Spruch:
Den Revisionen wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, und zwar dem Erstbeklagten S 14.641,70 (darin enthalten S 4.250,-- Barauslagen und S 944,70 Umsatzsteuer) und dem Zweitbeklagten S 15.241,70 (darin enthalten S 4.850,-- Barauslagen und S 944,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde im Jahre 1971 von der Gemeinde Wien beauftragt, die Konstruktionspläne für das Wiener Weststadion zu erstellen. Der Kläger kam diesem Auftrag nach. Der Bau wurde sodann von der Firma S*** & A*** ausgeführt. Als Ende 1977 an der Außenwand des Stadions Risse auftraten, befürchtete man eine Gefährdung von Zuschauern bei Benützung der Tribüne. Am 7. Oktober 1977 wurde bei einer Begehung eine "Abplatzung" am Träger Nr. 7 West der Nordtribüne festgestellt. Nach einer Reihe von werkstofftechnischen und anderen Detailuntersuchungen wurde das Stadion durch den Bürgermeister der Stadt Wien am 4. November 1977 gesperrt und eine Gutachterkommission beauftragt, die Ursachen dieser Schäden festzustellen. Dieser Gutachterkommission gehörten neben den Beklagten auch noch folgende Personen an:
Univ.Prof. Dipl.Ing. Dr. Richard J***, Wien,
Roland K***, Journalist, ORF-Wien,
Prof. Dipl.Ing. Hans-Jürgen L***, Zürich,
Prof. Dr. Dipl.Ing. Christian M***, Zürich,
Prof. Dr. Ing. Ulrich S***, Stuttgart.
Die Kommission befaßte sich bei ihren Sitzungen vom 24. November, 6. Dezember und 17. Dezember 1977 mit den technischen Ursachen der Schäden und legte mit Datum 17. Dezember 1977 ihrem Auftraggeber einen "Bericht der Expertenkommission Weststadion Wien" vor.
Im Punkt 3 dieses Berichtes wurden folgende wesentliche Schäden im Verbindungsbereich zwischen Dachträger und Stufenträger festgestellt:
Die beobachteten Schäden lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen:
a) Schrägrisse bei den oberen Verankerungsplatten der Spannstangen;
b) Vertikalrisse und Abplatzungen an den Seiten- und Stirnflächen der Dach- und Stufenträger im Bereich der Hauptbewehrung (Zugzone);
c) Risse und lokale Abplatzungen bei der Stoßfuge und den Ankerplatten.
Zu den Ursachen dieser Schäden und ihrem Einfluß auf die Standsicherheit des Daches wurde im Punkt 4 der Expertise wie folgt Stellung genommen:
Zu 3 a - Schrägrisse
Die für die Krafteinleitung unmittelbar unter den Ankerplatten erforderliche horizontale Bewehrung ist bei der oberen Ankerplatte nicht ausreichend. Es ist möglich, daß sich die Schrägrisse entlang der gekrümmten Hauptbewehrung nach außen zur Stirnfläche hin fortsetzen und dadurch die Verankerung der Spannstangen in Frage stellen.
Zu 3 b - Vertikale Risse
Die beobachteten vertikalen Risse sind durch horizontale Zugspannungen entstanden. Zugspannungen in diesem Bereich werden verursacht durch:
- Eisbildung in den Hüllrohren (Nachbohrungen haben gezeigt, daß Hüllrohre zumindest teilweise mit Wasser gefüllt waren)
- Verbundverankerung der stark konzentrierten schlaffen Bewehrung
- Umlenkung dieser schlaffen Bewehrung
- Schwindbehinderung durch die Stahleinlagen.
Auch ohne die Strengwirkung des Eises reicht die vorhandene Querbewehrung im Dachträger nicht aus, um die Spaltzugkräfte infolge Verbund und Umlenkung der schlaffen Bewehrung aufzunehmen. Damit hat die Zugfestigkeit des Betons einen großen Einfluß auf die Standfestigkeit des Tragwerkes. Da in diesem Bereich wegen der zu eng liegenden Bewehrung mit einer verminderten Betonzugfestigkeit und sogar mit inneren Schwindrissen gerechnet werden muß, ist die Standsicherheit auch derjenigen Träger, die noch keine sichtbaren Risse zeigen, nicht mehr nachweisbar. Die Standsicherheit dieses Bauwerks darf nicht in diesem Maße von der Zugfestigkeit des Betons abhängig gemacht werden. Deshalb bleibt auch ein Belastungsversuch ohne Aussagekraft.
Zu 3 c - Lokale Risse bei den Stoßfugen
Die Schäden in den Stoßfugen und unter den Ankerplatten sind auf lokale Überbeanspruchungen zurückzuführen. Diese wurden verursacht durch mangelhafte konstruktive Durchbildung und schlechte Ausführung. Eine unmittelbare Gefährdung der Standsicherheit ist dadurch weniger gegeben.
Die Kommission kam zum Schluß, daß die überdachten Tribünen und die darunterliegenden Räume gesperrt bleiben müßten, bis die von den Sachverständigen vorgeschlagene Sanierung ausgeführt ist.
Abschließend heißt es im Punkt 8 (Schlußbemerkung):
"Bei der Planung und insbesondere bei der Ausführung dieses Bauwerkes wurden schwerwiegende Fehler gemacht. Sie hätten bei fachgerechter und sorgfältiger Überwachung auch von den jeweiligen Kontrollinstanzen erkannt und behoben werden können."
Dieser Bericht wurde am 23. Dezember 1977 dem zuständigen Stadtrat der Gemeinde Wien, Hans B***, zugemittelt und über dessen Ersuchen von Univ.Prof. Dipl.Ing. Dr. techn. Christian M*** in einer Pressekonferenz am 11. Jänner 1978 der Öffentlichkeit bekanntgegeben und erläutert.
Der Kläger begehrte Zahlung eines Betrages von
S 1,400.853,-- samt Anhang aus dem Titel des Schadenersatzes und den Widerruf der in der Expertise vom 17. Dezember 1977 aufgestellten Behauptung, der Kläger habe bei der Planung der Nordtribüne des Wiener Weststadions schwerwiegende Fehler gemacht sowie die Veröffentlichung des Widerrufes in der Tageszeitung "Kurier" und in der Fachzeitschrift "Österreichische Bauzeitung".
Der Kläger behauptete, bei der Pressekonferenz, bei der die Expertise der Öffentlichkeit präsentiert worden sei, sei ihm vorgeworfen worden, daß nicht alles berechnet worden wäre, was zu berechnen gewesen sei. Die horizontale Bewehrung bei der oberen Ankerplatte und die Querbewehrung im Dachträger reichten nicht aus, um die Spaltzugkräfte aufzunehmen. Es sei kein Zweifel gelassen worden, daß der Kläger persönlich als Konstrukteur und Planverfasser allein der Schuldtragende dafür sei, daß Einsturzgefahr für das Weststadion bestanden habe. Tatsächlich seien die Konstruktion und die vom Kläger verfaßten Pläne richtig und vollständig, die Expertise hingegen, wonach die Berechnungen des Klägers bezüglich der Dach- und Stufenträger mangelhaft wären, unrichtig. Ergänzend brachte der Kläger vor, daß Gegenstand des Klagebegehrens auf Widerruf und dessen Veröffentlichung der Wortlaut der Schlußbemerkungen der Expertise sei. Für niemand sei zweifelhaft, daß die dortige Behauptung, es seien bei der Planung etc. des Bauwerkes schwerwiegende Fehler gemacht worden, die bei fachgerechter und sorgfältiger Überwachung hätten erkannt und behoben werden können, auf die Mitwirkung des Klägers an den Vorarbeiten gemünzt gewesen sei. Der inkriminierte Text gehe weit über eine wissenschaftliche und fachliche Auseinandersetzung hinaus. Er unterstelle dem Kläger nicht nur fachliche Unrichtigkeit, sondern Mangel an Sorgfalt und so schwerwiegende Fehler, daß sie leicht hätten wahrgenommen werden können. In diesem Rechtsstreit gehe es nicht um die fachliche Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Ansicht der Expertenkommission, sondern darum, daß die ganz allgemein gehaltenen Tatsachenbehauptungen in der Schlußbemerkung der Expertise unrichtig seien. Die Beklagten hätten mit der Veröffentlichung der Expertise rechnen müssen; darüber hinaus umfasse auch die Stadt Wien einen für das Bauwesen bedeutsamen Personenkreis (ON 7 AS 39/40). Die aufgetretenen Schäden seien durch die schleppende Fertigstellung des Bauwerkes verursacht worden. Während des jahrelangen Stillstandes jeglicher Bautätigkeit seien die erforderlichen Abdeckplatten auf den Pfeilern nicht angebracht worden. Dadurch sei Wasser eingetreten und habe Risse verursacht. Die Expertise mache aber Planungs- und Konstruktionsfehler als Ursache der Risse geltend (ON 32 AS 216 und 220).
Erst nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens bezog der Kläger den inkriminierten Ausdruck "schwerwiegende Fehler" nur auf solche, die die Standsicherheit des Bauwerkes unmittelbar gefährden (ON 45 AS 320 und ON 51 AS 340 ff).
Die Beklagten wendeten ein, daß der Bericht der Expertenkommission richtig sei. Der Kläger habe im übrigen nicht einmal angeführt, welche Punkte dieses Berichtes er für unrichtig halte. Die Frage nach der Verantwortlichkeit für die festgestellten Mängel sei von der Expertenkommission ausgeklammert worden. Der Bericht sei einzig und allein dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt worden und hätten es die Beklagten nicht zu vertreten, daß er der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Das Erstgericht wies die Klage ab und stellte - neben dem eingangs wiedergegebenen - folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Der Kläger hat bei der Planung Fehler begangen. Für die Querbewehrung im Verankerungsbereich (der Spannstangen) liegen keine hinreichenden Berechnungen vor. Die horizontale Bewehrung unter der oberen Ankerplatte reicht nicht aus, um - zur Beschränkung der Rißbreite - die Zugkräfte am oberen Ende des Dachträgers aufzunehmen. Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß Risse entstehen, deren Breite durch die Bewehrung nicht auf das zulässige Maß beschränkt wird. Als Folge zu breiter Risse kann die Bewehrung korrodieren, sodaß die Dauerhaftigkeit der Konstruktion nicht gewährleistet ist. Die Standsicherheit des Dachträgers ist durch die zu geringe Bewehrung nicht beeinträchtigt, weil "auch nach Ausfall der Bewehrung unter der oberen Ankerplatte ein Gleichgewicht der Kräfte möglich ist."
Nur bei ausreichenden lichten Abständen der Bewehrungsstäbe und Hüllrohre (der Spannstangen) wäre auch im Verankerungsbereich der Bewehrungsstäbe eine einwandfreie Umhüllung mit Beton gewährleistet und keine zusätzliche Querbewehrung erforderlich gewesen, um die Spaltzugkräfte aufzunehmen. Auf Grund eines Planungsfehlers des Klägers wurden im Verankerungsbereich Bewehrungsstäbe des Dachträgers die in Ö-Norm B 4200 festgelegten Mindestabstände zwischen Bewehrungsstäben und Hüllrohren (der Spannstangen) nicht eingehalten, sodaß eine entsprechend starke Querbewehrung in diesem Bereich erforderlich ist. Eine derartige Querbewehrung ist nicht vorhanden. Auch nach teilweisem Versagen des zuerst beanspruchten Verankerungsbereiches der Bewehrungsstäbe ist kein Versagen des Dachträgers zu erwarten, weil die Bewährungsstäbe weiter nach unten geführt werden und zum Teil an der Stoßstelle vom Dachträger und Stufenträger eine Abkrümmung haben. Es können jedoch Risse auftreten, durch die die Dauerhaftigkeit des Bauteiles beeinträchtigt ist.
Diese Planungsfehler betreffen nicht die Standsicherheit, sondern können nur zu einer Beeinträchtigung der Dauerhaftigkeit führen.
Diese Feststellungen wurden vom Sachverständigen nach mehrmonatigen Berechnungen und Untersuchungen getroffen. Für die Expertenkommission wären sie in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich gewesen. Unter Berücksichtigung der damaligen Umstände waren die von der Expertenkommission in ihrem Bericht vom 17. Dezember 1977 getroffenen Feststellungen und die Empfehlung, die vom Bürgermeister angeordnete Sperre aufrechtzuerhalten, gerechtfertigt. Es wäre lediglich zweckmäßig gewesen, in einem Zusatz darauf hinzuweisen, daß, detaillierte Feststellungen erst nach eingehenden Untersuchungen und Berechnungen getroffen werden können.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Ansicht der Expertenkommission, Standsicherheit sei auf Grund der vom Kläger zu verantwortenden Planungsfehlern nicht nachweisbar, sei zum Zeitpunkt der Abgabe des Berichtes vom 17. Dezember 1977 vertretbar gewesen. Darüber hinaus stelle der Ausdruck "schwerwiegend" im Zusammenhang mit den Planungsfehlern lediglich ein Werturteil dar. Ziehe man in Betracht, daß die dem Kläger anzulastenden Fehler die Dauerhaftigkeit des Bauwerkes beeinträchtigten und umfangreiche Sicherungsmaßnahmen erforderlich machten, dann sei darüber hinaus dieses Werturteil auch berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der lediglich gegen die Abweisung des Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehrens gerichteten Berufung des Klägers - die Abweisung des Zahlungsbegehrens wurde nicht angefochten - statt und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die Beklagten schuldig erkannte, die in der für die Gemeinde Wien erstellten Expertise vom 17. Dezember 1977 abgegebenen Erklärungen, daß der Kläger bei der Planung der Nordtribüne des Wiener Weststadions schwerwiegende Fehler gemacht habe, womit sich diese Erklärung auf die im Punkt 3 b zweiter Absatz der Expertise angeführte Standfestigkeit des Tragwerkes bezieht, zu widerrufen. Weiters wurde der Kläger zur Veröffentlichung des Widerrufes in der Tageszeitung "Kurier" und in der Fachzeitschrift "Österreichische Bauzeitung" ermächtigt. Ferner sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat die Rechtsansicht, daß das Widerrufsbegehren nur auf die in den Punkten 3 a und 3 b zweiter Absatz der Expertise in Zweifel gezogene Standsicherheit des Bauwerkes zu beziehen sei. Das Berufungsgericht sei daher berechtigt gewesen, das Begehren entsprechend zu modifizieren. Dem Kläger sei der Beweis gelungen, daß die "im Punkte 3 b zweiter Absatz" (richtig: im Punkte 4 zu 3 b) der Expertise enthaltene Feststellung, die Standsicherheit des Objektes sei nicht mehr nachweisbar, und die Schlußfolgerung, der Beklagte habe (in diesem Zusammenhang) bei der Planung schwere Fehler gemacht, falsch gewesen seien. Schon im Hinblick darauf, daß ein Journalist Mitglied der Expertenkommission gewesen sei, habe mit einer Verbreitung der Expertise in der Öffentlichkeit gerechnet werden müssen. Es reiche daher aus, daß den Beklagten im Zusammhang mit der unwahren Tatsachenbehauptung leichte Fahrlässigkeit anzulasten sei. Die Behauptung, die Standsicherheit sei nicht nachweisbar, beinhalte nicht bloß eine Vermutung, weil die Expertise keinen Hinweis darauf enthalte, daß sie das Ergebnis nur vorläufiger Untersuchungen sei und endgültige Schlußfolgerungen erst nach weiteren Untersuchungen und Berechnungen getroffen werden könnten. Bei der Bezeichnung der Fehler als schwerwiegend handle es sich nicht um ein reines Werturteil. Ein Fehler, der die Standfestigkeit eines Bauwerkes nicht beeinträchtige, sei im Hinblick darauf, daß in der Expertise nur darauf Bedacht genommen worden sei, nicht schwerwiegend. Aber auch soweit die Dauerhaftigkeit des Werkes beeinträchtigt werde, sei nicht erwiesen, daß dadurch im Verhältnis zu den Gesamtkosten des Bauwerkes größere Vermögensschäden entstehen würden. Daß die inkriminierte Tatsachenbehauptung geeignet sei, den Erwerb oder das Fortkommen des Klägers zu gefährden, liege auf der Hand.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen der beiden Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es in eine gänzliche Klageabweisung abzuändern (das Ersturteil wiederherzustellen); hilfsweise wird jeweils ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, den Revisionen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind berechtigt.
Soweit sich die Revisionswerber gegen die Umformulierung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht wenden, machen sie einen Verstoß gegen § 405 ZPO und damit eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend. Auch Verfahrensfehler der zweiten Instanz von erheblicher Bedeutung unterliegen im Rahmen einer Grundsatzrevision der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof. Eine solche erhebliche Bedeutung kommt der Entscheidung jedenfalls dann zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen. Dazu gehört auch die Anordnung des § 405 Satz 1 ZPO. (Medien und Recht 1986, Heft 5, S 26). Wird durch eine Neuformulierung eines ohnehin bestimmten, deutlichen und dem Sachvorbringen entsprechenden Klagebegehrens über einen gar nicht geltend gemachten Anspruch entschieden, dann liegt eine erhebliche Verletzung einer verfahrensrechtlichen Vorschrift vor, die die Rechtssicherheit gefährdet.
Die Verfahrensrüge ist daher zulässig; sie ist aber auch berechtigt.
Zufolge des im Zivilprozeß herrschenden Dispositionsgrundsatzes bestimmt der Kläger mit seinem Klagebegehren den Umfang der richterlichen Sachentscheidung. Nur dort wo das Begehren versehentlich unrichtig formuliert ist, sei es, daß es nicht hinreichend bestimmt ist oder von dem abweicht, was der Kläger nach dem der Klage zugrundeliegenden Sachvorbringen gewollt hat, kann ihm das Gericht im Urteilsspruch eine klarere und deutlichere Fassung geben (vgl. MietSlg 32.693, 34.785, zuletzt 1 Ob 615/87). In der Klage erwähnte der Kläger zunächst, daß bei der Pressekonferenz vom 11. Jänner 1978, bei der die Expertise präsentiert wurde, an der aber die Beklagten nicht teilnahmen, kein Zweifel gelassen worden sei, daß er persönlich als Konstrukteur und Planverfasser allein der Schuldtragende dafür sei, daß eine Einsturzgefahr des Weststadions bestehe. Sein Widerrufsbegehren richtete der Kläger aber nicht etwa gegen die im Punkt 4 der Expertise dargelegten Folgerungen für die Standsicherheit des Bauwerkes sondern nur gegen die Schlußbemerkung, in der unter anderem von schwerwiegenden Planungsfehlern die Rede ist. Im Schriftsatz ON 7 (AS 39 und 40) erklärte der Kläger auch noch ausdrücklich, daß Gegenstand des Klagebegehrens auf Widerruf der Wortlaut der "ganz allmein gehaltenen Tatsachenbehauptungen in der Schlußbemerkung" sei. Folgerichtig vertrat der Kläger den Standpunkt, ihm sei überhaupt kein Planungs- oder Berechnungsfehler vorzuwerfen, die bereits aufgetretenen Schäden (Risse) seien nicht auf Planungs- und Kontruktionsfehler, sondern auf andere Ursachen zurückzuführen, die der Kläger nicht zu vertreten habe (ON 32 AS 216 und 220). Damit war aber klargestellt, daß das weitgefaßte, die ganz allgemein gehaltene Wertung "schwerwiegend" enthaltende Widerrufsbegehren durchaus den Intentionen des Klägers entsprach und sich nicht nur gegen die im Punkt 4 der Expertise aufgestellte Behauptung richtete, die Standsicherheit des Gebäudes sei infolge der - unter anderem auf mangelhafte Planung - zurückzuführenden Schrägrisse und vertikalen Risse nicht gewährleistet. Das Klagebegehren war demnach keineswegs versehentlich zu weit gefaßt, sondern entsprach vollkommen dem Sachvorbringen des Klägers. Der Umstand, daß der Kläger nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens und mehr als drei Jahre nach Veröffentlichung der Expertise den inkriminierten Ausdruck "schwerwiegende Planungsfehler" nur mehr auf solche bezog, die die Standsicherheit des Bauwerkes unmittelbar gefährdeten (Schriftsatz vom 27. August 1982, ON 45, AS 320 und vom 24. Dezember 1982, ON 51 AS 340 ff, beide vorgetragen in der Tagsatzung vom 16. Februar 1983, ON 52) und damit einen von seinem bisherigen Sachvorbringen abweichenden Standpunkt vertrat, kann nicht dazu führen, das hinreichend deutliche und dem ursprünglichen Vorbringen entsprechende Klagebegehren umzuformulieren und ihm damit eine Fassung zu geben, die nach dem Inhalt der Klage und des ergänzenden Vorbringens gar nicht beabsichtigt war. Es wäre vielmehr am Kläger gelegen gewesen, diesem neuen abweichenden Rechtsschutzziel durch eine entsprechende Änderung des Klagebegehrens Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die Berücksichtigung späteren, vom bisherigen Standpunkt abweichenden Vorbringens durch amtswegige Umformulierung des Begehrens im vorliegenden Fall zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Rechtsverteidigung der Beklagten auch im Hinblick auf die gegen ein geändertes Klagebegehren nach den §§ 1489 und 1490 Abs 2 ABGB naheliegende Einrede der Verjährung führt.
Abschließend sei noch zur Frage Stellung genommen, ob es sich nicht bei dem umformulierten, lediglich auf die Standfestigkeit beeinträchtigende Planungsfehler bezogenen Spruch um ein minus gegenüber dem ganz allgemein "schwerwiegende" Planungsfehler erfassenden Klagebegehren handelt, dessen Zuspruch ohne Verstoß gegen § 405 ZPO möglich gewesen wäre. Eine derartige Wertung ließe außer Betracht, daß das Widerrufsbegehren nicht auf eine positive sondern auf eine umfassende negative Feststellung gerichtet ist, was zur Folge hat, daß nur ein umfassender Beweis der Unrichtigkeit (Ausschluß jedes schwerwiegenden Planungsfehlers) zur Klagestattgebung führen könnte. Wäre daher auch nur ein gravierender Planungsfehler erwiesen, wäre die Sache spruchreif, ohne daß das Vorliegen weiterer behaupteter Planungsfehler oder die Frage zu untersuchen wäre, ob der Planungsfehler außer den erwiesenen schwerwiegenden weiteren (allenfalls noch schwerwiegendere) Folgen hatte. Der nur auf eine bestimmte Folge der Planungsfehler bezogene Spruch des Berufungsgerichtes ist daher gegenüber dem vom Kläger erhobenen umfassenden Widerrufsbegehren nicht als minus sondern als aliud anzusehen.
Geht man demnach von dem vom Kläger erhobenen Begehren aus, erweist sich auch die von beiden Revisionswerbern erhobene Rechtsrüge als berechtigt.
Zu Unrecht wendet sich der Zweitbeklagte allerdings gegen die Anwendung österreichischen Rechtes.
Nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des IPR-Gesetzes waren außervertragliche Schadenersatzansprüche nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, an dem der Erfolg eingetreten ist (Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationen Privatrechtes, 326). Im übrigen sei darauf verwiesen, daß das deutsche Recht im § 824 BGB eine mit der Vorschrift des § 1330 Abs 2 ABGB im wesentlichen übereinstimmende Regelung bezüglich der Rufschädigung enthält.
Der Kläger stützte sein Widerrufsbegehren darauf, daß die Beklagten kreditschädigende Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB verbreitet hätten. Diese Bestimmung setzt die Verbreitung von Tatsachen voraus. Nicht erfaßt werden schädigende Wertungen und Urteile. Maßgebend für die Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und Urteilen ist es, ob die Äußerung einen auf Grund objektiver Kriterien auf ihre Richtigkeit nachprüfbaren Inhalt
hat (vgl. ÖBl 1980, 130 = JBl. 1980,481; ÖBl 1979, 134; ÖBl 1978,
151; SZ 50/111 = ÖBl 1978, 34; Schönherr, Kreditschädigende
Tatsachenbehauptungen ÖBl 1975, 77 mwN; Reischauer in Rummel ABGB Rdz 10 zu § 1330). Der Oberste Gerichtshof legt den Begriff der Tatsachenbehauptungen stets weit aus. Es sind unter Tatsachenbehauptungen auch abfällige Urteile, die auf die entsprechenden Tatsachen schließen lassen, zu verstehen. Kann einem Urteil entnommen werden, daß es von bestimmten Tatsachen ausgeht, liegt insofern eine konkludente Tatsachenbehauptung vor (ÖBl 1984, 130; JBl. 1980, 481; Koziol Haftpflichtrecht II2, 174 f; Reischauer aaO Rdz 12; Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz 179).
Die Behauptung "schwerwiegender Fehler bei der Planung der Nordtribüne des Wiener Weststadions" enthielt den für das angesprochene Publikum erkennbaren Tatsachenkern, daß es sich um Planungsfehler handelte, die schwerwiegende Mängel des Bauwerkes zur Folge hatten. Als solcher Mangel ist wohl nicht nur sofort drohende Einsturzgefahr sondern auch das Auftreten von größeren Rissen anzusehen, die die Dauerhaftigkeit des Bauwerkes beeinträchtigen und Sanierungsmaßnahmen erforderlich machen. Daß diese Sanierungsarbeiten nur einen verhältnismäßig geringen Aufwand erforderten, hat der für die Unrichtigkeit der inkriminierten Tatsachenbehauptung beweispflichtige Kläger weder behauptet noch hat das Beweisverfahren einen Anhaltspunkt in dieser Richtung ergeben. Damit erweist sich die Sache als im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles spruchreif, ohne daß auf die weiteren von den Revisionswerbern aufgeworfenen Fragen, insbesondere betreffend die Anwendung der in SZ 56/74 für Gutachten gerichtlicher Sachverständiger ausgesprochenen Grundsätze auch auf Privatgutachten, einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, wobei darauf hingewiesen sei, daß die in der Berufung des Klägers enthaltene Kostenrüge vom Berufungsgericht für unbegründet erkannt wurde.
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