Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
1. Das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Verbreitung von unwahren Tatsachenbehauptungen über die periodische Druckschrift ***** und deren Herausgeber, redaktionelle Schlüsselpositionen würden über Interventionen Außenstehender besetzt und inhaltliche, die redaktionelle Meinungsvielfalt beeinträchtigende Anweisungen erteilt, insbesondere, daß "nur aufgrund der Tatsache, daß der ***** 40 Mio Schilling von der Bundesregierung an Presseförderung gekriegt hat über Intervention des Kanzleramtes der Leiter der innenpolitischen Redaktion gewechselt" worden wäre und daß "auf Anweisung des Erstklägers in Kommentaren eine mögliche Zusammenarbeit von Schwarz und Blau nicht zur Diskussion stehen darf" zu unterlassen, wird abgewiesen;
2. Die beklagte Partei ist schuldig, die Behauptungen, "daß nur aufgrund der Tatsache, daß der ***** 40 Mio. Schilling von der Bundesregierung an Presseförderung gekriegt hat, über Intervention des Kanzleramtes der Leiter der innenpolitischen Redaktion gewechselt" worden sei und daß "auf Anweisung des Erstklägers in Kommentaren eine mögliche Zusammenarbeit von Schwarz und Blau nicht zur Diskussion stehen dürfe", gegenüber den Lesern der periodischen Druckschrift "Der österreichische Journalist" als unwahr zu widerrufen und diesen Widerruf in dieser Druckschrift veröffentlichen zu lassen.
Die Verfahrenskosten werden in Ansehung der Rechtsvertretungskosten gegeneinander aufgehoben.
Die klagenden Parteien haben der beklagten Partei den mit S 8.805,-- bestimmten Anteil der Gerichtsgebühren binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstkläger ist Herausgeber einer Tageszeitung und Geschäftsführer der Zweitklägerin, die Medieninhaberin dieser Tageszeitung ist. In einem veröffentlichten Interview mit der periodischen Druckschrift:
"Der österreichische Journalist" äußerte der Beklagte, ***** und Abgeordneter zum Nationalrat ist, ua folgendes:
"A.: Sie haben unlängst gesagt, daß die Regierung, der ORF, die Printmedien und die Grüne Alternative gleichgeschaltet sind. Glauben Sie wirklich, daß sich die Medien so leicht gleichschalten lassen?
Beklagter: Es gibt einen Großteil der Medien, die gleichgeschaltet worden sind, weil man ja in der Branche - und Sie kennen das ja selber aus ihrer langjährigen Tätigkeit - einfach untereinander viel redet und zuwenig wirklich auf die Leute Rücksicht nimmt. Da bestärkt einer den anderen, wir schrecklich die ***** ist, wie sehr man dagegen sein muß. Die Herrschaften vergessen aber ganz, daß wir die öffentliche Meinung auf unserer Seite haben, obwohl die veröffentlichte Meinung gegen uns ist.
A.: In diesem Zusammenhang haben Sie bei einem Auftritt im Bregenzer
Festspielhaus gedroht: "Wenn ich etwas zu reden habe, wird in den Redaktionsstuben in Zukunft weniger gelogen und mehr Wahrheit sein als jetzt." Bleiben Sie bei diesem Zitat?
Beklagter: Ja, freilich. Ich glaube, daß eine wirkliche Absicherung der journalistischen Freiheit notwendig ist. Ich kenne Details aus Vorgängen etwa um den *****, wo nur aufgrund der Tatsache, daß der ***** S 40 Millionen von der Bundesregierung an Presseförderung gekriegt hat, über Intervention des Kanzleramtes der Leiter der innenpolitischen Redaktion gewechselt wurde und die Anweisung des Herrn ***** ergangen ist, daß in Kommentaren eine mögliche Zusammenarbeit von Schwarz und Blau nicht zur Diskussion stehen darf.
