Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der am 9. März 1981 verstorbene Johann H*** hatte seine Ehegattin Marianne mit Testament vom 22. Dezember 1980 zu seiner Alleinerbin bestimmt. Die erbl. Witwe gab die unbedingte Erbserklärung ab. Pflichtteilsberechtigt sind die vier ehelichen Kinder Josef H***, Ehrenfriede G***, Johann H*** jun. und Maria W***. Johann H*** jun. wird von Dr. Ludwig F*** als einstweiligem Sachwalter vertreten. Der Erblasser hinterließ Aktiven von S 119.435,01 und Passiven von S 181.222,24. Mit Kaufvertrag vom 12. Jänner 1980 hatten der Erblasser und seine Ehegattin von Klaus W***, dem Ehemann ihrer Tochter Maria, die Liegenschaft EZ 279 II KG Finkenberg ("Wolltatsche") um S 780.000,-- erworben. Der Verkehrswert dieser Liegenschaft betrug im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einschließlich von Wasserrechten S 359.018,--. Am 30. Jänner 1980 hatten die Käufer diese Liegenschaft ihrer Tochter Maria W*** gegen Einräumung des Ausgedinges der Pflege, Wartung und vollständigen Betreuung in gesunden und kranken Tagen und unter Vorbehalt eines Fruchtgenußrechtes und des Veräußerungs- und Belastungsverbotes übergeben. Das Fruchtgenußrecht ist mit jährlich S 16.800,--, das Ausgedinge je Person jährlich mit S 18.000,-- zu bewerten. Etwa drei Wochen vor seinem Ableben übergab der Erblasser den geschlossenen Hof "Endtal" EZ 21 I KG Finkenberg seiner Ehegattin gegen Zahlung von S 100.000,-- und Einräumung des Wohnungsrechtes am gesamten Wohnhaus. Dieses Recht war im Vertragszeitpunkt mit S 200.000,-- zu bewerten.
Erst nach wiederholter Aufforderung erstellte die Erbin den Pflichtteilsausweis mit einer Bemessungsgrundlage von S 416.484,46. Das Erstgericht genehmigte den vorgelegten Pflichtteilsausweis nicht und verwies den erbl. Sohn Johann H*** jun. mit seinem Pflichtteilsanspruch auf den Rechtsweg. Es führte aus, die erbl. Witwe habe drei aktenkundige Sparbücher nicht ausgewiesen. Ferner sei unberücksichtigt geblieben, daß der Kaufvertrag mit Klaus W*** in Wahrheit eine gemischte Schenkung und daher der Wert der Schenkung in die Pflichtteilsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Außerdem habe die erbl. Witwe den ihr vom Erblasser übergebenen geschlossenen Hof "Endtal" innerhalb von sechs Jahren nach der Übergabe weiterveräußert. Daher sei nicht vom Übernahmswert, sondern vom erzielten Kaufpreis auszugehen. Da die strittigen Umstände mit den Mitteln des Verfahrens außer Streitsachen nicht klargestellt werden könnten, habe der pflegebefohlene Noterbe auf den Rechtsweg verwiesen werden müssen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es verneinte die gegen die Schätzung der Liegenschaft "Wolltatsche" geäußerten Bedenken; der Sachverständige habe Vergleichspreise ähnlicher Liegenschaften berücksichtigt. Nehme man auf die besondere Lage der Liegenschaft, die nur über einen 40 m langen Fußsteig erreichbar sei, Bedacht, so sei die Annahme einer minder guten Wohnlage gerechtfertigt. Auch bei der Bewertung des dazugehörigen Kleinkraftwerkes sei dem Sachverständigen kein Irrtum unterlaufen. Mit gerichtlichem Vergleich vom 7. September 1983 habe Maria W*** die Liegenschaft um S 290.000,-- an die Erbin verkauft. Dieser Kaufpreis liege noch wesentlich niedriger als der geschätzte Verkehrswert. Zu teilen sei die Ansicht des Erstgerichtes auch in Ansehung der Wertberechnung des geschlossenen Hofes. Gemäß § 24 Abs 1 TirHG sei der Anerbe bei freiwilliger Veräußerung innerhalb von sechs Jahren nach dem Tode des Erblassers zur Herausgabe jenes Betrages, um den der erzielte Veräußerungswert den Übernahmswert übersteige, zur Nachtragserbteilung verpflichtet. Diese Grundsätze seien auch auf die Übergabe unter Lebenden sinngemäß anzuwenden. Da die erbl. Witwe den geschlossenen Hof mit