OGH 7Ob11/10h

OGH7Ob11/10h26.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hermann Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei ***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, wegen 20.272,16 EUR samt Anhang, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2009, GZ 11 R 146/09k-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 9. Juni 2009, GZ 17 Cg 13/09w-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.187,28 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 197,88 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hatte einen Muldenkipper gemietet und diesen an ein Bauunternehmen untervermietet. Am 10. Oktober 2006 kam es zwischen dem von einem Arbeiter des Bauunternehmens gelenkten Muldenkipper und einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW aus dem Alleinverschulden der PKW-Lenkerin zu einem Verkehrsunfall. Um 07:45 Uhr begann die Polizei mit der Unfallaufnahme. In seiner zu Protokoll gegebenen Aussage gab der Lenker des Muldenkippers unter anderem an, der entgegenkommende PKW sei frontal gegen den Muldenkipper geprallt; er sei sofort aus dem Fahrzeug ausgestiegen, um Erste Hilfe zu leisten. Die Verkehrsunfallsanzeige enthält keine Ausführungen darüber, ob bei Eintreffen der Polizeibeamten der Motor des Muldenkippers lief. Die Beklagte veranlasste als Haftpflichtversicherer des PKW die Besichtigung des Muldenkippers. Der Besichtigungsbericht vom 25. Oktober 2006 enthält den Hinweis, der Kolbenfresser sowie die Schäden an Turbolader, Ölpumpe, Wärmetauscher, Motorblock, Kurbelwelle und Kolben würden nicht im direkten Zusammenhang mit der Kollision stehen; diese Schäden am Motor könnten durch den weiteren Betrieb mit zu wenig Schmiermittel (wegen des starken Ölverlusts aufgrund der aufgerissenen Ölwanne) zustandegekommen sein.

Die Eigentümerin des Muldenkippers trat mit Vereinbarung vom 22. Februar 2007 die Ansprüche aus diesem Verkehrsunfall an die Klägerin ab. Mit Schreiben vom 14. März 2007 machte die Klägerin, vertreten durch den Klagevertreter, bei der Beklagten unter Hinweis auf die Abtretung die Reparaturkosten des Muldenkippers von 71.250,85 EUR brutto geltend.

Die Beklagte reagierte darauf mit Schreiben vom 30. März 2007 und teilte mit, dass nach ihrer Ansicht die unfallkausalen Reparaturkosten entsprechend den vorliegenden Unterlagen 6.909,26 EUR netto betragen würden; die diesen Betrag übersteigenden Forderungen müssten dem Grunde nach abgelehnt werden. Der Betrag von 6.909,26 EUR wurde bezahlt.

Die Klägerin begehrte mit Klage vom 15. Mai 2007 vom Bauunternehmen und dessen Komplementär-GmbH den restlichen Schadensbetrag von 52.466,46 EUR. Vor Einbringung dieser Klage stand der Klägerin der erwähnte Besichtigungsbericht zur Verfügung. Die Klägerin hatte auch bereits Kenntnis vom Rechtsstandpunkt der Beklagten, den diese dann als beigetretene Nebenintervenientin im Vorprozess vertrat.

Die Klägerin argumentierte im Vorprozess unter anderem dahin, das Verschulden am Unfall treffe die PKW-Lenkerin. Deren Haftpflichtversicherung (die nunmehrige Beklagte) habe die Ersatzpflicht dem Grunde nach zwar anerkannt, der Klägerin auf die eingeforderten Reparaturkosten von 59.375,72 EUR netto jedoch nur den Betrag von 6.909,26 EUR netto ersetzt, sodass der Klagsbetrag nach wie vor offen sei. Wesentliche Anteile der am Muldenkipper entstandenen Schäden seien nämlich auf Sorgfaltsverstöße zurückzuführen, die der das Fahrzeug für das Bauunternehmen lenkende Arbeiter zu verantworten habe. Der Lenker habe im Anschluss an die Kollision trotz unfallbedingt beschädigter Ölwanne in grob fahrlässiger Weise den Motor laufen lassen, wodurch es zu einem mit der Kollision nicht im Zusammenhang stehenden „Kolbenfresser“ gekommen sei. Aufgrund der Bedingungen des Mietvertrags (Punkt 9.) hafte das Bauunternehmen der Klägerin für jede Beschädigung des Muldenkippers, unabhängig davon, ob der Schaden durch ihr Verschulden oder das ihrer Hilfsperson oder durch ein unvorhersehbare Ereignis, wie etwa einen Unfall, verursacht worden sei.

