Spruch:
Trotz Unterlassung einer Klage nach § 37 EO steht dem Eigentümer einer zu Unrecht in Exekution gezogenen Sache gegen den Gläubiger, der aus der Versteigerung dieser Sache Befriedigung erlangte, ein Bereicherungsanspruch nach § 1041 ABGB zu
OGH 25. Jänner 1973, 6 Ob 6/73 (OLG Wien 5 R 128/72; LGZ Wien 37 d Cg 258/70)
Text
Zu E 3006/67 des Bezirksgerichtes N wurde gegen Max K Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ 10, 101, 151, 268 KG S und EZ 74 KG L geführt. Als Zubehör wurde ein LKW Steyr 680 Diesel in das Schatzungsprotokoll und in die Versteigerungsbedingungen mit einem Schätzwert von 180.000 S aufgenommen. Der Gesamtschätzwert der Liegenschaften einschließlich Zubehör wurde mit 3.074.394 S ermittelt. Der bei der Versteigerung der Liegenschaften erzielte Erlös betrug 2.250.000 S, d. s. rund 73% des Schätzwertes.
Die Klägerin behauptete, der Lastkraftwagen sei ihr Eigentum und daher zu Unrecht als Zubehör der Liegenschaft versteigert worden. Bei Berücksichtigung des Eigentums der Klägerin an dem LKW wäre das Meistbot um den Betrag von 131.400 S niedriger ausgefallen. Der Beklagte sei im Versteigerungsverfahren mit seiner Forderung aus der zur Verfügung gebliebenen "Erlösmasse - zum Zug gekommen und dadurch um den, Erlösanteil" von 131.400 S zum Nachteil der Klägerin bereichert worden.
Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Bezahlung des Betrages von 131.400 S samt 4 % Zinsen seit 11. Dezember 1968, Es traf noch folgende wesentliche Feststellungen: Der mit den Liegenschaften versteigerte LKW Steyr 680 Diesel war im Zeitpunkt der Versteigerung Eigentum der Klägerin. Das Meistbot betrug an Kapital 2.250.000 S und wurde so aufgeteilt, daß als Vorzugspost der Republik Österreich 1.5195.35 S und nach der bücherlichen Rangordnung: 1.406.470.68 S der Hypothekargläubigerin und betreibende Partei C zur vollständigen Berichtigung ihrer Forderung von 1.200.000 S samt Anhang zugewiesen wurden. Der Rest kam dem nunmehrigen Beklagten zu. Die Klägerin erhielt mehrere Wochen vor der Versteigerung der oben genannten Liegenschaften davon Kenntnis, daß der ihr gehörige LKW als Zubehör in das Schätzungsprotokoll aufgenommen worden war. Sie entschied sich jedoch dafür, von einer Exszindierungsklage abzusehen und stattdessen mit einer Bereicherungsklage vorzugehen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, da der versteigerte LKW Eigentum der Klägerin und der auf diesen LKW entfallende Anteil des für die Liegenschaft samt Zubehör erzielten Erloses zur Berichtigung der dem Beklagten gegen des Verpflichteten Max K zugestandenen Forderung verwendet worden sei, könne die Klägerin vom Beklagten die Ausfolgung des Betrages von 131.400 gemäß § 1041 ABGB fordern. Der Einwand des Beklagten, daß der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe, weil sie trotz Kenntnis von der Exekutionsführung keine Exszindierungsansprüche erhoben habe, sei unbegrundet, weil der Versionsanspruch nur davon abhänge, daß eine Sache ohne Geschäftsführungsabsicht zum Nutzen eines anderen verwendet worden sei.
Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beklagte will aus der Unterlassung von Schritten der Klägerin zur Geltendmachung ihres Eigentumsrechtes im Exekutionsverfahren ableiten, daß die Klägerin keine Ansprüche mehr aus der Versteigerung ihres Eigentums dem Beklagten gegenüber geltend machen könne. Er verweist dazu auf die Ausführungen in Neumann - Lichtblau[4], 449 über die Verpflichtung des Dritten zur Erhebung des Widerspruchs im Sinne des § 37 EO. Diese Ausführungen behandeln nur die sich durch die Unterlassung eines solchen Widerspruches für das Exekutionsverfahren ergebenden Folgen. Aus ihnen kann aber nicht abgeleitet werden, daß die Unterlassung des Widerspruches im Sinne des § 37 EO den Verlust aller Ansprüche desjenigen, dessen Eigentum zu Unrecht im Exekutionsverfahren verwertet worden ist, nach sich ziehe. Für eine derartige Annahme fehlt jede gesetzliche Grundlage.
Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits wiederholt mit dem Anspruch des Eigentümers beim Verpflichteten gepfändeter Sachen gegen den Gläubiger, der aus diesen Sachen Befriedigung erlangt hat, befaßt (SZ 11/211; SZ 16/114; SZ 18/155; EvBl. 1967/199 u. v. a.). Verwiesen sei insbesondere auf die in der Entscheidung SZ 16/114 enthaltenen Literatur- und Judikaturhinweise und die eingehende Auseinandersetzung mit der der herrschenden Lehre entgegenstehenden, in der ersten Auflage des Klang-Kommentars zu §§ 1431 und 1041 ABGB von Swoboda zum Problem der abgeirrten Exekution dargelegten Meinung, welcher die Autoren Stanzl und Wilburg in der zweiten Auflage dieses Kommentars nicht gefolgt sind (Stanzl IV/1, 916, Wilburg VI, 465). Während in der Entscheidung SZ 18/155 der Anspruch des Eigentümers gegen den betreibenden Gläubiger auf § 1435 ABGB gestutzt und ausgeführt wurde, daß es nicht der bloß subsidiär heranzuziehenden Bestimmung des § 1041 ABGB bedürfe, um den Anspruch der Klägerin grundsätzlich zu rechtfertigen, in der Entscheidung SZ 16/114 die Frage, ob § 1431 oder § 1041 ABGB anzuwenden sei, offen blieb, wurde in den Entscheidungen SZ 11/211 und EvBl. 1967/199 der Anspruch aus § 1041 ABGB abgeleitet. Letztere Ansicht, welcher zuzustimmen ist, vertreten auch Stanzl und Wilburg. In der Entscheidung SZ 11/211 wurde dargelegt, daß sich die Berechtigung einer Verwendungsklage im Sinne des § 1041 ABGB grundsätzlich dann ergibt, wenn eine Zwangszahlung aus fremden Mitteln erfolgte, weil dadurch eine Vermögensverschiebung ohne rechtlichen Grund eingetreten ist und diese Verschiebung nach dem allgemeinen Grundsatz, daß sich niemand auf Kosten eines anderen bereichern dürfe, rückgängig gemacht werden muß (vgl. dazu auch Stanzl IV/1, 909) Der Anspruch des (ehemaligen) Eigentümers des zum Nutzen des Gläubigers verwendeten Gegenstandes kann nicht allein deshalb verneint werden, weil während des Exekutionsverfahrens das Eigentumsrecht nicht geltend gemacht worden ist. Daß aus dem Verhalten der Klägerin während des Exekutionsverfahrens aber ein unbedingter Verzicht auf ihre Eigentumsansprüche im Sinne des § 863 ABGB abzuleiten wäre, wurde vom Beklagten weder behauptet noch bietet die Aktenlage hiefür einen Anhaltspunkt. Alle Ausführungen der Revision, welche einen Verlust des Klagsanspruches aus der Tatsache der Unterlassung der Exszindierungsklage ableiten wollen, gehen somit ins Leere. Mit Recht wurde der Anspruch der Klägerin von den Vorinstanzen bejaht.
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