Das heißt: Es gibt keine Meinungsfreiheit für Journalisten. Sie werden in bestimmten Bereichen gehalten wie Sklaven. Die Regierung gibt jedes Jahr S 300 Millionen und versucht damit, einen gewissen Einfluß zu nehmen. Es ist eine unwahrscheinliche Vorgangsweise, daß die "Superdemokraten" in Wirklichkeit die größten autoritäten Demokratieverweigerer sind."
Mit der am 4.6.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrten die Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, 1. die Verbreitung von unwahren Tatschenbehauptungen über die periodische Druckschrift ***** und deren Herausgeber, redaktionelle Schlüsselpositionen würden über Invervention Außenstehender besetzt und inhaltliche, die redaktionelle Meinungsvielfalt beeinträchtigende Anweisungen erteilt, insbesondere daß "nur aufgrund der Tatsache, daß der ***** 40 Mio Schilling von der Bundesregierung an Presseförderung gekriegt hat über Intervention des Kanzleramtes der Leiter der innenpolitischen Redaktion gewechselt" worden wäre und daß "auf Anweisung des Erstklägers in Kommentaren eine mögliche Zusammenarbeit von Schwarz und Blau nicht zur Diskussion stehen darf"
zu unterlassen; und 2. diese Behauptungen gegenüber den Lesern der periodischen Druckschrift "Der österreichische Journalist" zu widerrufen und diesen Widerruf in derselben veröffentlichen zu lassen.
Die Äußerungen seien unwahr und stellten eine Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung der Kläger dar.
Der Beklagte bestritt die Aktivlegitimation der Zweitklägerin, da sie als Medieninhaberin von den Äußerungen nicht betroffen sei und wendete ein, es liege eine kritische Wertung vor. Außerdem seien die Äußerungen richtig.
Mit unbekämpft gebliebener einstweiliger Verfügung vom 7.1.1994 verbot das Erstgericht dem Beklagten bis zur rechtskräftigen Erledigung der Unterlassungsklage die Verbreitung der im Unterlassungsbegehren bezeichneten Tatsachenbehauptungen.
In der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20.10.1994 bot der Beklagte "vorbehaltlich der Kostenentscheidung und unpräjudiziell des Rechtsstandpunktes" einen "vollstreckbaren Unterlassungsvergleich" im Sinne des Punktes 1 des Klagebegehrens an. Das wurde von den Klägern als nicht ausreichend abgelehnt. Der Beklagte führte dann noch aus, daß keine Wiederholungsgefahr bestehe, zumal die gegenständliche Behauptung von ihm bis jetzt niemals wiederholt worden sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Außer dem schon wiedergegebenen Sachverhalt stellte es noch fest, daß es nicht zutreffe, daß beim Zeitungsunternehmen der Kläger jemals der Leiter der innenpolitischen Redaktion über Intervention des Bundeskanzleramtes oder sonst jemandes gewechselt worden sei. Der Erstkläger, der auch Chefredakteur der Zeitung sei, habe weder eine schriftliche noch eine mündliche Weisung erteilt, daß in Kommentaren eine mögliche Zusammenarbeit von Schwarz und Blau nicht zur Diskussion stehen dürfe, noch eine Andeutung in diese Richtung vorgenommen.Der Beklagte habe seine Behauptungen mit den Angaben eines Informanten begründet, der nicht namhaft gemacht werden könne. Eine Rücksprache mit den Klägern habe der Beklagte nicht vorgenommen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß auch juristische Personen ein Persönlichkeitsrecht auf Ehre hätten. Gegen Eingriffe in dieses absolute Recht stehe ein Unterlassungsanspruch zu. Der Erstkläger als Geschäftsführer der Zweitklägerin und diese als Medieninhaberin der Tageszeitung seien Betroffene der Tatsachenbehauptungen des Beklagten. Diese Behauptungen seien unwahr und verletzten sowohl die Ehre als auch den wirtschaftlichen Ruf der Kläger. Dem Erstkläger werde vorgeworfen, bei seinen Personalentscheidungen Interventionen Außenstehender zu entsprechen und die redaktionelle Meinungsvielfalt zu unterbinden oder zumindest zu behindern. Dadurch werde seine soziale Wertschätzung ernsthaft beeinträchtigt. Der Zweitklägerin