Die (hier) Beklagte trat dem Vorprozess als Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin bei und brachte vor, sie habe den unfallskausalen Schaden gedeckt. Der Lenker des Muldenkippers habe es nach der Kollision trotz erkennbaren Frontschadens und Ölaustritts unterlassen, den Motor abzustellen. Dadurch sei es zu einem Motorschaden gekommen. Bis eine Ölmenge von 42 Liter austrete, vergehe eine Zeitspanne von mindestens 20 Minuten. Der Unfall habe sich um 07:33 Uhr ereignet, die Polizei Reutte sei bereits um 07:45 Uhr vor Ort gewesen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei die Verletzte professionell versorgt worden und habe der Lenker Gelegenheit gehabt, den Motor abzustellen.

Die im Vorprozess Beklagten bestritten das behauptete Verhalten des Lenkers und dessen Kausalität; im Übrigen wäre es dem Lenker auch nicht vorwerfbar. Punkt 9. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei nicht vereinbart worden und sei überdies sittenwidrig.

In der Verhandlung vom 5. Dezember 2007 gab der Lenker des Muldenkippers an, er könne nicht mehr sagen, wann er den Motor abgeschaltet habe, vermutlich bei Eintreffen der Polizei. In der Verhandlung vom 11. März 2008 sagten die Polizeibeamten, die als erste an die Unfallstelle kamen, aus, der Motor des Muldenkippers sei bei ihrem Eintreffen um 07:45 Uhr bereits abgestellt gewesen.

Am 28. Mai 2008 langte eine Zahlung von 52.466,66 EUR am Konto des Klagsvertreters ein und am 16. Juni 2008 eine weitere Zahlung von 2.530,05 EUR für Zinsen, worauf die Klägerin im Vorprozess auf Kosten einschränkte.

Mit dem Urteil im Vorprozess vom 27. November 2008 wurde die Klägerin zum Kostenersatz von 8.377,74 EUR verpflichtet. Darin wurde unter anderem festgestellt: „Der Unfall verursachte am Muldenkipper schwere Sachschäden (Ölwanne, Stoßfänger, Motor) in Höhe von EUR 59.375,72 (exkl Umsatzsteuer). … Feststeht jedoch, dass der Motor nach dem Unfall nicht mehr lief.“ Rechtlich argumentierte das Gericht, die Erledigung der Hauptsache beruhe nicht auf einer Zahlung oder sonstigen Disposition der Beklagten (sondern auf einer Zahlung der Nebenintervenientin), weshalb die Klägerin als unterliegend anzusehen sei. Darüber hinaus erachtete es Punkt 9. der allgemeinen Mietbedingungen des Untermietvertrags für unangemessen und gröblich benachteiligend, weshalb die Klägerin den Prozess auch bei Fortführung ohne Einschränkung auf Kosten verloren hätte.

