Normen
Außerstreitgesetz §16
Bundesstraßengesetz 1971 §18
Bundesstraßengesetz 1971 §21 Abs1
Außerstreitgesetz §16
Bundesstraßengesetz 1971 §18
Bundesstraßengesetz 1971 §21 Abs1
Spruch:
§ 16 AußStrG schließt die Geltendmachung dort nicht angeführter Beschwerdegrunde (Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit) auch dann aus, wenn eine der in § 16 AußStrG alternativ bezeichneten Anfechtungsvoraussetzungen gegeben ist
Die Zuerkennung einer Entschädigung dafür, daß Rechtgrundstücke, bedingt durch das gemäß § 21 Abs. 1 BStG 1071 bewirkte Verbot, nur teilweise verbaut werden dürfen, ist nicht offenbar gesetzwidrig
OGH 22. August 1973, 7 Ob 136/73 (LG Klagenfurt 2 R 83/73; BG Villach 2 Nc 199/70)
Text
Mit Bescheid vom 17. Dezember 1959 enteignete das Amt der Kärntner Landesregierung im Zusammenhang mit dem Bau der Südautobahn, Baulos F, unter anderem einen rund 1453m2 umfassenden Teil des dem Antragsteller gehörigen Ackergrundstückes Nr. 1211 EZ 34 KG M G gegen eine Entschädigung von 35598 S, wobei sie zur Abgeltung des Grundverlustes einen Betrag von 15 S pro Quadratmeter bestimmte. Infolge des vom Gründeigentümer gemäß § 15 BStG (§ 23 EisbEG) gestellten Antrages auf Neufestsetzung der Eigentumsentschädigung wurde diese im ersten Rechtsgang vom Erstgericht mit 34.407.50 S und vom Rekursgericht mit 31.719.50 S festgesetzt. Beide Instanzen gingen übereinstimmend davon aus, daß das erwähnte Grundstück nicht, wie der Antragsteller behauptete, als Bauerwartungsland habe eingestuft werden können. In diesem Belange erachtete der daraufhin mit dem Revisionsrekurs des Antragstellers befaßte Oberste Gerichtshof die Sachlage insofern für aufklärungsbedürftig, als noch die Frage offen war, ob das festgestellte Unterbleiben jeglicher Bautätigkeit in der näheren Umgebung der nunmehr enteigneten Grundfläche ausschließlich darauf zurückzuführen sei, daß nach Bekanntwerden des Autobahnvorhabens und wegen der zunächst bestandenen Ungewißheit der Trassenführung im fraglichen Bereich niemand mehr bauen wollte, der sonst gebaut hätte. Im übrigen sei festzuhalten, daß die eine Einheit bildenden rechteckigen Grundstücke Nr. 1210 und 1211 des Antragstellers mit ihren zur Verbauung durchaus ausreichenden Schmalseiten im Norden und Suden an einen beschotterten öffentlichen Weg grenzen eine elektrische Versorgungsleitung dem nördlichen und eine Wasserleitung dem südlichen Weg entlangführt, westlich und östlich des Grundstückes Nr. 1210, und zwar nördlich des südlichen Weges auf den jeweils übernächsten Parzellen bereits Häuser stehen und etwa 100 m nordwestlich vom Grundstück Nr. 1211 Häuser der Ortschaft Tsch. gelegen sind. Alle diese Umstände deuteten darauf hin, daß es sich bei der enteigneten Grundfläche um Bauerwartungsland gehandelt habe, also, und sei es auch erst nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, ihre Umwidmung in Bauland und damit ihre Verwendung für Bauzwecke möglich gewesen wäre sollte nun diese Möglichkeit im vorliegenden Fall nach der Verkehrsauffassung als werterhöhend zu beurteilen sein, so werde auf das eingeholte Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. W K und Ing. H E, die offenbar eine solche Werterhöhung als gegeben annehmen, zurückzugreifen und zu erörtern sein, ob der von ihnen gegenüber dem Wert baureifer Parzellen gemachte Abstrich im Ausmaß von 40% und von weiteren 10% vom verbleibenden Rest (Seite 35) angemessen sei.
Im zweiten Rechtsgang sprach das Erstgericht dem Antragsteller eine Enteignungsentschädigung von 97.380.60 S zu. Den erstgerichtlichen Feststellungen zufolge hatte der Antragsteller vor der in Frage stehenden Enteignung hinsichtlich seiner stets landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Nr. 1210 und 1211 niemals um Umwidmung in Bauland angesucht, doch hätte wegen ihrer geringen Entfernung zu umliegenden Bauparzellen und zu den Ortschaften T und Tsch. sowie wegen der nahe gelegenen Strom- und Wasserleitung keinerlei Grund bestanden, einen darauf abzielenden Antrag abzuweisen, zumal seitens der Ortsgemeinde M G ohnehin beabsichtigt war, zur Vermeidung einer Splitterverbauung das Gebiet zwischen jenen beiden Dörfern zu Bauland zu erklären. Doch wies das Amt der Kärntner Landesregierung im Jahre 1966 in einem Erlaß die Ortsgemeinde M G darauf hin, daß es einer solchen Umwidmung der vom künftigen Autobahnbau betroffenen Bodenflächen, zu denen auch das im Eigentum des Antragstellers stehende Grünland zählte, nicht zustimmen wurde. Seit dem Jahr 1964 und auch noch in den Jahren nach der Enteignung erboten sich dem Antragsteller verschiedene Interessenten zum gänzlichen oder teilweisen Ankauf des Grundstückes bzw. Restgrundstückes Nr. 1211. Von diesem ehemals 3145 m2; großen Grundstück verblieben dem Antragsteller, nachdem für den Autobahnbau eine Fläche von 1453 m2 enteignet worden war, südlich von ihr 631 m2 als Grundstück Nr. 1211/1 und nördlich 1081 m2 als Grundstück Nr. 1211/2. Gestützt auf ein Sachverständigengutachten, nahm das Erstgericht den auf den Zeitpunkt der Enteignung bezogenen Verkehrswert des Grundstückes Nr. 1211 mit 43.80 S pro Quadratmeter zu, so daß es für die enteignete Fläche von 1453 m2 die Ablösesumme mit 63.641.40 S bezifferte. Das südliche Grundstück Nr. 1211/1, da mit seinen 631 m2 zur Gänze im Autobahnschutzstreifen gelegen, könne, so führte das Erstgericht weiters aus, nun nicht mehr verbaut werden. Es sei daher als landwirtschaftliche Fläche mit einem Verkehrswert von 15 S/m2 einzustufen, was gegenüber dem Verkehrswert von 43.80 S, den es als Bauerwartungsland gehabt habe eine Wertminderung von 28.80 S/m2, insgesamt also eine solche von 18.172.80 S ergebe. Das nördliche, durchschnittlich 24 m breite und 41 m lange Restgrundstück Nr. 1211/2 mit einer Gesamtfläche von 1081 m2 könne nur noch allenfalls in seinem nördlichem Teil verbaut werden. Dies bringe eine 50%ige Wertminderung im Betrage von 15.566.40 S (= 1.081 X 14.40) mit sich.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin - der Republik Österreich/ Bundesstraßenverwaltung - nicht Folge. Sie übernahm die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen, insbesondere auch die herangezogenen Schätzungsergebnisse, und billigte die auf dieser Grundlage vom Erstgericht vorgenommene Festsetzung der Enteignungsentschädigung.
