Spruch:
Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Partei, deren Komplementärin die Firma *****, die Rechtsnachfolgerin der Firma E***** & Co, ist, stand durch ihre Rechtsvorgänger seit 1971 in ständiger Geschäftsverbindung mit dem Klagenfurter Betrieb der beklagten Partei. Ihr alleiniger Geschäftsführer, ***** war zu 75 % an der Münchner Firma *****, der Rechtsvorgängerin der Firma ***** (im folgenden kurz: Firma *****) beteiligt. Dieser wurde vom Hauptzollamt München die Bewilligung zur Durchführung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens im Sinne der EWGNr 542/69 vom 18. März 1969 (für Österreich Verordnung BGBl 1973/599) erteilt. Die Firma *****, deren Alleininhaber nunmehr ***** ist, erteilte als Hauptverpflichtete der klagenden Partei die Berechtigung zur Durchführung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens zur Mitausübung. Für die Mitbenützung des Bürgschaftsausweises hatte die klagende Partei der Firma ***** pro durchgeführter Zollabfertigung im gemeinschaftlichen Versandverfahren einen Betrag von 6 bzw. 7 DM zu entrichten. Die Benützung der Bewilligung erfolgte in der Weise, daß zwei leitende Angestellte der klagenden Partei in die Liste jener Personen aufgenommen wurden, die befugt sind, Versandanmeldungen im gemeinschaftlichen Versandverfahren T 1 für den Hauptverpflichteten zu unterzeichnen. Die Firma ***** befindet sich seit 1984 in Liquidation.
Mit ihrer am 7. Juni 1978 bei Gericht eingelangten Klage begehrt die klagende Partei die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für sämtliche Schäden, Zölle und damit verbundene Nebenabgaben, Zinsen und wie immer Namen habenden Auslagen, die ihr aus der von der beklagten Partei exportierten im einzelnen bezeichneten Rindfleischlieferungen, für welche die klagende Partei im Auftrag der beklagten Partei die Grenzabfertigung vorgenommen habe, entstehen sollten. Sie brachte dazu im wesentlichen vor: Sie habe im Auftrag der beklagten Partei Rindfleischtransporte im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren unter Verwendung der Bewilligung der Firma ***** zur Zollabfertigung nach Bestimmungsorten in Frankreich angemeldet. Hiefür habe die beklagte Partei pro Anmeldung einen vereinbarten Betrag von S 500,-- bezahlt. Tatsächlich seien, wie sich nachträglich herausgestellt habe, die Rindfleischlieferungen nicht über Italien nach Frankreich weitergeleitet worden, sondern in Italien verblieben. Die italienischen Zollbehörden seien deshalb berechtigt, die dadurch fällig gewordenen Zölle und anderen Abgaben einzuheben. Gegen die Bewilligungsinhaberin, die Firma *****, sei schon ein entsprechender - allerdings noch nicht rechtskräftiger - Bescheid erlassen worden. Da diese die klagende Partei bevollmächtigt habe, unter Verwendung der Bewilligung das gemeinschaftliche Versandverfahren durchzuführen, hafte die klagende Partei der Firma *****, welche als Hauptverpflichtete in Anspruch genommen werde, "sozusagen als Unterhauptverpflichtete, wenn auch auf Grund der mit dieser getroffenen Vereinbarungen, für sämtliche Zölle und Nebenabgaben, die auf Grund festgestellter Zuwiderhandlungen bei den klagsgegenständlichen Transporten im gemeinsamen Versandverfahren entstanden seien". Weil die Schadenshöhe noch nicht feststehe und die beklagte Partei ein Auftragsverhältnis bestreite, seien die Voraussetzungen für ein Feststellungsbegehren gegeben.