Die Klägerin begehrt nun die Zahlung von 20.272,16 EUR an (eigenen und zu ersetzenden) Kosten des von ihr über Veranlassung der Beklagten geführten, jedoch verlorenen Vorprozesses als Schadenersatz. Die Beklagte habe mit der Begründung nur teilweise Ersatz geleistet, der Lenker des Muldenkippers habe nach der Kollision den Motor trotz unfallbedingt beschädigter Ölwanne weiterlaufen lassen und dadurch den Motorschaden herbeigeführt. Nachdem sich im Vorprozess für einen solchen Sorgfaltsverstoß nicht die geringsten Anhaltspunkte ergeben hätten, habe die Beklagte ihre Argumentation aufgegeben und den Reparaturschaden ersetzt, wodurch sie auch ihre Sorgfaltswidrigkeit zugestanden habe. Sie hafte für den Kostenschaden, weil sie ihre Prüf- und Begründungspflicht nach § 29a KHVG fahrlässig verletzt habe. Die Bestreitung der Ersatzpflicht sei völlig haltlos unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt erfolgt. Für die Beklagte als Versicherer gelte der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB, sodass sie wegen der rechtlichen Sonderbeziehung zum Geschädigten schon für leichte Fahrlässigkeit hafte.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Die Klägerin habe den Vorprozess aus freier Entscheidung eingeleitet und sei für die dort entstandenen Prozesskosten selbst verantwortlich. Eine Verletzung der aus § 29a KHVG 1994 resultierenden Verpflichtungen des Versicherers liege nicht vor. Das zur Überprüfung der gerechtfertigten Schadenshöhe in Auftrag gegebene Gutachten sei zum Ergebnis gelangt, dass der Motorschaden nicht unfallkausal und nicht dem am Unfall schuld tragenden Versicherungsnehmer der Beklagten anzulasten sei, weshalb die Beklagte einen entsprechenden Schadenersatzanspruch zunächst verneint habe. Erst im Zuge des Vorprozesses habe sich herausgestellt, dass dem Lenker des Muldenkippers ein Sorgfaltsverstoß nicht nachweisbar sei, sodass die Beklagte dann auch den Motorschaden samt Zinsen bezahlt habe.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Nach § 29a Abs 1 KHVG habe sich der Versicherer innerhalb von drei Monaten nach der Anzeige des Schadensfalls in irgendeiner Weise zum Anspruch des Geschädigten begründet zu äußern. Diesen Anforderungen sei die beklagte Partei nachgekommen. Die Aussage der Polizisten sowie des Lenkers des Muldenkippers im Vorverfahren sei für die Beklagte nicht voraussehbar gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Wesentlicher Inhalt des § 29a KHVG sei, dass sich der Versicherer (oder der Schadensregulierungsbeauftragte) innerhalb von drei Monaten nach Anzeige des Schadenfalls in irgendeiner Weise zum Anspruch des Geschädigten zu äußern und eine Ablehnung zu begründen habe. Die Begründung müsse dem Geschädigten ausreichende Anhaltspunkte dafür bieten, ob und wie er seinen Anspruch sinnvoll weiterverfolgen könne. Damit werde gewährleistet, dass der Geschädigte durch eine begründete Erklärung des (gegnerischen) Versicherers zur Sach- und Rechtslage zielführende Dispositionen zur allfälligen weiteren Verfolgung seiner Ansprüche treffen könne. Der Versicherer dürfe dabei zweifellos nicht willkürlich und wider besseren Wissens vorgehen. Die Beklagte habe den Ersatz des Motorschadens aufgrund einer gutachterlichen Erkenntnis abgelehnt und darauf ihr Prozessvorbringen als Nebenintervenientin im Vorprozess aufgebaut. Nach dem Kenntnisstand der Beklagten zum Zeitpunkt ihrer (verpflichtenden) Äußerung nach § 29a KHVG und ihres anschließenden Prozessbeitritts könne ihr ein Sorgfaltsverstoß nicht angelastet werden. Der Sorgfaltsmaßstab für die Äußerung nach § 29a KHVG dürfe nicht strenger sein als jener im Zusammenhang mit einer Prozessführung, für den die Erkennbarkeit der Aussichtslosigkeit eines Standpunkts bei gehöriger Aufmerksamkeit maßgeblich sei. Berücksichtige man das Sachverständigengutachten, sei die Bestreitung der Ersatzpflicht für den geltend gemachten Motorschaden weder aussichtslos noch offenbar mutwillig.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage des notwendigen (inhaltlichen) Umfangs einer begründeten negativen Äußerung nach § 29a Abs 2 KHVG oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, die die Rechtsfrage darin erblickt, nach welchem Maßstab der Versicherer für den Inhalt der Begründung einer Deckungsablehnung nach § 29a KHVG hafte.

