OGH 6Ob606/88

OGH6Ob606/8820.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Petrag und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner J***, Angestellter, 2500 Baden, Rainerring 2, wider die beklagte Partei Ö*** L*** Aktiengesellschaft, 1010 Wien, Am Hof 2, wegen Wiederaufnahme des mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 25. Februar 1988 beendeten, seinerzeit zu 15 Cg 85/85 des Handelsgerichtes Wien anhängig gewesenen Verfahrens, wegen S 6,175.981,84 s.A., folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens 6 Ob 512/88 des Obersten Gerichtshofes (15 Cg 85/85 des Handelsgerichtes Wien) wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 7.März 1980 trafen der Kläger und Franz M*** eine Vereinbarung über den Ankauf der Liegenschaft EZ 95 KG Vöslau je zur Hälfte und verpflichteten sich darin zur Beteiligung an Gewinn bzw. an den Kosten, Spesen und Steuern im gleichen Verhältnis. Mit Vertrag vom 30.Mai bzw. 2.Juni 1980 räumte die beklagte Partei zum Ankauf dieser Liegenschaft dem Kläger und Franz M*** als Gesamtschuldnern Bankkredite von S 1,5 Mill. und von S 2 Mill. ein. Die Kredite waren bis 30.November 1980 zurückzuzahlen. Besichert wurden diese Kredite durch ein von beiden Schuldnern gefertigtes Blankoakzept, ferner "ad 1." durch Verpfändung der Franz und Hertha M*** je zur Hälfte zugeschriebenen Liegenschaft EZ 107 KG Mitterberg bis zum Höchstbetrag von S 1,8 Mill. und des bei der beklagten Partei bestehenden Effektendepots Franz M*** sowie durch Abtretung einer Ablebensversicherung auf S 1 Mill., "ad 2."

hingegen durch Verpfändung der Liegenschaft EZ 95 KG Vöslau unter gleichzeitiger Einverleibung des Hälfteeigentums für den Kläger und Franz M*** bis zum Höchstbetrag von S 2,4 Mill. sowie durch Abtretung einer Ablebensversicherung auf S 3 Mill. Dem Kreditvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen (in der Fassung vom 1.Oktober 1979 - AGBKr) zugrunde.

Die vom Kläger und von Franz M*** geplante Verwertung der Liegenschaft EZ 95 KG Vöslau durch Parzellierung und parzellenweisen Abverkauf zog sich zunächst über den 30.November 1980 (= Rückzahlungstermin) hinaus und scheiterte schließlich überhaupt. Die beklagte Partei stellte beide Kredite zum 31.März 1981 fällig und erwirkte gegen beide Kreditnehmer Versäumungsurteile, gegen den Kläger über den Betrag von S 3,870.297,50 s.A.

Schon am 30.Jänner 1981 hatte Franz M*** seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 95 KG Vöslau an die S*** Gesellschaft mbH verkauft, die in Entsprechung vertraglicher Verpflichtungen am 31. Juli 1981 S 895.899,44 und S 1,145.352,95, das war insgesamt der halbe Betrag des damals offenen Kreditsaldos, an die beklagte Partei überwies.

Am 17.November 1981 brachte der Kläger gegen Franz M*** die Teilungsklage ein (1 Cg 1068/81 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt). Dieser Rechtsstreit wurde durch die am 15.Juli 1982 verfügte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Klägers unterbrochen. Mit Schreiben vom 5.November 1982 ersuchte der Kläger die beklagte Partei, die von ihr auf Grund des gegen ihn erwirkten Versäumungsurteiles betriebene Zwangsversteigerung seines Anteiles an der Liegenschaft EZ 95 KG Vöslau "bis zum gerichtlichen Teilungsbeschluß" aufzuschieben bzw. die gesamte Liegenschaft zu versteigern.

