OGH 7Ob138/12p

OGH7Ob138/12p28.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinrich Giglmayr, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. A***** P*****, vertreten durch Rechtsanwälte Gehmacher Hüttinger Hessenberger Kommandit-Partnerschaft in Salzburg, wegen 32.715,94 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. Juni 2012, GZ 6 R 84/12h-22, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 30. März 2012, GZ 13 Cg 81/11h-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte beauftragte die Klägerin auf Grundlage eines Kostenvoranschlags mit der Errichtung eines Schwimmbads. Die Klägerin begann mit den Arbeiten im Sommer 2006. Am 14. Juni 2007 war die Anlage soweit fertiggestellt, dass eine Befüllung des Beckens möglich war. In der Folge konnte der Pool benutzt werden, jedoch musste noch die Schwimmbadabdeckung angebracht werden. Ende des Sommers war die Anlage letztlich fertiggestellt. Es fehlten lediglich die Lochbohrungen in der Whirlbank. Insoweit kamen die Parteien überein, dass diese Arbeiten zu finalisieren sind, wenn kein Wasser im Becken ist.

Am 16. November 2007 wurde der Pool von der Klägerin winterdicht gemacht. Dabei wurde das Wasser bis auf einen kleinen Teil abgelassen, sodass die Massagebank freigelegt war. Die Löcher wurden zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht in die Massagebank eingebohrt. Andere Mängel oder offene Punkte wurden zu diesem Zeitpunkt nicht gerügt.

Als im Frühling darauf die Winterabdeckung abgenommen wurde, fiel dem Beklagten auf, dass ein Edelstahlbalken rostig war, sich rostige Schrauben an der Rolldeckwelle befanden und die Folie am Beckenrand perforiert war. Der Beklagte rügte diese Mängel bei der Klägerin.

Da es wiederholt zu Problemen bei der Rollabdeckung gekommen war, beauftragte der Beklagte im Sommer 2008 den Einbau einer automatischen Niveauregelung. Dieser „Minimelder“ wurde am 17. Juli 2008 montiert.

Mit ihrer am 15. Juli 2011 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin restlich 32.715,94 EUR an Werklohn. Im Sommer 2007 sei lediglich ein provisorischer Schwimmbadbetrieb aufgenommen worden. Die endgültige Fertigstellung sei am 17. Juli 2008 durch Inbetriebnahme der Gegenstromanlage und der Massagebank sowie der Montage der automatischen Niveauregelung erfolgt.

Bereits im Jahr 2008 seien Mängel in Form von Rostbildung am eingebauten Edelstahlbalken aufgetreten, wobei die Ursachen unklar seien. Die Subunternehmerin sei umgehend mit der Mängelbehebung beauftragt worden. Sie sei dem Verbesserungsersuchen auch nachgekommen. Im April 2009 habe der Beklagte mitgeteilt, dass es nach dem Abschleifen des Balkens durch die Subunternehmerin zu einer massiven und hartnäckigen Verschmutzung von Pool und Poolumgebung und zu Rostbildungen auf den Terrassenplatten gekommen sei. Der Beklagte habe die Klägerin nach Entfernung der Platten verständigen wollen, dies sei jedoch nicht geschehen. Im Frühling 2010 habe die Klägerin auf Wunsch des Beklagten einen Konstruktionsplan für den auszutauschenden Edelstahlbalken und einen ebenfalls gerügten Mangel beim Rollabdeckungsblech angefertigt, dieser sei jedoch trotz mehrerer Urgenzen vom Beklagten nicht freigegeben worden. Vielmehr habe er nach einiger Zeit mitgeteilt, dass eine andere Firma mit der Ersatzvornahme beauftragt worden sei. Beim Rolldeckschacht sei lediglich der Edelstahlbalken zu tief angebracht gewesen, die Klägerin sei stets zur Behebung bereit gewesen. Die übrigen nunmehr vom Beklagten geltend gemachten Mängel mit Ausnahme der angeblich defekten Folie und der rostigen Schrauben seien nicht gerügt worden. Die Schrauben seien bereits ausgetauscht worden. Ein Verbesserungsvorschlag hinsichtlich der defekten Folie sei nicht aufgegriffen worden.