Die Beklagte begehrt in ihrer Revisionsbeantwortung primär die Zurückweisung und hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den angeführten Gründen zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

1.1. § 29a KHVG wurde in Umsetzung des Art 4 Abs 6 der Richtlinie 2000/26/EG (Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie) durch BGBl I Nr 11/2002 eingefügt. Art 4 Abs 6 der Richtlinie lautet auszugsweise:

„Die Mitgliedsstaaten sehen die (...) Verpflichtung vor, dass innerhalb von drei Monaten nach dem Tag, an dem der Geschädigte einen Schadenersatzanspruch (...) beim Versicherungsunternehmen (...) angemeldet hat,

a) (…)

b) vom Versicherungsunternehmen (…) eine mit Gründen versehene Antwort auf die in dem Antrag enthaltenen Darlegungen erteilt wird, sofern die Eintrittspflicht bestritten wird oder nicht eindeutig feststeht (…) .“

Nach der achtzehnten Begründungserwägung dieser Richtlinie ist der Zweck des Art 4 Abs 6, das spezielle Recht des Geschädigten auf zügige Bearbeitung des Anspruchs zu gewährleisten (EuGH 1. 12. 2005, C-447/04 ), weshalb vorzusehen sei, dass das Versicherungsunternehmen des Schädigers innerhalb angemessener Frist ein Schadenersatzangebot schriftlich und unter Angabe von Gründen unterbreite, auf denen die Beurteilung der Haftung und des Schadens beruhe.

1.2. § 29a Abs 2 KHVG lautet: „Bestreiten der Versicherer oder sein Schadenregulierungsbeauftragter die Pflicht zur Erbringung einer Ersatzleistung (...) , so haben sie dies gegenüber dem geschädigten Dritten innerhalb der in Abs 1 angeführten Frist [das sind 3 Monate ab Schadensanzeige] schriftlich zu begründen.

Dazu wird in den Erläuternden Bemerkungen ausgeführt (ErläutRV 782 BlgNR XXI. GP 12):

„Wesentlicher Inhalt der Bestimmung ist, dass sich der Versicherer oder sein Schadenregulierungsbeauftragter innerhalb von drei Monaten nach Anzeige des Schadenfalls in irgendeiner Weise zum Anspruch des Geschädigten zu äußern haben. Eine negative Äußerung muss begründet sein. Die Begründung muss dem Geschädigten ausreichende Anhaltspunkte dafür bieten, ob und wie er seinen Anspruch sinnvoll weiter verfolgen kann."

1.3. Auch die Bestimmungen der §§ 12 Abs 2 und § 158n Abs 1 VersVG verlangen eine Begründung des Versicherers für seine negative Äußerung zur Frage der Deckung. Nach diesen Bestimmungen ist die Verjährung bis zum Einlangen einer Ablehnung gehemmt, die zumindest mit der Anführung einer ihr derzeit zugrunde gelegten Tatsache und gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen begründet zu sein hat.

Zweck dieser Vorschriften ist es nur, dem Versicherungsnehmer eine gewisse Orientierung für sein weiteres Vorgehen zu geben, weshalb an die Begründung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Der Versicherungsnehmer soll darüber informiert werden, warum der Versicherer seine Leistungspflicht bestreitet; es genügt, wenn er kurz, rational nachvollziehbar und nachprüfbar anführt, auf welche Tatsachen er sich beruft und aus welchen gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen er das Fehlen seiner Leistungspflicht ableitet; die Begründung muss jedoch nicht richtig sein (vgl Schauer, Versicherungsvertragsrecht³, 206; Fenyves in Fenyves/Kronsteiner/Schauer, Kommentar zu den Novellen zum VersVG, § 12 Rz 9; Kronsteiner aaO § 158n Rz 5). Der Versicherer darf auch erst im Deckungsprozess weitere Gründe nachtragen, weil keine Eventualmaxime geregelt wurde (zu § 158n VersVG: 7 Ob 252/99f; 7 Ob 103/08k).

1.4. Nichts anderes hat für § 29a KHVG zu gelten. Sowohl nach dem Text des Gesetzes und der Richtlinie als auch nach den jeweiligen Materialien dazu ist nämlich eine besondere Prüfpflicht des Versicherers und/oder eine Garantie für die Richtigkeit seiner Begründung für die Ablehnung der Deckung weder vorgesehen noch beabsichtigt. Ebenso wenig ist eine Verpflichtung zur Vollständigkeit der Begründung (im Sinn einer Eventualmaxime) normiert.