Der Oberste Gerichtshof wies den ao. Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Da im außerstreitigen Verfahren durch die in Beschwerde gezogene Entscheidung zweiter Instanz die erstgerichtliche Entscheidung bestätigt wurde, besteht eine Anfechtungsmöglichkeit in dritter Instanz lediglich nach Maßgabe des § 16 AußStrG. Dies aber schließt die Geltendmachung dort nicht angeführter Beschwerdegrunde auch dann aus, wenn eine der in § 16 AußStrG alternativ bezeichneten Anfechtungsvoraussetzungen gegeben ist. Der gegenteiligen, übrigens auch durch nichts belegten Ansicht der Antragsgegnerin kann daher nicht beigestimmt werden. Der nicht auf die vorzitierte Vorschrift abstellende Teil der Ausführungen des Revisionsrekurses zur behaupteten (einfachen) Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Unrichtigkeit der Beweiswürdigung erweist sich demnach schon deshalb als unzulässig. Dabei ist nun von Bedeutung, daß sich die von der Antragsgegnerin unternommene Anfechtung in Verbindung mit der angeblichen offenbaren Gesetzwidrigkeit und Nullität auf den 63.641.40 S übersteigenden Zuspruch weiterer 33.739.20 S beschränkt, weshalb die Entscheidung des Rekursgerichtes nur noch im Ausmaß des letzteren Betrages einer Überprüfung durch die dritte Instanz in der Richtung unterliegt, ob ihr die geltend gemachte offenbare Gesetzwidrigkeit und Nullität anhaftet. Dies ist indes zu verneinen.
Für offenbar gesetzwidrig hält die Antragsgegnerin die Rekursentscheidung, weil dem Antragsteller eine Entschädigung dafür zu erkannt wurde, daß das südliche Restgrundstück Nr. 1211/1 nun überhaupt nicht mehr und das nördliche Restgrundstück Nr. 1211/2 nur noch teilweise verbaut werden darf. Dieser Nachteil wird jedoch entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung nicht erst durch die Umgestaltung der enteigneten Fläche zu einer Straße verursacht, in welchem Falle allerdings eine Enteignungsentschädigung im Sinne des § 18 BStG 1971 nicht in Betracht käme, vielmehr ergibt er sich unmittelbar aus der Enteignung selbst. Denn diese hat bereits das Verbauungsverbot nach § 21 Abs. 1 BStG 1971 zur Folge. Zu Unrecht weist die Rechtsmittelwerberin darauf hin, daß der Antragsteller gemäß dieser Bestimmung unter Umständen eine Ausnahmebewilligung zu einer ansonsten verbotenen Verbauung erwirken könne. Macht doch diese Möglichkeit die Wertminderung der beiden Restgrundstucke nicht ungeschehen, da ein Wertverlust bereits darin gelegen ist, daß vor der Enteignung die Zulässigkeit der Verbauung an eine Ausnahmebewilligung nicht gebunden war. Die Bedachtnahme der Vorinstanzen auf diese teilweise Entwertung der dem Antragsteller verbliebenen restlichen Grundstücke war durch § 18 Abs. 1 BStG 1971 geboten. Auch die im Revisionsrekurs angeführte oberstgerichtliche Entscheidung 5 Ob 110/72 besagt nichts anderes, indem sie ausdrücklich hervorhebt, daß bei der Zumessung der Entschädigung nach § 18 BStG 1971 die Verminderung des Wertes des verbleibenden Restgrundstückes zu berücksichtigen ist und nur solche Beeinträchtigungen desselben außer Betracht zu bleiben haben, die durch die Verwendung des enteigneten Grundstücksteiles als Straße, etwa durch von dort herrührende Immissionen, hervorgerufen werden. Von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit kann nach all dem keine Rede sein.
Eine Nullität versucht die Antragsgegnerin aus § 21 Abs. 3 BStG 1971 und den danach sinngemäß anzuwendenden §§ 18 bis 20 dieses Gesetzes abzuleiten, wonach über einen Entschädigungsanspruch wegen Verweigerung der erwähnten Ausnahmebewilligung zunächst die Verwaltungsbehörde zu befinden hat. Ein solcher Anspruch ist jedoch überhaupt nicht Gegenstand des gegenwärtigen gerichtlichen Verfahrens, so daß die diesbezüglichen Rechtsmittelausführungen ins Leere gehen.
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