OGH 6Ob93/14s

OGH6Ob93/14s28.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Wolfgang Vinatzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Andréewitch, Prof. Dr. A. Nicholas Simon und Mag. Gerald Steiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1.764.378 EUR sA (Streitwert im Revisionsverfahren 1.617.331,50 EUR sA) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. März 2014, GZ 1 R 257/12i‑154, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00093.14S.0828.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Beklagte entwickelt und betreibt das österreichische Bankomat‑ und Bankomatkassennetzwerk und ist der führende österreichische Transaktionsabwickler für Kreditkarten, Debet‑Karten und die elektronische Geldbörse. Sie beschäftigt 170 Mitarbeiter und wickelte im Jahr 2002 über 300 Millionen Kartentransaktionen ab.

Die Klägerin begehrte 1.764.378 EUR sA. Die Beklagte habe sie mit dem Aufbau und der Durchführung von Softwarequalitätsmanagement im Bereich Softwareentwicklung und mit Consulting‑ und Beratungstätigkeiten bei Teilprojekten in diesem Bereich beauftragt. Grundlage des Auftrags sei ihr Angebot vom 21. 7. 2002 gewesen. Für diese Tätigkeit sei eine Projektpauschale von 1.960.420 EUR (exklusive USt) vereinbart worden, wobei die Abrechnung monatlich in aliquoten Teilen hätte erfolgen sollen. Die Klägerin habe die Tätigkeit vereinbarungsgemäß am 1. 8. 2002 aufgenommen. Auf Wunsch der Beklagten sei die Abrechnung der monatlichen Pauschalbeträge für das Jahr 2002 hinausgeschoben worden, sodass sie am 14. 12. 2002 die erste Teilrechnung über 294.063 EUR (inklusive USt) gelegt habe.

Die Beklagte habe den Vertrag am 16. 1. 2003 per 31. 1. 2003 gekündigt. Am 22. 1. 2003 habe die Klägerin die Teilbeträge für die Monate September bis Dezember 2002 mit insgesamt 1.176.252 EUR in Rechnung gestellt. Schließlich habe sie am 1. 2. 2003 den Teilbetrag für Jänner 2003 mit 294.063 EUR verrechnet.

Die Klägerin habe mit ihren Arbeiten im August 2002 begonnen und dabei 14 Mitarbeiter eingesetzt. Die Beklagte sei über die Tätigkeiten der Klägerin laufend informiert gewesen. Der projektbezogene E‑Mailverkehr zwischen den Parteien umfasse 2.300 Seiten.

Der Grund für den Projektabbruch durch die Beklagte liege nicht in den behaupteten Mängeln der Tätigkeit der Klägerin, sondern in einer Zielneuorientierung bei der Beklagten. Diese habe sich nämlich entschlossen, die gesamte Softwareentwicklung neu auszuschreiben.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und beantragte die Klagsabweisung. Sie müsse ihre Software ständig erweitern und erneuern. Aus diesem Grund beschäftige sie 100 Programmierer und Softwaretechniker. Dies erfordere ein standardisiertes, effizientes, strukturiertes und dokumentiertes Vorgehen und Richtlinien, an die sich die betroffenen Mitarbeiter zu halten hätten. Nach seinem Eintritt in die beklagte Partei habe der neue Geschäftsführer Ing. S***** festgestellt, dass ein entsprechendes Qualitätsmanagementsystem für Softwaretests fehle. Daher habe er mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei über den Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems bei der Beklagten und dessen Umsetzung gesprochen.