Die beklagte Partei wandte im wesentlichen ein, sie habe die klagende Partei nicht beauftragt, die Zollabfertigung der Rindfleischlieferungen im gemeinschaftlichen Versandverfahren nach Frankreich durchzuführen. Sämtliche von der beklagten Partei zur Verfügung gestellten Export- und Frachtpapiere hätten als Bestimmungsland Italien und als Empfänger die Firma ***** (im folgenden kurz ***** genannt) ausgewiesen. Die von der klagenden Partei in Rechnung gestellten Kosten der Zollabfertigung seien nur aus Kulanzgründen beglichen worden. Auftraggeber der klagenden Partei sei die Firma ICAB als Käuferin gewesen. Die Frachtpapiere seien von der klagenden Partei ohne Wissen und Wollen der beklagten Partei unter Verwendung ihres Firmenstempels erstellt worden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Zugrundelegung folgender wesentlicher Feststellungen statt:
Zu Beginn des Jahres 1976 traten ein italienischer und ein französischer Kaufmann, dieser als Inhaber der Firma ***** in Bordeaux, an den Geschäftsführer der ***** in ***** wegen des Einkaufes von Rindfleisch in Österreich heran. Dieser wandte sich an den ihm aus seiner bisherigen Geschäftstätigkeit bekannten Leiter des Schlachthofes der beklagten Partei in Mürzhofen (später Leiter der Filiale der beklagten Partei in Klagenfurt) und an ***** den Geschäftsführer einer weiteren mit Rindfleischexporten befaßten Firma, um die Möglichkeiten für Rindfleischlieferungen nach Frankreich zu erkunden. Über deren Ersuchen klärte der Angestellte der klagenden Partei, der mit der Zollabfertigung befaßt war, beim Zollamt Arnoldstein und bei den italienischen Zollbehörden in Tarvis die Voraussetzungen für die Abwicklung von Rindfleischlieferungen im Wege des gemeinschaftlichen Versandverfahrens nach Frankreich bei vorliegenden Ausfuhrbewilligungen des Bundesministeriums für Landwirtschaft nur nach Italien ab und teilte das positive Ergebnis ***** mit. Kurz danach meldete sich der LEITER DER Außenstelle der beklagten Partei in Mürzhofen bei der klagenden Partei telefonisch mit der Erklärung, die beklagte Partei wolle ebenfalls an die Firma ***** Rindfleisch verkaufen, wobei für die Lieferungen Ausfuhrbewilligungen nach Italien vorlägen, diese aber im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach Frankreich erfolgen sollten. Er teilte mit, daß die Bestimmungsorte in Frankreich jeweils gesondert bekanntgegeben würden. Der Angestellte der klagenden Partei nahm diesen Auftrag an. In der Folge fertigte er für Rindfleischlieferungen der beklagten Partei, die großteils durch italienische Frachtführer durchgeführt wurden, entsprechend dem ihm erteilten Auftrag die Anmeldung der Fleischlieferungen zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach Frankreich aus. In die Versandformulare T 1 trug er die in den tierärztlichen Gesundheitsbescheinigungen, die ihm neben anderen von der beklagten Partei erstellten Exportpapieren von den Fahrern der Kühltransporter übergeben wurden, angeführten Bestimmungsorte Bordeaux, Calais und Handaye und als Bestimmungsland Frankreich ein. Diese Bestimmungsorte waren auch auf den Umschlägen, die die von der beklagten Partei ausgestellten Begleitpapiere enthielten, angeführt. Die beiden Angestellten der klagenden Partei, die für die Firma ***** zur Unterzeichnung von Versandanmeldungen im gemeinschaftlichen Versandverfahren befugt waren, unterfertigten jeweils die vom Zolldeklaranten erstellten T 1-Anträge. Dieser fertigte unter Verwendung einer ihm von der beklagten Partei zur Verfügung gestellten Firmenstampiglie die internationalen Frachtbriefe für die einzelnen Lieferungen aus. Die Fleischlieferungen der beklagten Partei an die Firma ***** wurden sodann nach den angeführten Bestimmungsorten in Frankreich vom Zoll abgefertigt. Da Kühlwagen mit Rindfleisch meist außerhalb der Amtsstunden an Freitagen