Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beklagte Partei erstellte am 25. 7. 1996 für die klagende Partei, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, einen Betriebsberatungsbericht, der klären sollte, ob das Transportunternehmen der Klägerin fortgesetzt werden solle. Nach diesem Beratungsbericht ergaben sich für das Unternehmen der Klägerin in den Jahren 1993 und 1994 negative Bilanzergebnis von S 562.000,-- und S 266.000,- -. Für 1995 ermittelte die Beklagte hingegen eine positive Bilanz von S 82.000,- -, was aber ua darauf zurückzuführen war, dass die Klägerin einen Tiefkühlauflieger um S 319.000,-- verkauft hatte. Auch für die Zeit von Jänner bis April 1996 ermittelte die Beklagte ein positives Betriebsergebnis. Sie führte dazu im Beratungsbericht im Wesentlichen aus, von der Klägerin sei bis 1994 negativ bilanziert worden, weil "mit zu kleiner Flotte gefahren" worden sei und erst eine gewisse Marktstellung erlangt habe werden müssen. Es ginge nun darum, diese Stellung zu sichern und das 1995 bereits ausgeglichene Ergebnis durch Einsparungen und Optimierung der Disposition zu verbessern und in die Nachhaltigkeit zu führen. Das Unternehmen solle aus steuerlichen Gründen für 1996 rückwirkend in eine Einzelfirma umgewandelt werden. Das größte Problem bestehe auf Grund der hohen Verluste der Anfangsjahre, die noch nicht ordnungsgemäß finanziert seien, in der Liquiditätssituation. Wenn sich die Preise nicht weiter verschlechterten, könnten mit der Umstellung auf Kühltransporte bessere Ergebnisse erzielt werden. Der Ankauf von zwei neuen Kühlaufliegern werde empfohlen, da dies kaufmännisch zweckmäßiger sei, als mit den bereits älteren, gemieteten Aufliegern weiter zu fahren, die bereits hohe Reparaturaufwendungen verursachten.
Für 1995 beruhten die Berechnungen der Beklagten auf einer bloßen Arbeitsbilanz; der Jahresabschluss 1995 lag noch nicht vor. In der Saldenliste waren Buchwerte verschiedener Anlagegüter und Abschreibung von Bagatellgütern, nicht aber Normalabschreibungen enthalten, was aus der Analyse nicht herauszulesen war. Unberücksichtigt blieben auch "amtliche Diäten" und "Reisekosten Unternehmer", sodass das Unternehmensergebnis für 1995 in der Analyse jedenfalls positiver dargestellt wurde, als es sich aus der Saldenliste 1995 ergeben hätte.
Auf Grund des Beratungsberichtes der Beklagten finanzierte die Sparkasse L***** - die die Beklagte ebenfalls klagsweise in Anspruch genommen hat (wobei das Verfahren mit dem gegenständlichen verbunden wurde), das klagsabweisende Ersturteil jedoch sodann unbekämpft ließ - den von der Beklagten empfohlenen Ankauf von zwei Kühlaufliegern und stellte der Klägerin zusätzlich S 500.000,-- zur Deckung des Liquiditätsbedarfs zur Verfügung.
In der Folge wurde über das Vermögen der Klägerin am 13. 3. 1997 zu 20 S 190/97k des Landesgerichtes Wels der Konkurs eröffnet. Es kam schließlich zu einem Zwangsausgleich mit einer Quote von 20 %, worauf das Konkursverfahren mit rechtskräftigem Beschluss vom 7. 2. 2000 aufgehoben wurde.
Die Klägerin begehrte zuletzt (nach Klagsausdehnung) den Zuspruch von S 1,5 Mio = EUR 109.009,25 (sA) mit der wesentlichen Behauptung, die von der Beklagten durchgeführte Betriebs- und Bilanzanalyse sei in mehreren Punkten falsch gewesen. Bei richtiger Beurteilung durch die Beklagte hätte sie, die Klägerin, die im Vertrauen auf die Empfehlungen der Beklagten noch hohe Investitionen getätigt habe, bereits im Juli 1996 einen Konkursantrag stellen müssen. Durch die Weiterführung des Unternehmens sei ihr - auf Grund der erwirtschafteten Verluste bzw der frustrierten Investitionen (es wird die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis der Kühlauflieger als Schaden geltend gemacht) - ein Schaden in Höhe des (ausgedehnten) Klagsbetrags entstanden.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Dass das von der Klägerin erzielte wirtschaftliche Ergebnis von ihren Prognosen abgewichen sei und letztlich Konkurs angemeldet habe werden müssen, sei nicht auf ihre Beratungstätigkeit, sondern auf eine von ihr unvorhersehbare Unternehmensentwicklung zurückzuführen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Über den bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt stellte es noch fest, die Feststellung der Beklagten im Beratungsbericht, dass "erstmals ein leicht positives Ergebnis erzielt wurde, welches es zu festigen gelte", sei zu optimistisch gewesen. Die Prognose für 1996 beruhe aber auf keinen offensichtlichen Fehlern. Die Verwirklichung des prognostizierten Ergebnisses scheine möglich gewesen zu sein. Irreführend sei die Erwähnung eines positiven Teilergebnisses in den ersten Monaten des Jahres 1996, obwohl für das Gesamtjahr 1996 ein Verlust vorhergesagt worden sei. Die Analyse hätte ua auch Entscheidungsgrundlage für die Sparkasse L***** zur Klärung der Frage sein sollen, ob das Unternehmen der Klägerin fortgeführt und weiter Kredit gewährt werden solle. Aus diesem Blickwinkel sei die Analyse der Beklagten "unvollständig bzw unzureichend, jedenfalls aber nicht falsch" gewesen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, es sei eine betriebswirtschaftliche Gesamtberatung der Klägerin beabsichtigt und vereinbart worden. Die Analyse der Beklagten sei zumindest in Teilbereichen nicht zutreffend bzw unvollständig und die Prognose zu optimistisch gewesen. Andererseits beruhe die Prognose für 1996 aber auf keinen offensichtlichen Fehlern. Die Verwirklichung des prognostizierten Ergebnisses scheine möglich gewesen zu sein. Die Beratung der Beklagten sei daher jedenfalls nicht völlig falsch und ungeeignet dafür gewesen, auf sie einen positiven Entschluss der finanzierenden Bank zu gründen, dass das Unternehmen der Kläger weiter geführt werde. Trotz der festgestellten Unzulänglichkeit der Analyse könne eine haftungsauslösende Sorgfaltswidrigkeit der Beklagten iSd § 1299 ABGB nicht angenommen werden. Da die Beklagte daher kein Verschulden treffe, müsse auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens nicht mehr eingegangen werden.
Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen die erstinstanzlichen Entscheidung erhobenen Berufung der Klägerin keine Folge. Ungeachtet der von der Klägerin aufgezeigten Widersprüchlichkeit der erstgerichtlichen Feststellungen, wonach die Analyse der Beklagten einerseits als "nicht falsch" bezeichnet werde, andrerseits "in einigen Punkten unrichtig, zu optimistisch, irreführend und unvollständig gewesen sei und den Eindruck einer nicht vorhandenen Sicherheit erweckt habe", habe das Erstgericht das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Analyse des Betriebsergebnisses für 1995 und die Anfangsmonate 1996 fehlerhaft und daher auch die positive Prognose nicht gerechtfertigt gewesen sei, habe die Klägerin den ihr dadurch angeblich entstandenen Schaden nicht schlüssig dargelegt. Gemäß § 156 Abs 1 KO werde der Gemeinschuldner durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Weitere Verluste des Unternehmens aus der Weiterführung bis zur tatsächlichen Konkurseröffnung am 13. 3. 1997 seien daher letztlich zu Lasten der Gläubiger gegangen. Selbst wenn auch bei einer Konkurseröffnung schon zum 1. 8. 1996 ein Zwangsausgleich erzielbar gewesen wäre, habe die Klägerin den Vermögensnachteil, den sie durch die verspätete Konkurseröffnung erlitten habe, nicht dargetan. Auch der Umstand, dass das Unternehmen während des Konkurses (in eingeschränktem Umfang) offenbar erfolgreich weitergeführt habe werden können, begründe keinen Anspruch gegen die Beklagte; habe sich die Klägerin doch ausschließlich auf die Unrichtigkeit des analysierten Betriebsergebnisses 1995/1996 und darauf gestützt, dass die Beklagte nicht auf die tatsächlich schon zum 30. 6. 1996 gegebene Insolvenz hingewiesen habe. Fehler einer etwaigen weiterführenden Beratung seien nicht behauptet worden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision "im Hinblick auf die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens, die der Klägerin angesichts der Einwendungen der Beklagten hätte bewusst sein müssen", nicht zulässig sei.
Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteiles dahin, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; in eventu möge das Berufungsurteil aufgehoben werden.
Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, oder ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist, da das Berufungsgericht die Rechtslage in zweifacher Hinsicht verkannt hat, entgegen seinem Ausspruch zulässig und iSd Aufhebungsantrages berechtigt.
Die Revisionswerberin wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, ihre Klage sei unschlüssig und releviert für den Fall, dass die Unschlüssigkeit doch bejaht würde, eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens durch Verletzung der Manuduktionspflicht. Diesen Einwänden kommt Berechtigung zu:
Ein Klagebegehren ist schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RdW 1986, 272; SZ 60/288; MietSlg 40.777; MietSlg 44.764; 1 Ob 221/97z; 6 Ob 132/99a, MietSlg 51.663 uva), wenn also ein Versäumungsurteil erlassen werden könnte (8 Ob 127/82 ua). Bei Unschlüssigkeit einer Klage hat der Richter im Rahmen der nach § 182 ZPO gebotenen Anleitungspflicht allerdings darauf hinzuwirken, dass alle entscheidungswesentlichen Angaben gemacht werden (1 Ob 606/95; 3 Ob 241/97f, SZ 70/136; 8 Ob 294/01w; 1 Ob 15/02s; 7 Ob 179/02b; 1 Ob 73/03x; Fucik in Rechberger ZPO2 Rz 1 zu § 182 mwN; Gitschthaler in Rechberger ZPO2 Rz 15 zu § 84 f; Ballon in FS, Fasching, Die Rechtsprechung in Zuständigkeitsfragen, 65; ders, Einführung in das österreichische Zivilprozessrecht9 Rz 314; Konecny, Zur Erweiterung der Verbesserungsvorschriften durch die Zivilverfahrensnovelle 1983, JBl 1984, 13 [16 ff], 61 ff; Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 513). Der Verbesserungsauftrag ist von Amts wegen zu erteilen, selbst wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (ÖBA 1991, 671; SZ 70/136). Eine Anleitungspflicht besteht nur dort nicht, wo vom Kläger nicht einmal im Ansatz ein bestimmter Rechtsgrund geltend gemacht wird, immer aber dann, wenn es um die Ergänzung eines unvollständigen Vorbringens geht (1 Ob 30/98p mwN), also um eine Undeutlichkeit in den Einzelheiten (SZ 65/132). Wenn das Berufungsgericht im Gegensatz zur Auffassung des Erstgerichtes ein Klagebegehren für zu wenig bestimmt oder unschlüssig hält, hat es entweder selbst in einer Berufungverhandlung einen Verbesserungsauftrag zu erteilen oder das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und dem Erstgericht ein Verbesserungsverfahren aufzutragen. Die sofortige Klageabweisung macht das Berufungsverfahren mangelhaft (5 Ob 72/97t mwN; 6 Ob 132/99a). Die Partei soll nicht durch die Ansicht über die Unschlüssigkeit ihres Begehrens überrascht werden (MietSlg 42/27).
Bei Richtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichtes über die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens müssten die Entscheidungen der Vorinstanzen daher im aufgezeigten Sinn zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nach den §§ 84 f ZPO aufgehoben werden (vgl 6 Ob 132/99a sowie jüngst 1 Ob 73/03x). Der Klägerin ist aber zuzustimmen, dass sie zur Begründung ihres Zahlungsbegehrens ein ausreichend konkretes Sachverhaltsvorbringen erstattet hat.
Verfahrensgegenständlich ist ein Schadenersatzbegehren. Für die Substantiierung eines Schadenersatzanspruches ist es notwendig, dass nicht nur das rechtswidrige, schuldhafte und kausale Verhalten des Schädigers, sondern auch - neben dem ziffernmäßig bestimmten Begehren - die Art des eingetretenen Schadens behauptet wird (4 Ob 376/84; ArbSlg 10.427; 8 Ob 341/97y). Der Ansicht des Berufungsgerichtes, letzteres - nämlich die Behauptung eines konkreten Schadens in nachvollziehbarer Weise - sei von der Klägerin unterlassen worden, ist zu widersprechen:
Die Klägerin hat vorgebracht, durch einen Beratungsfehler der Beklagten von der erforderlichen sofortigen Stellung eines Konkurseröffnungsantrages abgehalten und zur Weiterführung des Transportunternehmens veranlasst worden zu sein. Dadurch sei ihr ein Vermögensschaden entstanden. Die Ausführungen der Klägerin sind ohne weiteres dahin zu verstehen, dass ihre Vermögenslage zum Zeitpunkt der tatsächlichen Eröffnung des Konkurses am 13. 3. 1997 schlechter gewesen sei als ca 8 Monate zuvor. Dies wird auch noch dahin erläutert, dass moniert wird, ua durch eine Investition (den Ankauf von zwei Kühlaufliegern) eine Vermögenseinbuße erlitten zu haben, da die Weiterführung des Betriebes nicht (wie von der Beklagten prognostiziert) gewinn-, sondern verlustbringend gewesen sei.
Die Klägerin verlangt nun, von der Beklagten so gestellt zu werden, wie sie ohne deren behauptetes schuldhaftes Verhalten gestellt wäre. Der geltend gemachte Schaden ist demnach durch eine Differenzrechnung zu ermitteln; es ist zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen (EvBl 1977, 301/140 = GesRZ 1977, 23; SZ 51/7; SZ 53/107 = EvBl 1981, 206/59 = NZ 1981, 105; RIS-Justiz RS0030153; vgl etwa zuletzt 1 Ob 15/02s).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist die gegenständliche Klage daher ausreichend substantiiert. Eine detailliertere Schadensdarstellung konnte unterbleiben, zumal § 76 iVm § 226 Abs 1 ZPO nur eine knappe und übersichtliche, gedrängte Darstellung des behaupteten Sachverhaltes, also keine bis in letzte Einzelheiten gehende Detaillierung verlangt. Ein Prozessvorbringen wird immer dann als ausreichend präzise angesehen werden können, wenn das Beweisthema damit so klar erscheint, dass eine sinnvolle Beweisaufnahme nach den Prozessvorschriften (zB die Ausübung des Fragerechtes und die Erkennbarkeit der Relevanz vorgelegter Urkunden) möglich ist. Dies trifft im vorliegenden Fall zu.
Das Berufungsgericht wird sich daher unter Abstandnahme vom Abweisungsgrund der Unschlüssigkeit mit der Berufung der Klägerin auseinanderzusetzen und insbesondere zunächst die darin erhobene Beweisrüge zu behandeln habe.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich § 52 ZPO.
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