Spruch:
I. Der Revisionsrekurs des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 2.014,74 EUR (darin enthalten 335,79 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
II. Dem Revisionsrekurs der Zweitbeklagten wird Folge gegeben. Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Der Kläger ist schuldig, der Zweitbeklagten die mit 3.697,20 EUR (darin enthalten 616,20 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur erstbeklagten Partei im Sinn deren Dienstordnung 1994. Er wurde aufgrund des Gesetzes über die Zuweisung von Bediensteten der Wiener Stadtwerke jedoch der Zweitbeklagten zugewiesen.
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Unterlassung, vom Direktionsarzt oder dessen Mitarbeitern erfasste Gesundheitsdaten an Dritte, insbesondere andere Mitarbeiter der Beklagten ohne Zustimmung des Klägers weiterzugeben, wenn die Weitergabe nicht zum Zweck der Koordination des Personaleinsatzes oder zur Beurteilung der Dienstfähigkeit erforderlich ist und es sich um Angaben handelt, die über den Beginn, die Dauer und die Ursache der Arbeitsunfähigkeit hinausgehen. Er befinde sich seit Februar 2008 im Krankenstand. Die Daten seien durch die Beklagten im Rahmen einer direktionsärztlichen Untersuchung zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit erhoben worden. Die zuständige Direktionsärztin sei angewiesen, sämtliche Krankheitsdaten (insbesondere Diagnose und Medikation) der Personalabteilung der Zweitbeklagten mitzuteilen. Darüber hinaus seien die Krankendaten auch an den Vorgesetzten, mit dem der Kläger in Konflikt stehe, weitergegeben und der Krankenakt dem Personalakt des Klägers angeschlossen worden. Auch das Sekretariat des direktionsärztlichen Büros habe davon Kenntnis gehabt. Es handle sich um sensible Gesundheitsdaten. Deren Geheimhaltung sei hinsichtlich der Zweitbeklagten als Auftraggeber des privaten Bereichs jedenfalls im Rechtsweg durchzusetzen. Auch die Erstbeklagte habe dafür einzustehen, weil sich ja an deren Haftung und der dienstrechtlichen Stellung des Klägers durch die Zuweisung nichts ändere. Die Vorgehensweise der Beklagten verstoße insbesondere gegen das Datenschutzgesetz und die Fürsorgepflicht der Beklagten als Arbeitgeber.
Die Beklagten erhoben die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs, aber auch der sachlichen Unzuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichts Wien. Zufolge § 31 DSG sei die Datenschutzkommission zur Entscheidung über behauptete Verletzungen des Rechts eines Betroffenen auf Geheimhaltung zuständig, wenn es sich um Auftraggeber des öffentlichen Rechts handle. Als solche seien alle Auftraggeber, die in Formen des öffentlichen Rechts eingerichtet sind, aber auch solche in Form des Privatrechts konstituierte Rechtsträger zu beurteilen, wenn sie in Vollziehung des Gesetzes tätig seien. Die Untersuchung betreffe die Feststellung der Dienstfähigkeit im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Klägers. Der Magistrat der erstbeklagten Partei sei weiterhin dafür zuständig und habe damit eine Dienststelle der Zweitbeklagten betraut. Der Magistrat bediene sich insoweit zur Vollziehung der Dienstrechtsangelegenheiten der Einrichtungen der Zweitbeklagten, die insoweit Hilfsorgan sei. Daher seien im Ergebnis sowohl die Klage gegen die erstbeklagte Bundeshauptstadt als auch die Zweitbeklagte zurückzuweisen. Im Übrigen erhoben die beklagten Parteien auch die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts und Einwendungen in der Sache selbst.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs zurück. Der Kläger sei weiter öffentlich-rechtlicher Bediensteter. Lediglich für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten sei der Rechtsweg zulässig. Die konkret behauptete Verletzung beziehe sich auf ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis des Klägers als Beamter. Das Handeln der Zweitbeklagten sei der erstbeklagten Partei zuzurechnen; sie sei Hilfsorgan. Die erstbeklagte Partei sei als Gebietskörperschaft gemäß § 5 Abs 2 DSG Auftraggeber des öffentlichen Rechts, sodass nach § 31 Abs 2 DSG zur Entscheidung über eine Verletzung des Rechts des Betroffenen auf Geheimhaltung die Datenschutzkommission zuständig sei.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung hinsichtlich der erstbeklagten Partei, verwarf jedoch die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs hinsichtlich der Zweitbeklagten. Es erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs insbesondere zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs im Zusammenhang mit zugewiesenen Beamten und deren auf das Datenschutzgesetz gestützten Ansprüchen fehle.
In der Sache selbst vertrat das Rekursgericht die Auffassung, nur Ansprüche zivilrechtlicher Natur könnten im Rechtsweg geltend gemacht werden, allerdings auch solche von Beamten. Soweit sich die Streitigkeit aber auf die öffentlich-rechtliche Stellung des Beamten zu seinem Dienstgeber beziehe, sei diese im Verwaltungsweg auszutragen. Durch die Zuweisung der Beamten ändere sich nichts an deren dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlicher Stellung. Weiters habe der Magistrat der erstbeklagten Partei die dienstbehördlichen Aufgaben wahrzunehmen. Die Gesellschaften, denen die Bediensteten zugewiesen wurden, seien zur Erteilung von fachlichen Weisungen und der Gestaltung sowie des Ablaufs der laufenden Geschäfte und der Fachaufsicht zuständig. Der Kläger könne sich grundsätzlich zufolge § 1 Abs 5 DSG gegenüber jedermann auf sein Datenschutzrecht berufen. Für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs sei die Datenschutzkommission zuständig, für jene des privaten Bereichs die Gerichte. Bei der erstbeklagten Bundeshauptstadt handle es sich um eine Gebietskörperschaft, weshalb insoweit der Rechtsweg unzulässig sei. Jedoch sei die Zweitbeklagte eine Personengesellschaft und damit ein Auftraggeber des privaten Bereichs, sodass ihr gegenüber die Geltendmachung im ordentlichen Rechtsweg offen stehe. Hinsichtlich der erstbeklagten Partei könne der Kläger auch nicht die Verletzung der allgemeinen Fürsorgepflicht im ordentlichen Rechtsweg geltend machen, weil sich auch dieser Anspruch auf die öffentlich-rechtliche Stellung zur Gebietskörperschaft beziehe. Die Fürsorgepflicht treffe allerdings auch die Zweitbeklagte, der gegenüber die Geltendmachung im Rechtsweg zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Klägers ist nicht zulässig, jener der Zweitbeklagten hingegen zulässig und auch berechtigt.
Gemäß § 11a Abs 3 ASGG hat der Oberste Gerichtshof durch einen aus drei Berufsrichtern bestehenden Senat zu entscheiden (6 ObA 1/06z SZ 2006/99).
I. Zum Revisionsrekurs des Klägers:
Dieser hält die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs gegenüber der Erstbeklagten im Wesentlichen deshalb für verfehlt, weil vor der Datenschutzkommission ein Unterlassungstitel nicht erwirkt werden könne; eine ausdehnende Auslegung des Gesetzes zur Zuweisung von Zuständigkeiten in bürgerlichen Rechtssachen an die Verwaltungsbehörde habe nicht stattzufinden. Dem vermag sich der Oberste Gerichtshof allerdings nicht anzuschließen:
Nach § 1 Abs 5 DSG ist der Rechtsweg nur gegen Rechtsträger in Form des Privatrechts zulässig, soweit diese nicht in Vollziehung des Gesetzes tätig werden; in den übrigen Fällen ist das Grundrecht aber mit Ausnahme des Rechts auf Auskunft vor der Datenschutzkommission geltend zu machen, soweit es sich nicht um Akte der Gerichtsbarkeit oder der Gesetzgebung handelt. Die erstbeklagte Stadt Wien ist in Form des öffentlichen Rechts als Gebietskörperschaft eingerichtet und damit kein Rechtsträger in Form des Privatrechts, für den der Rechtsweg zum Schutz von Rechten nach dem Datenschutzgesetz zulässig wäre. Dies haben die Vorinstanzen völlig zutreffend erkannt.
