Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 742,27 EUR (darin enthalten 123,71 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zwischen den Parteien besteht eine Privatschutzversicherung, die eine Unfallversicherung für den Fall dauernder Invalidität einschließt. Für einen Invaliditätsgrad unter 25 % wurde eine Versicherungssumme von 36.400 EUR, über 25 % von 72.800 EUR vereinbart. Dem Vertrag liegen die „S*****-Bedingungen" ***** in der Fassung 02/2001 (in der Folge AVB) zugrunde. Sie lauten auszugsweise:
„Was ist ein Unfall? - Artikel 6
1. Ein Unfall ist ein vom Willen des Versicherten unabhängiges Ereignis, das plötzlich, von außen, mechanisch oder chemisch auf seinen Körper einwirkt und eine körperliche Schädigung oder den Tod nach sich zieht.
...
3. Krankheiten gelten nicht als Unfälle. Auch übertragene Krankheiten gelten nicht als Unfallfolgen. Dies gilt nicht für Kinderlähmung, die durch Zeckenbisse übertragene Frühsommer-Meningoencephalitis und Lyme-Borreliose im Rahmen der Bestimmung des Art 12 sowie für Wundstarrkrampf und Tollwut, verursacht durch einen Unfall.
...
Dauernde Invalidität - Artikel 7
2. Für die Bemessung des Invaliditätsgrades gelten folgende Bestimmungen:
2.1. bei völligem Verlust oder völliger Funktionsunfähigkeit ... eines Beines bis zur Mitte des Oberschenkels 60 %
...
5. Beträgt der Invaliditätsgrad mehr als 50 %, dann erbringen wir für den 50 % übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die vierfache Leistung. Beträgt der Invaliditätsgrad 100 % so erhält der Versicherte von uns 300 % der Versicherungssumme.
6. Wird der Versicherte durch den Versicherungsfall dauernd vollständig berufsunfähig, bezahlen wir im Fall der dauernden Invalidität - unabhängig vom Invaliditätsgrad - 100 % der dafür versicherten Summe. ... Vollständige Berufsunfähigkeit bedeutet: Dem Versicherten kann infolge des Unfalls nach medizinischen Gesichtspunkten die Ausübung der zum Zeitpunkt des Unfalls ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden. Diese Erwerbstätigkeit darf dann auch tatsächlich nicht mehr ausgeübt werden. ...
Der Anspruch auf Leistung infolge dauernder Berufungsunfähigkeit erlischt mit dem Tag, an dem der Versicherte das gesetzliche Frühpensionsalter erreicht hat.
...
9. Wird innerhalb von 6 Wochen nach einem unfallbedingten Spitalsaufenthalt eine stationäre Heilbehandlung in einem Rehabilitationszentrum notwendig, bezahlen wir 1 % der Versicherungssumme für dauernde Invalidität als Rehabilitationspauschale.
...
Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes - Artikel 18
1. Eine Versicherungsleistung wird von uns nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.
...
3. Haben Krankheiten oder Gebrechen, die schon vor dem Unfall bestanden, bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Fall einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens, zu vermindern, wenn dieser Anteil mindestens 25 % beträgt. ..."
Im November oder Dezember 2004 wurde bei der Klägerin Diabetes Mellitus festgestellt. An einem nicht mehr genau feststellbaren Tag zwischen dem 14. 3. und dem 20. 3. 2005 stieß die Klägerin mit dem linken Fuß gegen einen offenen Küchenkasten, sodass am Fußrücken ein kleines blutendes „Kratzerl" entstand. Die Klägerin maß der Verletzung keine besondere Bedeutung zu und versorgte die Wunde mit Aloe Vera Spray und Pflaster. Sie ging noch einige Tage arbeiten, bemerkte allerdings, dass der Fuß anschwoll und sich rot und blau verfärbte. Am 20. 3. 2005 wurde sie in somnolentem Zustand in ein Krankenhaus gebracht. Letztendlich wurde der Klägerin im Rahmen von mehreren Operationen zwischen dem 22. und 31. 3. 2005 das linke Bein bis zur Mitte des Oberschenkels amputiert, weil sich die Sepsis ausgebreitet hatte. In unmittelbarem Anschluss nach Entlassung aus dem Krankenhaus begab sie sich in eine Rehabilitationsnachbehandlung.