Die Notwendigkeit der Begründung der negativen Äußerung und deren Befristung sollen daher - wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - (nur) sicherstellen, dass der Geschädigte nicht unnötig hingehalten wird und Klarheit über die Weigerungsgründe des Versicherers erhält, um ihm sein weiteres Vorgehen bei der Verfolgung seiner erhobenen Ansprüche zu erleichtern. Keinesfalls soll damit dem Geschädigten eine abschließende und vollständige Klärung der Grundlagen des von ihm verlangten Schadenersatzes durch den Versicherer abgenommen werden; vielmehr bleibt es Sache des Geschädigten, selbständig die Argumente des Versicherers zu hinterfragen und zu bewerten, um unter deren Einbeziehung zu entscheiden, ob und gegen wen er die Durchsetzung seiner Ansprüche verfolgen will.

1.5. Die Beklagte hat diesen Anforderungen an ihre Begründungspflicht entsprochen und - darüber hinaus - der Klägerin den eingeholten Besichtigungsbericht, also die Basis ihrer Erwägungen, überlassen. Es lag daher an der Klägerin, auf dieser Grundlage das weitere Vorgehen selbstverantwortlich zu entscheiden.

Ob der Klägerin die gesamte Begründung für die Ablehnung (ausgenommen das Schreiben vom 30. März 2007) schriftlich und innerhalb der vorgesehenen Frist von drei Monaten gegeben wurde, läßt sich dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen. Da aber die Klägerin weder die Nichteinhaltung der Schriftform noch die Versäumung der Frist rügt, bedarf es einer weiteren Auseinandersetzung damit nicht.

2.1. Die Frage nach einem Verschulden des Versicherers stellt sich auch dann, wenn er trotz Fälligkeit der Versicherungsleistung nicht bezahlt, also in Verzug gerät (§ 11 VersVG), weil ihn schuldhafter Verzug schadenersatzpflichtig machen kann (Schauer, Versicherungsvertragsrecht³ 204 mwN). Das Verschulden kann auch in einer völlig aussichtslosen Deckungsablehnung gelegen sein. Der Versicherer darf schon wegen des das Versicherungsverhältnis in besonderem Maß beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (RIS-Justiz RS0018055), der wegen des in § 26 KHVG vorgesehenen gesetzlichen Schuldbeitritts des Versicherers gegenüber dem Geschädigten (RIS-Justiz RS0065779) auch diesem zugutekommt, auch bei der Begründung der Ablehnung nicht jegliche Sorgfalt vernachlässigen.

2.2. Nach der Rechtsprechung (7 Ob 22/91 mwN = SZ 64/105) besteht keine Schadenersatzpflicht, wenn der Versicherer die Zahlung nicht grundlos verweigert hat.

Die Ablehnung kann aus Rechtsgründen und wegen zweifelhafter Tatfragen erfolgen.

Bei Ablehnung wegen zweifelhafter Tatfragen liegt Verschulden nur vor, wenn die Erfüllungsverweigerung nicht durch ausreichende Tatsachen begründet war; doch muss der Versicherer versuchen, etwaige Zweifel rasch zu klären. Oft ist aber der Prozess die einzige Möglichkeit, den Tatbestand, der sich ausschließlich im Herrschaftsbereich des Versicherungsnehmers abgespielt hat, klarzustellen.

Bei Ablehnung aus Rechtsgründen ist der Versicherer entschuldigt, wenn er sich aufgrund gewissenhafter und sorgfältiger Prüfung zu einer Rechtsauffassung entschließt, die ihn zur Annahme berechtigt, er brauche mit einem Unterliegen in einem Rechtsstreit nicht zu rechnen; hingegen ist er nicht entschuldigt, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt damit rechnen musste, dass die Gerichte zu einer ihm ungünstigen Entscheidung kommen werden (vgl auch RIS-Justiz RS0080321; RS0031910; RS0032042; RS0026212; Gruber in Berliner Kommentar, § 11 VersVG Rz 34 ff; Prölss in Prölss/Martin VVG27 § 11 Rz 18 f).

2.3. Eine Ablehnung unter Berufung auf eine aussichtslose Rechtsansicht (hier: fehlende Adäquanz) wirft die Klägerin der Beklagten gar nicht vor, sodass eine Auseinandersetzung mit diesem Einwand zu unterbleiben hat.