werde unterstellt, daß sie bei entsprechender Förderung politischen Interventionen zugänglich sei und Diskussionen im Bereich der Politik absichtlich unterdrücke, sich also abhängig verhalte, obwohl ihre Tageszeitung eine "unabhängige Tageszeitung" sein solle. Die Wiederholungsgefahr könne nicht ausgeschlossen werden. Sie werde auch durch das Vergleichsanbot nicht beseitigt, da dieses das Klagebegehren nicht vollständig erfülle und deshalb unzureichend sei. Dem Beklagten sei es als Verschulden zuzurechnen, daß er seinen Informanten nicht benannt habe. Deshalb bestehe das Widerrufsbegehren zu Recht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und bestätigte das Ersturteil. Es verneinte hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens den Wegfall der Wiederholungsgefahr. Es zitierte oberstgerichtliche Entscheidungen zu Rechtsfällen, in welchen Ansprüche auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung geltend gemacht wurden. Nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung müsse ein Vergleichsanbot auch das Veröffentlichungsbegehren umfassen, damit die Wiederholungsgefahr ausgeschlossen werden könne. Dieser Grundsatz müsse auch für den vorliegenden Fall gelten, in dem neben der Unterlassung der Widerruf und dessen Veröffentlichung begehrt werden. Das Vergleichsanbot des Beklagten sei nicht ausreichend gewesen. Die Aktivlegitimation der Zweitklägerin sei zu bejahen. Diese sei als juristische Person von den Äußerungen des Beklagten betroffen. Die Äußerungen stünden mit dem Betrieb des Unternehmens in einem unmittelbaren Zusammenhang. Bei den Äußerungen des Beklagten handle es sich um keine Werturteile, sondern um Tatsachenbehauptungen. Die Widerrufsverpflichtung sei nicht unzulässigerweise zu weit gefaßt. Nach dem Textzusammenhang begehrten die Kläger ohnehin nur den Widerruf der in der Klage angeführten konkreten Behauptungen. Die unwahren Tatsachenbehauptungen des Beklagten seien diesem vorzuwerfen und sein Verschulden zu bejahen.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es sei nicht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen worden. Über Auftrag des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 1019/95) ergänzte das Berufungsgericht seinen Ausspruch dahin, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteige.
Mit seiner außerordentlichen Revision beantragt der Beklagte die Abänderung (der Entscheidungen der Vorinstanzen) dahin, daß die Klage abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In der freigestellten Revisionsbeantwortung beantragen die Kläger, die Revision zurückzuweisen "und das angefochtene Urteil zu bestätigen".
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.
Zur Rechtsfrage, ob bei Geltendmachung eines auf § 1330 ABGB gestützten Unterlassungsanspruchs und eines Widerrufsanspruchs das Anbot des Beklagten auf Abschluß eines Vergleichs über die Unterlassungsverpflichtung die Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs beseitigt, liegt eine oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor.
Im Revisionsverfahren sind der rufschädigende Charakter und die Unwahrheit der Tatsachenbehauptungen des Beklagten im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB nicht mehr strittig. Der Revisionswerber begründet den von ihm zu beweisenden Wegfall der Wiederholungsgefahr mit dem von den Klägern nicht angenommenen Anbot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs. Bei Ansprüchen nach § 1330 Abs 2 ABGB könnte nicht die Rechtsprechung in Wettbewerbssachen herangezogen werden, wonach neben dem Unterlassungsanspruch auch das Urteilsveröffentlichungsbegehren nach § 25 UWG anerkannt werden müsse, damit die Wiederholungsgefahr als beseitigt angesehen werden könne. Die Wiederholungsgefahr bestehe hinsichtlich des Unterlassungsbgehrens auch dann nicht mehr, wenn der geltend gemachte Widerrufs- und Veröffentlichungsanspruch nicht anerkannt werde.
Der Rechtsansicht des Beklagten ist aus folgenden Gründen beizupflichten:
Ein Unterlassungstitel soll der Gefahr künftiger Rechtsverletzungen vorbeugen. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung beseitigt das - wenngleich vom Kläger abgelehnte - Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren Vergleich zu der vom Kläger begehrten Unterlassung zu verpflichten und ihm damit all das zu bieten, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil erlangen könnte, regelmäßig die Wiederholungsgefahr (SZ 51/87 uva). Fraglich ist nun, ob die Wiederholungsgefahr deshalb noch anzunehmen ist, weil der Beklagte die weiteren Ansprüche der Kläger auf Widerruf der Behauptungen und Veröffentlichung des Widerrufs nicht anerkannt und dazu keinen Vergleich angeboten hat. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Ansicht über das Weiterbestehen der Wiederholungsgefahr auf die oberstgerichtliche Rechtsprechung in Wettbewerbssachen gestützt, wonach der Beklagte, wenn der Kläger einen Unterlassungsanspruch (etwa nach § 7 UWG) und einen Veröffentlichungsanspruch geltend macht, beide Ansprüche anzuerkennen habe, damit die Wiederholungsgefahr verneint werden könne (ÖBl 1984, 135 uva). Beim Urteilsveröffentlichungsbegehren nach § 25 Abs 3 UWG handelt es sich aber um einen Nebenanspruch zum Unterlassungsanspruch (SZ 52/94), bei dem eine gerichtliche Ermächtigung zur Veröffentlichung eines Teilvergleichs (über die Unterlassungsverpflichtung) nicht in Frage kommt (ÖBl 1980, 47), sodaß der Kläger bei Annahme des Vergleichsanbotes seinen Veröffentlichungsanspruch nicht mehr durchsetzen kann, also mit dem Vergleich nicht alles erhält, was er im Prozeß durchsetzen könnte. Bei Ansprüchen nach § 1330 ABGB sieht das Gesetz keinen Urteilsveröffentlichungsanspruch vor (MR 1994, 111 mwN; Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz 77), ein solcher wird von den Klägern auch nicht geltend gemacht. Beim Widerrufsbegehren und beim Begehren auf Veröffentlichung des Widerrufs handelt es sich nicht um Nebenansprüche zum Unterlassungsbegehren, sondern um davon verschiedene, selbständige Ansprüche. Der Widerruf ist eine Art der Naturalherstellung, mit dem die Wirkungen der unwahren Äußerungen beseitigt werden sollen (ÖBl 1993, 84). Er dient der Beseitigung der schon eingetretenen Folgen der Rufschädigung, während die Unterlassungsverpflichtung künftige weitere Rufschädigungen verhindern soll. Der Unterlassungsanspruch steht unabhängig von einem Verschulden zu, der Widerrufsanspruch setzt den Nachweis eines Verschuldens des Beklagten voraus. Nur beim Unterlassungsanspruch ist die Frage der Wiederholungsgefahr bedeutsam. Wegen der Verschiedenheit der Ansprüche kann die Wiederholungsgefahr im jeweiligen Einzelfall, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprechen, auch dann verneint werden, wenn der Beklagte nur einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich, nicht aber einen Vergleich auch hinsichtlich des gestellten Widerrufsbegehrens (und hinsichtlich des Begehrens auf Veröffentlichung des Widerrufs) anbietet. Im Fall der Kumulierung mehrerer Ansprüche steht es dem Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht entgegen, wenn der Beklagte über das Unterlassungsbegehren hinausreichende weitere Ansprüche nicht anerkennt und diesbezüglich eine gerichtliche Entscheidung fordert, etwa über ein neben dem Unterlassungsbegehren gestelltes Schadenersatzbegehren (SZ 51/87), über ein weiteres Unterlassungsbegehren (ÖBl 1984, 123 = SZ 57/104) oder über das Kostenbegehren (ÖBl 1985, 164). Ein Vergleichsanbot nur hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens wäre allerdings nicht ausreichend, wenn der Beklagte den Kläger damit zu einem teilweisen Nachgeben hinsichtlich der weiteren Begehren nötigen wollte (4 Ob 28/94). Dieser Fall liegt hier nicht vor. Mit dem angebotenen Teilvergleich wurde die Vermutung künftiger Verstöße entkräftet. Daß trotz dieses Anbots die Wiederholungsgefahr aus besonderen Gründen weiterbestehe, hätten die Kläger zu behaupten und nachzuweisen gehabt. Sie haben die Ablehnung des Vergleichs nur mit dem mangelnden Anbot eines Vergleichs auch hinsichtlich des Widerrufsbegehrens (und dessen Veröffentlichung) begründet, was - wie dargelegt - für die Annahme des Weiterbestehens der Wiederholungsgefahr nicht ausreicht. Im Fall der Annahme des Vergleichs durch die Kläger hätten diese alles erhalten, was sie bei Fortsetzung des Prozesses über den Unterlassungsanspruch durchsetzen hätten können. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs ist die Revision daher berechtigt.
In der Frage der Betroffenheit von den rufschädigenden Äußerungen steht der Revisionswerber auf dem Standpunkt, daß die Zweitklägerin als Medieninhaberin der Tageszeitung mangels "Richtlinienkompetenz" (gemeint: die Kompetenz des Herausgebers zur Bestimmung der sogenannten Blattlinie) nicht betroffen sei. Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. Die Vorwürfe des Beklagten richten sich zwar primär (vor allem der Vorwurf über die Einflußnahme auf die Gestaltung der Kommentare in der Tageszeitung) gegen den Herausgeber der Zeitung, der die grundlegende Richtung des periodischen Mediums bestimmt (§ 1 Abs 1 Z 9 MedienG), daneben ist aber durchaus auch die zweitklagende Medieninhaberin betroffen. Medieninhaber ist, wer ein Medienunternehmen betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt (§ 1 Abs 1 Z 8 MedienG). Medieninhaber und die ihnen gleichgestellten Verleger müssen an der inhaltlichen Gestaltung und Herstellung der Medienwerke teilhaben. Dem Medieninhaber obliegt die unternehmerische Tätigkeit am Medienunternehmen (arg.: "betreibt"), worunter nach der Legaldefinition ein Unternehmen zu verstehen ist, in dem die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgt wird (§ 1 Abs 1 Z 6 MedienG). Daher ist nicht zu bezweifeln, daß von den Äußerungen des Beklagten auch die Zweitklägerin betroffen ist. Angriffsziel der Äußerungen war das periodische Medienwerk (ein Rechtsobjekt), sodaß die Betroffenheit der an der Herstellung des Werkes beteiligten Medieninhaberin zu bejahen ist (SZ 64/182).
Der Revisionswerber bemängelt weiters eine zu weite Fassung des Unterlassungs- und des Widerrufsbegehrens. Das Verbot habe sich auf die konkreten Behauptungen und wahrheitswidrige Behauptungen gleichen Inhalts zu beschränken. Einer näheren Auseinandersetzung mit dieser Frage bedarf es nicht, weil das Unterlassungsbegehren mangels Wiederholungsgefahr abzuweisen ist. Es ist aber auch nicht zu prüfen, ob der für den Unterlassungsanspruch gültige Grundsatz über die Zulässigkeit einer allgemeineren Fassung des Unterlassungsgebotes in gleichem Maße auch für das Widerrufsbegehren gilt. Das Berufungsgericht hat nämlich zutreffend auf die einschränkende Interpretation ihres Widerrufsbegehrens durch die Kläger in der Berufungsbeantwortung (S 3 f in ON 28) hingewiesen, wonach sich der Widerrufsantrag nur auf die in der Klage nach dem Wort "insbesondere" angeführten konkreten Tatsachenbehauptungen beziehe. Dieser Umstand war bei der Neufassung des Spruchs der Entscheidung zu berücksichtigen.