Die Diabetes stellt ein gravierendes Risiko für solch ungünstige Verläufe nach Minimalverletzungen dar, bei denen Krankheitserreger in den Körper eindringen. Statt einer Reaktion mit einer vermehrten Durchblutung, einer Überwärmung und folgenden Rötung, setzte bei der Klägerin eine verminderte Durchblutung ein, die eine blau-livide, dann weißliche Verfärbung und Erkaltung des Fußes nach sich zog. An der nachfolgenden Wundinfektion war jedenfalls ein antibiotikumresistenter, Plasmakoagulase-negativer Staphylokokkus beteiligt. Dieser ist ein vielfältig in der Umwelt vorhandener Keim. Er ist auch auf der Haut angesiedelt und konnte durch die kleine Wunde am Fuß in den Körper der Klägerin eindringen und dort seine Wirkung entfalten. Die Diabetes und die Infektion haben Wechselwirkungen untereinander ausgelöst, da einerseits eine Infektion eine Blutzuckerentgleisung begünstigt, andererseits ein entgleister Zucker eine Infektion begünstigt. Die bleibende Invalidität durch den Verlust des Beins bis zur Mitte des Oberschenkels ist mit 60 % einzuschätzen. Der Mitwirkungsanteil der Zuckererkrankung der Klägerin an den Folgen beträgt 85 %.
Aus medizinischer Sicht ist der Krankheitsverlauf auch ohne eine unfallbedingte Läsion der Hautoberfläche (diese wurde von der Beklagten bestritten, vom Erstgericht aber festgestellt) plausibel zu erklären. Wäre es zu keinem Unfall gekommen, könnten (vom Patienten unbemerkt) auch eine kleine Schrunde oder eine kleine Hautöffnung am Nagelbett Krankheitserregern eine Eintrittspforte eröffnen. Bei zuckerkranken Personen kommt es auch ohne Kontinuitätsunterbrechung der Haut zu Infektionen im Fußbereich.
Die Klägerin arbeitete vor dem Unfall im Pressegroßvertrieb. Nach dem Unfall arbeitete sie nicht mehr und bezog eine Invaliditätspension. Der früheste Stichtag für eine vorzeitige Alterspension ist der 1. 6. 2007.
Die Klägerin begehrte Deckung aus der Unfallversicherung, weil sie sich am linken Fuß durch das Anstoßen an einer Tür eine Risswunde am Fußrücken zugezogen habe. Aufgrund dieser Unfallverletzung sei es zur Staphylokokkeninfektion und letztlich zur Amputation gekommen. Da der Invaliditätsgrad bei Amputation bis zur Mitte des Oberschenkels 60 % betrage, sei von der höheren Versicherungssumme auszugehen. Im Fall eines Invaliditätsgrads von über 50 % stehe für den 50 % übersteigenden Teil die vierfache Leistung zu. Zusätzlich habe die Klägerin Anspruch auf 1 % der Versicherungssumme für dauernde Invalidität als Rehabilitationspauschale. Daraus errechne sich ein Betrag von 66.248 EUR. Für die Vorerkrankung lasse sich die Klägerin 85 % anrechnen, sodass sich der Klagsbetrag ergebe. Hilfsweise werde der Anspruch auf Art 7 Z 6 der AVB gestützt, weil die Klägerin als Folge ihrer Invalidität dauernd und vollständig berufsunfähig sei.
Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin einen Unfall erlitten habe. Selbst unter der Annahme eines Unfalls handle es sich jedoch um eine Gelegenheitsursache und eine Bagatellverletzung, die bei einem gesunden Menschen keine gesundheitlichen Folgen nach sich gezogen hätte. Die Notwendigkeit zur Durchführung der Oberschenkelamputation sei ausschließlich auf die Vorerkrankung der Klägerin zurückzuführen. Übertragene Krankheiten (Staphylokokkeninfektion) seien nicht gedeckt. Der Anspruch sei der Höhe nach jedenfalls unrichtig berechnet. Die Zuckererkrankung habe einen Mitwirkungsanteil von mindestens 85 %. Nach den Versicherungsbedingungen sei der Prozentsatz des Invaliditätsgrads entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens zu vermindern, sodass nur ein Invaliditätsgrad von 9 % verbleibe und sich daher die Versicherungssumme (unter 25 %) vereinbarungsgemäß mit 36.400 EUR ergebe. 9 % davon seien 3.276 EUR. Die Rehabilitationspauschale reduziere sich auf maximal 32,76 EUR.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Klägerin habe sich durch das Stoßen am Küchenkasten eine kleine Verletzung zugezogen, die Ursache für die Wundinfektion und die Amputation gewesen sei. Die Klägerin habe sich einen Eigenanteil von 85 % wegen der Diabetes anrechnen zu lassen. Sie habe ihren Anspruch auch auf Art 7 Z 6 der AVB gestützt. Sie sei durch den Unfall berufsunfähig und habe im Unfallzeitpunkt noch kein Anrecht auf frühzeitige Alterspension gehabt. Die Beklagte sei verpflichtet, 100 % der versicherten Summe unabhängig vom Invaliditätsgrad zu ersetzen. Auch wenn man von einer Versicherungssumme von 36.400 EUR ausgehe, finde das Klagebegehren darin Deckung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Das Anstoßen an einer Kante eines Möbelstücks, das zu einem blutenden Kratzer führe, sei dem Unfallbegriff der AVB zu unterstellen. Ein gewisses Maß einer körperlichen Schädigung sei dort nicht gefordert. „Anlagefälle" seien schon nach allgemeinen Grundsätzen im Sinn der Adäquanz im vollen Umfang als Unfallfolge anzusehen. Durch Art 18 AVB werde ausdrücklich geregelt, dass der Versicherer bei der Mitwirkung von „Anlageschäden" an der Invalidität eine verminderte Leistung zu erbringen habe. Der Versicherungsschutz nach der gesetzlichen Unfallversicherung sei mit jenem nach der privaten Unfallversicherung nicht ident. Dem privaten Unfallversicherer komme nach der Rechtsprechung lediglich der Beweis der überholenden Kausalität zu, nämlich dass die Beeinträchtigung auch ohne Unfall später mit Sicherheit eingetreten wäre. Allein aus der Tatsache, es hätte auch durch andere Ursachen zu der vorliegenden Infektion und anschließenden Amputation kommen können, sei somit für die Beklagte nichts zu gewinnen. Den Beweis der überholenden Kausalität habe die Beklagte weder erbracht noch angetreten. Die Infektion gehe auf das Eindringen von Krankheitserregern über eine Wunde zurück. Das Erstgericht habe auch die Höhe des Begehrens richtig berechnet. Gehe man von Art 7.6. der AVB aus, müsse auch hier der Invaliditätsgrad berücksichtigt werden, weil sonst die Versicherungssumme nicht ermittelt werden könnte. In diesem Umfang sei auch Art 18.3. AVB heranzuziehen. Dies führe jedoch nur dazu, dass die Leistungen entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens zu vermindern seien. Die Beklagte wolle die Vorerkrankung zweimal berücksichtigen. Gehe man hingegen von der höheren Versicherungssumme aufgrund des erreichten Invaliditätsgrads von 60 % aus und mindere man sie um den Mitwirkungsanteil der bei der Klägerin bestehenden Erkrankung im Sinn des Art 18.3. zweiter Satzteil AVB, finde die Klagsforderung in dem so errechneten Betrag von 10.920 EUR Deckung.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, inwieweit auch Bagatellverletzungen einen Anspruch auf Leistung aus der privaten Unfallversicherung begründen könnten, und zur Auslegung der Versicherungsbedingungen hinsichtlich der Berechnung der Versicherungsleistung bei Mitursächlichkeit einer krankhaften Anlage oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Nach Ansicht der Beklagten liege kein Unfall im Sinn der AVB vor, wenn die Gesundheitsschädigung auf einem inneren, organischen, zumeist krankhaften Vorgang im Körper beruhe und ihr Anlass beliebig austauschbar sei, sohin auch jede andere alltagsübliche Tätigkeit die Gesundheitsschädigung hätte wirksam werden lassen. Wenngleich sich in den AVB der Beklagten keine Klausel finde, dass erst ein gewisses Maß einer körperlichen Schädigung den Begriff des Unfalls verwirklichen könne, so ergebe sich dies doch aus der von Grimm, Unfallversicherung4, S 104 f dargelegten Meinung, die von Literatur- und Judikaturnachweisen unterstützt werde. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf Art 18 der AVB, wonach bei der Mitwirkung von Anlageschäden an der Invalidität des Versicherungsnehmers der Versicherer nicht von der Leistung frei werde, sondern eben nur eine verminderte Leistungspflicht bestehe, sei grundsätzlich richtig. Das Berufungsgericht übersehe aber, dass in Fällen, in denen jede andere beliebige Ursache den Schaden ebenfalls hätte hervorrufen können, die Gesundheitsschädigung dem als Gelegenheitsursache anzusehenden Unfallereignis gerade nicht mehr adäquat zuzurechnen sei und deshalb der Kausalzusammenhang entfalle. Im Übrigen hätte das Berufungsgericht die zu § 175 ASVG vertretenen Grundsätze analog auf die private Unfallversicherung anwenden müssen. Danach sei eine Versicherungsleistung dann ausgeschlossen, wenn die körperliche Schädigung so leicht auslösbar sei, dass es für akute Erscheinungen nicht besonderer, unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedürfe, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zur selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Es werde zwar nicht bezweifelt, dass auch die erst in weiterer Folge nach der Unfallverletzung ausgelöste Krankheit unter den allgemeinen Unfallversicherungsschutz falle, dies ändere jedoch nichts daran, dass Art 6.3. der AVB die Krankheitsfolge wirksam ausschließe. Mangels Kausalzusammenhangs könne daher die Staphylokokkeninfektion keine Unfallfolge darstellen. Letztlich sei auch die Berechnung der Klagsforderung verfehlt. Gemäß Art 18.3. AVB verringere sich der Prozentsatz des Invaliditätsgrads entsprechend der festgestellten Vorerkrankung. Durch diese Bestimmung greife die mit der Klägerin ab einer unfallkausalen Invalidität im Ausmaß von 25 % vereinbarte höhere Versicherungssumme nicht, weil bereits der Invaliditätsgrad durch die Mitwirkung verringert sei, sodass die mit der Klägerin vereinbarte Progressionsstufe nicht erreicht werde. Es liege keine unzulässige Doppelberücksichtigung vor. Von dem Invaliditätsgrad bei dauernder unfallkausaler Berufsunfähigkeit von 100 % gemäß Art 7.6. der AVB sei der Prozentsatz des unstrittigen Mitwirkungsanteils der bestehenden Zuckererkrankung im Ausmaß von 85 % in Abzug zu bringen, sodass eine unfallkausale dauernde Invalidität im Ausmaß von lediglich 15 % verbleibe; daraus ergebe sich ein Betrag von lediglich 5.460 EUR.
Der Oberste Gerichtshof kann sich dieser Argumentation nicht anschließen.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass sich die für die vorliegenden Rechtsfragen maßgebende österreichische Bedingungslage von der deutschen Bedingungslage unterscheidet. In den einschlägigen deutschen AVB ist jeweils in § 2 eine Deckung von (Wund-)Infektionen vorgesehen, wobei deren Voraussetzungen konkreter beschrieben wurden. Entsprechende Regelungen fehlen in den vorliegenden AVB. Anders als nach den deutschen Bedingungen, nach denen etwa in § 2 Abs 3 AUB 94 eine Deckung bei Wundinfektionen infolge bloß geringfügiger Verletzungen ausgeschlossen ist, wird beim Unfallbegriff nach den österreichischen Bedingungen generell nicht auf die Schwere der Verletzung abgestellt:
Nach Art 6.1. der AVB ist ein Unfall ein vom Willen des Versicherten unabhängiges Ereignis, das plötzlich, von außen, mechanisch oder chemisch auf seinen Körper einwirkt und eine körperliche Schädigung oder den Tod nach sich zieht. Mangels Einschränkung auf bloß geringfügige Verletzungen fällt das vorliegende Ereignis (Entstehen einer kleinen Risswunde durch Anstoßen an einem Küchenkasten) grundsätzlich unter den Unfallbegriff.
Bei einer Wundinfektion handelt es sich nicht um eine übertragene Krankheit nach Art 6.3. der AVB. Die Wundinfektion wird nicht als solche übertragen. Sie kann vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen infolge eines Unfallgeschehens entstehen. Es handelt sich hiebei um eine durch den Unfall hervorgerufene Folge im Sinn von Art 18.1. der AVB (vgl auch RIS-Justiz RS0122799).
Soweit sich die Revision unter Berufung auf Grimm darauf stützt, dass hier kein Unfall vorliege, weil der Anlass für die Gesundheitsschädigung beliebig austauschbar sei und durch jede andere alltagsübliche Tätigkeit wirksam hätte werden können, weicht die Revision vom festgestellten Sachverhalt ab. Das Erstgericht stellte nämlich fest, dass die Infektion durch das Eindringen von Keimen über die durch das Anstoßen an den Küchenkasten verursachte Risswunde hervorgerufen wurde. Der Kausalzusammenhang zwischen der konkreten Verletzung und der Gesundheitsschädigung ist damit gegeben. Es steht nicht fest, dass sich die Klägerin jedenfalls dieser Beinamputation hätte unterziehen müssen, dass also der Schnitt nur Auslöser dieser jedenfalls eintretenden Gesundheitsbeeinträchtigung war. Das Erstgericht geht vielmehr davon aus, dass die Wundinfektion aufgrund der Schnittverletzung eintrat.
Die Rechtslage und Judikatur zu § 175 ASVG kann schon deshalb nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, weil es sich hier um eine private, vertraglich vereinbarte Unfallversicherung handelt und Grundlage des Vertrags die AVB der Beklagten sind. Abgesehen davon steht eben nicht fest, dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis die Gesundheitsbeeinträchtigung ausgelöst hätte. Selbst wenn man davon ausgehen kann, dass selbst durch Hautabschürfungen Keime in die Haut eindringen könnten, so steht keinesfalls fest, dass jede kleinere unbemerkte Schrunde zwangsläufig zum Eindringen von Keimen und zu den gleichen Folgen (Amputation) hätte führen müssen.
Die Wundinfektion ist hier demnach Folge eines Unfalls im Sinn der AVB, für die die Beklagte deckungspflichtig ist.
Der Mitwirkungsanteil der Diabetes der Klägerin an den Folgen wurde unstrittig mit 85 % festgesetzt.
Für die Höhe des Anspruchs der Klägerin ist zunächst von Art 7.6. der AVB auszugehen. Wird der Versicherte durch den Versicherungsfall dauernd ständig berufsunfähig, wird im Fall der dauernden Invalidität unabhängig vom Invaliditätsgrad 100 % der dafür versicherten Summe bezahlt. Dass die Amputation eines Beines bis zur Mitte des Oberschenkels eine dauernde Invalidität darstellt, die zur Berufungsunfähigkeit geführt hat, ist unstrittig. Damit besteht der Anspruch unabhängig vom Invaliditätsgrad in der Höhe von 100 % der dafür versicherten Summe. Da zwei verschiedene Versicherungssummen je nach Invaliditätsgrad vereinbart sind, muss geklärt werden, welche hier heranzuziehen ist. Die Wortfolge „100 % der dafür versicherten Summe" kann sich nur auf den in den AVB für die Invalidität abstrakt festgesetzten Invaliditätsgrad beziehen, soll es doch eben nach Art 7.6. der AVB nicht auf den konkret erreichten Invaliditätsgrad ankommen. Die Invalidität durch Amputation eines Beines bis zur Mitte des Oberschenkels entspricht nach Art 7.2.1. der AVB einem Invaliditätsgrad von 60 %. Dieser liegt daher über der Progressionsgrenze von 25 %. Für den vorliegenden Versicherungsfall beträgt daher die Versicherungssumme 72.800 EUR. Ausgehend von 100 % der Versicherungsleistung infolge dauernder Invalidität ist nun nach Art 18.3. der AVB die Vorerkrankung der Klägerin zu berücksichtigen, die bei der Entstehung der Gesundheitsschädigung und deren Folgen erheblich mitgewirkt hat. Diese führt, weil es nach der Bemessung der Versicherungsleistung nach Art 7.6. der AVB nicht auf den konkreten Prozentsatz des Invaliditätsgrads ankommt, nach Art 18.3. der AVB nicht zu einer Minderung des Invaliditätsgrads, sondern (Argument: „ansonsten") zur Minderung der Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens. Das bedeutet, dass die nach Art 7.6. der AVB ermittelte Leistung (72.800 EUR) nun um 85 % zu mindern ist. Dies ergibt einen Betrag von 10.920 EUR. Das Begehren der Klägerin ist daher zur Gänze berechtigt ist, wie auch das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat.
Der Vollständigkeit halber ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass Art 7.5. der AVB (entgegen ihrer Ansicht) nicht zu ihrem Vorteil zum Tragen kommen kann, weil hier die Versicherungsleistung im Gegensatz zu Art 7.6. der AVB vom konkreten Invaliditätsgrad abhängig ist, der infolge der Vorerkrankung unter 50 % liegt (60 % [Beinwert] - 85 % [Vorerkrankung] = 9 %).
Der Revision der Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich §§ 50, 41 ZPO.
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