OGH 7Ob187/06k

OGH7Ob187/06k29.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Bertram S*****, vertreten durch Scherbaum/Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei ÖBB-Infrastruktur Bau AG, 1120 Wien, Vivenotgasse 10, vertreten durch Mag. Vinzenz Fröhlich und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 22.721,53 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 27. April 2006, GZ 5 R 193/05z-30, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Oktober 2005, GZ 23 Cg 21/05b-25, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei, ihr die Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen, wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, da Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof zur Ermittlung des Schadenersatzanspruches nach § 20 LiegTeilG fehle und auch nicht ausgesprochen sei, ob und inwiefern die zu § 4 Abs 1 EisbEG entwickelten Grundsätze herangezogen werden könnten. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision unzulässig. Die Beklagte macht weder die vom Berufungsgericht genannte noch eine andere relevante Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO geltend, sodass ihre Revision zurückzuweisen ist. Die Entscheidung kann sich auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht hob, ohne ein Teilurteil zu fällen, den gesamten klagestattgebenden Teil der Entscheidung des Erstgerichtes auf und führte in der Begründung aus, dass es den Anspruch „Baurandlagezuschlag" für noch nicht spruchreif und das Verfahren diesbezüglich für ergänzungsbedürftig, jedoch die übrigen vom Erstgericht bejahten Anspruchsteile für berechtigt halte. Die Beklagte releviert nun Rechtsfragen zu den vom Berufungsgericht bejahten Ansprüchen, nicht jedoch die vom Berufungsgericht als relevant bezeichnete Rechtsfrage.

Die Frage, wie das Vorbringen der Parteien auszulegen ist, ist grundsätzlich eine solche des Einzelfalls (RIS-Justiz RS 0042828). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass sich aus dem gesamten Vorbringen der Beklagten im Zusammenhalt mit der ausdrücklichen Erörterung durch das Erstgericht ergibt, dass die Beklagte hinsichtlich der detailliert dargelegten Klagsforderung auf Entschädigung nach § 20 LiegTeilG nur zwei Positionen, nämlich „Hofnähezuschlag" und „Baurandzuschlag" als ungerechtfertigt bestritten hat, ist im Einzelfall nicht zu beanstanden, kann sich doch das Berufungsgericht auf das ausdrückliche und nicht zweifelhafte Vorbringen der Beklagten nach Erörterung durch den Erstrichter stützen. Der den Zivilprozess beherrschende Dispositionsgrundsatz beschränkt und bindet die Entscheidungsgewalt des Gerichtes im konkreten Fall und eröffnet den Parteien die Verfügung über den Streitgegenstand (6 Ob 153/73 = RIS-Justiz RS0041123, Fucik in Fasching/Konecny², § 405 ZPO, Rz 1f). Soweit eine Partei einen bestimmten Rechtsgrund ausdrücklich geltend macht, ist das Gericht daran gebunden und darf der Klage nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben (RIS-Justiz RS0037610). Gleiches gilt auch für die Einwendungen des Beklagten (1 Ob 738/76). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass im Hinblick auf das konkrete Vorbringen der Beklagten nur diese zwei Ansprüche Gegenstand ihrer Bestreitung waren, ist daher nicht zu beanstanden. Da die Parteien übereinstimmend vorbrachten, dass nur die Ermittlung dieser beiden „Zuschläge" als Teil des Verkehrswertes zum 1. 1. 2000 strittig seien, gab es für den Kläger keine Veranlassung, ein weiteres Vorbringen zum Stichtag zu erstatten.

Davon, dass das Berufungsverfahren deshalb mangelhaft sei, weil ein Verstoß nach § 405 ZPO vorliege, kann schon deshalb nicht gesprochen werden, da das Berufungsgericht kein Teilurteil gefällt hat. Abgesehen davon widerspricht es nicht dem § 405 ZPO, wenn einem Zuspruch von über einen längeren Zeitraum kapitalisierten Zinsen durch eine Verschiebung des nicht kapitalisierten Zinsenlaufs Rechnung getragen wird.

Die Argumente der Beklagten zum „Hofnähezuschlag" gehen schon deshalb ins Leere, da es sich hier nicht um einen Zuschlag im technischen Sinn zum Verkehrswert handelt, sondern um einen „Zuschlag" zu einem bereits von den Parteien hinsichtlich eines anderen Grundstücks des Klägers, das enteignet wurde, festgelegten Basispreis. Der „Hofnähezuschlag" ergibt sich ausschließlich aus der konkreten Preisgestaltung der Parteien bei der früheren Vertragsbeziehung, die von beiden Parteien als Basis der Berechnung der Klagsforderung herangezogen wurde.

Es wurden also insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO. Die Rekursbeantwortung war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, da sie nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hinwies.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte