European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00094.24B.0618.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Zurücknahme der Klage unter Anspruchsverzicht wird zur Kenntnis genommen.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen einschließlich der Kostenentscheidungen sind wirkungslos.
Der Kläger hat die Kosten seines Schriftsatzes vom 14. 5. 2024 selbst zu tragen.
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Das Verfahren wurde in dritter Instanz gemäß § 90a Abs 1 GOG unterbrochen (siehe 6 Ob 35/21x und 6 Ob 89/23s). Mit Schriftsatz vom 14. 5. 2024 zog der Kläger nunmehr die Klage unter Anspruchsverzicht zurück.
Rechtliche Beurteilung
[2] Auch wenn § 163 Abs 2 ZPO während einer Verfahrensunterbrechung vorgenommene Prozesshandlungen generell für rechtsunwirksam erklärt, gilt dies nicht für solche Dispositionen, die zur endgültigen Erledigung des Prozesses führen. Insbesondere die Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht ist in diesem Sinn als zulässig anzusehen (1 Ob 90/18v; 8 Ob 83/18s; Gitschthaler in Rechberger/Klicka ZPO5 § 163 Rz 4; Lovrek in Fasching/Konecny³III/1 § 237 Rz 12).
[3] Gemäß § 483 Abs 3 ZPO kann die Klage, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung oder, falls eine solche nicht stattfindet, bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts zurückgenommen werden, wenn der Beklagte zustimmt oder wenn gleichzeitig auf den Anspruch verzichtet wird. Diese Bestimmung ist gemäß § 513 ZPO auch im Revisionsverfahren anzuwenden (RS0081567). In all diesen Fällen ist in analoger Anwendung des § 483 Abs 3 ZPO mit deklarativem Beschluss – dessen Fassung jenem Gericht obliegt, bei dem das Verfahren gerade anhängig ist (6 Ob 202/23h) – auszusprechen, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen wirkungslos sind (6 Ob 107/18f; RS0081567 [T4, T8, T10, T11]); von dieser Wirkungslosigkeit sind auch die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen erfasst (RS0106421).
[4] Dem Kläger kommt für den Schriftsatz vom 14. 5. 2024, mit dem die Klage zurückgezogen wurde, ein Kostenersatzanspruch nach §§ 41, 50 ZPO nicht zu (3 Ob 102/18y; 6 Ob 202/23h). Eine Vereinbarung über die Kostentragung iSd § 237 Abs 3 ZPO zu seinen Gunsten hat er weder behauptet noch bescheinigt (vgl Lovrek in Fasching/Konecny³ III/1 § 237 Rz 53).
[5] Ein Kostenzuspruch zugunsten der Beklagten setzte nach § 237 Abs 3 ZPO einen (derzeit noch nicht gestellten und beim Erstgericht) binnen vier Wochen nach Verständigung von der Zurücknahme der Klage durch das Gericht einzubringenden Antrag der Beklagten voraus.
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