Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger S 1,173.752,-- samt 4 % Zinsen seit 31. 7. 1995 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Mehrbegehren die beklagte Partei ist schuldig, weitere S 785.700,-- sA zu bezahlen, wird abgewiesen.
"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger an Kosten des Verfahrens erster Instanz S 12.468,92 (darin enthalten S 1.168,81 an USt) sowie S 19.481,79 an Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.220,76 an Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 22.209,58 (darin S 3.701,60 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat bei der beklagten Versicherung für sein Eigenheim eine Haushaltsversicherung unter Zugrundelegung der Allgemeinen Bedingungen für Haushaltsversicherungen ABH 1989 (im Folgenden ABH 1989) geschlossen. Danach ist der gesamte Wohnungsinhalt versichert; das sind alle beweglichen Sachen, die dem privaten Gebrauch oder Verbrauch dienen und im Eigentum des Versicherungsnehmers oder seiner Angehörigen stehen, die im gemeinsamen Haushalt leben. Auf Grund der zusätzlich vereinbarten besonderen Bedingungen "HH/1997" ("Haushalt-Topschutz") wurde auch der Vandalismusschaden mitversichert. Schon nach Art 2 der ABH 1989 war auch der Schaden durch versuchten oder vollbrachten Einbruchsdiebstahl, einfachen Diebstahl und Beraubung versichert. Danach ist als Einbruch anzusehen, wenn mit Werkzeugen oder falschen Schlüsseln in die Wohnung eingedrungen wird. Als Haftungsbeschränkung für Bargeld, Valuten, Einlagebücher ohne Klausel, Schmuck, Edelsteine, Briefmarken und Münzsammlungen sehen die ABH 1989 dann, wenn die Fahrnisse in versperrten, eisernen, feuerfesten Geldschränken (mit mindestens 100 kg Gewicht) oder einer versperrten Einsatzkasse (mind. 100 kg) verwahrt werden, einen Ersatz von (insgesamt) S 250.000,-- vor. Die allgemeine Haftungsbegrenzung für Schmuck, Edelsteine, Briefmarken und Münzsammlungen beträgt, wenn sie freiliegend aufbewahrt werden S 30.000,- -, wenn sie sonst unversperrt in Möbel oder Safe oder Panzerung aufbewahrt werden S 110.000,-- (vgl Art 2.3.3 der AHB 1989).
Bei Einbruchsdiebstählen sind ua auch die Wiederherstellungskosten für geschädigtes oder entwendetes Gebäudezubehör der Versicherungsräumlichkeiten versichert (Art 6.1.7 ABH 1989).
Die für die Haushaltsversicherung vereinbarte Versicherungssumme betrug S 12 Mio für den gesamten Wohnungsinhalt zum Neuwert und wurde für den Zeitraum vom 1. 9. 1993 bis 1. 9. 2003 abgeschlossen. Darüber hinaus war der Kläger für seine Swatch-Uhrensammlung eine gesonderte Einbruchsdiebstahlversicherung mit der Beklagten zu einer Versicherungssumme von S 1,892.700,-- unter Zugrundelegung der Allgemeinen Einbruchsdiebstahlsver- sicherungsbedingungen idF 1986 (im Folgenden AEB 1986) eingegangen.
Unbekannte Täter drangen in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli 1995 in das Haus des Klägers ein, in dem sie mit einem Sperrwerkzeug die Tür öffneten und die Alarmanlage außer Funktion setzten. Sie stahlen Swatchuhren in einem Gesamtwert von S 819.919,- -. Ferner schweißten sie einen Tresor - mit einem Gewicht von mehr als 100 kg - auf und stahlen daraus Schmuck in einem Wert von S 250.000,- -. Für die Entsorgung des aufgeschweißten Tresors hatte der Kläger S 4.600,- -, für die Wiederbeschaffung S 30.000,- - und für die Wiederherstellung des Einbaus S 9.486,-- zu bezahlen. Weiters wurde das Schloss der Eingangstür bei den Untersuchungen durch die Gendarmeriebeamten zerstört. Der Kläger hatte für die Anschaffung eines neuen Schlosses S 23.403,-- aufzubringen. Die Kosten der Aufräumungsarbeiten betrugen S 4.960,- -, jene des im Zusammenhang mit dem Einbruchsdiebstahl zerstörten Bügeleisens S 1.384,- -.
