OGH 7Ob148/73

OGH7Ob148/733.10.1973

SZ 46/95

Normen

CMR Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr Art13
CMR Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr Art40
CMR Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr Art41 Abs1
HGB §432
CMR Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr Art13
CMR Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr Art40
CMR Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr Art41 Abs1
HGB §432

 

Spruch:

Die Bestimmungen der CMR sind zwingend; abweichende Vereinbarungen - ausgenommen jene nach Art. 40 CMR - sind unwirksam

Die Frachtkostenforderung aus dem Frachtbrief steht ungeachtet eines anderen Inhaltes des Beförderungsvertrages jenem Frachtführer, der Gut und Frachtbrief in Händen hat, gegen den Empfänger zu, der von ihm die Ablieferung des Gutes und Übergabe des Frachtbriefes verlangt hat; in diesem Zeitpunkt muß die Höhe der Frachtkosten aus dem Frachtbrief "hervorgehen", sei es durch ziffernmäßige Angabe, sei es durch ausdrückliche Verweisung auf einen Tarif

OGH 3. Oktober 1973, 7 Ob 148/73 (OLG Wien 2 R 58/73; HG Wien 19 Cg 143/72)

Text

Die Beklagte beauftragte im Herbst 1967 die Wiener "T" Gesellschaft m. b. H. (im folgenden kurz T genannt) mit dem Transport von Weintrauben aus der Türkei nach Wien gegen fixe Frachtkosten. Die T, der die Durchführung der Transporte durch andere Frächter freigestellt war, bediente sich hiezu der (in Budapest domizilierten) Klägerin. Diese erhielt nur einen Teil ihrer Frachtkosten von der T und begehrt den Rest von der Beklagten als Empfängerin der Ware entsprechend einem Vermerk in den Frachtbriefen. Die Beklagte, die der T die vereinbarten Frachtkosten bezahlt hat, bestreitet den Klagsanspruch wegen des Fehlens eines Vertragsverhältnisses zur Klägerin. Diese beruft sich auf Art. 13 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) BGBl. 138/1961.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen wesentlichen Feststellungen hatte sich die T beim Abschluß der Subfrachtverträge verpflichtet, der Klägerin die auflaufenden Frachtkosten zu bezahlen. Auf Wunsch der T wurde die Rubrik 14 der Frachtbriefe beim Vordruck "zu zahlen von mit den Worten durch den Empfänger ausgefüllt. Die Klägerin hatte sich nicht bei der Beklagten vergewissert, ob diese mit dem Vermerk einverstanden sei. Die Beklagte hat den Vermerk in der Folge wohl zur Kenntnis genommen, aber die Frachtbeträge entsprechend der mit der T geschlossenen Vereinbarung an diese ausbezahlt, während die Klägerin die Fakturen über die Transporte zunächst an die T ausstellte.

Im Auftrage der Beklagten führte die Wiener Spedition R die Zollabfertigung der eingehenden Transporte durch und verständigte die Beklagte stets beim Einlangen eines Transportes telefonisch. Sie übernahm zunächst auch die Frachtbriefe und vermerkte allfällige Beanstandungen darauf. Schließlich wurden die Papiere an die Beklagte als Empfängerin weitergeleitet. Der Vertreter der T, der bei jeder Ankunft anwesend war, entnahm jeweils ein Frachtbriefdoppel aus den Papieren und stellte auf Grund der Information durch die Spedition R die Faktura auf die Beklagte aus. Die Höhe der Frachtsätze war im Zeitpunkt der Ankunft der Transporte noch nicht in den Frachtbriefen eingesetzt. Die Chauffeure der Klägerin hatten die Frachtkosten nicht unmittelbar zu kassieren.

Am 13. November 1967 teilte die Klägerin, nachdem sie vergeblich bei der T um die Bezahlung der LKW-Frachten bemüht hatte der Beklagten mit, daß sie die Beistellung von Lastkraftwagen nach der Türkei habe unterbrechen müssen, weil die T einen Betrag von über 7000 US-$ schulde. Sie verwies bei dieser Gelegenheit erstmalig auf den Vermerk, daß die Fracht beim Empfänger zu bezahlen sei, und bat um eine Stellungnahme der Beklagten. Diese verweigerte die Zahlung mit der Begründung, die Frachtkosten an ihren Vertragspartner, nämlich die T, bereits bezahlt zu haben, und verwies darauf, daß der Vermerk in Rubrik 14 des Frachtbriefes nicht mit ihrem Einverständnis angebracht worden sei. Sie verlangte von der Klägerin einen grobgehaltenen Brief, und sich damit bei der T für die Bezahlung durch diese einsetzen zu können.

Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes besteht der Klagsanspruch schon dem Gründe nach nicht zu Recht weil eine vertragliche Beziehung zwischen den Streitteilen fehle und die Beklagte der Verpflichtung nach Art. 13 CMR, die Frachtkosten zu bezahlen, durch die Zahlung an die von ihr beauftragte T nachgekommen sei. Die Beklagte müsse die Frachtkosten kein zweites Mal an den Subfrächter bezahlen.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung Folge und hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es vertrat auf der Grundlage der unbekämpften erstrichterlichen Feststellungen die Rechtsansicht, daß der im Frachtbrief bezeichnete Empfänger nach Art. 13 Abs. 2 CMR im gleichen Sinne wie nach § 436 HGB durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes verpflichtet werde, dem Frachtführer nach Maßgabe des Frachtbriefes Zahlung zu leisten. Soweit sich diese Forderung des Frachtfuhrers mit jener der T aus dem Frachtvertrag decke, liege eine gemeinschaftliche Forderung vor, die durch Zahlung an einen der Gläubiger mit schuldbefreiender Wirkung nur im Falle der Zustimmung aller befriedigt werden konnte. Allerdings habe die Klägerin zunächst das Frachtgut vorbehaltlos ausgefolgt und sich bezüglich der Frachtspesen an ihren Vertragspartner, die T, gewendet, die ihrerseits der Beklagten die vertraglich vereinbarten Frachtkosten in Rechnung stellte. Damit habe die Klägerin vorerst stillschweigend auf die Geltendmachung ihrer gesetzlichen Ansprüche gegen die Beklagte verzichtet, so daß diese der T zunächst mit schuldbefreiender Wirkung auch gegenüber der Klägerin zahlen konnte. Letztere habe aber im Schreiben vom 16. November 1967 klar zum Ausdruck gebracht, daß sie nun die Beklagte auf Grund der Frachtbriefe nach Art. 13 Abs. 2 CMR wegen der Frachtkosten in Anspruch nehmen werde. Daraus habe die Beklagte ersehen müssen, daß die Klägerin jetzt mit etwaigen weiteren Zahlungen von Frachtkosten an die T nicht mehr einverstanden sei. Sollte die Beklagte dennoch weitere Zahlungen an die T geleistet haben, so käme diesen keine schuldbefreiende Wirkung mehr gegenüber der Klägerin zu. Die Entscheidung des Rechtsstreites hänge somit wesentlich von dem nicht festgestellten Umstand ab, ob und wann die Beklagte die im Schreiben der Klägerin vom 16. November 1967 angeführten sowie spätere Frachtkosten an die T bezahlt habe, zumal eine Verjährung der Klagsforderung nicht eingetreten sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rekurswerberin hält darin fest, daß zwischen ihr und der Klägerin keine Rechtsbeziehungen bestanden haben und daß sich daher die Klägerin nur an die T halten könne. Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend erkannt, daß den Empfänger des Frachtgutes, obwohl er in der Regel nicht Partei des Beförderungsvertrages ist, sowohl nach dem österreichischen nationalen Recht (§ 436 HGB. vgl. hiezu Hämmerle, Handelsrecht[2] III, 148, RGR-HBG[2] V 444 Schlegelberger HGB[4] IV, 2803) als auch nach internationalen Vereinbarungen gewisse Pflichten treffen, sobald er die Rechte des Empfängers geltend macht. Hier ist in dieser Beziehung das übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) BGBl. 138/1961 anzuwenden, das als völkerrechtliches Übereinkommen durch Ratifikation nationales Recht geworden ist und ohne Rücksicht auf den Wohnort und die Staatsangehörigkeit der Parteien grundsätzlich für alle Transporte im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr von und nach Österreich gilt (Art. 1 Abs. I).

Nach Art. 13 Abs. 2 CMR hat der Empfänger, der die ihm nach Abs. 1 zustehenden Rechte - d. i. hier auf Auslieferung des angekommenen Gutes und Übergabe der zweiten, das Gut begleitenden "Originalausfertigung" (Art 5 Abs. I) des Frachtbriefes gegen Empfangsbestätigung - geltend macht, den Gesamtbetrag der aus dem Frachtbrief hervorgehenden Kosten zu bezahlen. Daß diese Verpflichtung des Empfängers gegenüber dem Frachtführer besteht, der das Gut und den Frachtbrief in Händen hat (d. i. hier die Klägerin), kann keinem Zweifel unterliegen. Denn hinsichtlich der Ablieferung des Gutes nach Art. 13 stehen einander dieser Frachtfuhrer und der Empfänger gegenüber (vgl. auch §§ 432 Abs. 2 und 441 HGB) und nach dem Schlußsatz des Artikels hat der Empfänger Sicherheit zu leisten, wenn der Frachtführer bei Streitigkeiten über die Kosten die Ablieferung des Gutes davon abhängig macht. Überdies richtet sich die Verpflichtung des Empfängers nach dem Frachtbrief, und auch dort war die Klägerin als Frachtführer genannt.

Der Rechtsansicht der Rekurswerberin, daß die Klägerin auf dieses Recht durch den Abschluß eines Vertrages mit der T wirksam verzichtet habe, kann nicht gefolgt werden. Die gesetzliche Zahlungspflicht des Empfangers besteht, wie bereits dargestellt, grundsätzlich neben dem Vertragsverhältnis der Parteien des Beförderungsvertrages. Überdies wäre nach Art 41 Abs. 1 CMR jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen des Übereinkommens abweicht, nichtig und ohne Rechtswirkung. Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin sind die Bestimmungen der CMR somit zwingend und unabdingbar, und es ist jede andere Vereinbarung (hier über die Rechte des Frachtführers gegenüber dem Empfänger nach Art. 13) ausgeschlossen (Muth, Leitfaden zur CMR[2], 80). Die Ausnahmebestimmung des Art. 40 ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil sie nur den Fall des Regresses einer Entschädigungszahlung im Innenverhältnis zwischen mehreren Frachtführern nach Art. 37 und 38 betrifft (vgl. auch Muth 80), während es hier um die Frachtkosten im Außenverhältnis zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger geht, dessen Rechtsstellung gleichfalls in der CMR geregelt ist.

Der Rekurswerberin kann weiters auch nicht dahin gefolgt werden daß ein nachträglicher Verzicht der Klägerin auf alle restlichen Ansprüche nach Art. 13 Abs. 2 CMR vorliege. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die stillschweigende Zustimmung der Klägerin zur unmittelbaren Zahlung der Frachtkosten an den Vertragspartner der Beklagten nicht weiter reichen kann, als die Klägerin diese Art der Zahlung unwidersprochen ließ. Aus der zunächst stillschweigenden Genehmigung einer mittelbaren Abrechnung im Wege der T kann somit nicht abgeleitet werden, daß die Klägerin auf ihre unmittelbaren Ansprüche gegen die Beklagte zur Gänze, auch für die Zukunft und für den dann eingetretenen Fall der Nichtzahlung durch die T verzichtet habe. Der stillschweigende Verzicht ist im Zweifel einschränkend auszulegen. Es handelt sich nicht um den nachträglichen Widerruf einer einmal erteilten Zustimmung.

Daraus folgt nach der zutreffenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Beklagte nach Erhalt der Verständigung von 16. November 1967, daß der Frachtfuhrer sie als Empfanger wegen der Frachtkosten in Anspruch nehmen werde, nicht mehr an ihren Vertragspartner mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der durch die CMR berechtigten Klägerin leisten konnte. Allerdings handelt es sich nicht um eine Gesamtforderung (die die Klägerin nicht allein zu ihren Handen einklagen dürfte), sondern im Hinblick wiederum auf die zwingende Wirkung der CMR (Art. 41) um die gesetzliche Ermächtigung zur Einforderung der aus dem Frachtbrief hervorgehenden Kosten ungeachtet einer sonstigen Vertragsverpflichtung, ähnlich jener des § 441 HGB. Die Ruckverrechnung im Verhältnis zwischen der Beklagten und ihrem Vertragspartner T bedarf hier keiner Erörterung.

Hingegen hat der Oberste Gerichtshof bei der allseitigen Prüfung der Rechtslage wahrzunehmen, daß die Feststellungen des Erstrichters noch in einem weiteren wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig sind. Es handelt sich um die Frage, in welcher Weise die vom Empfanger zu zahlenden Kosten im Sinne des Art. 13 Abs. 2 CMR aus dem Frachtbrief "hervorgehen" müssen. Der Erstrichter hat festgestellt, daß die Höhe der Frachtsätze im Zeitpunkt der Ankunft der Transporte noch nicht in den Frachtbriefen eingesetzt war. Das Berufungsgericht meint - offenbar in diesem Zusammenhang -, die Höhe der Fracht müsse im Frachtbrief nicht angegeben sein und es genüge, daß die "Tatsache ihres Anfalles aus dem Frachtbrief hervorgehe Letzteres ist widerspruchlich oder wenigstens undeutlich und trifft in so allgemeiner Form nicht zu. Selbst für den Anwendungsbereich des § 436 HGB, wonach dem Frachtführer "nach Maßgabe des Frachtbriefes" Zahlung zu leisten ist, wird eine Bezugnahme auf andere Schriftstücke oder Vorschriften (Reglements, Tarife, Lokalstatuten und Ortsgebräuche) zwar allgemein als ausreichend angesehen, aber doch überwiegend auch als erforderlich bezeichnet (RGR-HGB[2] V, 445). Schlegelberger (HGB[4] IV, 2804) meint allerdings, es reiche aus, wenn sich die Pflichten des Empfängers aus dem Frachtbrief in Verbindung mit gesetzlichen Vorschriften, Handelsbräuchen oder allgemeinen Beförderungsbedingungen ergeben, und es brauche darauf nicht ausdrücklich verwiesen werden, weil sich ihre Anwendung mangels ausdrücklicher gegenteiliger Regelung im Frachtbrief von selbst ergebe. Die im vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung des Art. 13 Abs. 2 CMR ist aber einer solchen Auslegung nicht zugänglich. Der Gesamtbetrag der "aus dem Frachtbrief hervorgehenden Kosten ist zu zahlen. Dieser Wortlaut schließt aus, daß nicht ausdrücklich genannte andere Bestimmungen oder Tarife die Zahlungsverpflichtung beeinflussen. Das liegt auch nahe, weil im grenzüberschreitenden Güterverkehr Zweifel entstehen müßten, welches nationale Recht oder regionaler Handelsbrauch auf die Rechtsbeziehung mit dem außerhalb des Vertrages stehenden Empfänger subsidiär angewendet werden sollte.

Der Klarstellung der Zahlungsverpflichtung des Empfängers nach Art, 13 Abs. 2 CMR dienen die Vorschriften des Art. 6 Abs. 1 lit. i und 6 Abs. 2 lit. b und c, wonach der Frachtbrief u. a. die Angabe der mit der Beförderung verbundenen Kosten (Fracht, Nebengebühren, Zölle und andere Kosten, die vom Vertragsabschluß bis zur Ablieferung anfallen) und zutreffendenfalls ferner Angaben über die Kosten, die der Absender übernimmt, und über den Betrag einer bei der Ablieferung des Gutes einzuziehenden Nachnahme enthalten muß. Die Gesamtkosten abzüglich jenes Betrages, den der Absender gegenüber dem Frachtführer übernimmt, stellen dann den Gesamtbetrag der aus dem Frachtbrief hervorgehenden Kosten dar, den der Empfänger zu zahlen hat, wenn er die ihm nach Art. 13 Abs. 1 zustehenden Rechte gegenüber dem Frachtführer geltend macht (Precht, CMR- Handbuch[2], 55). Entsprechend dieser Regelung enthält der von der Internationalen Straßentransport-Organisation in Genf (IRU) mangels einer in der CMR vorgeschriebenen Form in Zusammenarbeit mit nationalen Straßenverkehrsorganisationen entwickelte (Muth, Leitfaden 20) und im vorliegenden Fall verwendete "lnternationale Frachtbrief" in der Spalte 14 "zu zahlen vom" Unterteilungen sowohl nach dem Gegenstand der Zahlung (Fracht, Ermäßigungen, Nebengebühren und sonstiges) als auch nach Absender und Empfänger und für beide einen Unterabschnitt über die Währung, in der die Zahlung zu erfolgen hat. Diese Spalte 14 war nach den Feststellunge des Erstrichters in den vorliegenden Frachtbriefen im Zeitpunkt der Ankunft der Transporte noch nicht ausgefüllt.

Es kommt aber nicht entscheidend auf diesen Zeitpunkt an. Wenn auch der Frachtbrief die Angaben über die mit der Beförderung verbundenen Kosten enthalten muß (Art. 6 Abs. 1 lit, i), so können doch mindestens solche Kosten vorläufig unbeziffert angegeben werden, deren Höhe erst im Laufe der Beförderung festgestellt werden kann (z. B. Zölle; vgl. Precht, CMR = Handbuch, 54). Überdies ergibt sich aus Art. 7 Abs. 2 CMR, daß der Frachtführer auf Verlangen des Absenders die im Abs. 1 bezeichneten Angaben in dem Frachtbrief mit der Wirkung eintragen kann, daß bis zum Beweis des Gegenteils ein Handeln des Frachtfuhrers im Namen des Absenders vermutet wird. Die generelle Anweisung, daß die Fracht samt Nebengebühren durch den Empfänger zu zahlen ist, war hier durch die Ausfüllung der Zahlungsspalte 14 mit den Worten "durch den Empfänger" erteilt worden. Es würde daher genügen, wenn der Frachtfuhrer die Höhe der Frachtkosten vor der vom Empfänger verlangten Ablieferung des Gutes und der Übergabe des Frachtbriefes an ihn eingesetzt hätte. Denn der Empfänger anerkennt durch die Empfangnahme des Gutes und des Frachtbriefes, daß die aus dem letzteren - wenigstens jetzt - hervorgehenden Kosten zu seinem Vorteil aufgewendet worden sind (vgl. SZ 7/385).

Für den Fall, daß der Betrag der Frachtkosten auch noch bei der Übernahme des Gutes und der Frachtbriefe durch die Beklagte nicht eingesetzt gewesen wäre, bleibt zu prüfen, ob die Höhe dieser Kosten nicht sonst aus dem Frachtbrief "hervorgegangen" ist. In Frage kommt die unter Punkt 12 der Frachtbriefe bereits vorgedruckte "sonstige Vereinbarung: Die Beförderung unterliegt den im ungarischen internationalen Straßengütertarif vom 1. Juli 1961 festgelegten Bedingungen". Es bestehen keine Bedenken, wie im oben erörterten nationalen Recht des § 436 HGB die ausdrückliche Bezugnahme auf andere Schriftstücke oder Bestimmungen als hinreichend anzusehen, um die Zahlungspflicht des Empfängers zu begrunden. Denn auch auf diese Weise gehen die Kosten, wenn auch mittelbar, aus dem Frachtbrief hervor, wenn und soweit der bezogene Tarif anwendbare Preisbestimmungen enthält. Daß der Hinweis auf die Beförderungsbedingungen nach dem ungarischen internationalen Straßengütertarif sich hier nicht in der Zahlungsrubrik 14, sondern an anderer Stelle findet, schadet nicht, weil diese "sonstige Vereinbarung" alle in Betracht kommenden Rubriken ergänzt und dieser Umstand gerade für die Frachtkosten nicht zu übersehen ist, wenn ein Tarif bezogen wird.

Das erstgerichtliche Verfahren ist somit zusammenfassend in erster Linie dahin ergänzungsbedürftig, ob und welche Frachtkostenbeträge in den einzelnen Frachtbriefen im Zeitpunkte der Übernahme des Frachtgutes oder bei späterer Übernahme der Frachtbriefe durch die Beklagte wenigstens in diesem Zeitpunkt ziffernmäßig eingesetzt waren oder ob wenigstens der bezogene ungarische Tarif anwendbare Bestimmungen über die Frachtkosten enthält. In zweiter Linie bleibt es beim berufungsgerichtlichen Erhebungsauftrag. Letztlich wird allenfalls auch die bestrittene Anspruchshöhe im einzelnen zu prüfen sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte