OGH 7Ob175/21t

OGH7Ob175/21t24.11.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*, vertreten durch Dr. Peter Lindinger, Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei S* R*, vertreten durch den Erwachsenenvertreter Mag. J* K*, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Mauhart, Rechtsanwalt in Linz, wegen 3.496,48 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Juli 2021, GZ 14 R 12/21i‑34, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0070OB00175.21T.1124.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1 Die am 14. 2. 2020 eingebrachte Räumungsklage wurde der Beklagten am 20. 2. 2020 zugestellt. In den Tagsatzungen vom 15. 5. 2020 und 15. 6. 2020 erstattete die unvertretene Beklagte umfangreiches (Bestreitungs‑)Vorbringen. Mit Beschluss vom 29. 6. 2020, GZ 19 P 180/19b‑83 des Bezirksgerichts Urfahr, wurde für die Beklagte ein Rechtsanwalt zum einstweiligen Erwachsenenvertreter bestellt, dessen Aufgabe die Vertretung vor Gerichten, insbesondere im hier vorliegenden Verfahren umfasste. Dieser nahm an der Tagsatzung vom 3. 9. 2020 teil. Ohne sich gegen die Wiederholung der bisherigen Verhandlungsergebnisse nach § 138 ZPO auszusprechen, bestritt er das Klagebegehren und brachte zur Sache vor.

[2] 1.2 Die Beklagte erachtet nunmehr den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO als gegeben, weil ihr Erwachsenenvertreter die Prozessführung nicht genehmigt habe.

[3] 1.3 Der genannte Nichtigkeitsgrund liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn die Prozessführung nachträglich ordnungsgemäß genehmigt wurde. Die Genehmigung kann in jeder beliebigen Form, sowohl prozessual als auch außergerichtlich, und auch konkludent, erfolgen (RS0042223, insb 4 Ob 229/07s mwN, vgl auch RS0035639 [T1]).

[4] 1.4 Der Erwachsenenvertreter beteiligte sich am erstgerichtlichen Verfahren und erstattete umfangreiches (Bestreitungs‑)Vorbringen. In der Berufung wurde eine allfällige fehlende Genehmigung der Prozessführung nicht geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund ist hier eine schlüssige Genehmigung der Prozessführung gegeben.

[5] 2.1 Nach § 1118 zweiter Fall ABGB kann der Bestandgeber die frühere Aufhebung des Vertrags fordern, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Mietzinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat.

[6] 2.2 Die Vorinstanzen verneinten die eingewandte Pachtzinsminderung auf null und gingen von der Wirksamkeit der auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützten Auflösung des Pachtverhältnisses über eine Schutzhütte infolge qualifiziert eingemahnter Pachtzinsrückstände aus. Gegen diese Beurteilung bringt die Beklagte keine stichhaltigen Argumente.

[7] 2.2.1 Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gilt die Sondernorm des § 33 Abs 2 MRG nur für Bestandobjekte, die dem Kündigungsschutz unterliegen (vgl 5 Ob 177/11g mzwN); die Anwendbarkeit auf das hier vorliegende Pachtverhältnis ist damit nicht gegeben.

[8] 2.2.2 Gegen ein Räumungsbegehren wegen Nichtzahlung des Bestandzinses kann mangels Gleichartigkeit nicht mit Geldforderungen gegen den Bestandgeber prozessual aufgerechnet werden, der Bestandnehmer hat nur die Möglichkeit, gegen die anerkannte Zinsforderung außergerichtlich aufzurechnen und den Räumungsanspruch mit der Behauptung zu bestreiten, dass die geltend gemachten Voraussetzungen für die Erhebung der Räumungsklage fehlen (RS0021036; RS0021118; 5 Ob 60/18m). Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die von der Beklagten in der Tagsatzung von 15. 6. 2020 ausschließlich prozessual erhobene Gegenforderung für den Fall des Zurechtbestehens des Zahlungsbegehrens auf eine bereits zuvor wirksam gewordene Auflösung des Vertrags keinen Einfluss habe, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung.

[9] 2.2.3 Mit ihrem Hinweis auf § 1 2. COVID‑19‑JuBG übergeht die Beklagte, dass sie nicht nur keine Tatsachenbehauptungen zum Vorliegen eines Mietvertrags über eine Wohnung aufstellte, sondern vielmehr ausdrücklich vorbrachte, dass die Zurverfügungstellung der Wohnung unentgeltlich als Zusatzleistung zum Pachtvertrag erfolgt sei.

[10] 3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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