Der Kläger begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 6,175.981,84 s.A. und brachte hiezu vor, obwohl die beklagte Partei gewußt habe, daß sich der Verkauf der Liegenschaft über den vereinbarten Rückzahlungstermin hinauszögern werde, habe sie trotz überzogenen Kontos am 7.November 1980 S 48.051,-- abgebucht. Franz M*** habe seinen Liegenschaftsanteil ohne Wissen des Klägers verkauft. Durch die Überweisungen seitens der Käuferin S*** Gesellschaft mbH sei die Hälfte der damals gegen ihn und Franz M*** ausständigen Forderungen abgedeckt worden. Da der anteilsweise Verkauf einer Liegenschaft ungünstiger sei als die Veräußerung der gesamten Liegenschaft, habe der Kläger gegen Franz M*** die Teilungsklage eingebracht. Am 7.Dezember 1982 sei der in Zwangsversteigerung gezogene Liegenschaftsanteil des Klägers der S*** Gesellschaft mbH um das Meistbot von S 2,2 Mill. zugeschlagen worden. Durch ihr Verhalten habe die beklagte Partei wider Treu und Glauben gehandelt, Schutz- und Nebenpflichten grob fahrlässig verletzt und ihre Rechte schikanös ausgeübt. Die beklagte Partei sei auch nicht berechtigt gewesen, die von Franz M*** bestellten Sicherheiten freizugeben. Insoweit seien die AGBKr, jedenfalls aber sei die Berufung auf sie sittenwidrig. Das schuldhafte Verhalten der beklagten Partei werde vor allem darin erblickt, daß sie Franz M*** und seine Ehegattin ohne zwingenden rechtlichen oder wirtschaftlichen Grund aus durchaus realisierbaren Sicherheiten entlassen habe. Im Innenverhältnis zwischen dem Kläger und Franz M*** sei eine Aufteilung der Kredite im Verhältnis 1 : 1 vereinbart worden. Im Außenverhältnis hätte hingegen der Kredit von

S 1,5 Mill. von Franz M*** allein abgedeckt werden sollen, wogegen der Kredit von S 2 Mill. von Franz M*** und dem Kläger gemeinsam hätte zurückgezahlt werden sollen. Das sei der beklagten Partei bekannt gewesen. Zwischen Franz M*** und der S*** Gesellschaft mbH sei vereinbart worden, daß der mit S 2 Mill. vereinbarte Kaufpreis sofort zu bezahlen sei, die Zahlung sei aber erst am 31.Juli 1981 erfolgt. Die beklagte Partei habe das gewußt, aber dennoch gegen den Kläger ein Versäumungsurteil über die gesamte Kreditsumme erwirkt. Damit habe sie die Abdeckung des Kredites verhindert. Die beklagte Partei habe den Kläger und Franz M*** zur ungeteilten Hand geklagt, dennoch habe Franz M*** seinen Hälfteanteil verkaufen können. Der Verkaufserlös sei allein ihm gutgeschrieben worden, wogegen die durch den Verkauf entwertete Liegenschaftshälfte des Klägers in Zwangsversteigerung gezogen worden sei. Der Erlös des verwertbaren Objektes sei allein Franz M*** gutgebracht worden, dem Kläger sei hingegen die Schuldenlast geblieben. Damit sei die beklagte Partei vertragsbrüchig geworden. Das im Kreditvertrag vereinbarte Verbot einer Wertminderung der verpfändeten Liegenschaften gelte für die beklagte Partei insoweit, als damit eine Teilversteigerung untersagt gewesen sei. Die beklagte Partei habe auch das Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Kläger und Franz M*** nicht berücksichtigt und einen Gesellschafter - Franz M*** - bevorzugt. Die vom Kläger geltend gemachte Forderung setze sich wie folgt zusammen:

1. Trotz überzogenen Kontos erfolgte Abbuchung am 7.November 1980

S 48.051,--,

2. Kosten des Verfahrens zu 14 Cg 103/81 des Handelsgerichtes Wien

S 66.052,84,

3. Wertminderung durch Versteigerung des Hälfteanteiles anstelle der gesamten Liegenschaft sowie Entzug von Sicherheiten durch Löschung des Pfandrechtes auf der Liegenschaft EZ 107 KG Mitterberg