oder Samstagen in Arnoldstein ankamen, kündigten Angestellte der beklagten Partei das bevorstehende Eintreffen von Rindfleischtransporten an, damit der Zolldeklarant der klagenden Partei diese am Zollamt vorankündigen und dadurch eine rasche Abfertigung bewerkstelligen konnte. Hin und wieder wurde der Zolldeklarant der klagenden Partei auch angewiesen, ankommende Fleischlieferungen noch nicht abzufertigen, weil die Bezahlung der Ware durch den italienischen Käufer noch nicht sichergestellt sei. In solchen Fällen wartete die klagende Partei die Freigabe ab. Sie legte über ihre im Zuge der Grenzabfertigung der Fleischlieferungen erbrachten Leistungen und Auslagen Rechnung, wobei sie diese aufschlüsselte und dabei für jede Abfertigung im T 1-Verfahren einen Betrag von S 500,-- verrechnete. Mit den Speditionsrechnungen, die jeweils den Vermerk trugen, daß die klagende Partei ausschließlich auf Grund der
allgemeinen österreichischen Spediteurbedingungen arbeite, wurden an die beklagte Partei auch Exportdokumente zurückgeschickt. Über telefonisches Ersuchen der beklagten Partei wurden die Speditionsrechnungen über die ersten Lieferungen, in denen Empfänger in Frankreich angeführt waren, im Hinblick darauf, daß die beklagte Partei Schwierigkeiten bei der Exportvergütung befürchtete, geändert und als Empfänger die Firma ***** angeführt. Die klagende Partei stellte der beklagten Partei für die Grenzabfertigung von Rindfleischlieferungen Beträge von insgesamt S 146.647,-- in Rechnung, welche von der beklagten Partei auch bezahlt wurden. Von allen durch die klagende Partei nach Frankreich abgefertigten Fleischlieferungen langten 22 Versandrückscheine ein, die zwar Amtsstempel der Zollämter Bordeaux, Calais und Handaye aufwiesen, die aber, wie sich später herausstellte, gefälscht waren. Die Firma ***** hat die über die klagende Partei im gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldeten Rindfleischlieferungen nicht nach Frankreich weiterexportiert, sondern die Ware in Italien auf dem Schwarzmarkt verkauft. Nachdem der klagenden Partei dieser Sachverhalt bekannt geworden war, teilte sie mit Schreiben vom 16. März 1977 dies der beklagten Partei mit und drohte an, sich bei dieser für den Fall einer Inanspruchnahme mit nachträglich vorgeschriebenen Zöllen und Spesen zu regressieren. Darauf erschien der Filialleiter der beklagten Partei in Begleitung eines weiteren Angestellten und verlangte die Rücknahme des Schreibens. Dies wurde unter Hinweis auf den erteilten Auftrag abgelehnt.
Weil insgesamt 88 Rindfleischtransporte mit der T 1-Berechtigung der Firma ***** als Hauptverpflichteter im gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet, in der Folge aber nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden, forderte das Zollamt Padua diese zur Zahlung von Lire 2,595.072.712 auf. Von diesem Zollabgabenbetrag entfallen auf Fleischlieferungen der beklagten Partei Lire 1,073.515.182. Die Zahlungsaufforderung wurde von der Firma ***** angefochten, das Rechtsmittelverfahren ist noch beim Appellationsgericht in Venedig anhängig.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, nach den Bestimmungen der aus den EG-Vorschriften übernommenen Verordnung vom 25. Mai 1971, BGBl 1973/599, setze die Durchführung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens, das der Erleichterung der Zollabfertigung im grenzüberschreitenden Güterverkehr diene, eine Bewilligung voraus, die einem sogenannten Hauptverpflichteten erteilt werde, dessen Bürgschaftserklärung von der Zollstelle der Bürgschaftsleistung angenommen sei. Stelle sich heraus, daß im Laufe des gemeinschaftlichen Versandverfahrens in einem bestimmten Mitgliedsland Zuwiderhandlungen begangen worden seien, so hafte der Hauptverpflichtete für die dadurch fällig gewordenen Zölle und anderen Abgaben diesem Mitgliedsstaat.