Ferner wurden bei dem Diebstahl vier (Armband-)Uhren des Klägers die dieser ständig abwechselnd trug und ohne besondere Verwahrung zu Hause liegen ließ, gestohlen. Dabei hatte die gestohlene Rolex GMT-Master 18 Karat Gelbgold mit Diamantziffernblatt mit Rubinen einen Wert von S 150.000,- -, die Rolex Daytona 18 Karat Gelbgold, mit Diamantziffernblatt einen solchen von S 237.700,- -, die Uhr Patek Philippe Nautilus 18 Karat Gelbgold mit Stahl- und Diamantenlünette doppelt einen Wert von S 240.000,- - und die Uhr Rolex 18 Karat Geldgold mit Saphiren blau und Diamanten einen solchen von S 188.000,- -.
Der Kläger begehrte zuletzt (AS 179 - vorgetragen 361) insgesamt S 1,959.452,- -. Er machte aus der Einbruchdiebstahlversicherung S 819.919,-- für die gestohlenen Teile der Swatch-Uhrensammlung geltend. Aus der Haushaltsversicherung begehrte er den Ersatz der vier gestohlenen Uhren im Gesamtwert von S 815.700,- -, die im Tresor verwahrten Schmuckgegenstände im Wert von S 250.000,- -, der Einbaukosten des neuen Safes in Höhe von S 9.486,- -, des Bügeleisens im Wert von S 1.384,- -, der Kosten des neuen Hausschlosses mit S 23.403,- -, der Tresorentsorgung und Beschaffung des Tresors im Ausmaß von S 4.600,- - bzw S 30.000,-- und für die Aufräumarbeiten S 4.960,- -. Es liege ein Einbruchsdiebstahl vor, auch wenn vorweg keine Spuren eines Einbruches an der Tür oder an dem Fenster feststellbar gewesen wären. Uhren seien, auch wenn sie hoch- oder höchstpreisig seien, nicht als Schmuckgegenstände, sondern als Gebrauchsgegenstände zu beurteilen.
Die Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete zusammengefasst ein, dass überhaupt kein Einbruchsdiebstahl nachweisbar sei, im Übrigen seien die Haftungsbegrenzungen der Haushaltsversicherung anzuwenden. Insgesamt ergebe sich eine Begrenzung der Ersatzleistung aus der Haushaltsversicherung von maximal S 314.612,- -. Die vier wertvollen Uhren seien nicht als Gebrauchsgegenstände, sondern als Schmuck anzusehen. Insgesamt sei jedoch die Haftung auch für Schmuckgegenstände im Tresor mit S 250.000,- -, und nicht noch zusätzlich mit S 110.000,-- begrenzt. Die Kosten der Schlossänderung seien durch den Versicherungsschutz nicht erfasst.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren, ausgenommen jenem auf Ersatz der Kosten des neuen Schlosses, statt. Es folgerte rechtlich, dass ein Diebstahl sowohl im Sinne der AEB 1986 als auch der ABH 1989 vorliege und daher die daraus entstandenen Schäden von der Beklagten zu ersetzen wären. Nicht davon erfasst seien nur die Kosten der Schlossänderung, da diese nicht durch den Einbruchsdiebstahl, sondern danach durch die Ermittlungen der Gendarmerie entstanden seien. Die teuren Uhren des Beklagten seien als "bewegliche Sachen, die dem privaten Gebrauch oder Verbrauch dienen" ungeachtet ihres Wertes versichert. Eine Obliegenheitsverletzung habe die Beklagte nicht nachweisen können.
Das Berufungsgericht gab der vom Kläger gegen die Abweisung seines Begehrens auf Ersatz der Kosten der Schlossänderung gerichteten Begehren nicht Folge, jedoch der Berufung der Beklagten soweit sie sich gegen den gänzlichen Zuspruch des Ersatzes der vier teuren Uhren richtete. Es folgerte rechtlich, dass diese vier teuren Uhren als Schmuckstücke iSd ABH 1989 zu qualifizieren seien und nicht als Gebrauchsgegenstände des Alltages. Daher gelange die Haftungsbegrenzung des Art 2.3.3 der ABH 1989 mit zur Anwendung, und sei für diese nicht im Tresor verwahrten Uhren nur ein Ersatz in Höhe von S 30.000,-- zu leisten. Die Anschaffungskosten für das neue Schloss seien deshalb nicht gedeckt, da diese Kosten weder von den ABH 1989 noch den ABS 1995 versichert seien. Die Ermittlung und Feststellung, ob ein Versicherungsfall vorliege, sei nicht mit der Ermittlung und Feststellungen des vom Versicherer zu ersetzenden Schaden gemäß § 66 VersVG ident. Im Übrigen müsse das Wohnungsschloss dann, wenn es von einem Unbekannten überwunden wurde, der nicht rechtmäßig im Besitz des Schlüssels sei, ohnehin ausgetauscht werden. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung zur Frage der Schlossänderungskosten nicht vorliege.
Die gegen dieses Urteil erhobene ordentliche Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gestützt darauf, dass das Berufungsgericht entgegen der Regelung des § 473a ZPO dem Kläger nicht vor der Abänderung mitteilte, dass es eine solche erwäge, liegt nicht vor. Nach § 473a ZPO kann das Berufungsgericht unter anderem dann von einer Mitteilung seiner Absicht, das erstgerichtliche Urteil abzuändern, absehen, wenn der Berufungsgegner die in Betracht kommenden festgestellten Tatsachen zu rügen gehabt hätte. Nach § 468 Abs 2 ZPO zweiter Satz hat der Berufungsgegner jedoch dann für ihn nachteilige Feststellungen oder ihm zur Last fallende Verfahrensfehler in seiner Berufungsbeantwortung zu rügen, wenn sich der Gegner ausdrücklich auf die Feststellungen des Erstgerichtes bezieht. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn der Gegner seine Rechtsrüge auf die betreffenden Feststellungen des Ersturteils gründet (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 468 Anm 5 RIS-Justiz RS0112020). Hier hat aber die Beklagte in ihrer Rechtsrüge ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass die Uhren nicht besonders verwahrt wurden (vgl S 11 f der Berufung der Beklagten).
Unberechtigt ist seine Revision auch, soweit der Kläger nunmehr erstmals geltend macht, dass die Haftungsbeschränkung des Art 2.3.3. der ABH 1989 eine verbotene Klausel im Sinne des Art 7 der Verordnung Nr 3932/92 darstelle und daher nichtig sei.
Die Verordnung der Kommission vom 21. 12. 1992, Nr 3932/92 über die Anwendung des Art 85 Abs 3 EWG-Vertrag abgestimmte Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Bereich der Versicherungswirtschaft (AblL 143 vom 7. 6. 1991, 1) fußt auf der Verordnung des Rates vom 31. 5. 1991 Nr 1534/91, die der Kommission gemäß Art 85 Abs 3 (nunmehr Art 81) des EG-Vertrages. Diese hat der Kommission die Möglichkeit eingeräumt, ua für die Erstellung von Mustern für Allgemeine Vertragsbedingungen die Bestimmung des Art 85 Abs 1 EG-Vertrages (nunmehr Art 81 Abs 1) für unanwendbar zu erklären. Nun hat es der Kläger aber unterlassen vorzubringen, dass Art 85 Abs 1 des EG-Vertrages (nunmehr Art 81) überhaupt anwendbar wäre (vgl allgemein OGH 7 Ob 211/99a mwN).
Unzulässige Neuerungen (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 504 Rz 3) stellen die Ausführungen des Klägers zum Missverhältnis der Versicherungssumme von S 12 Mio zu den Haftungseinschränkungen der ABH 1989 dar. Bezieht sich doch die Versicherungssumme nicht nur auf die "Schmuckstücke", sondern den gesamten Wohnungsinhalt. Die Haftungsbeschränkung für frei herumliegende Wertgegenstände kann auch nicht als ungewöhnliche Bestimmung im Sinne des § 864a ABGB angesehen werden. Handelt es sich dabei doch sogar um eine international branchenübliche Beschränkung (vgl zu der Branchenüblichkeit MGA ABGB35 § 864a E 4 = SZ 60/52; zur Rechtslage in Deutschland, Martin, SVR3, 1529 f).
Dabei ist die Haftungsbegrenzung des Art 2.3.3 der ABH 1989, wonach bei Schmuck, Edelsteinen, Briefmarken und Münzsammlungen, wenn diese freiliegend aufbewahrt werden, nur bis zu S 30.000,-- ersetzt werden, als objektive Risikoabgrenzung (vgl auch Martin aaO, 1015 mwN, insbesondere auch BGH VersR 1983, 573) anzuwenden. Durch diese Bestimmung soll eben objektiv, unabhängig vom Vorwurf eines "schuldhaften" Verhaltens des Versicherungsnehmers das Risiko mit einem bestimmten Betrag begrenzt werden (vgl dazu auch Martin aaO, 1021).
Die vier dem Kläger gestohlenen Uhren mit einem Wert von jeweils zwischen S 150.000,- - und S 240.000,-- waren aus Gold gefertigt und teilweise auch mit Edelsteinen verziert. Sie sind als Schmuck im Sinne der ABH 1989 anzusehen, da das verwendete Edelmetall bzw die Edelsteine ihren Wert wesentlich erhöhten (vgl Martin aaO, 1540), hier sogar offensichtlich übertroffen haben. Offenkundig - und im Übrigen auch aus den eingeholten Sachverständigengutachten ersichtlich - ist, dass die gleichen Modelle in Stahl regelmäßig wesentlich weniger kosten (vgl etwa zur Rolex GMT-Master 18 ka Gelbgold mit Ziffernblatt mit Rubinen im Wert von S 150.000,- -, die Ausführung in Stahl zu S 39.400,-- AS 311). Da sohin die dem Schmuck zuzuordnenden Bestandteile auch vom Äußeren her den Gesamteindruck derart prägten, dass dagegen die dem Gebrauchswert zuzuordnenden anderen Bestandteile in den Hintergrund traten, sind diese Uhren als Schmuck im Sinne des Art 2.3.3 der ABH 1989 anzusehen (vgl allgemein zur Gleichstellung von Schmuck-, Juwelen- und Kostbarkeiten § 229 ABGB; sowie zum Begriff der Kostbarkeiten auch Danzl Geo 2. ErgLfg 1999 Anm 6). Zutreffend hat daher das Berufungsgericht die Haftungsbegrenzung des Art 3.3.3 angewandt.
Berechtigt wendet sich die Revision allerdings gegen die Ansicht der Vorinstanzen, dass die Zerstörung des Schlosses der Eingangstür zur Ermittlung des Vorliegens eines von der Beklagten bestrittenen Einbruchsdiebstahls weder nach den ABH 1989 oder den AEB 1986 noch nach § 66 VersVG zu ersetzen wäre.
§ 66 Abs 1 VersVG bestimmt, dass der Versicherer die Kosten, die durch die Ermittlung und Feststellung des ihm zur Last fallenden Schadens entstehen, dem Versicherungsnehmer insoweit zu erstatten hat, als ihre Aufwendung den Umständen nach geboten war. Davon erfasst sind auch Kosten aus der Feststellung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach (vgl Prölss-Martin, VVG26 § 66 Rz 7; ähnlich Beckmann im Berliner Kommentar zum VVG26 § 66 Rz 5). Hier war nun die Schadensursache und der Anspruch des Klägers dem Grunde nach insoweit strittig, als die Beklagte in Abrede gestellt hat, dass überhaupt ein Einbruchsdiebstahl vorlag. Im Zuge der Ermittlungen dazu wurde das Schloss ausgebaut und zerstört. Die Beklagte hat sich auch auf diese Ermittlungsergebnisse gestützt. Dass die Zerstörung des Schlosses nicht erforderlich gewesen wäre, hat die Beklagte nicht vorgebracht. Werden aber bei Beurteilung des Vorliegens eines Einbruchsdiebstahls Ermittlungen der Polizei veranlasst und die Ermittlungsergebnisse von der Versicherung verwendet, so stellen die dabei dem Versicherungsnehmer erwachsenen Kosten solche iSd § 66 Abs 1 VersVG dar. Daher hat die Beklagte schon nach § 66 Abs 1 VersVG für diese Kosten einzustehen. Insgesamt war daher das Berufungsurteil im Umfange von S 23.403,-- zu Gunsten des Klägers abzuändern.
Im Hinblick auf die Geringfügigkeit war jedoch weder eine Abänderung der Kostenentscheidung der Vorinstanzen noch eine Kostenteilung im Sinne des § 43 Abs 1 vorzunehmen (vgl §§ 50 und 43 Abs 2 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)