Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin behauptete, das ihr in Ansehung einer Liegenschaft zustehende Vorkaufsrecht aus Anlaß eines vom Liegenschaftseigentümer mit einem Dritten abgeschlossenen, aber zufolge noch ausstehender behördlicher Genehmigungen in seiner Rechtswirksamkeit noch schwebenden Kaufvertrages gegenüber dem Erlagsgegner als dem Anbotspflichtigen in Anspruch genommen zu haben und zur Bewirkung der Einlösung den Schätzwert der Liegenschaft gerichtlich erlegen zu wollen. Sie stellte daher den formellen Antrag, den gerichtlichen Erlag des Kaufpreises von 260.839 S zu bewilligen. Als dem Erstgericht sechs Wochen nach Einlangen dieses Erlagsgesuches noch keine Erlagsanzeige zugekommen war, führte der Erstrichter mit dem anwaltlichen Vertreter der minderjährigen Antragstellerin ein Ferngespräch. Nach dem darüber aufgenommenen Amtsvermerk teilte der Vertreter der Antragstellerin mit, der Vater der Antragstellerin habe mit der Überweisung des Erlagsbetrages bis zur Bewilligung des gestellten Antrages zugewartet; der Erstrichter teilte dem anwaltlichen Vertreter der Antragstellerin die Ansicht mit, daß ein Verwahrungsauftrag erst nach dem Einlangen des Erlagsgegenstandes erlassen werden könnte; der anwaltliche Vertreter der Antragstellerin erklärte daraufhin, er werde den Vater der Antragstellerin zur Einzahlung des Erlagsbetrages auffordern, und ersuchte um Übermittlung eines Erlagscheines zur Überweisung an die Verwahrungsabteilung. Diesem Ersuchen kam das Erstgericht nach. Als innerhalb weiterer sechs Wochen der Erlagsbetrag noch nicht eingezahlt war, wies das Erstgericht den Erlagsantrag aus diesem Grunde ab.
Eine Ausfertigung dieses am 21. Mai 1986 gefaßten Beschlusses wurde dem Vertreter der Antragstellerin am 23. Mai 1986 zugestellt. Am 27. Mai 1986 erlegte der Vater der Antragstellerin den im Erlagsantrag genannten Betrag.
Die Antragstellerin stützte ihren Rekurs gegen die Abweisung ihres Erlagsgesuches auf die Tatsache des während der Rekursfrist bewirkten Erlages sowie auf die Ansicht, daß die Vornahme des Erlages keine Voraussetzung für die begehrte Beschlußfassung über die Annahme des Erlages zu Gericht wäre.
Das Rekursgericht bestätigte die abweisliche Entscheidung des Gerichtes erster Instanz.
Es erachtete das Vorbringen der Antragstellerin in ihrem Erlagsantrag nicht als Darlegung eines tauglichen Erlagsgrundes. Die Antragstellerin ficht die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes wegen Nichtigkeit und offenbarer Gesetzwidrigkeit mit einem Abänderungsantrag im Sinne ihres Erlagsantrages an. Die von der Rechtsmittelwerberin geltend gemachten Anfechtungsgründe wurden nicht zu einer in sich schlüssigen Darstellung gebracht.
Die Rechtsmittelwerberin will die Zusendung des Erlagscheines als eine das Erstgericht bindende und der Rechtskraft fähige Kundgabe eines richterlichen Entscheidungswillens im Sinne der Stattgebung des Erlagsantrages gewertet wissen; sie wirft dem Rekursgericht vor, gegen das Verbot, über eine solcherart "rechtskräftig entschiedene" Sache nochmals abzusprechen, verstoßen zu haben.
Es ist ein Erfordernis "rechtsgültiger Verfügungen" im Sinne des § 2 Abs. 1 AußStrG, daß der gerichtliche Entscheidungswille ausdrücklich, also nicht bloß schlüssig, und in einer verfahrensrechtlich beachtlichen Form, also jedenfalls außerhalb einer Tagsatzung schriftlich, kundgetan werde, um eine das Gericht selbst bindende Erledigung darzustellen. Solange eine solche Erledigung nicht vorlag, bestand einerseits die Entscheidungspflicht des Gerichtes fort, andererseits fehlte es aber an jeder Selbstbindung. Die Rechtsmittelausführungen unterstellen dagegen die Beachtlichkeit von Gerichtshandlungen (hier: der Zusendung eines Erlagscheines) als schlüssigen Ausdruck eines Entscheidungswillens und setzen sich damit über anerkannte Grundsätze der verfahrensrechtlichen Betrachtungsweise von Gerichtshandlungen hinweg. Die Ausführungen zum Anfechtungsgrund der Nichtigkeit sind unter der dargestellten verfahrensrechtlichen Voraussetzung unschlüssig.
Rechtliche Beurteilung
Auch die Rechtsmittelausführungen zum Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit sind nicht schlüssig: Die Antragstellerin hat in ihrem Erlagsgesuch zwar mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß sie mit dem von ihr in Aussicht genommenen Gerichtserlag als Vorkaufsberechtigte gegenüber dem Belasteten einen Einlösungstatbestand zu erfüllen trachte; sie hat aber trotz der von ihr selbst behaupteten schwebenden Rechtslage nicht eindeutig geklärt, welche Rechte dem Erlagsgegner an dem zu erlegenden Geldbetrag zustehen sollten, welche Voraussetzungen erfüllt sein müßten, damit der Erlagsbetrag dem Erlagsgegner ausgefolgt werden dürfe; die Antragstellerin hat in ihrem Erlagsantrag vielmehr zum Ausdruck gebracht, es sei unsicher, ob ein Vorkaufsfall und damit ein Einlösungsfall vorliege und eine Forderung des Erlagsgegners als dem mit dem Vorkaufsrecht Belasteten überhaupt bestehe. Wenn sie unter diesen von ihr selbst behaupteten Umständen in ihrem Erlagsantrag offen gelassen hat, welche rechtlichen Bindungen sie selbst in Ansehung des Erlagsgegenstandes auf sich zu nehmen bereit war, kann die Ansicht des Rekursgerichtes, nach dem Antragsvorbringen liege kein tauglicher Rechtsgrund für den Erlag vor, nicht offenbar gesetzwidrig sein.
Mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 16 Abs. 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs gegen die bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz zurückzuweisen.
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