Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben und die angefochtene Entscheidung derart abgeändert, daß der erstinstanzliche Beschluß in folgender Fassung bestätigt wird:
"Den Einreden der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes sowie des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit wird stattgegeben und die Klage wird in Ansehung des Begehrens auf Zahlung eines Betrages von 47.408 DM samt 12 % Zinsen (einschließlich 20 % Umsatzsteuer) seit 21.Februar 1988 zurückgewiesen".
Die Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreites bleibt dessen Enderledigung vorbehalten.
Text
Begründung
Nach den Klagsbehauptungen habe die klagende inländische Handelsgesellschaft der beklagten Handelsgesellschaft mit dem Sitz in der BRD eine aus Sudwerk, Mühle, Eiswasseranlage, Gär- und Lagertanks und einer größeren Anzahl von weiteren Bestandteilen zusammengestellte Brauereianlage geliefert. Dabei habe sie der diesbezüglichen Auftragsbestätigung ihre Allgemeinen Liefer- und Montagebedingungen beigelegt gehabt und gleichzeitig mit der Auslieferung der Anlagenteile die mit 18.Juli 1988 datierte Rechnung mit dem Vermerk "zahlbar und klagbar in Wien" übergeben. Nach dem Punkt XV Z 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei als Erfüllungsort für alle sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Verpflichtungen und für alle sich daraus ergebenden Streitigkeiten als Gerichtsstand Wien vereinbart.
Auf den Rechnungsbetrag von fast 0,5 Mio DM schulde die Beklagte noch einen Restbetrag von 47.408 DM.
Aufgrund einer Nachbestellung der Beklagten habe ihr die Klägerin zwei elektrische Steuergeräte zum Preis von 17.600 S geliefert und gleichzeitig mit der Lieferung die mit 19.April 1989 datierte Faktura übergeben, die ebenfalls den Vermerk "zahlbar und klagbar in Wien" enthalten habe (dieser Rechnungsbetrag hafte ebenfalls noch unberichtigt aus).
Die Beklagte erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit und bestritt das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit. Dazu führte sie aus, die von der Klägerin aufgestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien ihr nicht bekanntgemacht und nicht Vertragsinhalt geworden; die Klagsbehauptung über eine spätestens bei Lieferung der Anlage übermittelte Rechnung mit dem Vermerk "zahlbar und klagbar in Wien" sei unrichtig.
Zur Berufung der Klägerin auf den Fakturengerichtsstand machte die Beklagte geltend, daß (einheitlicher) Vertragsgegenstand nicht bloß die Lieferung, sondern auch die Montage der Anlage gewesen sei.
Das Prozeßgericht erster Instanz wies nach abgesonderter Verhandlung über die Prozeßeinreden die Klage in Ansehung des Begehrens auf Zahlung des Schillinggegenwertes von 47.408 DM wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes sowie mangels inländischer Gerichtsbarkeit zurück und behielt sich dabei die Entscheidung über die Prozeßeinreden im übrigen (nämlich bezüglich des Begehrens auf Zahlung von 17.800 S) einer weiteren Entscheidung vor.
Das Prozeßgericht erster Instanz legte seiner (Teil-)Entscheidung über die Prozeßeinreden folgenden Sachverhalt zugrunde:
Der Geschäftsführer der Beklagten setzte auf einen an eine andere ausländische Unternehmung adressierten detaillierten schriftlichen Kostenvoranschlag der Klägerin über die Lieferung und Montage einer Brauereianlage für Gaststätten nach handschriftlicher Abänderung der vorgesehenen Lieferzeit und der vorgesehenen Zahlungsmodalitäten neben das Wort: "Bestellt" seine Unterschrift. (Diese Urkunde enthielt keine von der Klägerin aufgestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.) Die Klägerin richtete an die Beklagte das mit 29.Februar 1988 datierte Auftragsbestätigungsschreiben. Dieses enthielt die Wendung, den Auftrag "unter Zugrundelegung unserer umstehenden Lieferbedingungen ... vorgemerkt" zu haben. Diesem Auftragsbestätigungsschreiben schloß die Klägerin eine Ausfertigung ihrer gedruckten, vierseitigen Allgemeinen Liefer- und Montagebedingungen an; diese sollten nach ihrem Einleitungssatz "als Vertragsbestandteil durch Auftragserteilung als anerkannt gelten und für Lieferer und Käufer verbindlich" sein. Der abschließende Abschnitt XV mit der Überschrift Gerichtsstand lautet wörtlich:
"1. Dieser Vertrag und alle sich daraus ergebenden Ansprüche unterliegen ausschließlich österreichischem Recht:
2. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist bei allen aus dem Vertragsverhältnis unmittelbar oder mittelbar sich ergebenden Verpflichtungen Wien."
Dem im Begleitschreiben zu der Auftragsbestätigung geäußerten Ersuchen der Klägerin um Rücksendung einer unterfertigten Ausfertigung der Auftragsbestätigung entsprach die Beklagte nicht. Sie bezeichnete lediglich in ihrem mit 4.März 1988 datierten Antwortschreiben die von ihr dort erwähnte Leistung einer 40 %igen Anzahlung als "gemäß Auftragsbestätigung" erbracht. Auch einem nachfolgenden Ersuchen der Klägerin, eine nunmehr mit Preisen zu den einzelnen Ansätzen versehene Ausfertigung der Auftragsbestätigung zu unterfertigen, kam die Beklagte nicht an.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 18.Juli 1988 eine Rechnung über die verschiedenen Anlagenteile aus. Der dabei verwendete Vordruck enthält im Raum für die Auflistung der einzelnen Lieferstücke in Fettdruck den Vermerk "zahlbar und klagbar in Wien". Diese Rechnung brachte die Klägerin am Ausstellungstag zur Postaufgabe an die Beklagte.
Am 19.Juli 1988 versandte die Klägerin die in Rechnung gestellten Anlagenteile durch einen Spediteur an die Beklagte. Der Spediteur bestätigte auf einem zweiteiligen Lieferschein die Übernahme der Frachtstücke. Die mit Lastkraftwagen an die Geschäftsanschrift der Beklagten in Baden-Württemberg beförderten Anlagenteile langten am Nachmittag oder Abend des 20.Juli 1988 am Bestimmungsort ein und wurden an den beiden folgenden Tagen abgeladen und montiert. Der Geschäftsführer der Beklagten übernahm in einer Mappe zwei Rechnungsexemplare, verweigerte aber die Unterfertigung der mit 19.Juli 1988 datierten Lieferscheine.
Das Prozeßgericht erster Instanz wies (in Stattgebung der erhobenen Prozeßeinreden) die Klage zurück.
Das Rekursgericht verwarf den gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs, soweit er Nichtigkeit geltend machte, und gab dem Rekurs der Klägerin im übrigen statt. Das Rekursgericht verwarf der Sache nach die erhobenen Prozeßeinreden und trug dem Prozeßgericht in Abänderung seiner Entscheidung im Zuständigkeitsstreit die Fortsetzung des Verfahrens in der Sache selbst auf. Dazu sprach es aus, daß der (ordentliche) Rekurs nicht zulässig sei.
Das Prozeßgericht erster Instanz hatte in rechtlicher Beurteilung gefolgert:
Der Inhalt der von der Klägerin aufgestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei nicht Vertragsinhalt geworden, weil die Beklagte die Erklärung der Klägerin in ihrem Auftragsbestätigungsschreiben, den Auftrag unter Zugrundelegung ihrer Lieferbedingungen vorgemerkt zu haben, nicht durch ihre, von der Klägerin erbetene Unterfertigung gebilligt habe. Damit gebreche es an den Voraussetzungen für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes ebenso wie an jenen für den vereinbarten Gerichtsstand. Gegenstand des dem Entgeltbegehren zugrundeliegenden Vertrages sei ein nach den individuellen Bedürfnissen der Bestellerin aus einzelnen Teilen zusammenzustellende und zu montierende Anlage gewesen, das Rechtsgeschäft sei daher nicht als reiner Warenkauf, sondern als Werklieferungsvertrag zu werten. Dieser Umstand schließe nicht nur den Gerichtsstand nach § 87 a JN, sondern auch den Fakturengerichtsstand im Sinn des § 88 Abs. 2 JN aus. Es fehle deshalb an der örtlichen Zuständigkeit zur Durchführung des Rechtsstreites gegen die Handelsgesellschaft mit dem Sitz in der BRD. Damit gebreche es aber auch an den Voraussetzungen für die inländische Gerichtsbarkeit, weil von einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung in der BRD keine Rede sein könne.
Das Rekursgericht erachtete dagegen, daß die im Bestätigungsschreiben der Klägerin erstmals erwähnten Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Verhalten der Beklagten (kein Protest, vielmehr Berufung auf die Auftragsbestätigung) von dieser schlüssig als Vertragsinhalt anerkannt worden seien. Unerheblich sei dabei, daß die Beklagte die von ihr geforderte Unterfertigung einer Ausfertigung der Auftragsbestätigung unterlassen habe, "zumal der Klägerin aufgrund der Anerkennung der Auftragsbestätigung mit Schreiben vom 4.3.1988 nicht wesentlich sein konnte, darüber auch eine schriftliche Beweisurkunde zu besitzen". Daraus folgerte das Rekursgericht weiter: Da die von der Klägerin aufgestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (schlüssig) Vertragsinhalt geworden seien, liege eine Vereinbarung über den Erfüllungsort und den Gerichtsstand Wien vor. Das Vorliegen der örtlichen Zuständigkeit aufgrund weiterer Zuständigkeitstatbestände können auf sich beruhen. Die inländische Gerichtsbarkeit liege vor, "da eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Zahlungsklage eines österreichischen Unternehmens aus einem im Korrespondenzweg zustandegekommenen Vertrag gegeben" sei.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Beklagten erhobene Rekurs ist zulässig und berechtigt.
Die Beklagte hat ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland; für sie ist im Inland kein allgemeiner Gerichtsstand begründet.
Für eine Gerichtsstandsvereinbarung (im Sinne der von der Klägerin aufgestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen) fehlt es jedenfalls an einer urkundlich nachweisbaren Erklärung, und sei es auch nur einer bloß bestätigenden Wissenserklärung der Beklagten.
Gleiches gilt für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 88 Abs. 1 JN.
Für die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Werklieferungsvertrag steht nach ständiger Rechtsprechung der Fakturengerichtsstand nicht zu Gebote (SZ 29/6, JBl. 1969, 563, EvBl. 1975/64).
Im selben Sinn fehlt es auch in Ansehung des Gerichtsstandes nach § 87 a JN am Tatbestandsmerkmal des Warenverkaufes. Daß es sich bei der bestellten und gelieferten Anlage um die Zusammenstellung von serienmäßig gefertigten Einzelteilen gehandelt habe, wie die Klägerin dies in ihrem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß beahuptete, ändert nichts am Chrakter des Werklieferungsvertrages.
Fehlt es daher für das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit am Indiz eines inländischen Gerichtsstandes und auch an den Voraussetzungen für eine Ordination nach § 28 JN, dann kann mangels konkreter Behauptungen der klagenden Partei über Umstände, aus denen dennoch die inländische Gerichtsbarkeit gegeben sein sollte, diese nicht angenommen werden.
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung war daher die erstinstanzliche Teilerledigung über die erhobenen Prozeßeinreden mit der Formulierung wieder herzustellen, daß sowohl der Einrede des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit als auch jener der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes stattgegeben und die Klage aus diesen Gründen zurückgewiesen werde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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