Dazu hätten der Aufbau von Testteams, der Aufbau von Tools und Testumgebung, der Aufbau von Prozessen, die Schaffung der Grundlagen für Software‑Produkt‑Kostenmodelle und von Projektcontrolling‑Prozessen, die Erarbeitung von Abnahmekriterien und Erfolgskontrollkriterien, die Einführung und Definition von Ablaufmodellen, eine Bedarfsanalyse, die Auswahl und Implementierung von Tools für Testfallverwaltung, eine Requirementverwaltung, ein Konfigurationsmanagement, ein Dokumentationssystem und eine Tool‑Analyse, der Aufbau und die Einführung von „SQM‑Offices“ sowie der Know‑how‑Transfer an die Mitarbeiter der Beklagten und deren „training on the job“ anhand konkreter Entwicklungs‑ und Testprojekte gezählt. Dazu gehöre auch eine umfassende und detaillierte Dokumentation sowohl der Analyseergebnisse betreffend die bestehenden Abläufe als auch der Soll‑Ergebnisse und sämtlicher Umsetzungsmaßnahmen. Insbesondere hätte die Klägerin ein Qualitätsmanagement‑Handbuch erstellen sollen, das sämtliche Schritte und Maßnahmen beim Testen von Softwareentwicklungsprojekten umfassend, detailliert und auf die Anforderungen der Beklagten zugeschnitten darlegen sollte.

Daneben hätte die Beklagte auch sonstige, nicht direkt mit dem Aufbau des Qualitätsmanagements im Zusammenhang stehende spezifische Unterstützungsleistungen im Bereich Softwareentwicklung und Test erbringen sollen.

Über Ersuchen von Ing. S***** habe die Klägerin im Juni 2002 ein Angebot über die angeführten Leistungen gelegt. Der Angebotspreis von 1.960.420 EUR habe auf der Annahme einer Fulltime‑Beschäftigung von 14 Mitarbeitern während des gesamten Zeitraums zu einem Stundensatz von 134 EUR beruht. Dies sei sowohl hinsichtlich des Arbeitsaufwandes als auch hinsichtlich des Stundensatzes völlig unangemessen. Ing. S***** habe sofort erklärt, dass der Preis „absurd“ sei und er unter der Voraussetzung einer ordentlichen Leistungserbringung einen marktüblichen Preis von 300.000 EUR für das restliche Jahr 2002 zusagen könne. Die Beklagte sei auch bereit, für den restlichen Leistungszeitraum bis Ende März 2003 etwa weitere 200.000 EUR zu bezahlen.

Der Geschäftsführer der klagenden Partei habe sich daraufhin bereit erklärt, den Auftrag mit einem gegenüber dem Angebot entsprechend reduzierten Personaleinsatz durchzuführen.

Beim weit überwiegenden Teil des Auftrags handle es sich um erfolgsabhängige Werkleistungen. Nur ein kleiner Teil der Leistungen im Umfang von etwa 15 %, nämlich die Unterstützungsleistungen bei konkreten Projekten, seien als Dienstleistungen zu qualifizieren. Das vereinbarte Werk sei jedoch nicht erbracht worden, sodass der Klägerin kein Entgelt für die Werkleistungen zustehe. Im Zeitpunkt des Vertragsrücktritts durch die Beklagte sei die Klägerin mit ihren Leistungen bereits so weit in Verzug gewesen, dass eine Fertigstellung der Werkleistungen zum vereinbarten Termin Ende März 2003 ausgeschlossen gewesen sei. Geradezu schockierend sei gewesen, dass die Klägerin im Dezember 2002 einen Workshop abgehalten habe, der aus Sicht der Beklagten zur abschließenden Abstimmung zur Finalisierung des Projekts hätte dienen sollen. Tatsächlich habe die Klägerin das Treffen aber dazu verwendet, um Basis‑ und Grundfragen zu erörtern, die spätestens im September 2002 hätten entschieden sein müssen.

Die Qualität der Unterstützungsleistungen werde aus prozessökonomischen Erwägungen nicht in Frage gestellt. Ein Entgelt dafür sei aber nicht fällig, weil die Klägerin diese Leistungen nicht aufgeschlüsselt habe.

Außerdem werde Verjährung der Ansprüche wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens eingewendet, weil die Klägerin den mit Beschluss vom 30. 3. 2010 aufgetragenen Kostenvorschuss nicht erlegt habe.

Das Erstgericht wies den Antrag der Klägerin auf Ablehnung des vom Erstgericht bestellten Sachverständigen Hon.‑Prof. DI Dr. Kurt P. Judman ab.

Mit Urteil vom 17. 9. 2012 wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab. Dabei ging es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Zwischen den beiden Geschäftsführern der beklagten Partei gab es eine Übereinstimmung, dass ein Test‑ und Qualitätsmanagement für Software zu errichten sei.

Ing. S***** war sehr interessiert daran, dass ihm die klagende Partei die gleichen Preise verrechnet wie der R*****, bei der Ing. S***** früher tätig war. Dabei handelt es sich um rund 134 EUR exklusive USt pro Stunde und Mitarbeiter.

DI T*****, der Geschäftsführer der klagenden Partei, übermittelte der beklagten Partei ein Angebot über 1.960.420 EUR exklusive USt. Ing. S***** ersuchte um Ausarbeitung eines Papiers, das dem Aufsichtsrat leichter erklärbar sei und das Angebot in optisch verdaubare Happen unterteile.

DI T***** war der Ansicht, dass die im Angebot vorgesehene Projektpauschale vereinbart wurde. Ing. S***** erklärte DI T*****, dass er nur ein kleines Budget für 2002, nämlich 300.000 EUR habe. Zwischen den Parteien wurde weder über den Aufwand noch über den Stundensatz oder die Anzahl der Leute, die eingesetzt werden, gesprochen.

Ing. S***** erteilte einen Auftrag an die Klägerin, der grundsätzlich mit dem zweiten Geschäftsführer abgesprochen war. Dieser ging davon aus, dass es einen mündlichen Auftrag zur Einrichtung eines Softwaremanagement‑Testprogramms an die Klägerin gab. Er ging aber davon aus, dass noch ein schriftlicher Vertrag ausgearbeitet werde, den er in weiterer Folge unterschreiben müsse.

Zwischen den Streitteilen war die Art und Weise, wie abgerechnet wird, nicht klar offengelegt. Im ursprünglichen Angebot war eine monatliche Abrechnung von gleichen aliquoten Beträgen der Pauschalsumme vorgesehen. In der Folge wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass die Rechnungslegung für das Jahr 2002 erst Ende 2002 bis zu einem Betrag von 300.000 EUR erfolgen solle. Dr. A*****, der Gesamtprokurist der beklagten Partei, ging davon aus, dass die Leistungen der Klägerin nach Zeit und Aufwand abgerechnet werden und dass die Limitierung nicht überschritten werde.

Zwischen den Streitteilen wurde keine Vereinbarung dahin getroffen, dass Aufzeichnungen hinsichtlich der konkreten Aufwände der einzelnen Mitarbeiter geführt werden. Es wurden auch keine Vereinbarungen darüber getroffen, zu welchem Zeitpunkt während der Vertragslaufzeit welche Erfolgskriterien erfüllt sein müssen.

Ursprünglich war in Aussicht genommen, dass ein Testteam seitens der Klägerin zusammengestellt wird, und zwar im Umfang von rund 20 Leuten, wobei am Anfang 14 von der Klägerin und 6 von der A*****, und bis zum März nur mehr 6 Leute von der Klägerin und 14 von der beklagten Partei.

Im Zuge eines Meetings am 17. 11. 2002 stellte sich heraus, dass die personellen Ressourcen im Bereich der Beklagten nicht vorhanden sind.

Am 17./18. 12. 2002 veranstaltete die Klägerin im Beisein von zwei externen Coaches einen Workshop. Bei diesem legte die Klägerin verschiedene Unterlagen vor, die sie im Zuge ihrer Testtätigkeit sowie im Zuge ihrer Tätigkeit für die Aufbereitung des Softwarequalitätsmanagements erstellt hatte.

In den Vertragsgesprächen war von einem Qualitätshandbuch oder Qualitätsmanagement‑Handbuch nie die Rede. Zwischen den Streitteilen war aber klar, dass eine Beschreibung der Prozesse von Seiten der Klägerin und eine Ablaufdokumentation geschuldet war.

Im Jänner 2003 lagen substantielle Umsetzungsergebnisse, die aus einer methodischen Analyse und Befassung zur Konzeption eines Qualitätsmanagementsystems resultieren, in sach‑ und fachgerechter Weise nicht vor. Auch im verbleibenden Zeitraum von rund 10 Wochen war eine vollständige Definition und Einführung, Erprobung und Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems unmöglich; eine adäquate Projektstruktur, im Rahmen derer die Arbeiten geleistet werden hätten können, war nicht erkennbar.

Das als Qualitätsmanagement‑Handbuch vorgelegte Dokument ist gemäß der Aufgabenstellung ein Konzeptpapier, das dem Umfang eines üblichen Qualitätsmanagement‑Handbuchs nicht einmal im Ansatz nahe kommt.

Es kann nicht festgestellt werden, welche Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen bis zum Zeitpunkt des Abbruchs tatsächlich angefordert und von der beklagten Partei nicht zur Verfügung gestellt wurden.

Hinsichtlich der Tätigkeitszeiten der Mitarbeiter der klagenden Partei liegen Unterlagen vor, die als nicht prüffähig zu bezeichnen sind. Eine Verifizierung des behaupteten Aufwands ist nicht möglich.

Für die Definitionsarbeiten für ein Qualitätsmanagementsystem ergibt sich ein Aufwand von 68.000 EUR bis 112.560 EUR exklusive USt. Die Definitionsarbeiten für ein Qualitätsmanagementsystem waren für die beklagte Partei nicht weiter verwertbar.

Der Aufwand für Testarbeiten ist zwischen 134.000 EUR und 102.000 EUR anzusetzen. Die vorliegenden Leistungen sind für die weitere Spezifikation eines Qualitätsmanagementsystems im Wesentlichen unbrauchbar.

Im Jänner 2003 musste die beklagte Partei davon ausgehen, dass die Klägerin bis Ende März 2003 kein Softwarequalitätsmanagementsystem eingeführt haben wird. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen war nicht anzunehmen, dass das Projekt innerhalb eines Zeitraums von etwa 6 Monaten umgesetzt werden kann.

Am 16. 1. 2003 erklärte die beklagte Partei der klagenden Partei, dass eine Zusammenarbeit keinen weiteren Sinn mache.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass keine Verjährung eingetreten sei. Die Rechtsprechung sei relativ großzügig; außerdem habe es sich um einen weiteren Kostenvorschuss gehandelt und im Beschluss über den Auftrag zum Kostenvorschuss seien auch keine Folgen an den Nichterlag geknüpft worden.

Ing. S***** habe einen mündlichen Auftrag zur Einrichtung eines Softwarequalitätsmanagements sowie zur Bereitstellung von Unterstützungsleistungen erteilt. Hinsichtlich des Preises sei aber keine Einigung erzielt worden, sodass Dissens vorliege.

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens sei nicht zu erwarten gewesen, dass bis zum vorgesehenen Projektende März 2003 das Projekt fertiggestellt werden könne und brauchbare Ergebnisse geliefert werden könnten. Daher sei die Kündigung gerechtfertigt. Da die erzielten Ergebnisse für die Beklagte unbrauchbar und nicht weiter verwertbar seien, habe die Klägerin keinen Entgeltanspruch.

Der Klägerin sei nicht gelungen darzustellen, dass die verzögerten Leistungen und der nicht vorhandene Leistungsfortschritt ausschließlich auf die mangelnde Mitarbeit der Beklagten zurückzuführen gewesen sei. Vielmehr habe sie selbst kein Planungskonzept für die Durchführung ihrer Leistungen erstellt, das eine terminliche und personelle Planung ermöglicht hätte.

Hinsichtlich der Unterstützungsleistungen sei deren Erbringung nicht bestritten worden; die klagende Partei habe aber nicht schlüssig dargestellt, welcher Betrag des in der Klage geltend gemachten Pauschalbetrags auf diese Leistungen entfalle.

Über Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht dieses Urteil dahin ab, dass es der Klage ‑ abgesehen von der Abweisung eines Mehrbegehrens von 147.046,50 EUR sA ‑ stattgab.

Das Klagebegehren sei nicht verjährt. Die Klägerin sei nach dem Auftrag des Erstgerichts vom 30. 3. 2010 zum Erlag eines ergänzenden Kostenvorschusses für die Gebühren des Sachverständigen nicht untätig geblieben, sondern habe dagegen fristgerecht Rekurs erhoben. Dieses Rechtsmittel sei zwar als unzulässig zurückgewiesen worden, weil die Klägerin durch den bekämpften Beschluss mangels Androhung der Rechtsfolgen des § 365 ZPO nicht beschwert gewesen sei. Immerhin habe sie damit aber die Klarstellung erreicht, dass das Verfahren ungeachtet des Nichterlags des Kostenvorschusses von Amts wegen fortzusetzen sei. Tatsächlich habe das Erstgericht unmittelbar nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens eine Verhandlung anberaumt. Eine Untätigkeit der Klägerin sei aus dem Akt nicht erkennbar, umso weniger eine ungewöhnliche Untätigkeit, die auf mangelndes Interesse der Klägerin an der Erreichung des Prozessziels schließen lasse.

Das Erstgericht habe zwar zutreffend erkannt, dass die Streitteile nach den Feststellungen unterschiedliche subjektive Vorstellungen über den für die Erbringung der im Angebot der Klägerin enthaltenen Leistungen vereinbarten Preis hatten. Im Gegensatz zur Ansicht des Erstgerichts führe dies allein aber noch nicht zur Annahme eines Dissens. Vielmehr komme es auf den objektiven Erklärungswert an, also jenes Verständnis der Erklärung, das ihr ein redlicher Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung aller Umstände beimessen musste. Ein Dissens liege nur dann vor, wenn die Erklärung der Vertragsparteien objektiv aus der Sicht redlicher Erklärungsempfänger miteinander nicht in Einklang zu bringen seien. Dies sei hier aber nicht der Fall. Aus dem Angebot der Klägerin ergebe sich eindeutig der Vorschlag eines Projekts mit bestimmten konkret umschriebenen Leistungen für den Zeitraum August 2002 bis März 2003 zu einem Pauschalpreis von 1.960.420 EUR (netto), welcher in aliquoten monatlichen Teilrechnungen jeweils zum Monatsende verrechnet werden sollte. Auf dieser Grundlage habe Ing. S***** der Klägerin den Auftrag erteilt. Der Geschäftsführer der klagenden Partei habe darauf vertrauen dürfen, dass Ing. S***** mit der Erteilung des Auftrags das Angebot der Klägerin einschließlich des darin vorgesehenen Pauschalpreises angenommen hatte. Über eine Änderung des Leistungsumfangs und des Preises sei zwischen den Streitteilen nicht gesprochen worden. Den Hinweis auf das beschränkte Budget im Jahr 2002 habe die Klägerin nur im Sinne einer Abänderung der Zahlungsbedingungen dahin verstehen können, dass sie im Jahr 2002 nur einen Teilbetrag von höchstens 300.000 EUR fällig stellen sollte, weil für den übrigen Teil der Projektpauschale bei der Beklagten erst im Jahr 2003 ein ausreichendes Budget zur Verfügung stehe.

Die Kündigung habe keinen Einfluss auf die von der Beklagten zu bezahlenden Monatspauschalen bis zum Kündigungszeitpunkt. Selbst wenn man vom Vorliegen eines Werkvertrags ausgehe, ändere dies nichts daran, dass die Folgen einer Kündigung im vorliegenden Fall im Vertrag geregelt seien. Die betreffende Vertragsbestimmung sei so auszulegen, dass die Beklagte jederzeit die Möglichkeit haben sollte, den Vertrag durch ordentliche Kündigung zu beenden, wobei diesfalls nur die bis dahin angefallenen Monatspauschalen und ein Entgelt für die Übergabe‑ und Abschlussarbeiten während des Kündigungszeitraums zu bezahlen seien. Umgekehrt sei dieser Regelung aber zu entnehmen, dass die Klägerin ‑ ähnlich wie bei einem Dienstvertrag ‑ die bis zum Kündigungszeitpunkt zustehenden Monatsentgelte behalten dürfe.

Die Beklagte habe in ihrer Kündigung keinen von der Klägerin zu vertretenden Rücktrittsgrund angeführt. Damit sei die Erklärung aber auch nicht in einen Rücktritt iSd § 918 ABGB umzudeuten.

Über den Rekurs gegen die Abweisung des Ablehnungsantrags sei nicht zu entscheiden, weil die Erkenntnisse des Sachverständigen, wonach ‑ zusammengefasst ‑ im Zeitpunkt der Kündigung noch keine brauchbaren und verwertbaren Ergebnisse vorlagen, keinen Einfluss auf die Entscheidung hätten.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Entscheidung von einer Vertragsauslegung im Einzelfall abhänge.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig.

1.1. Entgegen dem Rechtsstandpunkt der beklagten Partei ist das Klagebegehren nicht verjährt. Diesbezüglich kann auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Prozessverhalten der klagenden Partei ließ zu keiner Zeit den Schluss zu, dieser sei an der Erreichung des ursprünglichen Prozessziels nicht mehr gelegen.

1.2. Die klagende Partei hat zwar einmal den aufgetragenen Kostenvorschuss nicht erlegt. Dabei handelte es sich aber um einen ergänzenden Kostenvorschuss, der lediglich die Grundlage für die Abklärung des weiteren Aufwands seitens des Sachverständigen bilden sollte. Zudem waren in dem Beschluss, mit dem der Kostenvorschuss aufgetragen wurde, keine Folgen für den Fall der Nichtbefolgung angedroht. Das gegen diesen Beschluss erhobene Rechtsmittel der klagenden Partei war zwar mangels Beschwer unzulässig; daraus kann aber entgegen der beklagten Partei nicht der Schluss gezogen werden, die klagende Partei sei im Sinne der Rechtsprechung untätig geblieben. Im Übrigen hat der Rekurs ‑ worauf das Berufungsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat ‑ immerhin dazu geführt, dass klargestellt wurde, dass das Verfahren von Amts wegen auch ohne Erlag des Kostenvorschusses fortzusetzen ist, was in der Folge auch erfolgte.

2.1. Nicht gefolgt werden kann hingegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur Auslegung des Vertrags zwischen den Streitteilen. Die Festlegung von Pauschalraten dient zwar der Vereinfachung der Abrechnung und erübrigt den Nachweis des konkreten jeweils geleisteten Aufwands. Keinesfalls kann aber die Regelung dahin verstanden werden, dass damit auch die Folgen der Nicht‑ oder Schlechterfüllung durch die klagende Partei abschließend geregelt sein sollten. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts würde dazu führen, dass die beklagte Partei, wenn sie erst am Ende der Projektlaufzeit erkennt, dass die Leistungen der klagenden Partei nicht ordnungsgemäß erbracht wurden, zwar kündigen könnte, dennoch aber das vertraglich vorgesehene Entgelt ‑ je nach Kündigungszeitpunkt ‑ zur Gänze oder nahezu zur Gänze bezahlen müsste.

2.2. Die vertragliche Regelung, wonach bis zur Kündigung die vorgesehene Monatspauschale zu bezahlen ist, stellt eine Abweichung von § 1168 ABGB dar, weil sie eine Beendigung der Zusammenarbeit vor Fertigstellung des Werks ermöglicht, ohne dass die beklagte Partei in diesem Fall den gesamten noch ausständigen Werklohn zu zahlen hätte. Insoweit ist der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zuzustimmen. Nicht gefolgt werden kann der Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch dahin, dass es sich dabei auch um eine abschließende Regelung für den Fall handelt, dass die von der klagenden Partei geschuldeten Leistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht wurden.

2.3. Dass sich die beklagte Partei in ihrer Kündigung nicht ausdrücklich auf § 918 ABGB berufen hatte, ist unschädlich. Der Sache nach lagen im Übrigen nach dem festgestellten Sachverhalt die Voraussetzungen für einen Rücktritt nach § 918 ABGB vor. Nach den bisher getroffenen Feststellungen waren, obwohl schon fünfeinhalb Monate von insgesamt acht Monaten Projektdauer verstrichen waren, die Arbeiten der klagenden Partei über eine Vorbereitungsphase nicht hinausgekommen. Das Projekt hätte überhaupt nicht innerhalb absehbarer Zeit beendet werden können, sodass eine Nachfristsetzung entbehrlich war ( Gruber in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 918 Rz 37; P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB 4 § 918 Rz 13). Im Hinblick darauf kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob eine Nachfristsetzung auch wegen der Erschütterung des Vertrauens der beklagten Partei ( Kollmasch in Schwimann , ABGB‑TaKomm 2 § 918 Rz 10) entfallen konnte.

3.1. Gleichwohl erweist sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif: Ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht hat das Berufungsgericht sich bisher nämlich noch nicht mit der Beweis‑ und Mängelrüge der klagenden Partei befasst. Dies wird im fortgesetzten Verfahren ebenso nachzuholen sein wie eine Entscheidung über den Rekurs gegen die Verwerfung des Antrags auf Ablehnung des Sachverständigen. Sofern das Berufungsgericht der Beweis‑ und Mängelrüge sowie dem Ablehnungsantrag keine Folge gibt und die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen übernimmt, besteht der Anspruch der klagenden Partei, soweit er die Entwicklung eines Softwarequalitätsmanagementsystems betrifft, nicht zu Recht.

3.2. Anderes gilt für die sogenannten „Unterstützungsleistungen“. Hier räumt auch die beklagte Partei ein, dass diese erbracht und zweckmäßig waren, wobei die beklagte Partei dazu vorbringt, der Anteil der Unterstützungsleistungen betrage 15 % des Gesamtvolumens. Nähere Feststellungen dazu können mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht getroffen werden. Daher wird das Berufungsgericht den auf die Unterstützungsleistungen entfallenden Anteil gemäß § 273 ZPO zu schätzen haben. Dabei bildet der von der beklagten Partei zugestandene Anteil von 15 % die Untergrenze; andererseits wird zu beachten sein, dass es sich bei den Unterstützungsleistungen offenkundig um von Bedeutung und Umfang her untergeordnete Tätigkeiten handelte, sodass im Rahmen des § 273 ZPO hier von einer Obergrenze von 25 % bis 33 % des Gesamtvolumens auszugehen ist. Die endgültige Ausmessung des darauf entfallenden Betrags war gleichfalls dem Berufungsgericht vorzubehalten, zumal im vorliegenden Verfahrensstadium noch nicht abschließend feststeht, ob der festgestellte Sachverhalt im Zuge des fortgesetzten Berufungsverfahrens nicht noch Abänderungen erfährt.

4. Daher war der Revision in Stattgebung des Aufhebungsantrags spruchgemäß Folge zu geben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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