OGH 6Ob636/94

OGH6Ob636/9426.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen 1. der klagenden Partei Franz P*****, Zimmermeister, ***** vertreten durch Dr.Norbert Kosch ua Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei W***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, unter Nebenintervention der L***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Johann Mayerhofer, Dr.Herbert Handl, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, auf seiten der beklagten Partei, 2. der klagenden Partei Franz P*****, Zimmermeister, ***** vertreten durch Dr.Norbert Kosch ua Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagten Parteien 1. L***** Gesellschaft mbH, ***** 2. L***** Gesellschaft mbH & Co KG, ebendort, beide vertreten durch Dr.Johann Mayerhofer, Dr.Herbert Handl, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen jeweils S 275.380,-- samt Anhang und Feststellung (Streitwert zu 1. S 30.000,--, zu 2. S 10.000,--), infolge der Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei W***** Handelsgesellschaft mbH gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26.Juli 1994, AZ 12 R 267/93 (ON 59), womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Partei W***** Handelsgesellschaft mbH das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 6.August 1993, GZ 27 Cg 205/93b-53, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien L***** GmbH und L***** GmbH & Co KG die mit S 11.731,50 (darin S 1.955,25 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei W***** Handelsgesellschaft mbH ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.655,-- (darin S 1.777,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 3.4.1990 eingebrachten Klage begehrt der Kläger von der beklagten Partei W***** Handelsgesellschaft mbH (in der Folge erstbeklagte Partei genannt) die Zahlung von S 275.380,-- samt 5 % stufenweise berechneten Zinsen und 20 % USt aus den Zinsen sowie die Feststellung der Haftung der erstbeklagten Partei mit dem Vorbringen, er sei durch ein fehlerhaftes Produkt, eine ausziehbare Leiter eines ungarischen Herstellers, am 8.4.1989 zu Schaden gekommen. Die erstbeklagte Partei sei Importeur der Leiter, für die erlittenen Verletzungen sei ein Schmerzengeld von S 250.000,-- angemessen. Wegen seiner Abwesenheit von seinem Zimmermeisterbetrieb habe seine bei ihm angestellte Frau verstärkten Einsatz geleistet. Er habe ihr dafür Überstundenentgelt von S 20.900,-- zu zahlen. An betrieblichen und persönlichen Fahrtauslagen seien S 4.480,-- entstanden.

Die erstbeklagte Partei bestritt ihre Importeurseigenschaft, diese komme vielmehr der L***** GesmbH & Co KG zu. Die erstbeklagte Partei sei nur aus verrechnungstechnischen Gründen in die Abwicklung eingebunden gewesen. Die Leiter sei nicht fehlerhaft gewesen. Der Unfall sei auf unsachgemäße und fahrlässige Handhabung durch den Kläger zurückzuführen, der sich nicht an die Gebrauchsanweisung gehalten habe. Ein allenfalls vorhandener Fehler sei zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produktes noch nicht vorhanden gewesen. Die Forderungen des Klägers seien überhöht. Die L***** GesmbH & Co KG trat dem Verfahren auf seiten der erstbeklagten Partei als Nebenintervenient bei.

Mit der am 3.4.1992 eingebrachten Klage begehrt der Kläger von der L***** GesmbH (in der Folge zweitbeklagte Partei genannt) und der L***** GesmbH & Co KG (in der Folge drittbeklagte Partei genannt) ebenfalls die Zahlung von S 275.380,-- hier samt 4 % stufenweisen Zinsen sowie 20 % USt aus den Zinsen und erhebt ein Feststellungsbegehren mit dem Vorbringen, der unmittelbare Vertragspartner des Klägers, die Sch***** Großhandels-GesmbH habe ihm die drittbeklagte Partei als Importeur und Lieferantin der schadhaften Leiter bekanntgegeben.

Die zweit- und drittbeklagte Partei bestritten ihre Importeurseigenschaft, diese komme vielmehr der erstbeklagten Partei zu, die auch die Verzollung durchgeführt und die Frachtkosten bezahlt habe. Die Leiter habe dem Stand der Technik entsprochen, der Unfall sei auf unsachgemäße Handhabung des Klägers zurückzuführen.

Die beiden Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Das Erstgericht erkannte die erstbeklagte Partei schuldig, dem Kläger S 255.720,-- samt 4 % stufenweisen Zinsen zu zahlen und stellte fest, daß die erstbeklagte Partei dem Kläger für künftige Schäden aus dem Arbeitsunfall vom 8.4.1989 zu haften habe, wies das Mehrbegehren von S 19.660,-- und das Zinsenmehrbegehren sowie das gesamte Klagebegehren gegen die zweit- und drittbeklagte Partei unter Zugrundelegung folgender Feststellungen ab:

Der Kläger ist selbständiger Zimmermeister und Inhaber eines Zimmereiunternehmens. Er bestellte bei der Firma Sch***** Großhandels-GesmbH eine Aluminium-Seilzugleiter mit 2mal 15 Sprossen, die am 30.3.1989 unverpackt ohne Aufschrift des Händlers und ohne Bedienungsanleitung geliefert wurde. Am 8.4.1989 benützte er zum ersten Mal die Leiter. Kurz nachdem er, auf dem ausgezogenen Teil stehend, zu bohren begonnen hatte, fuhr die Leiter in sich zusammen, der Kläger stürzte deshalb aus ca. 4 m Höhe zu Boden. Er hatte die Leiter sachgerecht bedient, ein Konstruktionsfehler war für ihn nicht erkennbar. Der Kläger zog sich einen Bruch des rechten Unterschenkels mit Bildung mehrerer Biegungskeile zu und war 28 Tage in stationärer Behandlung. Er erlitt gerafft 8 Tage schwere, 33 Tage mittelschwere und 110 Tage leichte Schmerzen. Während seines Spitalsaufenthaltes besuchte ihn seine Frau, die als einzige Büroangestellte in seinem Unternehmen arbeitet, auch um Betriebliches zu besprechen. Es war notwendig, den Polier von der Baustelle in das Krankenhaus zu bringen, damit der Kläger Geschäftliches mit ihm besprechen konnte. Der Kläger war bis Anfang September 1989 arbeitsunfähig, um trotzdem Anweisungen vor Ort geben zu können, fuhr ihn seine Frau zu den Baustellen und mußte deshalb für Büroarbeiten und Buchhaltung täglich zwei bis drei Überstunden machen. Der Zustand des Klägers mit geringer Beinverkürzung und Fehlstellung sowie Bewegungseinschränkung im Sprunggelenk ist ein vorläufiger Endzustand, verstärkte arthrotische Veränderungen im Gelenk sind für die Zukunft nicht auszuschließen.

Der Kläger ließ die Leiter nach dem Unfall vom TÜV Wien untersuchen, der feststellte, daß die Sperreinrichtung, die den ausgezogenen Leiterteil in seiner Position halten sollte, nicht sicher einrastet, sondern sich so verklemmt, daß sie zwar das Gewicht eines Menschen aushält, bei Erschütterungen aber zusammenklappt und der ausgezogene Teil in den unteren Teil einfahren läßt. Nach Aufforderung durch den Kläger machte der Lieferant der Leiter die drittbeklagte Partei als Importeur namhaft, die ihrerseits auf die erstbeklagte Partei verwies.

Seit 1987 hatte die drittbeklagte Partei den Alleinvertrieb der Aluleitern des ungarischen Herstellers A***** in Österreich. Nach einer direkt bei der F*****, einem staatlichen ungarischen Außenhandelsunternehmen, bestellten Musterlieferung, die auch schon über die erstbeklagte Partei, an welcher F***** als Gesellschafter beteiligt war, abgerechnet wurde, vermittelte jene der drittbeklagten Partei weitere Gespräche mit den Vertretern von F*****. In der Folge erteilte die drittbeklagte Partei am 31.8.1987 der erstbeklagten Partei einen ersten Rahmenauftrag und rief die einzelnen Teillieferungen teilweise bei dieser, teilweise direkt bei der F***** ab. In letzteren Fällen wurde die erstbeklagte Partei nachträglich verständigt, die immer sowohl für die Verzollung und die Einfuhrumsatzsteuer aufkam. Die F***** legte der erstbeklagten Partei als Käuferin der Leitern Rechnung, diese fakturierte an die drittbeklagte Partei, welche ihre Zahlungen auch an die erstbeklagte Partei leistete. In den Frachtpapieren wird die erstbeklagte Partei als Käuferin, zu deren Verfügung die Lieferung seitens F***** erfolgt, die drittbeklagte Partei als Empfänger der Leitern angeführt. Ohne Zwischenschaltung der erstbeklagten Partei wurden keine Aluleitern des ungarischen Herstellers nach Österreich eingeführt. Schon 1988 machte der Preis, den die erstbeklagte Partei dem ungarischen Außenhandelsunternehmen zu zahlen hatte, mehr aus, als der von diesem Unternehmen mit der drittbeklagten Partei ausgehandelte und an die erstbeklagte Partei bezahlte Preis. Letztere nahm die Differenz nicht nur in Kauf, weil ihre Muttergesellschaft am Export der Leitern nach Österreich interessiert war, sondern verknüpfte damit auch eigene wirtschaftliche Interessen. Verkaufte sie die importierten Leitern zwar mit Verlust, so erhielt sie dafür vom ungarischen Staat Importgenehmigungen für andere Waren ihres Unternehmens. Erst 1990 wurde es der drittbeklagten Partei im Zuge der Liberalisierung des Handels möglich, die Leitern direkt bei der ungarischen Herstellerfirma zu beziehen und ohne Zwischenhändler nach Österreich zu bringen.

Rechtlich kam das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß der erstbeklagten, nicht aber der drittbeklagten Partei die Importeurshaftung im Sinne des § 1 PHG zukomme. Die erstbeklagte Partei sei als erstes Unternehmen in Österreich als Käuferin aufgetreten, ihr sei eine über eine bloße Verrechnungsstelle hinausgehende Funktion in der Vertriebskette zugekommen. Die Leiter sei fehlerhaft, ein Mitverschulden des Klägers liege nicht vor. An Schmerzengeld sei ein Betrag von S 242.000,-- angemessen. Die vom Kläger an seine Frau und Angestellte zu leistenden Überstunden seien mit S 12.600,--, die Fahrtauslagen mit S 1.120,-- zu bemessen. Wegen nicht auszuschließender Spätfolgen sei auch das Feststellungsbegehren berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, der sich, um den Eintritt der Rechtskraft zu vermeiden, gegen die Abweisung seines Begehrens gegenüber der zweit- und drittbeklagten Partei wandte, keine Folge. Der Berufung der erstbeklagten Partei gab es nur insoweit Folge, als es ein Schmerzengeld von S 180.000,-- für ausreichend erachtete und daher zu einem Zuspruch von nur S 193.720,-- samt Anhang gelangte.

Den Rechtsausführungen des Erstgerichtes zur Importeureigenschaft der erstbeklagten Partei pflichtete es hingegen bei. Als Importeur im Sinne des § 1 PHG sei derjenige anzusehen, der als erster Unternehmer in der Vertriebskette einen Sitz im Inland habe. Die bloß finanzielle Abwicklung und Verrechnung sei noch kein charakteristisches Merkmal des Vertriebes. Die Tätigkeit der erstbeklagten Partei sei aber über eine bloße Verrechnungsstelle weit hinausgegangen. Sie habe nicht nur die Verzollung vorgenommen und die Einfuhrumsatzsteuer gezahlt, sondern sei als Käuferin, zu deren Verfügung die Lieferungen erfolgen sollten, aufgetreten, habe mit der drittbeklagten Partei einen Rahmenvertrag abgeschlossen und selbständig fakturiert und Zahlungen entgegengenommen und durch den Abschluß von Verlustgeschäften durchaus ein eigenes geschäftliches Interesse durch Umwegrentabilität verfolgt. Daß kaufmännische Details, wie Preis, Ware, Lieferzeitpunkt (auch) zwischen der drittbeklagten Partei und dem ungarischen Unternehmen direkt verhandelt worden seien, spreche nicht dagegen, die erstbeklagte Partei als erstes Unternehmen der Vertriebskette im Inland anzusehen. Zur Erfüllung des Begriffes "Inverkehrbringen" komme es nicht auf die Erlangung und Aufgabe physischer Verfügungsmacht an, entscheidendes Tatbestandsmerkmal des § 6 PHG sei die Übergabe des Produktes an einen anderen in dessen Verfügungsmacht oder für dessen Gebrauch. Auf welchem Titel die Übergabe beruhe, sei unerheblich. Da das ABGB für die Eigentumsübertragung außer der körperlichen Übergabe einer Sache zahlreiche andere Übergabearten kenne, sei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "Inverkehrbringen" die Erlangung und Aufgabe eines körperlichen Naheverhältnisses des Haftungspflichtigen zum Produkt nicht erforderlich.

Dem Kläger sei auch kein maßgebliches Mitverschulden am Zustandekommen des Schadens anzulasten. Ohne besonderen Hinweis auf die Funktion der Arretierungsvorrichtung in einer Gebrauchsanleitung sei nicht erkennbar gewesen, ob die Arretierung in konstruktiv vorgesehener Weise einraste oder in nicht vorgesehener Weise klemme. Überstundenentlohnung und Fahrtkosten seien ersatzfähige Schäden.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der entscheidenden Frage der Importeureigenschaft eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl die Revision des Klägers, der sich gegen die Abweisung seines Begehrens gegenüber der zweit- und drittbeklagten Partei wendet, als auch jene der erstbeklagten Partei, die den klagestattgebenden Teil des Berufungsurteiles bekämpft, sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Da der Unfall des Klägers - dieser ist Unternehmer - vor dem Inkrafttreten der PHG-Novelle BGBl 1993/95 ist § 2 PHG in der alten Fassung anwendbar. Wird durch den Fehler eines Produktes ein Mensch getötet, am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt, oder eine von dem Produkt verschiedene körperliche Sache beschädigt, so haftet nach § 1 Abs 1 PHG für den Ersatz des Schadens 1. der Unternehmer, der es hergestellt und in den Verkehr gebracht hat, 2. der inländische Unternehmer, der es zum Vertrieb in das Inland eingeführt und hier in Verkehr gebracht hat. Zweck der durch das PHG neu geschaffenen Importeurshaftung ist es nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Schutzlücken, die sich aus einer - sonst notwendigen - Rechtsverfolgung gegen Hersteller im Ausland ergeben, zu schließen. Die Haftung des Importeurs soll dem Geschädigten einen Ersatzpflichtigen im Inland sichern. Nach dem erklärten Schutzzweck ist dabei nicht entscheidend, wer die Durchführung des Importvorganges (über die Grenze bringen, Verzollen udgl) übernimmt, sondern daß jener Importeur ist, der als erster Unternehmer in der Vertriebskette seinen Sitz im Inland hat (Fitz-Purtscheller-Reindl, Produkthaftung Rz 37 zu § 1; Welser PHG Rz 12 zu § 1; Barchetti-Formanek, 38). Neben dem so zu verstehenden Begriff des Importierens ist weitere Haftungsvoraussetzung das "Inverkehrbringen" durch den inländischen Unternehmer, welches der Gesetzgeber im § 6 PHG definiert hat: Ein Produkt ist in den Verkehr gebracht, sobald es der Unternehmer, gleich aufgrund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergeben hat. Die Versendung an den Abnehmer genügt. Die zitierten Kommentatoren stimmen darin überein, daß ein Produkt in Verkehr gebracht wird, wenn es willentlich, also in Vertriebsabsicht, aus dem Unternehmensbereich abgegeben und einer anderen Stufe des Wirtschaftskreislaufes zugänglich gemacht wird. Inverkehrbringen bedeutet die aufgrund eines Rechtsverhältnisses vorgenommene freiwillige Übertragung der selbständigen Gewahrsame an einem Produkt und die sonstige Einräumung des Gebrauches daran. Wesentlich ist die willentliche Aufgabe der eigenen Verfügungsmacht über das Produkt. Hiezu genügt schon die Erteilung einer Verfügungsermächtigung, d.h. der Befugnis, im eigenen Namen über das fremde Recht zu verfügen (Welser aaO Rz 8 zu § 6). Nach diesen dargelegten Kriterien kann es nicht zweifelhaft sein, daß die erstbeklagte Partei Importeur im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 PHG war:

Sie hat die Leitern beim ausländischen Exporteur als erstes inländisches Unternehmen gekauft, durch Zahlung der Frachtkosten und der Einfuhrumsatzsteuer die Einfuhr in das Inland bewerkstelligt. Die Lieferung erfolgte zu ihrer Verfügung und wurde mit ihrem Wissen und ihrer Einwilligung direkt an das nächste Glied der Vertriebskette, die drittbeklagte Partei, geliefert. Daß die erstbeklagte Partei dabei nicht in ein "physisches Naheverhältnis" zu den Produkten kam, wie dies die erstbeklagte Partei in ihrer Revision für erforderlich erachtet, war nicht entscheidend. Das Gesetz bezeichnet die Versendung an einen Abnehmer ausdrücklich für ausreichend. Daß die erstbeklagte Partei sich aus freien Stücken einer Kontrolle oder Einflußnahme auf das Produkt begeben hat, vermag sie nicht von ihrer Haftung zu befreien. Sie verfolgte mit diesem Inverkehrbringen durchaus eigene betriebliche Interessen, nämlich ihren Exportumsatz nach Ungarn mit anderen Produkten ihres Unternehmens zu erhöhen. Es kann daher keineswegs davon gesprochen werden, sie hätte nur als finanzielle Verrechnungsstelle fungiert, die gegenständlichen Geschäfte waren durchaus Teil ihrer unternehmerischen Handelstätigkeit.

Auch auf die Frage, welche der beklagten Parteien leichter beim ausländischen Produzenten Regreß nehmen kann oder ob eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde, kommt es nicht an, denn es liegt in der unternehmerischen Entscheidung des haftungspflichtigen Importeurs, durch vorsorgliche Vertragsgestaltung (etwa Freistellungsklausel) und sonstige Maßnahmen wie Garantien, Patronanzerklärung der Muttergesellschaft, die Durchsetzbarkeit eines Regreßanspruches gegen den ausländischen Hersteller zu sichern oder eine entsprechende Haftpflichtversicherung abzuschließen. Zu einer Haftungsverschiebung auf das nächste Glied der inländischen Vertriebskette aus "Zumutbarkeitsgründen" kann die Unterlassung geeigneter Vorsorge nicht führen.

Es steht fest, daß bis zum Zeitpunkt des Unfalles des Klägers Aluminiumleitern des ungarischen Herstellers ausschließlich über Import der erstbeklagten Partei nach Österreich gelangten, den ihr obliegenden Beweis, gerade die fehlerhafte Leiter, welche zum Unfall des Klägers geführt hat, sei nicht von ihr in Verkehr gebracht worden, konnte die erstbeklagte Partei nicht erbringen (§ 7 PHG).

Zu den Revisionsausführungen über ein Verschulden des Klägers wegen Unterlassens einer Funktionskontrolle der Leiter kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das vom Berufungsgericht mit S 180.000,-- ausgemessene Schmerzengeld liegt nach der Art und Schwere der erlittenen Unbill durchaus im Ermessensspielraum.

Ein Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Unter diesem Revisionsgrund bekämpft die erstbeklagte Partei zum größten Teil in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

Da die Importeurseigenschaft im Sinne des § 1 PHG der erstbeklagten Partei zukommt, führt dies denknotwendig zur Verneinung dieser Eigenschaft bei der drittbeklagten Partei und damit zur Verneinung eines Haftungsgrundes, die Revision des Klägers mußte daher erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 43 Abs 1 ZPO.

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