Der Beklagte wandte ein, die Arbeiten seien im Sommer 2007 abgeschlossen gewesen. Die Forderung sei daher verjährt. Im Sommer 2007 sei das Schwimmbad auch ohne Beanstandungen genutzt worden. In weiterer Folge hätten sich jedoch zahlreiche - näher genannte - Mängel herausgestellt, die wiederholt gerügt worden seien. Die Klägerin habe auf Mängelanzeigen teilweise gar nicht oder verspätet reagiert. Eine Kontaktaufnahme nach Vorliegen der Konstruktionszeichnung im Jahr 2009 sei wiederum nicht möglich gewesen, weshalb der Beklagte gezwungen gewesen sei, ein anderes Unternehmen mit der Sanierung der Mängel zu beauftragen. Der Sanierungsaufwand habe 26.720,02 EUR betragen, welche Forderung kompensando eingewendet werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren als verjährt ab. Die Übergabe des Werks sei im Juni 2007 erfolgt. Hinsichtlich der allein noch ausständigen Bohrlöcher wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, die Behebung zum ehestmöglichen Zeitpunkt - Mitte November 2007 - durchzuführen. Weitere Mängel seien damals nicht vorgelegen. Die Klägerin hätte daher spätestens im Dezember 2007 Rechnung legen können. Die Verjährungsfrist habe daher zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Dass die Klägerin im Zeitpunkt der späteren Mängelrügen noch keine Rechnung gelegt habe, könne den Beginn der Verjährungsfrist nicht aufschieben. Würden nachträgliche Mängel auftreten, könnte dadurch allenfalls der Lauf der Verjährungsfrist durch eine angemessene Verbesserungsfrist unterbrochen werden. Da eine Verbesserungsfrist von mehr als sechs Monaten keinesfalls angemessen sei, sei die Klagsführung im Juli 2011 verspätet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin dahin Folge, dass es das Ersturteil in ein Zwischenurteil zur Verjährung abänderte, mit dem es den vom Beklagten erhobenen Verjährungseinwand verwarf. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtlich erachtete es, dass sich der vom Beklagten vorgetragene Sachverhalt zur Begründung des Verjährungseinwands nicht eigne. Er stütze seinen Einwand nämlich nur darauf, dass die Klägerin das Werk im Juni 2007 abgeschlossen und er es ohne Beanstandung benützt habe. Gleichzeitig mache er aber geltend, dass in weiterer Folge zahlreiche Mängel aufgetreten seien und er bis Mai 2009 mit der Klägerin wegen der Mängelbehebung in Kontakt gewesen sei, bis er schließlich ein anderes Unternehmen mit der Mängelbehebung beauftragt habe. Der Beklagte hätte daher zur Begründung seines Verjährungseinwands auch darlegen müssen, aus welchem Grund trotz Vorliegens von Mängeln vom Eintritt der Fälligkeit des Werklohns und vom Beginn des Laufs der Verjährungsfrist ab einem länger als drei Jahre vor Klagseinbringung gelegenen Zeitpunkt auszugehen sei. Sein Verjährungseinwand müsse daher schon mangels eines den Eintritt der Verjährung schlüssig deckenden Vorbringens der Erfolg versagt werden.

Hinzu komme, dass der Lauf der Verjährungsfrist von Werklohnforderungen dann einsetze, wenn der Geltendmachung des Anspruchs kein rechtliches Hindernis mehr im Wege stehe und damit die objektiv zu beurteilende Möglichkeit zur Klage gegeben sei. Somit könne der Umstand, dass der Beklagte im Dezember 2007 die Mängel noch nicht wahrgenommen und geltend gemacht habe, den Lauf der Verjährungsfrist nicht auslösen. Würde man den Lauf der Verjährungsfrist einer Werklohnforderung bereits zu einem Zeitpunkt einsetzen lassen, in dem später erkannte Mängel noch nicht gerügt worden seien, wäre ein Werkunternehmer unter Umständen zur Vermeidung des Eintritts der Verjährung gezwungen, eine Werklohnforderung einzuklagen, der wegen der mangelhaften Ausführung des Werks der Einwand der mangelnden Fälligkeit entgegenstünde.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil dahin abzuändern, dass seinem Verjährungseinwand stattgegeben und das erstgerichtliche Urteil bestätigt werde; hilfsweise wird die Aufhebung beantragt.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsbegehrens auch berechtigt. Die Behandlung der Revision in der Sache ist ein Gebot der Rechtssicherheit (§ 502 Abs 1 ZPO).