Durch die Annahme des Auftrages der beklagten Partei, die Rindfleischexporte im gemeinschaftlichen Versandverfahren abzuwickeln, sei zwischen den Streitteilen ein Speditionsvertrag zustandegekommen, auf welchen die AÖSp anzuwenden seien, weil diese als stillschweigend vereinbarter Vertragsinhalt zu gelten hätten, wenn der Auftraggeber des Spediteurs von ihrem Bestehen Kenntnis habe oder nach der Art des Handelsgewerbes Kenntnis hievon gehabt haben müßte. Dies sei hier der Fall. Gemäß § 7 lit a AÖSp habe der Auftraggeber alle widrigen Folgen unrichtiger und unvollständiger Angaben zu tragen, auch wenn ihn kein Verschulden treffe. Der Auftraggeber sei nach § 30 lit b AÖSp zusätzlich auch verpflichtet, den Spediteur rechtzeitig auf zollrechtliche Verpflichtungen aufmerksam zu machen. Für den Unterlassungsfall sei die Haftung des Auftraggebers normiert. Das Verfahren habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß Angestellte der klagenden Partei von den Manipulationen Kenntnis gehabt hätten oder sie in diese verwickelt gewesen wären. Es falle ihnen auch keine vorwerfbare Vernachlässigung ihrer Pflichten zur Last. Die klagende Partei sei auch berechtigt gewesen, die zur Zollabfertigung erforderlichen Exportdokumente, insbesondere internationale Frachtbriefe, auszustellen. Da die beklagte Partei bestreite, die klagende Partei als Spediteur eingeschaltet zu haben und der dieser möglicherweise erwachsende Schaden der Höhe nach noch nicht bekannt sei, lägen die Voraussetzungen für ein Feststellungsbegehren vor. Die Firma ***** als Hauptverpflichtete und Bewilligungsinhaberin für das T 1-Verfahren habe der klagenden Partei in einem entgeltlichen Vertrag sui generis ihre Berechtigung zur Verfügung gestellt. Bei ergänzender Vertragsauslegung nach dem mit dem Vertrag verfolgten Zweck sei es allein als vernünftig anzusehen, daß die Firma ***** zwar auf Grund der engen geschäftlichen Kontakte zum Geschäftsführer der klagenden Partei dieser ihre Berechtigung zur Verfügung stellen wollte, nicht aber, daß sie im Hinblick auf ein fehlendes entsprechendes Entgelt auch das aus der Verwendung der Bürgschaftsbescheinigung entstehende Risiko tra ge. Es müsse angenommen werden, daß das Geschäft seiner Natur nach unter Verpflichtung der klagenden Partei zur Schadloshaltung erfolgt sei. Das rechtliche Interesse an der Feststellung der Haftung der beklagten Partei liege daher sowohl im drohenden Regreß der Firma ***** als auch in der Gefahr einer direkten Inanspruchnahme der klagenden Partei durch die italienischen Zollbehörden, weil diese auf die Regreßforderungen der Firma ***** gegen die klagende Partei greifen könnten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Ersturteil auf, verwies die Rechtssache zur Fortsetzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Streitwert, über den das Berufungsgericht entschieden habe, S 300.000,-- übersteige und das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft seines Beschlusses fortzusetzen sei (§ 519 Abs 1 Z 3 und Abs 2 ZPO in der Fassung vor der WGN 1989).
Das Berufungsgericht billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichtes und legte dessen Feststellungen seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde, in welcher es ausführte, die Anwendbarkeit der AÖSp auf das Vertragsverhältnis der Streitteile sei nicht mehr bekämpft. Es bedürfe auch keiner weiteren Erörterung, daß zwischen den Streitteilen ein grundsätzlich im Sinne des § 228 ZPO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliege. Gegenstand des Feststellungsbegehrens sei die Haftung der beklagten Partei für künftige Schäden der klagenden Partei, deren Feststellungsfähigkeit vom rechtlichen Interesse an einer Feststellung zu trennen sei. Die Feststellungsfähigkeit der Ersatzpflicht für künftige Schäden sei schon dann zu bejahen, wenn der Eintritt eines Schadens nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Dies sei hinsichtlich der Firma ***** auf Grund des anhängigen Zollverfahrens anzunehmen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß sich die Firma ***** seit 1984 in Liquidation befinde. Als materielle Prozeßvoraussetzung sei aber der Bestand des Feststellungsinteresses von Amts wegen zu prüfen. Die klagende Partei habe als Rechtsgrund für eine mögliche Inanspruchnahme durch die Firma ***** im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich vorgebracht, daß sie dieser im Falle einer Belangung durch die italienischen Zollbehörden auf Grund vertraglicher Vereinbarung für sämtliche Zölle und Nebenabgaben hafte, die wegen festgestellter Zuwiderhandlungen bei den von der klagenden Partei unter Ausnützung der Bewilligung durchgeführten Transporten im gemeinschaftlichen Versandverfahren eingetreten seien. Das rechtliche Interesse sei nur in den von der klagenden Partei behaupteten Schranken zu prüfen. Eine mögliche direkte Inanspruchnahme der klagenden Partei durch die italienischen Zollbehörden sei erstmals in der Berufungsbeantwortung und daher verspätet behauptet worden.
