Spruch:
Der Rekurs gegen den rekursgerichtlichen Beschluß wird zurückgewiesen.
Dem Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Beschluß wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Da die der Sache nach auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützte Räumungsklage der Beklagten zufolge Postfehlberichtes, daß sie von den von der klagenden Partei bekanntgegebenen Anschriften unbekannten Zieles verzogen sei, nicht zugestellt werden konnte, bestellte das Erstgericht nach Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens Rechtsanwalt Dr. Helga H*** gemäß § 116 ZPO zum Prozeßkurator für die Beklagte. Diese ließ sowohl den Beschluß vom 30. März 1987 (ON 25), mit dem das Erstgericht den aufgelaufenen Mietzinsrückstand mit S 25.368,30 feststellte, als auch das Urteil vom 4. Juni 1987 (ON 28), mit welchem das Erstgericht dem Räumungsbegehren stattgab, unbekämpft. Am 19. Jänner 1988 beantragte die Beklagte zu Protokoll des Erstgerichtes die Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Beigabe eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe, um die im Räumungsstreit gegen sie ergangenen Entscheidungen anzufechten. Sie brachte vor, sie sei seit 1980 in Wiener Neustadt wohnhaft und habe die neue Anschrift der klagenden Partei schon am 10. Jänner 1983 bekanntgegeben. Vom Räumungsverfahren habe sie erst durch Zustellung des im Zuge der zwangsweisen Räumung ergangenen Kostenbestimmungsbeschlusses vom 13. Jänner 1988 Kenntnis erlangt. Der erstinstanzliche Beschluß, mit dem der Beklagten Verfahrenshilfe bewilligt worden war, wurde dem Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe am 1. Februar 1988 zugestellt, der mit am 15. Februar 1988 zur Post gegebenen Schriftsatz Berufung und Rekurs (gegen den Beschluß ON 25 sowie andere im Zuge der Räumungsexekution ergangene Beschlüsse des Erstgerichtes) ausschließlich aus dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO erhob.
Das Gericht zweiter Instanz wies die Berufung und den Rekurs (gegen den Beschluß ON 25) zurück und sprach aus, daß der Beschwerdegegenstand im ersteren Fall S 15.000 und im letzteren zwar S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und - in diesem Fall - der weitere Rekurs unzulässig sei. Es nahm aufgrund des vom Erstgericht zufolge des Vorbringens in der Berufung durchgeführten Bescheinigungsverfahrens nicht als bescheinigt an, daß die Beklagte der klagenden Partei ihre neue Anschrift in Wiener Neustadt (Neunkirchner Straße 169) schon am 10. März 1983 (richtig: 10. Jänner 1983) bekanntgegeben habe. Dies ergebe sich weder aus dem von ihr vorgelegten Meldezettel, in dessen für die Abmeldung bestimmten Rubrik neben einem Stampiglienabdruck des zuständigen Polizeiwachzimmers der handschriftliche Vermerk ihrer nunmehrigen Anschrift in Wiener Neustadt eingetragen sei, den die Beklagte letztlich selbst dem Polizeiorgan zugeordnet habe, noch aus den Auskünften des Zentralmeldeamtes. Vielmehr sei aufgrund dessen Auskünfte und der Aussagen der vom Erstgericht vor der Bestellung des Prozeßkurators vernommenen Auskunftspersonen ausreichend bescheinigt, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Bestellung des Kurators unbekannten Aufenthaltes gewesen sei.
Daraus schloß das Gericht zweiter Instanz, daß die Bestellung eines Prozeßkurators für die Beklagte wegen unbekannten Aufenthaltes im Sinne des § 116 ZPO zu Recht erfolgt sei, dieser die Beklagte im Räumungsstreit daher wirksam vertreten habe und die von ihr nun bekämpften Entscheidungen des Erstgerichtes nach deren Zustellung an den Prozeßkurator mangels Anfechtung durch diesen in Rechtskraft erwachsen seien. Somit sei der von der Beklagten am 19. Jänner 1988 gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigabe eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe erst nach Ablauf der Frist zur Erhebung von Rechtsmitteln gegen die bekämpften Entscheidungen und damit verspätet gestellt worden, so daß die beiden Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen gewesen seien.
Die beiden Beschlüsse des Gerichtes zweiter Instanz bekämpft die Beklagte mit Rekursen, von welchen jener gegen den berufungsgerichtlichen Beschluß nicht berechtigt und jener gegen den rekursgerichtlichen Beschluß nicht zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
A) Zum Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Beschluß
(ON 50 I.):
Dieses Rechtsmittel ist zwar zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO; Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1980), doch beschränkt sich die Beklagte in ihren eigenständigen, nicht in bloßer Verweisung auf die Berufung bestehenden Ausführungen lediglich auf die Bekämpfung der Annahmen des Berufungsgerichtes in tatsächlicher Hinsicht und übersieht dabei, daß Anfechtungen im Bereich der Tatfrage mit einem an die dritte Instanz gerichteten Rechtsmittel unzulässig sind. Soweit sie aber - durch Verweisung auf ihr Vorbringen in der Berufung - nicht vom bescheinigten Sachverhalt ausgeht, sind diese Rekursausführungen nicht weiter beachtlich, weil nicht nur derartige Verweisungen als der Verbesserung nicht mehr zugängliche inhaltliche Mängel (14 Ob 224/86 uva) unzulässig sind, sondern die Rechtsmittelwerberin auch von einem entscheidungsfremden Sachverhalt ausgeht und der Rekurs somit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.
B) Zum Rekurs gegen den rekursgerichtlichen Beschluß
(ON 50 II. 1.):
Das Gericht zweiter Instanz hat ausgesprochen, daß ein weiterer Rekurs gegen diesen Beschluß nicht zulässig sei. Die Beklagte bezeichnet es als eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, daß ihr durch die Kuratorbestellung verwehrt worden sei, selbst vor Gericht zu verhandeln, und damit eines der elementarsten Grundrechte Rechtsschutz suchender Personen verletzt worden sei. Die Beklagte übersieht dabei jedoch, daß die gerichtliche Verfolgung von Ansprüchen gegen eine Person, die - soweit bescheinigt - unbekannten Aufenthaltes ist, gegen einen vom Prozeßgericht für sie zu bestellenden Kurator im Gesetz (§ 116 ZPO) ausdrücklich vorgesehen ist. Soweit der Prozeßkurator wegen der Bescheinigung des unbekannten Aufenthaltes des Prozeßgegners zu Recht bestellt wurde, wird diese Partei vom Kurator im Prozeß wirksam vertreten, so daß eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu verneinen ist. Daß das Rekursgericht - ausgehend von dem von ihm als bescheinigt angenommenen Sachverhalt - bei seiner Entscheidung eine hiefür erhebliche Frage (des Verfahrensrechtes) unrichtig gelöst habe, behauptet die Beklagte in ihrem Rechtsmittel selbst nicht.
Der Rekurs war deshalb schon als gemäß § 528 Abs 2 nicht zulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung in Ansehung der Anfechtung des berufungsgerichtlichen Beschlusses beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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