Die Rechtsprechung zur Verjährung von Werklohnforderungen wurde vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegeben. Danach beginnt die Verjährung von Werklohnforderungen grundsätzlich erst dann zu laufen, wenn der Geltendmachung des Anspruchs kein rechtliches Hindernis mehr im Wege steht und damit die objektiv zu beurteilende Möglichkeit zur Klage gegeben ist (2 Ob 256/05v mwN). Wurde nicht von vornherein ein fixer Werklohn (pauschal) vereinbart, wird dieser in der Regel nicht mit der Vollendung des Werks, sondern erst mit der Übermittlung der Rechnung fällig (RIS-Justiz RS0021821, RS0034319). Die Werklohnforderung, der die Einrede des nicht (gehörig) erfüllten Vertrags entgegensteht, beginnt erst dann zu verjähren, wenn die die Fälligkeit hinausschiebenden Mängel vom Unternehmer behoben wurden. Ist der Unternehmer jedoch mit der Rechnungslegung oder der Verbesserung (dem Nachtrag des Fehlenden) säumig, so beginnt die Verjährung in dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem dem Unternehmer die Zumittlung der Rechnung oder die Mängelbehebung objektiv möglich gewesen wäre. Der herrschenden Auffassung liegt die Erwägung zu Grunde, dass der Unternehmer die Fälligkeit und damit den Beginn der Verjährung nicht willkürlich durch Verzögerung der Rechnungslegung oder der Verbesserung nach seinem Belieben hinausschieben und damit den Zweck insbesondere der kurzen Verjährung, die baldige Klarstellung des rechtlichen Bestands von Forderungen des täglichen Lebens zur Vermeidung der sonst besonders großen Beweisschwierigkeiten, zunichte machen darf (2 Ob 256/05v mwN).

Korrespondiert nun grundsätzlich der Beginn der Verjährungsfrist für Forderungen mit der Fälligkeit, dann folgt notwendiger Weise, dass die Forderung (hier Werklohn) nicht verjährt, solange nicht ein mangelhaftes Werk verbessert wurde (RIS-Justiz RS0020041, 3 Ob 200/08w). Bei Unterlassung der Verbesserung beginnt die Verjährung der Entgeltforderung mit der objektiven Möglichkeit oder ab Ablehnung der Verbesserung (7 Ob 624/95 mwN).

Das heißt, wurde Mängelrüge erhoben und war sie berechtigt, dann beginnt die Verjährungsfrist mit der Behebung des Mangels oder mit dem Zeitpunkt, zu welchem dem Werkunternehmer die Verbesserung objektiv möglich war. War die Mängelrüge hingegen unberechtigt, ändert sich grundsätzlich nichts an einer bereits durch Vollendung oder Rechnungslegung eingetretenen Fälligkeit des Werklohns und am gleichzeitigen Beginn der Verjährungsfrist. Nach herrschender Rechtsprechung steht ein unberechtigtes Verbesserungsbegehren ab dem Zeitpunkt der Erkennbarkeit seiner mangelnden Berechtigung durch den Werkunternehmer der Geltendmachung des Werklohns und damit dem Beginn der Forderungsverjährung nicht mehr entgegen. Da der Werkunternehmer den Beginn der Verjährung nicht willkürlich hinausschieben darf, ist auch die Erkennbarkeit der fehlenden Berechtigung der Mängelrüge an objektiven Kriterien zu messen (2 Ob 256/05v mwN).

Richtig führte das Berufungsgericht aus, dass derjenige, der Verjährung einwendet, die diese begründenden Tatsachen vorzubringen und zu beweisen hat (RIS-Justiz RS0034118, RS0034326). Insbesondere für den Beginn der Verjährungsfrist ist derjenige behauptungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft (RIS-Justiz RS0034456).

Bevor darüber entschieden werden kann, wann die Verjährung der Klagsforderung begann, bedarf es, um die Parteien nicht zu überraschen, einer Erörterung der eben angeführten Grundsätze mit ihnen. Das Erstgericht hat nach Erörterung auf Grund des dann wechselseitig erstatteten Vorbringens Feststellungen insbesondere zur Erhebung der Mängelrügen durch den Beklagten und zur darauffolgenden Reaktion der Klägerin zu treffen und dann davon ausgehend zu beurteilen, ab wann die Verjährung zu laufen begonnen hat. Ob die vom Beklagten gerügten Mängel bereits bei Übergabe erkennbar waren oder erst nachträglich hervorkamen, ist dabei ohne Belang.

Das Erstgericht wird im aufgezeigten Sinn mit den Parteien ihr Vorbringen zu erörtern und gegebenenfalls das Verfahren und die Feststellungen zu ergänzen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 Satz 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte