OGH 7Ob133/17k

OGH7Ob133/17k21.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei B* W*, vertreten durch Dr. Gabriele Schubert, Rechtsanwältin in Baden, gegen den Gegner der gefährdeten Partei Mag. S* W*, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen einstweiliger Verfügung nach §§ 382b, 382e EO, über den Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 19. Juni 2017, GZ 16 R 177/17v, 16 R 178/17s‑25, womit den Rekursen des Gegners der gefährdeten Partei gegen die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts Mödling vom 22. Februar 2017, GZ 13 C 6/17b‑5, und gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 27. April 2017, GZ 13 C 6/17b‑18, womit die einstweilige Verfügung verlängert wurde, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119458

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass er insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„1. Dem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung vom 22. Februar 2017 wird nicht Folge gegeben.

Der Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

2. Einstweilige Verfügung

Dem Gegner der gefährdeten Partei wird ab sofort die Rückkehr in die vormalige Ehewohnung in *, sowie der Aufenthalt in dieser Wohnung und im Umkreis von 200 Metern der Wohnung verboten.

Diese einstweilige Verfügung gilt bis zur Rechtskraft des zu GZ *des Erstgerichts anhängigen Aufteilungsverfahrens.

Der Gegner der gefährdeten Partei ist schuldig, der gefährdeten Partei die mit 418,78 EUR (darin 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.“

Der Gegner der gefährdeten Partei ist schuldig, der gefährdeten Partei die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Streitteile waren seit 1999 miteinander verheiratet und haben zwei – 2000 und 2001 geborene – Söhne.

Der Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge: Antragsgegner) war bereits im August 2015 nach § 38a SPG aus der Ehewohnung weggewiesen worden und dieser bis zum Jänner 2017 ferngeblieben, dann aber ohne Vorankündigung wieder eingezogen. Seitdem betreibt er gegenüber der gefährdeten Partei (in der Folge: Antragstellerin) und den Kindern „Psychoterror“, indem er das Schlafzimmer okkupiert und sich dort häufig (auch tagelang) einsperrt, zu ungewissen Zeiten anwesend und nicht anwesend ist, wodurch es keinen sicheren Rückzugsort für die Antragstellerin gibt, und sich sowohl die Antragstellerin als auch die Kinder vor dem Antragsgegner mittlerweile fürchten und vollkommen eingeschüchtert und belastet reagieren. Versprechen des Antragsgegners den Söhnen gegenüber werden nicht eingehalten. Die Kinder sprechen kaum mit ihm. Der Antragsgegner hat wiederholt das von der mütterlichen Großmutter vorbereitete Essen für die Antragstellerin und die Kinder einfach aufgegessen, ebenso die Geburtstagstorte für den älteren Sohn. Seit Wiedereinzug des Antragsgegners fand sich im Wasserbehälter der Kaffeemaschine Geschirrspülmittel und ist Ende Jänner 2017 der Schlüsselbund der Antragstellerin mit sämtlichen Schlüsseln verschwunden, weshalb die Antragstellerin Anzeige erstattet hat. Weiters verschwunden sind das Laptopkabel und die Computermaus, die Medikamente der Antragstellerin und die Tabletten für den Hund sowie diverse Schuhe aus dem Keller. Im Pullover der Antragstellerin befand sich Juckpulver, in den teuren Fußballschuhen des älteren Sohns Wasser, die Bügel der Lesebrille der Antragstellerin wurden zunächst verzogen, danach verschwand die Lesebrille. Auf dem Nachtkästchen der Antragstellerin befand sich ein Buch mit der Abbildung eines Revolvers, der Wecker wurde durch Lockerung des Drehzäpfchens beschädigt. Die Sportsachen des älteren Sohnes wurden mit Färbemittel in der Waschmaschine rosa gefärbt. Diese Handlungen wurden – wie sich eindeutig aus der Beweiswürdigung des Erstgerichts ergibt – vom Antragsgegner gesetzt. Aufgrund dieses unzumutbaren und unerträglichen Zustands zeigen sich bei der Antragstellerin Anzeichen depressiver Verstimmung und erste Anzeichen eines Burnouts, obwohl sie sehr reflektiert und stark mit der Situation umzugehen versucht. Das erzwungene Zusammenleben mit dem Antragsgegner hat massiv bedrohlichen Charakter, wobei nicht nur die subjektive Bedrohung, sondern auch eine objektive Gefährlichkeit des Antragsgegners im Raum steht. Auch bei den ehelichen Kindern zeigt sich eine beginnende Anpassungsstörung als Reaktion auf anhaltenden Stress mit einer erheblichen Beeinträchtigung im Alltag, Ängsten und schulischem Leistungsabfall. Sowohl die Antragstellerin als auch die Kinder haben ein dringendes Wohnbedürfnis an der ehelichen Wohnung und sind auf diese angewiesen.

Der Antragsgegner erhob im Herbst 2015 zu AZ * des Erstgerichts gegen die Antragstellerin eine Scheidungsklage (in der Folge: Vorverfahren).

Die Antragstellerin brachte im Februar 2017 eine – einen Monat danach im Rahmen einer Verhandlung im Vorverfahren wieder zurückgezogene – Widerklage ein und verband damit einen Antrag auf Erlassung der hier gegenständlichen einstweiligen Verfügung nach §§ 382b Abs 1, 382e Abs 1 und 382 Z 8 lit c EO, dem Antragsgegner:

– die Rückkehr in die Ehewohnung sowie den Aufenthalt in der Wohnung und im Umkreis von 200 m der Wohnung zu verbieten;

– der Antragstellerin die Ehewohnung vorläufig zur alleinigen Benutzung zuzuweisen und dem Antragsgegner deren Betreten und Benützung zu verbieten;

– die einstweilige Verfügung bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Vorverfahren und bei Einbringung eines Aufteilungsverfahrens innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft der Ehescheidung auch für die Dauer des Aufteilungsverfahrens zu erlassen.

Das Erstgericht erließ – gestützt auf den eingangs dargestellten Sachverhalt – ohne Anhörung des Antragsgegners am 22. 2. 2017 eine einstweilige Verfügung, mit der diesem bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Vorverfahren die Rückkehr in die und der Aufenthalt in der Wohnung und im Umkreis von 200 m verboten, das Mehrbegehren jedoch – unbekämpft – abgewiesen wurde.

In der Verhandlung vom 14. 3. 2017 im Vorverfahren wurde mündlich das Scheidungsurteil verkündet, dass die Ehe der Streitteile nach § 55 Abs 1 EheG geschieden wird, wobei dem Antragsgegner das überwiegende Verschulden gemäß § 61 Abs 3 EheG angelastet wurde. Beide – anwaltlich vertretenen – Parteien verzichteten noch in der Verhandlung auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil. Die im ERV am 5. April 2017 um 14:35 Uhr vom Erstgericht abgefertigten Ausfertigungen dieses Urteils gelangten am selben Tag in den elektronischen Verfügungsbereich beider Parteienvertreter; Zustellungszeitpunkt nach § 89d Abs 2 GOG ist demnach jeweils der 6. April 2017.

Am 6. April 2017 um 17:12 Uhr – unter ausdrücklicher Angabe, dass die Zustellung des Scheidungsurteils am Tag zuvor erfolgt sei – beantragte die Antragstellerin, „da sich die Situation nicht geändert hat, sondern genauso darstellt wie zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses durch das BG Mödling, die Dauer der einstweiligen Verfügung zu verlängern, bis zum Ablauf der Leistungsfrist einer rechtskräftigen Entscheidung im Aufteilungsverfahren, sofern ich ein solches innerhalb von drei Wochen anhängig mache“. Das zynische und rechtswidrige Verhalten des Antragsgegners habe sich nicht geändert, nach wie vor bestehe die Gefahr, dass der Antragsgegner bei seiner Rückkehr in die eheliche Wohnung dasselbe, sowohl die Kinder als auch die Antragstellerin terrorisierende Verhalten an den Tag lege. Die im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung geschilderten Vorfälle seien ausschließlich dem Antragsgegner zuzurechnen. Sein Verhalten sei für die Antragstellerin und die Kinder unzumutbar und unerträglich. Allein die Tatsache, dass er ohne weitere Erklärung und ohne Ankündigung in die eheliche Wohnung zurückgekehrt sei, sei unzumutbar und unerträglich. Er habe sich im vormals ehelichen Schlafzimmer einquartiert und so getan, als ob das ganz normal wäre. Es sei nicht möglich gewesen, mit ihm Gespräche zu führen. Er habe nicht mitgeteilt, wann er komme und gehe. Die schulpflichtigen Söhne würden einen geordneten Tagesablauf benötigen. Sein Einzug in die eheliche Wohnung habe nichts mit seinem Gesundheitszustand zu tun, sondern sei ausschließlich darauf ausgerichtet gewesen, die Kinder und die Antragstellerin zu quälen und diese zu einer raschen, für sie ungünstigen Scheidung zu zwingen. An der Einstellung des Antragsgegners habe sich nichts geändert. Die Gefahrensituation bestehe nach wie vor. Die Antragstellerin werde umgehend ein Aufteilungsverfahren einleiten.

Einen Aufteilungsantrag stellte sie sechs Tage später (AZ * des Erstgerichts).

Das Erstgericht erließ sodann – wiederum ohne Anhörung des Antragsgegners – einen Beschluss, mit welchem es die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Aufteilungsverfahrens verlängerte. Am Verhältnis der Parteien zueinander seit Erlassung der einstweiligen Verfügung habe sich nichts geändert. Die Voraussetzungen für die erlassene einstweilige Verfügung bestünden nach wie vor, weshalb diese für die Dauer des Aufteilungsverfahrens zu verlängern sei.

Den Rekursen des Antragsgegners gegen die einstweilige Verfügung und gegen den Verlängerungsbeschluss gab das Rekursgericht nicht Folge. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es jeweils nicht zu.

Mit seinem (richtig:) außerordentlichen Revisionsrekurs stellt der Antragsgegner Abänderungsanträge.

In der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Antragstellerin, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Im Rechtsmittelverfahren gegen eine nach § 382b EO beantragte einstweilige Verfügung kann der außerordentliche Revisionsrekurs erhoben werden, ohne dass es einer Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht bedarf (7 Ob 17/15y mwN). Das Rechtsmittel selbst kann – wie im gegenständlichen Fall – ungeachtet des verfehlten Antrags ohne Verbesserungsverfahren in einen außerordentlichen Revisionsrekurs umgedeutet werden (RIS‑Justiz RS0110049).

Gemäß § 402 Abs 1 Satz 2 EO ist ein Revisionsrekurs nicht schon deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz den angefochtenen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Gänze bestätigt hat; diese Bestimmung durchbricht die generellen Beschränkungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs im Provisorialverfahren nur insofern, als der Revisionsrekurs– entgegen § 528 Abs 2 Z 2 ZPO – auch gegen bestätigende Beschlüsse der zweiten Instanz zulässig ist (RIS‑Justiz RS0097221). Da der Entscheidungsgegenstand einer Entscheidung über einen Antrag nach § 382b EO vom Rekursgericht nicht zu bewerten ist (RIS‑Justiz RS0105351 [T2]), kommt es für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses allein auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage an (7 Ob 232/16t mwN).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist in diesem Sinne zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Zur einstweiligen Verfügung:

1.1. Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine Voraussetzung der Rechtsmittelzulässigkeit (RIS‑Justiz RS0043815). Die Beschwer muss zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen; andernfalls wäre das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0041770). Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung, dass der Umstand, dass ein einstweiliges Verbot wegen Zeitablaufs überholt ist, dem Antragsgegner – schon im Hinblick auf Ersatzansprüche nach § 394 EO – noch nicht die für die Sachentscheidung über seinen Rekurs erforderliche Beschwer nimmt (RIS‑Justiz RS0005521). Es ist deshalb inhaltlich über den Revisionsrekurs gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung zu entscheiden.

1.2. Der Revisionswerber meint, das Rekursgericht habe sich mit dem Umstand begnügt, dass sich Vorfälle ereignet hätten; es gebe jedoch keine Feststellungen, dass diese Vorfälle auf Handlungen des Antragsgegners zurückzuführen wären.

1.3. Bei der Entscheidung über einen Revisionsrekurs ist der Oberste Gerichtshof auch im Provisorialverfahren nur Rechtsinstanz und nicht Tatsacheninstanz und hat von demjenigen Sachverhalt auszugehen, den das Rekursgericht als bescheinigt angesehen hat (RIS‑Justiz RS0002192).

Die Revisionsrekursausführungen entfernen sich jedoch von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen, welche sehr wohl davon ausgingen, dass die von ihnen als „Psychoterror“ qualifizierten Handlungen vom Antragsgegner gesetzt wurden. Es besteht bei verständiger Würdigung der Ausführungen der Tatsacheninstanzen in ihrem Zusammenhalt kein Zweifel, dass sie nicht nur Störhandlungen „von wem auch immer sie gesetzt wurden“ als erwiesen erachteten, sondern dass es sich beim Urheber dieser Handlungen um den Antragsgegner handelte.

Gegen die Einschätzung der Vorinstanzen, dass das bescheinigte Verhalten des Antragsgegners in seiner Gesamtheit als ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten zu qualifizieren ist, welches das weitere Zusammenleben unzumutbar macht, weshalb die Voraussetzungen der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b Abs 1 EO gegeben sind, führt der Revisionsrekurs nichts ins Treffen. Auf die vom Obersten Gerichtshof als zutreffend erachteten rechtlichen Ausführungen des Rekursgerichts kann verwiesen werden (§§ 78 Abs 1, 402 Abs 4 EO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO). Dem gegen die Bestätigung der einstweiligen Verfügung erhobenen Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

1.4. Die Antragstellerin erstattete keine Rekursbeantwortung; die Klarstellung, dass der Antragsgegner die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen hat, liegt schon in dessen Erfolglosigkeit begründet (§ 393 Abs 2 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO).

2. Zur Verlängerung:

Während die Vorinstanzen übereinstimmend von der Rechtzeitigkeit des Verlängerungsantrags ausgingen, macht der Revisionsrekurs geltend, die einstweilige Verfügung sei im Zeitpunkt der Antragstellung bereits „erloschen“ gewesen.

Dazu wurde erwogen:

2.1. § 382b EO sieht vor, dass „Verfahren in der Hauptsache“ im Sinne des § 391 Abs 2 EO Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe, Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse und Verfahren zur Klärung der Benützungsberechtigung an der Wohnung sein können. Es entspricht dabei ständiger Rechtsprechung, dass eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b Abs 1 und Abs 2 EO nicht bis zum Abschluss eines im Zeitpunkt der Entscheidung über den Sicherungsantrag noch nicht anhängigen Hauptverfahrens erlassen werden kann (RIS‑Justiz RS0116471). Die Tatfrage, ob die Einleitung eines Aufteilungsverfahrens nach den Umständen des Einzelfalls Anlass zur Befürchtung weiterer Gewalttätigkeiten oder Drohungen des ausgewiesenen Ehegatten sein kann, ist in dem über Antrag einzuleitenden Verlängerungsverfahren zu klären und nicht schon vorweg bei der Entscheidung über den vor oder im Scheidungsverfahren gestellten Sicherungsantrag (RIS‑Justiz RS0116471 [T2, T3]).

Die Frist, für welche die einstweilige Verfügung bewilligt worden ist, kann auf Antrag verlängert werden, wenn der angestrebte Zweck innerhalb des betreffenden Zeitraums nicht erreicht werden konnte (RIS‑Justiz RS0005534). Ob die Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Zeit ihrer Erlassung vorlagen, ist im Verlängerungsverfahren nicht mehr zu prüfen (RIS‑Justiz RS0005534 [T5]). Nur wenn sich aus der Aktenlage ergäbe, dass die Voraussetzungen der Anspruchsbescheinigung und der Gefährdungsbescheinigung nicht mehr vorlägen, wäre der Antrag auf Verlängerung abzuweisen (RIS‑Justiz RS0005613).

2.2. Eine einstweilige Verfügung kann nach Ablauf der ursprünglich bewilligten Verfügung erlassen werden, soweit die Voraussetzungen hierfür nach neuerlicher Überprüfung noch gegeben sind; eine Verlängerung der Geltungsdauer der bewilligten einstweiligen Verfügung nach deren Ablauf ist jedoch unzulässig (RIS‑Justiz RS0005566; RS0005045 [T1]; E. Kodek in Angst/Oberhammer 3 § 391 EO Rz 6: Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung [2000] 227; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren5 Rz 5.45). Dies gilt auch für die einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO (vgl 7 Ob 157/07z; 9 Ob 32/09k).

2.3. Die vorliegende einstweilige Verfügung wurde bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Vorverfahren erlassen. Zu beantworten ist daher die Frage, ob die einstweilige Verfügung zum Zeitpunkt des Antrags auf Verlängerung bereits abgelaufen war. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Gültigkeit der erlassenen einstweiligen Verfügung mit der formellen Rechtskraft (der durch den Rechtsmittelverzicht eingetretenen Unanfechtbarkeit für die Parteien) oder mit der materiellen Rechtskraft (nach § 416 Abs 1 ZPO dem Zeitpunkt der Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigungen) endete. Wie zu zeigen sein wird, lagen beide Zeitpunkte vor der Antragstellung.

2.4. Sowohl aus der Akten- und Registerlage als auch aus dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin im Verlängerungsantrag ergibt sich, dass ihr ebenso wie dem Antragsgegner die Ausfertigung des Scheidungsurteils am 5. April 2017 zugekommen (in den elektronischen Verfügungsbereich ihrer anwaltlichen Vertretung gelangt) ist. Mit diesem Zeitpunkt ist die materielle Rechtskraft des Scheidungsurteils eingetreten. § 125 ZPO, wonach bei der Berechnung einer Frist, welche nach Tagen bestimmt ist, der Tag der Zustellung nicht mitgerechnet wird, ist hier nicht anwendbar, weil die Zustellung des – bereits formell rechtskräftigen (nach Rechtsmittelverzicht unanfechtbaren) – Urteils keine Frist auslöste, sondern unmittelbar die Rechtslage dahin gestaltete, dass damit die Ehe wirksam aufgelöst war (vgl 2 Ob 181/06s). Damit kommt es auch auf § 89d Abs 2 GOG – wonach als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter gerichtlicher Erledigungen und Eingaben jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag gilt – insofern nicht an, als die materielle Rechtskraft jedenfalls vor dem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die Antragstellerin– zugestandenermaßen bereits in Kenntnis und nach Zustellung des Scheidungsurteils – den Verlängerungsantrag stellte. Dieser wurde damit jedenfalls außerhalb der Gültigkeitsdauer der einstweiligen Verfügung gestellt, weil das mit ihr ausgesprochene Verbot mit dem in der einstweiligen Verfügung bestimmten Zeitpunkt endete (1 Ob 210/01s mwN). Deren Verlängerung war daher unzulässig.

2.5. Nach Ablauf der Verfügungsfrist – hier mit Rechtskraft des Scheidungsurteils – kann daher nur mehr eine neue einstweilige Verfügung beantragt und erlassen werden, wenn und soweit die hierfür erforderlichen Voraussetzungen, deren Vorliegen neuerlich zu prüfen ist, gegeben sind (9 Ob 32/09k mwN). Die einstweilige Verfügung kann nach Ablauf der ursprünglich bewilligten Verfügung auch nochmals erlassen werden, soweit die Voraussetzungen hierfür nach neuerlicher Überprüfung noch gegeben sind (7 Ob 95/13s).

Der Umstand, dass eine „Verlängerung“ und nicht eine (neuerliche) „Erlassung“ der einstweiligen Verfügung beantragt wurde, steht der Umdeutung des Begehrens als Antrag auf Erlassung einer neuen einstweiligen Verfügung nicht entgegen (9 Ob 32/09k).

2.6. In diesem Sinne ist der Verlängerungsantrag in einen Antrag auf Erlassung einer neuerlichen einstweiligen Verfügung umzudeuten.

Das Erstgericht ging davon aus, dass sich am Verhältnis der Parteien zueinander seit Erlassung der einstweiligen Verfügung nichts geändert hätte.

Im Hinblick darauf, dass das Erstgericht die (erste) einstweilige Verfügung bloß rund zwei Monate zuvor erlassen hat, ist am Vorliegen der Voraussetzungen für die nun beantragte einstweilige Verfügung nicht zu zweifeln.

Dem setzte der Antragsgegner auch inhaltlich nichts entgegen, indem er – so wie nunmehr in seinem Revisionsrekurs gegen die ursprüngliche einstweilige Verfügung – in seinem Rekurs bloß ins Treffen führte, dass die im Einzelnen aufgezählten Handlungen nicht ihm zuzurechnen seien. Dass dies nicht stichhältig ist, wurde bereits oben dargelegt.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher mit der sich aus dem Spruch ergebenden Maßgabe zu bestätigen, dass die einstweilige Verfügung neuerlich zu erlassen war.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 393 Abs 2 EO iVm §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.

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