2.4. Die Klägerin macht aber geltend, die (dem erwähnten Einwand zugrunde liegenden) Tatsachenbehauptung der Beklagten, der Lenker des Muldenkippers habe nach der Kollision den Motor trotz unfallbedingt beschädigter Ölwanne weiterlaufen lassen und dadurch den Motorschaden herbeigeführt, sei völlig haltlos und ohne jede sachliche Grundlage unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt erhoben worden.

Dem kann - mit dem Berufungsgericht - nicht beigepflichtet werden. Schließlich lag der Beklagten der von ihr eingeholte Besichtigungsbericht vom 25. Oktober 2006 vor. Darin finden sich die Hinweise, dass der Motorschaden nicht in direktem Zusammenhang mit der Kollision stand und (wegen des starken Ölverlusts aufgrund der aufgerissenen Ölwanne) durch den weiteren Betrieb des Motors mit zu wenig Schmiermittel zustande gekommen sein könnte. Die Schlussfolgerung der Beklagten, es sei der Lenker des Muldenkippers gewesen, der den Motor nach der Kollision weiterlaufen ließ, mag zwar nicht zwingend sein (weil auch eine Wiederinbetriebnahme zum Zweck der Entfernung des Muldenkippers vom Unfallort denkbar ist), kann aber weder als lebensfremd noch willkürlich bezeichnet werden, sondern erscheint sehr naheliegend. Vor Beginn des Vorprozesses stand als weitere Entscheidungsgrundlage nur die Verkehrsunfallanzeige der Polizei zur Verfügung, deren Inhalt der Schlussfolgerung der Beklagten nicht entgegenstand. Welche weiteren Prüfmaßnahmen die Beklagte noch vornehmen hätte sollen, vermag die Klägerin nicht konkret aufzuzeigen, was angesichts der dargestellten Situation nicht verwundert; keinesfalls ist vom Versicherer zu verlangen, unter Vorwegnahme eines allfälligen ordentlichen Gerichtsverfahren selbständig Zeugenaussagen einzuholen.

Würde man einem Versicherer in einer Situation wie der vorliegenden verwehren, eine aus plausiblen Erhebungsergebnissen schlüssig abgeleitete Behauptung aufzustellen, wäre er im Ergebnis gezwungen, von vorne herein auch eine für ihn ungünstigere Sachverhaltsvariante zu akzeptieren, was nicht ernstlich verlangt werden kann. Es ist nämlich auch dem Versicherer zuzubilligen, für ihn nicht zumutbar aufklärbare Tatumstände in einem Gerichtsverfahren prüfen und feststellen zu lassen.

Angesichts der hier bestehenden Konstellation durfte die Beklagte ohne vorwerfbaren Sorgfaltsverstoß behaupten, das Verhalten des Lenkers des Muldenkippers habe den Motorschaden verursacht. Wenn sie in der Folge im Vorprozess von ihrem Standpunkt abgewichen ist, nachdem für sie ungünstige Beweisergebnisse vorlagen, so stellt dies - im Gegensatz zur Meinung der Revision - keinen Beleg für eine vorhergehende Sorgfaltswidrigkeit der Beklagten dar. Vielmehr hat die Beklagte damit adäquat auf eine ergänzte und geänderte Entscheidungsgrundlage reagiert (vgl Gruber in Berliner Kommentar, § 11 VersVG Rz 37; Prölss in Prölss/Martin VVG27 § 11 Rz 19).

2.5. Ein Verschulden der Beklagten an der im Nachhinein aufgegebenen Deckungsablehnung ist daher zu verneinen.

3. Fehlt es an der Vorwerfbarkeit der Tatsachenbehauptungen als Grundlage der Verweigerung der Leistung, scheidet schon deshalb eine Haftung der Beklagten nach §§ 1299, 1300 ABGB aus. Ob die Darlegung des eigenen Standpunkts im Sinn des § 29a KHVG überhaupt als „Rat“ zu qualifizieren ist, kann daher auf sich beruhen.

4. Die Erfolglosigkeit der Revision bedingt die Verpflichtung der Klägerin, der Beklagten die richtig verzeichneten Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß §§ 41, 50 ZPO zu ersetzen.

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