Gegen den Widerrufsanspruch (und seine Veröffentlichung) führt der Revisionswerber das Fehlen eines Verschuldens an den wahrheitswidrigen Behauptungen ins Treffen. Er habe seiner Mitarbeiterin vertrauen dürfen, welche die Tatsachen "aus *****-Kreisen bekanntgegeben erhalten" habe. Insoweit entfernt sich die Rechtsrüge nicht nur von den Feststellungen, sondern auch von den protokollierten Zeugenaussagen dieser Mitarbeiterin. In denen ist keine Rede davon, daß die Zeugin die Tatsachen "aus *****-Kreisen erhalten habe. Sie sprach nur von jemandem, dessen Identität sie nicht preisgeben will", und von ihrem "Informanten". Zu diesem Punkt der Rechtsrüge ist folgendes auszuführen: Bei der Gefährdung des Rufes eines anderen durch unwahre Behauptungen haftet der Täter deliktisch. Unter Verbreiten ist jede Mitteilung einer Tatsache, sowohl die Mitteilung eigener Überzeugung, als auch die Weitergabe von Behauptungen Dritter zu verstehen, ohne daß sich der Äußernde mit ihnen identifizieren müßte (SZ 50/86 uva). Die Haftung setzt eine objektive und eine subjektive Sorgfaltsverletzung voraus. Die Sorgfaltspflicht besteht bei der Weitergabe von Äußerungen Dritter in einer Prüfpflicht hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der Äußerungen. Diese für Journalisten im Gesetz besonders geregelte Prüfpflicht zu ordnungsgemäßer Recherche ist zumindest in gewissem Maße ganz allgemein auch außerhalb des genannten Personenkreises zu fordern, weil es andernfalls Tätern möglich wäre, sich hinter Äußerungen Dritter zu verstecken, die vom Verletzten aus irgendwelchen Gründen nicht haftbar gemacht werden könnten. Daß der Beklagte eine Überprüfung der fremden Behauptungen vorgenommen hätte, wurde nicht einmal behauptet. Die ungeprüfte Weitergabe fremder, wahrheitswidriger und den Ruf anderer Personen schädigender Behauptungen ist objektiv sorgfaltswidrig. Hinsichtlich der subjektiven Vorwerfbarkeit ist es ständige jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß für die Haftung des Verbreiters nach § 1330 Abs 2 ABGB leichte Fahrlässigkeit genügt. Eine Haftung kommt nur dann nicht in Betracht, wenn der Mitteilende Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von ihm verbreiteten Tatsachen hatte und sie daher als wahr ansehen konnte. Mangels Einblick des Verletzten (des Klägers) in diese Verhältnisse obliegt die Beweislast dem Beklagten (SZ 64/36 mwN). Dieser Beweis wurde hier nicht erbracht. Der Beklagte benannte nach den erstinstanzlichen Feststellungen nicht einmal seinen Informanten und gab keinerlei Gründe dafür an, warum er auf die Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen vertrauen hätte dürfen.
Die Kläger sind mit ihrem Unterlassungsbegehren nicht durchgedrungen, wohl aber hinsichtlich des Widerrufsbegehrens und des Begehrens auf Veröffentlichung des Widerrufs. Es ist von einer Gleichwertigkeit des Unterlassungsanspruchs und des Widerrufsanspruchs (samt dem Nebenanspruch auf Veröffentlichung) auszugehen. Hinsichtlich der Rechtsvertretungskosten ergibt sich daher eine Kostenaufhebung (§§ 43 Abs 1, 50 ZPO). Die Kläger haben allerdings dem Beklagten die Hälfte der Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren und das Revisionsverfahren zu ersetzen, abzüglich der Hälfte der von den Klägern getragenen Pauschalgebühr für das Verfahren erster Instanz (§ 43 Abs 1 3.Satz ZPO).
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