S 3,811.878,--,

4. Zins- und Kapitalverlust durch Sperrung des Versteigerungserlöses der EZ 95 KG Vöslau bis 1985 S 250.000,--,

5. Zerstörung der Existenz und des guten Rufes des Klägers infolge Verletzung von Informationspflichten S 2,000.000,--. Daraus errechne sich der Klagsbetrag von S 6,175.981,84.

Die beklagte Partei wendete vor allem ein, ihr falle kein Verhalten zur Last, das den Vorwurf der Fahrlässigkeit oder gar der schikanösen Rechtsausübung rechtfertige. Angesichts der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Klägers sei ihr nicht zumutbar gewesen, den Ausgang des Teilungsstreites abzuwarten. Den vom Konto abgebuchten Betrag habe der Kläger für sich verwendet. Durch die Löschung des Pfandrechtes auf der Liegenschaft EZ 107 KG Mitterberg sei dem Kläger keine Sicherheit entzogen worden. Die beklagte Partei sei auch im Sinne der zwischen dem Kläger und Franz M*** getroffenen Vereinbarung einer gleichteiligen Schuldtilgung vorgegangen. Die Judikatschuld des Klägers (14 Cg 103/81 des Handelsgerichtes Wien) werde zur Aufrechnung eingewendet. Das Handelsgericht Wien wies das Klagebegehren ab. Es nahm nicht als erwiesen an, daß der beklagten Partei Vereinbarungen zwischen dem Kläger und Franz M*** über eine von der gleichteiligen Schuldtilgung abweichende Verpflichtung zur Kreditrückzahlung bekannt gewesen seien. Zwischen der beklagten Partei einerseits und dem Kläger und Franz M*** andererseits sei ein einheitlicher Kreditvertrag abgeschlossen worden. Die beklagte Partei sei gemäß den Punkten 23 und 24 AGBKr berechtigt gewesen, ihre Sicherheiten zu verwerten oder auch freizugeben. Willkürliches oder sittenwidriges Vorgehen zum Nachteil des Klägers sei nicht erfolgt. Ausfluß der Solidarhaftung sei es unter anderem, daß der beklagten Partei die Wahl des wirtschaftlich zweckmäßigsten Mittels zustehe. Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens. Das Gericht habe, wenn nach seiner Ansicht der Klagsanspruch dem Grunde nach nicht zu Recht bestehe, Beweise über die Höhe der Forderung nicht aufzunehmen. Die Unterlassung der Aufnahme solcher Beweise diene der Vermeidung überflüssiger Kosten und liege daher im Interesse der Parteien und nicht des Richters. Soweit der Kläger behaupte, er sei in bezug auf die Liegenschaft EZ 95 KG Vöslau allein vertretungsbefugt gewesen, liege ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot vor. Es gehe im übrigen nicht um Fragen der Stellvertretung, weil Franz M*** lediglich seinen eigenen Liegenschaftsanteil veräußert habe. Sollte er dabei eine mit dem Kläger getroffene Vereinbarung verletzt haben, könne dies keine Ersatzansprüche gegen die beklagte Partei begründen. Soweit der Kläger den Verlust von Zinsen zwischen Verkauf des Liegenschaftsanteiles durch Franz M*** und Überweisung des Kaufpreises durch die S*** Gesellschaft mbH geltend mache, entgehe ihm, daß die beklagte Partei am Kaufvertrag zwischen Franz M*** und der S*** Gesellschaft mbH nicht beteiligt gewesen sei und daher auf die Zahlung des Kaufpreises keinen Einfluß habe nehmen können. Die Klageführung zu 14 Cg 103/81 des Handelsgerichtes Wien verstoße nicht gegen das Schikaneverbot, weil die beklagte Partei schon aus Gründen der wirtschaftlichen Vorsicht dafür habe sorgen müssen, Exekutionstitel gegen alle Schuldner zu erlangen. Der Kläger vertrete die Ansicht, zwischen Franz M*** und der S*** Gesellschaft mbH sei eine Schuldübernahme vereinbart worden, eine solche hätte aber nur unter Mitwirkung der beklagten Partei zustande kommen können. Sowohl diese wie auch Franz M*** wären verpflichtet gewesen, den Kläger von dieser Schuldübernahme zu verständigen. Eine solche von der Zustimmung durch die beklagte Partei abhängige privative Schuldübernahme sei den erstgerichtlichen Feststellungen nicht zu entnehmen. Auch in der vom Kläger vorgelegten Urkunde (Beilage D I 34) finde sich kein Anhaltspunkt für ein solches Geschäft. Der Kläger rüge zwar, das Erstgericht habe keine Erwägungen angestellt, ob die beklagte Partei bei ihrem Vorgehen den Grundsätzen von Treu und Glauben und der Übung des redlichen Verkehrs gemäß gehandelt habe, doch sei der Berufung nicht zu entnehmen, welche Überlegungen das Erstgericht hätte anstellen müssen. Im übrigen gelte auch hier, daß die Ausübung vertraglicher Rechte nur durch das Schikaneverbot begrenzt werde. Richtig sei zwar, daß die beklagte Partei mit dem Abschluß des Kreditvertrages mit dem Kläger und Franz M*** Schutz- und Obsorgepflichten übernommen habe, doch führe der Kläger in der Berufung nicht aus, welche derartige Nebenpflichten die beklagte Partei verletzt habe. Auf die hilfsweise geltend gemachte Aufrechnungseinrede sei das Erstgericht angesichts seiner Entscheidung über die Klagsforderung zu Recht nicht eingegangen. Letztlich mache der Kläger noch geltend, die zwangsweise Versteigerung seines Anteiles hätte nach dem Verkauf des Hälfteanteiles Franz M*** durch diesen nur zu einem Käufer - nämlich zur S*** Gesellschaft mbH - und daher zu einem Mindererlös und Verlust führen können. Es sei aber nicht einzusehen, weshalb die Zwangsversteigerung nur zum Erwerb durch die S*** Gesellschaft mbH und damit zu einem Schaden des Klägers habe führen können.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Der Oberste Gerichtshof verneinte die vom Kläger behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und führte zur Rechtsrüge im wesentlichen aus:

Bei der Ableitung von Rechtsfolgen - insbesondere der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die beklagte Partei - verkenne der Kläger das Wesen der Schuldübernahme und der Bestimmung des § 1408 ABGB, mit welcher der Gesetzgeber die Schuldübernahme fördern wolle. Durch die (befreiende) Schuldübernahme trete an die Stelle des bisherigen Schuldners unter dessen Ausscheiden aus dem Schuldverhältnis ein anderer. Diese Rechtsfolge sei mit der Veräußerung einer mit einem Pfandrecht belasteten Liegenschaft nicht ohne weiteres verbunden, sondern nur dann, wenn der Hypothekargläubiger der Schuldübernahme entweder zustimme (§ 1406 ABGB) oder sich zu einer entsprechenden schriftlichen Aufforderung des Veräußerers nicht fristgerecht äußere (§ 1408 ABGB). Nichts davon hätten die Vorinstanzen festgestellt. Der Kläger habe allerdings behauptet, die beklagte Partei habe diese Zahlungen der S*** Gesellschaft mbH - obgleich die Beträge auf von der beklagten Partei für Franz M*** und den Kläger geführte Konten überwiesen worden seien - zu Unrecht allein ersterem gutgebracht und ihn und dessen Ehegattin aus der Haftung, insbesondere der Pfandhaftung der Liegenschaft EZ 107 KG Mitterberg, entlassen. Zu Recht habe das Gericht zweiter Instanz insoweit ergänzende Feststellungen für entbehrlich gehalten. Haften dem Gläubiger nämlich mehrere Schuldner - wie der Kläger und Franz M*** der beklagten Partei auf Grund des Kreditvertrages - als Gesamtschuldner (Schuldner zur ungeteilten Hand), stehe es im Belieben des Gläubigers, in welcher Reihenfolge und in welchem Verhältnis er die einzelnen Mitschuldner in Anspruch nimmt (§ 891 zweiter Satz ABGB). Er sei auch berechtigt, einzelne Schuldner ganz oder zum Teil aus der Haftung zu entlassen (§ 894 ABGB). Soweit die beklagte Partei gegen den Kläger - im übrigen wie gegen Franz M*** - den gesamten Kreditsaldo eingeklagt habe, könnte sie ihm lediglich wegen schikanöser Rechtsausübung (§ 1295 Abs 2 ABGB) verantwortlich sein. Eine solche Haftung setze jedoch Schädigungsabsicht des Gläubigers voraus, für die sich selbst unter Bedachtnahme auf das Vorbringen des Klägers keinerlei Anhaltspunkte ergäben. Soweit die S*** Gesellschaft mbH auf die Gesamtschuld Zahlungen erbracht habe, kämen diese entgegen den Behauptungen des Klägers auch ihm selbst zugute (§ 893 ABGB). In welcher Weise die unterlassene Information des Klägers durch die beklagte Partei vom beabsichtigten Verkauf der Liegenschaftshälfte Franz M*** für die nicht näher dargelegte Zerstörung des guten Rufes und der wirtschaftlichen Existenz ursächlich (oder wenigstens mitursächlich) gewesen sein soll, habe der Kläger weder vorgebracht noch könne dies sonst aus dem Akteninhalt erschlossen werden. Auf diesen Vorwurf des Klägers sei daher nicht weiter einzugehen, so daß auch die Frage, inwieweit den Kreditgeber dem Kreditnehmer gegenüber Aufklärungspflichten in bezug auf das vom Kreditgeber nicht weiter beeinflußbare Verhalten eines Mitschuldners des Kreditnehmers treffen, auf sich beruhen könne. Der Kläger habe auch nicht dargetan, daß ihm durch die Zwangsversteigerung seiner Liegenschaftshälfte ein Schaden zugefügt wurde. Den Beweis, daß die beklagte Partei, die durch ihre Rechtsposition (Pfandrecht und Exekutionstitel) zu der Zwangsversteigerung berechtigt war, auch dies nur in der Absicht, den Kläger zu schädigen (§ 1295 Abs 2 ABGB), getan habe, habe er nicht angetreten. Im übrigen sei es der beklagten Partei auch nicht zuzumuten gewesen, mit der Durchsetzung ihres vollstreckbaren Anspruches bis zum Ausgang des Teilungsstreites zuzuwarten, der zudem durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Klägers unterbrochen gewesen sei. Die Frage, ob der Verkaufserlös Franz M*** zur Abdeckung von Pfandrechten auf der gemeinsamen Liegenschaft oder der mitverhafteten Liegenschaft EZ 107 KG Mitterberg zu verwenden gewesen wäre, sei bloß für die Rechtsstellung betroffener nachrangiger Pfandgläubiger von Bedeutung. Das Ausmaß der Solidarschuld, für die der Kläger nach dem Eingang des Erlöses bei der beklagten Partei noch einzustehen habe, könne dadurch nicht beeinflußt werden, weil sich die Solidarschuld zugunsten des Klägers um das Tilgungsausmaß verringert habe.

Mit der am 1.Juni 1988 beim Präsidenten des Obersten Gerichtshofes eingelangten Eingabe des Klägers vom 27.5.1988 begehrt dieser die Wiederaufnahme des oben beschriebenen Verfahrens, die neue Klage einem unparteiischen Richter zuzuteilen und die Bestellung eines Verfahrenshilfeanwaltes nach § 63 ZPO. Er begründete dies damit, er könne das Urteil nicht anerkennen, weil die von ihm eingebrachte Schadenersatzklage gegen die beklagte Partei nur noch ein Schauspiel gewesen sei, der Richter Dr. Hubert M*** ein Freund der Verantwortlichen der beklagten Partei, die Richter der nächsten Instanzen wieder Freunde und Kollegen, so daß die Urteile und Beschlüsse nur noch reine Phrasen seien. Er sehe im Vorgehen der beteiligten Richter einen groben Amtsmißbrauch dadurch, daß sie die bestehenden Gesetze mißachten sowie eine optimale Rechtsfindung unterdrückten. Es herrsche Justizdiktatur und Anarchie, weil Richter ihre wucherischen und betrügerischen Freunde, Bekannten und Kollegen decken, gegen die bestehende Rechtsordnung und Verfassung verstoßen, nur weil diese Machtpositionen in Banken, Privatwirtschaft und Politik haben. Im übrigen wiederholt der Kläger seinen bereits im oben dargestellten Verfahren eingenommenen Standpunkt.