Die Möglichkeit des Rückgriffes der Firma ***** auf die klagende Partei lasse sich aber auf Grund des vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhaltes noch nicht beurteilen, weil Feststellungen über den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung fehlten. Die vom Erstgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung entbehre jeder Sachverhaltsbasis und sei unüberprüfbar. Sollte auf das Vertragsverhältnis österreichisches Recht anzuwenden sein - auch dies könne bisher noch nicht endgültig beurteilt werden -, müßte eine Haftung der klagenden Partei ex contractu nach § 1298 ABGB scheitern, weil dieser der Beweis mangelnden Verschuldens gelungen sei. Zum Beweis für den Inhalt des Vertrages zwischen der Firma ***** und der klagenden Partei habe diese sowohl schriftliche Unterlagen als auch die Parteiaussage angeboten. Die Durchführung dieser Beweise zur Ermittlung des rechtlichen Interesses sei aber unterblieben.
Für die Annahme eines Mitverschuldens der klagenden Partei sei nach den getroffenen Feststellungen kein Raum. Ein Verjährungseinwand sei in erster Instanz gegen den behaupteten Anspruch nicht erhoben worden.
Wegen der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeit des zu beurteilenden Sachverhaltes sei aus prozeßökonomischen Gründen ein Rechtskraftvorbehalt zu setzen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der klagenden Partei gegen diese Entscheidung ist nicht berechtigt.
Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß das rechtliche Interesse an der Feststellung der Haftung für künftige Nachteile aus dem Schadensereignis regelmäßig dann bejaht wird, wenn die Möglichkeit offen bleibt, daß infolge dieses Ereignisses in Zukunft noch ein Schaden eintreten kann und es nicht erforderlich ist, daß bis zum Schluß der Verhandlung bereits ein Schaden eingetreten ist. Es genügt vielmehr, daß ein Schaden auch ohne weiteres Zutun des Schädigers oder des Haftpflichtigen eintreten kann. Es ist daher ausreichend, daß das Schadenereignis für einen künftigen Schaden ursächlich sein kann. Die bloß abstrakte Möglichkeit eines Schadenseintrittes reicht aber zur Begründung des rechtlichen Interesses nicht aus. Es muß vielmehr die Möglichkeit des Eintrittes ganz konkreter Schäden behauptet und erwiesen werden. Eine Feststellungsklage, mit der die Feststellung der Haftung für künftige Schäden angestrebt wird, muß daher auch alle jene Behauptungen enthalten, aus denen die Möglichkeit bestimmter künftiger Schäden abgeleitet werden kann. Wenn auch das rechtliche Interesse im Rahmen der rechtlichen Beurteilung berücksichtigt werden muß, ist es doch nicht Sache des Gerichtes, Schlüsse auf theoretisch mögliche Schäden zu ziehen. Der Kläger muß vielmehr den anspruchsbegründenden Sachverhalt zumindest in groben Umrissen behaupten. Diese Prozeßbehauptungen können auch nicht durch den Inhalt einer Parteiaussage ersetzt werden.
Nach Artikel 11 lit a der (EWGNr 542/69 entsprechenden) Verordnung über das gemeinschaftliche Versandverfahren BGBl 1973/599 ist "Hauptverpflichteter" jene Person, die selbst oder durch einen befugten Vertreter durch eine zollamtlich geprüfte Anmeldung die Abfertigung zum gemeinschaftlichen Versandverfahren beantragt und damit gegenüber den zuständigen Behörden die Haftung für die ordnungsgemäße Durchführung dieses Verfahrens übernimmt. Sie hat gegenüber der Zollstelle der Bürgschaftsleistung eine selbstschuldnerische Bürgschaft gegenüber allen dem Abkommen über das gemeinschaftliche Versandverfahren angeschlossenen Staaten für die Beträge zu leisten, die ein Hauptverpflichteter den genannten Staaten auf Grund von Zuwiderhandlungen, die im Verlaufe von gemeinschaftlichen Versandverfahren begangen worden sind, insgesamt an Zöllen, Steuern, Abschöpfungen und anderen Abgaben schuldet. In die von der Zollstelle ausgestellte Bürgschaftsbescheinigung wird eine Liste jener Personen aufgenommen, die befugt sind, Versandanmeldungen für den Hauptverpflichteten zu unterzeichnen. Hauptverpflichtete war im vorliegenden Fall die Firma *****. Die beiden leitenden Angestellten der klagenden Partei zählten im Außenverhältnis lediglich zu jenen Personen, die zur Unterzeichnung von Versandanmeldungen für die Hauptverpflichtete Firma ***** befugt waren. Eine Einbindung der klagenden Partei in dieses Außenverhältnis war nicht gegeben.
Dementsprechend hat die klagende Partei auch folgendes vorgebracht: "Die Bewilligung, das gemeinschaftliche Versandverfahren durchzuführen, wurde vom Hauptzollamt München der Firma ***** erteilt, welche uns bevollmächtigt hat, ebenfalls unter Verwendung dieser Bewilligung das gemeinschaftliche Versandverfahren durchzuführen, weshalb in der Bewilligung auch einige unserer Angestellten aufgenommen wurden. Wir haften daher der Firma ***** gegenüber, die als Hauptverpflichtete in Anspruch genommen wird, sozusagen als Unterhauptverpflichtete, wenn auch auf Grund der mit dieser getroffenen vertraglichen Vereinbarung, für sämtliche Zölle und Nebenabgaben, die auf Grund festgestellter Zuwiderhandlungen bei den klagsgegenständlichen Transporten im gemeinschaftlichen Versandverfahren entstehen. Weil die beklagte Partei das Bestehen eines Spediteurverhältnisses und eine Auftragserteilung bestreitet und wir mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme für Zölle und andere Abgaben rechnen müssen, besteht ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung".
Die klagende Partei hat mit diesem Vorbringen als anspruchsbegründenden Sachverhalt somit lediglich die (verschuldensunabhängige) Haftung der beklagten Partei als Auftraggeber im Rahmen von Spediteurverträgen für den Fall der eintretenden Regreßpflicht der klagenden Partei gegenüber der Firma ***** aus dem mit dieser bestehenden Vertragsverhältnis behauptet. Nur in diesem Umfang ist das rechtliche Interesse am Feststellungsbegehren zu prüfen. Daß über diesen Sachverhalt hinaus auch noch andere Regreßtatbestände möglich seien, so etwa eine direkte Inanspruchnahme der klagenden Partei durch die italienischen Zollbehörden nach inneritalienischen Zollvorschriften, wurde im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht und muß daher auch nicht geprüft werden.
Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, daß der Inhalt des zwischen der Firma ***** und der klagenden Partei geschlossenen Vertrages noch erhoben werden muß, um beurteilen zu können, ob diese eine Ersatzpflicht überhaupt treffen kann und nach dem Recht welches Staates entsprechend dem IPR-Gesetz - hier werden insbesondere die §§ 35 bis 37 zu beachten sein - dies zu beurteilen sein wird. Die Beilage BM, auf welche die Rechtsmittelwerberin verweist, enthält lediglich ein Schreiben der Firma ***** mit dem Anbot, einen beigeschlossenen Bürgschaftsausweis mit den Namen und Unterschriften jener Personen auszufüllen, die (offensichtlich als Bevollmächtigte der Hauptverpflichteten im gemeinschaftlichen Versandverfahren) in Frage kommen; das Entgelt wird einem Vorschlag der klagenden Partei vorbehalten und letztlich wird darauf hingewiesen, daß die einzelnen Abfertigungen durch ***** versichert würden. Darüber, welche vertragliche Regelung und allfällige Nebenabreden getroffen wurden, fehlen Feststellungen. Eine ergänzende Vertragsauslegung durch Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens darf erst dann erfolgen, wenn die Parteien für einen bestimmten Fall keine Regelung vorgesehen haben, weil sie daran nicht gedacht haben und wenn eine solche ergänzende Vertragsauslegung nach dem anzuwendenden Recht überhaupt in Betracht kommt.
Das Berufungsgericht ist daher zu Recht zu der Ansicht gelangt, daß das Verfahren noch ergänzungsbedürftig ist.
Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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