Spruch:
Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger ist Kommanditist (und Prokurist) der beklagten Kommanditgesellschaft. Laut § 8 des Gesellschaftsvertrages "steht es jedem Gesellschafter während der Geschäftszeiten frei, auf eigene Kosten uneingeschränkt in die Bücher und die Papiere sowie die sonstigen Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen; sofern dieses Recht vom jeweiligen Gesellschafter nicht selbst ausgeübt wird, ist die Übertragung des Einsichtsrechtes an einen Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater oder Buchprüfer auf Kosten des Auftraggebers zulässig. Mit dieser Übertragung ist keine Aufgabe des eigenen Rechtes bzw der Rechtsausübung im eigenen Namen verbunden".
Mit der am 6. 10. 2000 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 242.646,-- samt 4 % Zinsen seit 1. 4. 2000. "Die bewusste Missachtung vertraglicher Beziehungen und Bindungen wie auch andere aufklärungsbedürftige Umstände" hätten ihn veranlasst, eine externe Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsfirma mit der Bucheinsicht zu beauftragen, wofür ihm der Klagsbetrag in Rechnung gestellt worden sei, den jedoch die beklagte Partei zu tragen habe. Es handle sich um "Kosten für die gerechtfertigte Ausübung seiner Kontrollrechte", weil die Einsichtnahme "durch eine wesentliche Pflichtenverletzung gegenüber dem kontrollierenden Gesellschafter indiziert und auch durch die Bucheinsicht bestätigt" worden sei. Diese sei insbesondere deshalb notwendig gewesen, weil die einen wesentlichen Gegenstand des Familienunternehmens bildende Reisebürosparte trotz fehlender Zustimmung des Klägers 1999 verkauft worden sei. Hilfsweise wurde das Klagebegehren auch noch darauf gestützt, dass der Kläger gemäß § 6 des Gesellschaftsvertrages berechtigt sei, allein und ohne Zustimmung des Geschäftsführers oder eines zweiten Prokuristen derartige Gutachten bis zu einem Gesamtwert von S 500.000,-- in Auftrag zu geben, wobei er im Falle einer Zahlung des Rechnungsbetrages von der beklagten Partei Ersatz zu begehren berechtigt sei. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren. Einerseits sei im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich festgehalten, dass die Kosten der vom Kläger beauftragten externen Firma der Auftraggeber, sohin der Kläger selbst, zu tragen habe; auch habe die beklagte Partei dem Kläger keinen wichtigen Grund zur Ausübung dieser besonderen Kontrollrechte gegeben. Andererseits stelle die Auftragerteilung zur Bucheinsicht auch kein Geschäft des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes dar; nur in diesem Bereich sei der Prokurist zur alleinigen Vergabe von Aufträgen berechtigt. Der Kläger sei hiebei auch nicht für die Beklagte aufgetreten, sondern habe diesen Auftrag im eigenen Namen erteilt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahmen als unschlüssig ab. § 8 des Gesellschaftsvertrages stelle eine zum Vorteil des Klägers von § 166 HGB abweichende Norm dar. Zwar könne eine Gesellschaft zur Tragung der Kosten für eine von einem Gesellschafter in Ausübung seiner Informationsrechte beauftragte Firma verpflichtet werden, jedoch nur in Ausnahmefällen, wenn die Einsichtnahme eine Verletzung wesentlicher Pflichten gegenüber dem kontrollierenden Gesellschafter ergeben habe. Dies ergebe sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien, die jedoch im Zusammenhang mit den Kontrollrechten des Gesellschafters einer OHG nach § 118 HGB ergangen sei. Nach § 166 Abs 2 HGB stünden jedoch die in dieser Gesetzesstelle dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter eingeräumten weiteren Rechte einem Kommanditisten wie dem Kläger gerade nicht zu. Dies könne auch nicht aus § 8 des Gesellschaftsvertrages abgeleitet werden. Der Kläger habe nicht einmal behauptet, dass die Parteien durch mündliche Nebenabreden oder aufgrund übereinstimmenden Verständnisses von einer solchen Auslegung ausgegangen seien. Dass die Regelung des Gesellschaftsvertrages zufällig der gesetzlichen Regelung zum Fall der OHG entspreche, vermöge nichts am Ergebnis zu ändern, da die dortige Judikatur hier nicht anwendbar sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach weiters aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:
Zwar stünden einem Kommanditisten die Kontrollrechte (eines OHG-Gesellschafters) nach § 118 HGB an sich nicht zu, wohl aber dann, wenn sie ihm - wie hier - vertraglich besonders eingeräumt worden seien. Der Kläger habe hiebei wohl nach dem Inhalt dieses Gesellschaftsvertrages die Kosten der Übertragung des Einsichtsrechtes an einen Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater oder Buchprüfer selbst zu tragen; in Ausnahmefällen könne aber die Gesellschaft diese Kosten zu übernehmen haben. Dazu gehöre nach der schon vom Erstgericht zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien etwa der Fall, dass die Einsichtnahme eine Verletzung wesentlicher Pflichten gegenüber dem kontrollierenden Gesellschafter ergeben habe. Liege dieser Fall vor, so könne der Gesellschafter die Erstattung seiner Kosten von der Gesellschaft verlangen. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes habe der Kläger ausreichend behauptet, dass die Einsichtnahme die Verletzung solcher wesentlicher Pflichten ihm gegenüber ergeben habe. Das Erstgericht werde daher im fortzusetzenden Verfahren nicht umhin können, die Behauptungen des Klägers in dieser Richtung zu überprüfen und die angebotenen Beweise aufzunehmen.
