine in einem selbständig zu beurteilenden Teilbereich in zweiter Instanz unterlassene Rechtsrüge kann in der Revision nicht mehr nachgeholt werden (RIS‑Justiz RS0043573 [T33]), was auch gilt, wenn die Rechtsrüge bereits in der Berufung nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt wurde (RIS‑Justiz RS0043573 [T49]).

3.2 Dies ist hier hinsichtlich des Ersatzes der Kosten für den Befund, den der von der Beklagten beigezogene Sachverständige aufgenommen hatte, der Fall. In der Berufung wurde lediglich geltend gemacht, dass keine Kosten für das wertlose Gutachten gebühren würden. Unbekämpft blieb aber die Feststellung, dass die dem – zur Feststellung der Schadensursache eingeholten – Gutachten vorausgegangene Befundaufnahme, die im Übrigen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Schadensfall erfolgte und von der gerichtlichen Sachverständigen zum Zustand des Objekts vor der Sanierung auch berücksichtigt wurde, von Wert war. Da die Klägerin damit in ihrer Berufung nicht vom festgestellten Sachverhalt ausging, war die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weshalb eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumenten in der Revision nicht zu erfolgen hat.

4. Die Revision wendet sich weiters gegen die Höhe der der Beklagten zugesprochenen Aufwendungen, insbesondere für die Übersiedlungen und die Aufnahme eines Ersatzquartiers durch deren Erwerber.

4.1 Es ist ständige Rechtsprechung, dass der Geschädigte für den Eintritt des von ihm behaupteten Schadens beweispflichtig ist (RIS‑Justiz RS0022759) und der Schädiger für die vom Geschädigten zur Schadensbehebung zweckmäßig aufgewendeten Mittel aufzukommen hat (RIS‑Justiz RS0030070). Den Geschädigten trifft also die Behauptungs‑ und Beweislast dafür, dass die Aufwendungen sinnvoll und zweckmäßig waren (9 Ob 83/15v mwN).

Dieser Beweis ist der Beklagten gelungen. Die Zweckmäßigkeit der Übersiedlungen und die Bereitstellung einer Ersatzwohnung folgt aus den Feststellungen zum Schadens‑ und Sanierungsumfang. Die konkreten Kosten und deren Bezahlung wurden durch die vorgelegten Rechnungen dargelegt, gegen deren Höhe die Klägerin im erstgerichtlichen Verfahren nichts Substanzielles vorbrachte.

4.2 Der Geschädigte verstößt unter anderem gegen die ihn treffende Pflicht zur Schadensminderung, wenn er Handlungen unterlassen hat, die geeignet gewesen wären, den Schaden zu verringern, die – objektiv beurteilt – von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (RIS‑Justiz RS0023573). Er hat daher im Regelfall die kostengünstigste Sanierungsvariante zu wählen. Der beklagte Schädiger hat zu behaupten und zu beweisen, dass der Geschädigte den eingetretenen Schaden hätte mindern können (RIS‑Justiz RS0027129; RS0026909), also dem Geschädigten bestimmte Maßnahmen objektiv zumutbar gewesen wären und er diese schuldhaft nicht ergriffen hat.

Entsprechende konkrete Tatsachenbehauptungen wurden von der Klägerin aber schon im erstgerichtlichen Verfahren nicht aufgestellt. Eine erhebliche Rechtsfrage wird auch hier nicht aufgezeigt.

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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