Der Antrag auf Bewilligung auf Verfahrenshilfe ist nicht berechtigt.

Die Verfahrenshilfe ist nur zu bewilligen, wenn die Rechtsverfolgung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint (§ 63 Abs 1 Satz 1 ZPO). Offenbar aussichtslos ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn sie schon ohne nähere Prüfung von Angriffsmitteln als erfolglos erkannt werden kann (Fasching, Ergänzungsband 9). Der Kläger wirft den Richtern aller Instanzen Amtsmißbrauch (Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO) vor, ohne Tatsachenbehauptungen aufzustellen, aus denen das diesen Richtern vorgeworfene strafrechtlich verpönte Verhalten abgeleitet werden könnte. Der Kläger erhebt daher eine pauschale Beschuldigung ohne jedwede Tatsachengrundlage. Ein derart dürftiges Vorbringen zur Begründung einer Wiederaufnahmsklage läßt diese von vornherein als aussichtslos erscheinen und ist daher keine geeignete Grundlage für die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Die Wiederaufnahmsklage ist als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet.

Die Eingabe des Klägers ist ihrem Inhalt und ihrem ausdrücklichen Antrag nach nicht bloß als Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zum Zweck der späteren Einbringung einer Wiederaufnahmsklage anzusehen, sondern bereits als Klage selbst. Diese Klage leidet zwar an Mängeln, die ein Verbesserungsverfahren nach § 84 ZPO rechtfertigten (Fehlen der Unterschrift eines Rechtsanwaltes, kein bestimmtes Urteilsbegehren im Sinne des § 536 Z 5 ZPO), doch hat das Verbesserungsverfahren zu unterbleiben, weil die Klage, selbst wenn sie diese Mängel nicht hätte, zurückzuweisen wäre. Gemäß § 536 Z 2 ZPO muß die Klage die Bezeichnung des gesetzlichen Anfechtungsgrundes enthalten. Aus dem Zusammenhang mit § 226 ZPO ergibt sich, daß die abstrakte Bezeichnung des Anfechtungsgrundes allein nicht ausreicht, sondern daß die Tatsachen, aus denen das Begehren abgeleitet wird, kurz und bestimmt bezeichnet sein müssen, daß also der Sachverhalt, das tatsächliche Geschehen, das den Anfechtungsgrund herstellt, vorgebracht werden muß. Dabei müssen die Tatsachen soweit spezialisiert sein, daß ihre Beurteilung nach der Tauglichkeit zur Wiederaufnahme möglich ist (Fasching IV 538). Fehlt es der Geltendmachung eines gesetzlichen Anfechtungsgrundes in dem aufgezeigten Sinn, so ist die Klage gemäß § 538 Abs 1 ZPO als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet durch Beschluß zurückzuweisen. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte