OGH 6Ob8/93 (RS0059953)

OGH6Ob8/9315.4.1993

Rechtssatz

Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers durch das Firmenbuchgericht sind streng auszulegen und nur dann gegeben, wenn glaubhaft gemacht wird, dass ohne unverzügliche Abhilfe erhebliche Nachteile für die Gesellschaft, ihre Gesellschafter oder für Dritte drohen. Ein dringender Fall ist nicht anzunehmen, wenn die Gesellschaftsorgane in der Lage sind, den Mangel in angemessener Frist zu beseitigen.

Normen

GmbHG §15a

6 Ob 8/93OGH15.04.1993
6 Ob 10/06yOGH26.01.2006

Beisatz: Die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers setzt voraus, dass entweder überhaupt keine Geschäftsführer vorhanden sind oder vorhandene Geschäftsführer ganz allgemein oder im Einzelfall nicht handeln können. Zweck des § 15a GmbHG ist - soweit diese Bestimmung überhaupt nicht nur dem Schutz der Gesellschaft, sondern auch von Dritten dient - die Rechtsdurchsetzung gegen die Gesellschaft auch dann zu ermöglichen, wenn keine Organe zu deren Vertretung vorhanden sind. Hier: Ist die Gesellschaft hingegen rechtlich uneingeschränkt handlungsfähig, so besteht für die Bestellung eines Notgeschäftsführers kein Raum. (T1)

6 Ob 53/06xOGH06.04.2006

Beisatz: Die Bestellung eines Notgeschäftsführers ist gegenüber der gesellschaftsautonomen Vorsorge für die Vertretung subsidiär. Sie ist auch möglich, wenn ein Geschäftsführer zwar vorhanden ist, aber eine Interessenkollision vorliegt. (T2); Beisatz: Die Bestellung eines Notgeschäftsführers soll die Vertretung der Gesellschaft ermöglichen; sie soll aber nicht dazu dienen, Rechtshandlungen der Gesellschaft zu erzwingen. (T3); Veröff: SZ 2006/58

6 Ob 26/08dOGH21.02.2008

Beisatz: Wenn eine handlungsunfähige Gesellschaft in anhängigen Prozessen durch prozessbevollmächtigte Rechtsanwälte vertreten ist, liegt kein dringender Fall vor. (T4)

6 Ob 79/11bOGH16.06.2011

Vgl auch

6 Ob 39/14zOGH29.01.2015

Auch; Beisatz: Die Frage, ob bzw wann ein Notgeschäftsführer zu bestellen ist, ist einzelfallbezogen zu beurteilen und wirft regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage auf, es sei denn, dem Rekursgericht wäre eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen. (T5)

6 Ob 26/19wOGH27.02.2019

Beis wie T1; Beis wie T3; Beis wie T5; Beisatz: Aus der Sicht eines Gläubigers ist ein dringender Bestellungsgrund nur gegeben, wenn ein Anspruch gegen die Gesellschaft wegen Wegfalls aller passiv vertretungsberechtigten Personen nicht durchgesetzt werden kann. (T6)

6 Ob 148/20pOGH18.02.2021

Vgl; Beis wie T2

Dokumentnummer

JJR_19930415_OGH0002_0060OB00008_9300000_001

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