Kaufvertrag vom 13. Februar 1981 um den Preis von 1,5 Mill. S verkauft habe, falle die Begünstigung der Übernahme zum Wohlbestehenswert weg und es sei somit der tatsächlich erzielte Kaufpreis der Pflichtteilsbemessung zugrunde zu legen. Wolle man die analoge Anwendung des § 24 TirHG leugnen, müsse folgerichtig auch die Begünstigung nach § 19 dieses Gesetzes bei Übergabsverträgen wegfallen. Der pflegebefohlene Noterbe sei zutreffend auf den Rechtsweg verwiesen worden. Es habe sich gezeigt, daß die Pflichtteilsbemessungsgrundlage trotz erheblicher Bemühungen des Erstgerichtes nicht habe ermittelt werden können.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der erbl. Witwe ist nicht zulässig. Da das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluß bestätigte, kann ein solches Rechtsmittel nur auf die im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe gestützt werden. Eine offenbare Aktenwidrigkeit erblickt die erbl. Witwe darin, daß die Vorinstanzen - im Gegensatz zum Landesgericht Innsbruck im Rechtsstreit 9 Cg 135, 136/84, dem Pflichtteilsergänzungsklagen der erbl. Kinder Josef H*** und Ehrenfriede G***
zugrundelägen - gestützt auf das Gutachten des im Verlassenschaftsverfahren vernommenen Sachverständigen den Kauf der Liegenschaft "Wolltatsche" durch den Erblasser und dessen Ehegattin als eine gemischte Schenkung beurteilt hätten.
Eine Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn das Gericht zweiter Instanz in einem wesentlichen Punkt den Inhalt einer Parteienbehauptung, eines Protokolles, eines Beweisergebnisses oder eines sonstigen Aktenstückes falsch wiedergegeben und auf diese Weise einen fehlerhaften Sachverhalt festgestellt und seiner Entscheidung zugrundegelegt hat. Bloße Schlußfolgerungen aus einem bestimmten, nicht unrichtig dargestellten Akteninhalt begründen dagegen keine Aktenwidrigkeit (NZ 1985, 176 uva.). Abgesehen davon, daß das Vorbringen der Revisionsrekurswerberin eine bei Erledigung eines nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilenden Rechtsmittels unbeachtliche Neuerung ist (EFSlg. 44.637 uva.), ferner nicht feststeht, daß das erwähnte Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, und diese Entscheidung auch keine Bindungswirkung entfalten könnte, wird damit nicht aufgezeigt, das Rekursgericht habe den Akteninhalt - vor allem das Gutachten des Sachverständigen - unrichtig wiedergegeben; der geltend gemachte Anfechtungsgrund ist somit nicht gesetzmäßig dargestellt.
Auch das Vorbringen zur offenbaren Gesetzwidrigkeit erschöpft sich im wesentlichen in der Wiedergabe von Ergebnissen des genannten Rechtsstreites und kann als Neuerung schon deshalb keine Berücksichtigung finden. Die Annahme der Vorinstanzen, die besonderen Erbteilungsvorschriften der §§ 19 und 24 TirHG seien der Analogie fähig und daher sinngemäß auch bei der Hofübergabe unter Lebenden anzuwenden (so jedenfalls zum vergleichbaren § 14 a KrtnEHG SZ 56/117 ua.), kann schon begrifflich nicht offenbar gesetzwidrig sein, weil dieser Fall dann im Gesetz selbst überhaupt nicht geregelt ist. Auch die Behauptung, die Erbin habe den geschlossenen Hof nicht "freiwillig" veräußert, ist eine unbeachtliche Neuerung; die Auffassung der Vorinstanzen, der Verkauf des geschlossenen Hofes durch die Übernehmerin sei - (gleich aus welchem Motiv - vgl. Webhofer im Klang-Komm. 2 , III, 818) - eine freiwillige Veräußerung im Sinne des § 24 Abs 1 TirHG ist aber auch nicht offenbar gesetzwidrig, weil der Begriff der Freiwilligkeit nicht so klar geregelt ist, daß überhaupt keine Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen könnten und dennoch eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde.
Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.
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