Mit seinem Hinweis auf die Verletzung der Fürsorgepflicht der erstbeklagten Partei ist der Kläger auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verweisen, wonach Streitigkeiten aus dem öffentlichen Dienstverhältnis grundsätzlich im administrativen Weg auszutragen sind (RIS-Justiz RS0085508) und dies auch allfällige Verletzungen der Fürsorgepflicht umfasst (8 ObA 45/07m).
Da der Kläger somit in seinem Revisionsrekurs keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen vermochte, war dieser zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die erstbeklagte Partei hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.
II. Zum Revisionsrekurs der Zweitbeklagten:
Zur arbeitsrechtlichen Stellung von öffentlich-rechtlichen Bediensteten, die aufgrund des Wiener Zuweisungsgesetzes zugewiesen wurden, hat der Oberste Gerichtshof wiederholt festgehalten, dass die Gemeinde Wien Dienstgeber ist und sich an den Ansprüchen des Beamten nichts verändert (RIS-Justiz RS0116553, zuletzt 9 ObA 46/09v). Auch mit der Rechtswegzulässigkeit bei zugewiesenen Beamten hat sich der Oberste Gerichtshof erst jüngst auseinandergesetzt und in seiner Entscheidung vom 11. Mai 2010, 9 ObA 137/09a (9 ObA 138/09y) klargestellt, dass hier ganz allgemein auf den Inhalt der Klage und den privatrechtlichen Charakter abgestellt wird, nicht aber darauf, wie der Kläger seine Klage rechtlich formt (vgl außerdem RIS-Justiz RS0045644). Weiters hat der Oberste Gerichtshof daran festgehalten, dass Streitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von Beamten im Verwaltungsweg geltend zu machen sind (RIS-Justiz RS0086019). Schließlich wurde bereits ausgesprochen, dass sich an dieser Rechtslage auch nicht dadurch etwas ändert, dass sich zwei Privatrechtssubjekte - wie im vorliegenden Fall - gegenüberstehen, sondern es tatsächlich auf das Wesen des Anspruchs ankommt (8 ObA 40/07a).
Mit dem Gesetz über die Zuweisung von Bediensteten der Wiener Stadtwerke wurde nicht nur eine Zuweisung vorgenommen, sondern außerdem ein Festhalten an der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Stellung des Beamten festgeschrieben (§ 1 Abs 3 leg cit), stehen doch „sämtliche“ Rechte und Pflichten als Dienstbehörde (weiterhin) grundsätzlich dem Magistrat der erstbeklagten Partei zu; dieser habe nach § 1 Abs 2 leg cit dafür eine eigene Dienststelle einzurichten, deren Leiter zufolge Abs 4 das zur Besorgung von Personalangelegenheiten berufene Vorstandsmitglied der „Stadtwerke“ sein soll, wobei dieses wiederum berechtigt ist, seine Verantwortung anderen Bediensteten der Stadtwerke zu übertragen.
§ 31 der Dienstordnung 1994 sieht für gewisse Fälle vor, dass der Magistrat der erstbeklagten Partei den Beamten durch einen Amtsarzt untersuchen zu lassen hat. Der Kläger hat sich in diesem Zusammenhang selbst darauf gestützt, dass er im Rahmen seines Dienstverhältnisses zur Überprüfung der Dienstfähigkeit ärztlich untersucht worden sei und die Ärztin sodann weisungsgemäß die Diagnose und die Medikation an die Personalabteilung weitergeleitet habe. Damit hat aber auch diese Untersuchung, Ermittlung und Weitergabe der Gesundheitsdaten die Grundlage im öffentlich-rechtlichen Verhältnis des Klägers als Beamter zur erstbeklagten Partei; im Rahmen dieses Verhältnisses wurde neben dem Personalvorstand, der zusätzlich auch Leiter der zuständigen Dienststelle des Magistrats ist, auch anderen der Zweitbeklagten zugewiesenen Bediensteten Verantwortung im Rahmen dieser Dienststelle übertragen (§ 3 Abs 4 des Gesetzes über die Zuweisung von Beamten der Wiener Stadtwerke). Daher lag ein dem Magistrat der erstbeklagten Partei im Rahmen des Beamtendienstverhältnisses zuzurechnender Akt vor, der in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Klägers steht. Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist daher nicht gegeben. Der Beschluss des Erstgerichts war wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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