Die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof wurde damit begründet, dass "soweit überblickbar, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Möglichkeit der Überwälzung der Kosten der Einsicht und der Kontrolle auf die OHG - oder bei vertraglicher Einräumung auf die KG - sowie zur Frage, was eine 'wesentliche Pflicht' gegenüber dem kontrollierenden Gesellschafter ist, fehlt". Gegen diese Entscheidung richtet sich der erkennbar auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, in Stattgebung des Rechtsmittels den Beschluss des Berufungsgerichtes ersatzlos zu beheben und das Ersturteil wiederherzustellen.
Die klagende Partei hat eine Rekursbeantwortung erstattet, in welcher beantragt wird, dem Rechtsmittel der Gegnerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. Dies aus folgenden Erwägungen:
Nach § 166 Abs 1 HGB ist der Kommanditist nur berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Schriften zu prüfen. Die im § 118 HGB dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter (einer OHG) eingeräumten weiteren Rechte (in SZ 50/90 als "Grundrechte des Gesellschafters" bezeichnet) stehen dem Kommanditisten nach Abs 2 des § 166 HGB hingegen - anders als dem Komplementär (kraft § 161 Abs 2 HGB; Jabornegg in Jabornegg, HGB Rz 1 zu § 166) - nicht zu. Damit sind die Informations- und Prüfungsrechte des Kommanditisten erheblich eingeschränkt. Neben dem in Abs 1 leg cit statuierten ordentlichen Informations- und Prüfungsrecht steht ihm nur bei Vorliegen wichtiger Gründe das Recht zu, im Wege des Gerichtes die Mitteilung einer Bilanz oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere der Gesellschaft zu verlangen (§ 166 Abs 3 HGB; außerordentliches Informations- und Prüfungsrecht: Jabornegg, aaO; Torggler/Kucsko in Straube, HGB2 Rz 1 und 10 zu § 166; Martens in Schlegelberger, HGB5 Rn 1 und 22 ff zu § 166 [außerordentliches Überwachungsrecht]). Die Gründe für diese Einschränkung in den genannten Informations- und Kontrollrechten liegen in den Besonderheiten der Kommanditistenstellung, insbesondere ihrer nur beschränkten Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten gegenüber der unbeschränkten Haftung der KG-Komplementäre (§ 161 Abs 1 HGB; Jabornegg, aaO Rz 2 zu § 166). Da diese gesetzliche Regelung vielfach als den praktischen Erfordernissen nicht angemessen betrachtet wurde (Jabornegg, aaO Rz 4 und 5 zu § 166 mwN auch zum deutschen Meinungsstand), besteht kein Einwand, einem Kommanditisten unter Umständen - wie hier - vertraglich zusätzliche Informationsrechte einzuräumen, die eine verständige Ausübung aller Kommanditistenrechte ermöglichen (Jabornegg, aaO Rz 5, 7 und 33 zu § 166), zumal § 118 HGB grundsätzlich dispositives Recht ist (Jabornegg, aaO Rz 13 zu § 166 und Rz 28, 29 zu § 118; Torggler/Kucsko, aaO Rz 12 zu § 166 und Rz 23 zu § 118; Horn in Heymann, HGB Rn 25 zu § 166). Dass der Kläger diese (nunmehr kostenmäßig auf die Gesellschaft zu überwälzen beabsichtigten) Kontrollbefugnisse schikanös, also (ausschließlich) rechtsmissbräuchlich und zum Nachteil der beklagten Partei ausgeübt habe (RIS-Justiz RS0022121; Jabornegg, aaO Rz 10 zu § 166 und Rz 15 zu § 118; Feil, HGB Rz 3 zu § 166), behauptet nicht einmal die beklagte Partei. Dass sich der Kläger zur Ausübung dieser seiner Kontrollrechte eines sachverständigen Dritten in Form eines externen Wirtschaftsprüfers bediente, entsprach ebenfalls der gesellschaftsvertraglichen Regelung und wäre auch sonst unter Umständen nicht zu verwehren (Jabornegg, aaO Rz 19 und 21 zu § 118 iVm Rz 28 zu § 166; Torggler/Kucsko, aaO Rz 18 zu § 118). Im vorliegenden Fall ist nun die gesellschaftsvertragliche Regelung nicht nur der Kontrollrechte, sondern auch der daraus erfließenden Kostenbelastung an sich eindeutig (§ 914 ABGB): Diese sind "auf Kosten des Auftraggebers" bzw "auf eigene Kosten" auszuüben. Dies entspräche auch (bei fehlender vertraglicher Grundlage) der herrschenden Meinung zu den gesetzlich statuierten Rechten (Jabornegg, aaO Rz 24 zu § 118 iVm Rz 28 zu § 166; Feil, aaO Rz 5 zu § 166; Troggler/Kucsko, aaO Rz 19 zu § 118; Ullmer in HGB, Staub Großkomm4 Rn 40 zu § 118; OLG Wien in NZ 1995, 183 = HS 25.046).
In der zuletzt und auch bereits von den Vorinstanzen, wenngleich mit
unterschiedlicher Akzentuierung, zitierten Entscheidung sprach das
Oberlandesgericht Wien hiezu weiters aus, dass zwar - im Sinne der
wiedergegebenen Rechtsgrundsätze - der das Kontrollrecht ausübende
(dort: OHG-)Gesellschafter alle Kosten, die mit der Ausübung seiner
Kontrollrechte verbunden sind, zu tragen habe; in Ausnahmefällen
könne aber auch die Gesellschaft diese (Sachverständigen-)Kosten zu
übernehmen haben. Dazu gehöre etwa der Fall, dass die Einsichtnahme
eine Verletzung wesentlicher Pflichten gegenüber dem kontrollierenden
Gesellschafter ergeben hat (so auch ausdrücklich Martens, aaO Rn 30
zu § 118); hier könne der Gesellschafter die Erstattung seiner Kosten
von der Gesellschaft verlangen. Dies entspricht auch der Auffassung
im maßgeblichen gesellschaftrechtlichen weiteren Fachschrifttum, die
insbesondere von Torggler/Kucsko, aaO Rz 19 zu § 118
(Kostentragungspflicht der Gesellschaft "zB wegen nicht aufgeklärter
Abweichungen des Jahresabschlusses von dem des Vorjahres"); Ulmer,
aaO Rn 40 zu § 118 (der als solchen Ausnahmefall nennt, "wenn und
soweit der Zustand der Unterlagen und insbesondere der Buchführung
sich als nicht ordnungsgemäß erweist oder wenn die Einsichtnahme zu
der Erkenntnis führt, dass wesentliche Rechte des Gesellschafters zu
seinem Nachteil verletzt worden sind und der Gesellschafter aus
diesem Grunde die Hinzuziehung eines Sachverständigen den Umständen
nach für erforderlich halten durfte") sowie Goerdeler, Die Zuziehung
von Sachverständigen bei der Einsicht in die Bücher, in FS Stimpel
(1985), 125 (137: bei Sachverhalten, "die die Tätigkeit des
Sachverständigen aufgrund von der Gesellschaft zu vertretender
Umstände objektiv als geboten erscheinen lassen, woraus sich dann
eine Kostentragungspflicht der Gesellschaft ergibt ... vor allem
dann, wenn die Untersuchung durch den Sachverständigen ein nicht
unerhebliches Fehlverhalten seitens der Gesellschaft ... aufdecken
sollte") vertreten wird.
Solche, den genannten Beispielen durchaus vergleichbare, jedenfalls gewichtige Gründe hat der Kläger bereits in der Klage (und später auch in seinem auf die Klagebeantwortung replizierenden Schriftsatz ON 6) ausdrücklich (und mit ausreichender Deutlichkeit) behauptet und dafür Beweise angeboten. Von einer Unschlüssigkeit derselben (Rechberger/Frauenberger in Rechberger, ZPO2 Rz 13 vor § 226) kann daher - entgegen der Rechtsauffassung des (vermeintlich verfahrensökonomisch) sogleich mit Klageabweisung vorgehenden Erstgerichtes, welches bei Stichhaltigkeit seiner Rechtsauffassung überdies zur Schlüssigstellung gemäß § 182 ZPO im Sinne eines Verbesserungsversuches gehalten gewesen wäre (1 Ob 106/01x; 2 Ob 222/01p; RIS-Justiz RS0037161) - keinesfalls gesprochen werden. Ob aber solche wichtige Gründe mit der Wertigkeit im Sinne der zuvor aufgezählten Ausnahmefälle für den Kläger auch tatsächlich vorliegen bzw seinerzeit gegeben waren, kann nach derzeitiger Aktenlage (mangels Beweisaufnahmen und Feststellungen hiezu) nicht beurteilt werden; dies wird (erst und abschließend) nach Vorliegen einer hiefür ausreichenden Sachverhaltsgrundlage durch entsprechende Würdigung derselben und unter Abwägung der für und wider vorgebrachten Argumente beider Seiten samt Berücksichtigung der konkret vom Kläger als verletzt behaupteten Kommanditisteninteressen möglich sein. Mangels Spruchreife hat das Berufungsgericht daher zutreffend die klageabweisliche Entscheidung des Erstgerichtes behoben und diesem eine Fortsetzung des Verfahrens samt neuerlicher Entscheidung im aufgezeigten Sinne aufgetragen.
Der Kostenvorbehalt ist in § 52 Abs 1 ZPO begründet.
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